Vom Feuer gefickt und im Bann des Dämons


Interview mit Bewitched
Black Metal aus Schweden

Als vor knapp 10 Jahren das Debüt “Diabolical Desecration” über die Black Metal-Welt hereinbrach, gab es einige staunende und verwirrte Gesichter. Das Keyboard hatte sich mittlerweile in diesem Bereich zu einem federführenden Instrument entwickelt und den ursprünglichen Black Metal bis auf einige Ausnahmen verwässert, als ein Mann auf die Idee kam, dem ursprünglichen Schwarzmetall eine verdammt große Portion Achziger-Metals hinzuzufügen.
Zusammen mit den deutschen Desaster sind Bewitched seitdem führend in diesem Bereich und konnten mit jeder Veröffentlichung aufs Neue überzeugen und begeistern. Wenn man bedenkt, dass Mastermind Vargher aka Marcus Norman mit Havayoth, Ancient Wisdom und seit einigen Jahren auch Naglfar 3 weitere Bands an der Hacke hat, kann man daher schon mal ins Staunen geraten und fragt sich, woher der Mann seine Zeit nimmt. Was mich dann auch sogleich zur ersten Frage führt…

Eine Frage mal vorweg: Neben deiner “Hauptband” Naglfar, die in letzter Zeit immer größer wurde, bist du zuständig für Bewitched, Ancient Wisdom und Havayoth. Zwischenzeitlich beantwortest du Interviewfragen etc. Wie viele Stunden hat eigentlich dein Tag?


Mein Terminkalender ist ziemlich voll, das ist wohl wahr. Aber ich habe lieber zu viel zu tun als zu wenig, von daher beschwere ich mich auch nicht über diesen Zustand.

Und von was lebst du ansonsten? Hast du einen richtigen Job, oder reicht dir das Geld, das die Musik abwirft?

Da durch die Musik allein nicht genug zum Leben bleibt, muß ich mich zwischen den Touren immer mal wieder nach Jobs umsehen. Ich habe auch schon eine Menge Sachen gemacht, wie auf dem Bau gearbeitet, als Putze gejobbt etc. Hauptsache, es hilft mir, die Miete zu zahlen!

Dein letztes Unterfangen war die Veröffentlichung von “Spiritual Warfare”, die meiner Meinung nach blackmetallischer ausgefallen ist als die Vorgänger. Gab es einen bestimmten Grund, so stark zu den Wurzeln und sogar darüber hinaus zurück zu gehen?

Ich denke einfach, dass dies eine natürliche Weiterentwicklung war. Wir wollten uns nie wiederholen, und auf diese Weise erforschen wir immer wieder neue Wege, Songs zu schreiben. Trotzdem enthält die neue Platte alle Elemente, die Bewitched ausmachen. Aber ich muß dir recht geben, „Spritual Warfare“ ist bis dato unsere dunkelste Scheibe.

Leider gibt das Labelinfo keinerlei Angaben preis. Könntest du uns ein bisschen was über die einzelnen Beteiligten, den Schreib- und Aufnahmeprozess etc. erzählen?

Die Platte wurde bei mir im Studio aufgenommen. So waren wir in der großartigen Situation, uns die Zeit selbst einzuteilen und auch mal Pausen einzulegen, wenn Gigs mit Naglfar anstanden. Line-up-technisch stehen mir Wrathyr, A. Hellfire (aaaaha – d. Verf.) und ein Session-Drummer namens Marc Malice zur Seite, mit denen zusammen ich auch alle Songs geschrieben habe.

Es ist ja nun doch ein nicht ganz kurzes Weilchen her, seit eurer letztes Album “Rise Of The Antichrist” in die Läden kam. Wieso hat es bis zum neuen Werk so lange gedauert?

Wir haben zwischendurch noch die „Atrocities In A Minor“ Mini-CD gemacht. Dazwischen hatten wir auch noch eine Menge mit Naglfar zu tun, was die Aktivitäten für Bewitched natürlich auch immer wieder verzögert hat. Nun aber hat es mit dem neuen Album endlich geklappt. Aber wir machen uns da auch keinen Streß, sondern nehmen uns die Zeit, die wir brauchen.

Jedes eurer Alben wird von einem sensationellen Artwork veredelt, vor allem “Pentagram Prayer” und auch wieder “Spiritual Warfare”. Arbeitet ihr immer mit dem gleichen Künstler?

Danke für das Kompliment! Nein, wir arbeiten nicht immer mit dem gleichen. Das neue Artwork wurde beispielsweise von Pär Johansson, dem Sänger von Satariel angefertigt, und er hat es wirklich hinbekommen, etwas Einzigartiges und wirklich Schönes zu erschaffen. Für das „Pentagram Prayer“-Artwork war hingegen Joe Pentagno (bekannt für seine Arbeiten für Motörhead, Marduk etc. – d. Verf.) zuständig.

Eine andere Sache, die sich geändert hat, ist das Plattenlabel. Wieso seid ihr von Osmose Records zu Regain gewechselt?

Wir hatten das Gefühl, dass es an der Zeit wäre für etwas anderes. Wir brauchten einfach einen Tapetenwechsel! (eine sehr informative Aussage, die Raum für Spekulationen lässt – d. Verf.)

Kommen wir doch mal auf das lyrische Thema zu sprechen: Alle eure Platten enthalten eine satanische Botschaft. Es gibt sicherlich einige Bands, die ein „satanisches“ Leben führen, während andere ein satanisches Image pflegen, ansonsten aber ein ganz normales „nicht-satanisches“ Leben führen.
Wie steht´s in dieser Hinsicht mit dir? Nimmst du deine Texte für bare Münze oder gehört dieses Thema für dich einfach zum Metal dazu?


Ich will mit allen meinen Alben zu 100% zufrieden sein. Dies könnte ich allerdings nicht, wenn meine Texte einfach nur „Bullshit“ wären. Von daher sind diese für mich sehr wichtig. Was mein Leben angeht: ich habe ein Leben gewählt, das für die Leute wohl nicht gerade das ist, was man als „normal“ bezeichnet. Aber was bedeutet ein „normales Leben“? Ich tue das, was ich tun will; ich lebe mein Leben, so wie ich es will, und das ist für mich das „normale“ Leben. Mein Leben gehört mir allein, und was andere aus ihrem Leben machen, bleibt ihnen überlassen.

Wo wir gerade beim satanischen Leben sind: Was denkst du persönlich über Leute wie John Nödtveidt, der ein Leben im Namen Satans geführt hat und sich letztens das Leben genommen hat? Was könnte die Ursache sein, dass gerade in der Black Metal-Szene so viele Leute Selbstmord begehen?

Dazu gebe ich keinen Kommentar. Wie oben erwähnt, liegt es an jedem einzelnen, was er für richtig hält. Ich habe kein Interesse an Spekulationen, wieso wer was tut!

Allerdings bringt mich die Frage auf eine etwas philosophische Idee. Es heißt doch, dass Christen bei Selbstmord in der Hölle landen. Bedeutet das im Umkehrschluß, daß Satanisten bei Selbsttötung in den Himmel fahren?

Für mich bedeutet Satanismus, dass man die totale Kontrolle über sich selber hat, Von daher denke ich, daß Selbstmord auf keinen Fall eine „Sünde“ ist. Es bedeutet einfach, dass man sich dazu entschlossen hat, die Verantwortung für den eigenen Tod zu übernehmen.

Kommen wir wieder auf das neue Album und die Texte zu sprechen. Gegen wen führst du einