Ein paar bescheidene Gedanken über die Zukunft der Menschheit


Interview mit Epica
Symphonic Metal aus Holland - Limburg
Hallo Mark und Yves! Zunächst möchte ich euch zu eurem tollen zweiten Album gratulieren. Ihr seid meinen großen Erwartungen mehr als gerecht geworden, so dass ich nun die Chance nutzen möchte, euch wie bereits bei „The Phantom Agony“ ein paar Fragen zu stellen. Los geht’s...

Wie schreibt man eigentlich solch komplexe Songs? Gibt es zunächst eine Hauptidee und ihr bastelt danach all die Instrumente und kleinen Feinheiten hinzu? Oder wie läuft das ab?


Yves: Ich selbst hab es nicht so mit dem Strukturieren, deshalb erzähle ich Mark immer meine Ideen und er integriert sie dann in die Songs und verleiht ihnen eine Struktur. Auch Coen und Ad lassen ihre Ideen einfließen und Mark erstellt dann zunächst die Songs auf dem Keyboard. Die nehmen wir dann auf und fügen Schlagzeug und weitere Details hinzu. Und letztendlich fehlen dann nur noch Gitarren und die Gesangslinien.
Mark: Das stimmt, ich fange sehr gerne bei null an, während ich lediglich ein paar kleine Grundvorstellungen habe. Manchmal kommen dann die Ideen von Coen, Ad und Yves hinzu. Ich schreibe sehr gern komplexe Strukturen wie in „Consign To Oblivion“. Die Reaktionen, die wir auf dieses Song erhalten haben, zeigen mir sogar, dass wir in Zukunft ruhig mehr von diesen Stücken schreiben können, da die meisten Fans diesen Song am meisten mögen.

Mark, hast du eine klassische musikalische Ausbildung? Oder woher nimmst du deine Fähigkeiten?

Ich folge meinen Gefühlen, das ist meine beste Fähigkeit. Wenn ich zum Beispiel zwei Noten höre, habe ich urplötzlich die verschiedensten Möglichkeiten im Kopf, wie das Stück fortgesetzt werden könnte. Das Spielen eines Instrumentes habe ich von meinen Gitarrenlehrern beigebracht bekommen. Da aber beide meiner Gitarrenlehrer sehr jung verstorben sind, ist niemand mehr scharf darauf, mir weiteren Unterricht zu geben. Bringt wohl Pech, denke ich ;-)

Wiederum habt ihr euer Album in den Wolfsburger Gate Studios aufgenommen. Dabei ist mir aufgefallen, dass beispielsweise „Trois Vierges“ einige Ähnlichkeiten zu Sascha Paeths AINA-Projekt aufweist. Inwiefern beeinflusst das Produktionsteam das endgültige Produkt?

Yves: Bezüglich des Songwritings hatten sie sehr wenig Einfluss, da die Stücke bereits komplett fertig waren, als wir das Studio betraten. Aber Miro hat bei den Orchester-Arrangements sehr gute Arbeit geleistet. Amanda ist aus den USA, so dass sie uns mit den englischen Texten und der Aussprache helfen konnte. Und Sascha überwachte die Gesangsaufnahmen.
Mark: Tatsächlich kann man den Einfluss von Miro hören, wenn man zum Beispiel den Song mit „Silver Maiden“ von der AINA-CD vergleicht.

Um bei diesem Song zu bleiben: Mark, im letzten Interview erwähntest du, dass du gerne etwas Filmmusik schreiben würdest. Nun wird „Trois Vierges“ für den Film „Joyride“ verwendet. Da ich mir nicht wirklich vorstellen kann, wie diese intensive Ballade in einen Film integriert werden kann, würde ich gern mehr über diesen Film und deinen Einfluss wissen.

Mark: Das Stück wird nicht direkt im Film auftauchen, sondern in einer etwas anderen Version auf der Soundtrack-CD, die im September erscheint, enthalten sein. Die Filmmusik ist bereits komplett fertig und die Verantwortlichen sind sehr zufrieden mit dem Endresultat. Es macht sehr viel Spaß, einen Soundtrack zu komponieren und ich hoffe, das in Zukunft wiederholen zu können. Mein Traum bleibt allerdings immer noch, einmal die Musik für einen Film wie „Gladiator“ zu schreiben.

Im Vergleich zum alten Album mit seinen offensichtlichen sozialkritischen Inhalten scheinen die Lyrics auf der neuen Scheibe mehr in die Fantasy-Richtung zu gehen. Hast du seitdem deine Meinung geändert oder verbreitest du immer noch die selbe Botschaft, nur diesmal in einer anderen Verpackung?

Mark: Ich ändere eigentlich fast nie meine Meinung. Alles, woran ich in der Vergangenheit geglaubt habe, hat auch heute noch Bestand. Ich füge lediglich neue Informationen hinzu. Im Grunde hört man ja nie auf, neue Dinge zu lernen und daraus seine eigenen Erkenntnisse zu gewinnen.
Dieses Mal habe ich über die Maya-Kultur geschrieben. Dieses Volk wusste viel über die Natur und hatte ein großes Wissen über unser Universum. Heutzutage leben wir in einer Welt, wo sich alles nur ums Geld dreht und wo das einzige Ziel der Leute darin besteht, möglichst mehr davon zu besitzen als andere. Im Grunde ist es ein Wettrennen, bei dem niemand gewinnen kann. Die Mayas haben Prophezeiungen über das Jahr 2012 gemacht, in dem ein mehr als tausendjähriger Zyklus zu Ende geht. Womöglich erhält dann die Menschheit die Chance, in höhere Dimensionen aufzusteigen oder zumindest wird danach nichts mehr wie zuvor sein. Zumindest hoffe ich, dass sie Recht haben, denn wir können nicht mehr allzu lange so weitermachen wie bisher, indem wir die Erde zerstören und regelrecht vergewaltigen. Wir sollten uns wirklich schämen. Aber leider zeigen zum Beispiel Leute wie Bush nicht das geringste Schamgefühl, weil sie nicht einmal das Kyoto-Protokoll unterschreiben. Obwohl dies nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, ist das Nicht-Unterschreiben für mich ein riesiges Verbrechen.

Woher kommt dieses Interesse an den Mayas? Nur ein Hobby?

Mark: Es ist mehr als ein Hobby, die Maya Kultur hat momentan mein ganzes Interesse eingenommen. Es ist einfach wahnsinnig faszinierend, genau wie die ägyptische Kultur.

Wie sehr glaubst du allgemein an Prophezeiungen?

Mark: Wie ich bereits zuvor gesagt habe, glaube ich an diese Maya-Prophezeiung, aber ich halte nichts von diesen Ende-der-Welt-Theorien. Allerdings glaube ich daran, dass irgendeine drastische Veränderung stattfinden wird. Ebenso wie ich davon überzeugt bin, dass irgendwann die Religionen zusammenwachsen werden. Es ist einfach dämlich zu glauben, dass eine einzige Religion das Richtige ist und alle anderen falsch sind. Ich hass es, wenn Menschen die Bibel oder den Koran wo wortwörtlich nehmen. Die darin enthaltenen Metaphern werden anscheinend von den meisten Leuten nicht richtig verstanden. Diese Bücher über Gott haben sich über die Jahrhunderte sehr verändert, viel Weisheit wurde darin aufgeschrieben und viele Änderungen erfolgten durch die Kirche.
Ich will zum Beispiel, dass Frauen gleichberechtigt werden. Wo sind denn zum Beispiel die Frauen in den hohen Positionen der Kirche? Meine Prophezeiung ist, dass Frauen wieder in die Stellung kommen, die sie verdienen, da alles irgendwo eine Balance finden muss.

Auf “Consign To Oblivion” sind E-Gitarren nur ein weiteres Instrument unter vielen und haben keine höhergestellte Bedeutung. Glaubt ihr, dass die Songs auch ohne sie funktionieren würden?

Yves: Zunächst sind die Gitarren alle auf B runtergestimmt, weil wir einen kräftigeren Sound haben wollten. Ich glaube, dass der Verzicht auf Gitarren einem erst richtig bewusst machen würde, wie wichtig sie in unserer Musik sind. Sie haben keine besondere Rolle in Bezug auf Melodie, aber sie verpassen den Songs die nötige Rhythmik und Heaviness.

Wenn ich mir all die Singles und Special Editions anschaue (die „2 Meter Sessies“ waren ja im Grunde auch eine Art Neuauflage des ersten Album), kann ich ein großes Interesse eurer Plattenfirma erkennen, euch ganz nach oben zu bringen. Wie weit seid ihr davon noch entfernt?

Mark: Wir haben eine Übereinkunft mit dem Label, dass wir unsererseits die Musik vollkommen frei nach unseren Vorstellungen gestalten können, während sie mit der Promotion ganz nach ihrem Belieben verfahren. Wir sind für Transmission Records die wichtigste Band und arbeiten sehr hart, um es an die Spitze zu schaffen. Wir sind bereits sehr froh über unsere momentane Situation, aber natürlich werden wir trotzdem weitermachen, um unsere Ziele zu erreichen.

Du hast im Bezug zu “Consign To Oblivion” gesagt: „Dies ist das Album, dass ich schon immer machen wollte!“ Was bleibt denn da noch zu tun, wenn du ein perfektes Album geschaffen hast?

Mark: Ein weiteres Album, dass ich schon immer machen wollte :-) Ich bin bereits jetzt schon wieder am Komponieren für das nächste Album und versuche, damit einen weiteren Traum zu realisieren. Ich kann noch nicht allzu viel darüber sagen, außer dass es dieses Mal ein verdammt hartes Stück Arbeit wird, hehe.

Wie sehen EPICA’s Live-Pläne aus?

Yves: Da ja die Festival-Saison begonnen hat, werden wir da sehr viel unterwegs sein. Dieses Wochenende sind wir auf dem Pinkpop in Holland. Dann sieht man uns noch auf dem Graspop in Belgien, dem Rotonde und Fury Fest in Frankreich und weitere Festivals in Grossbritannien, Polen und Deutschland. Im Oktober planen wir dann eine Tour mit THE OLD DEAD TREE.
Mark: Und ebenso wollen wir in die Türkei, nach Brasilen und nach Deutschland zusammen mit AUTUMN.

Danke für eure Zeit. Und bleibt episch!

Mark: Das werden wir, danke für dein erneutes Interesse an unserer Band! ;-)
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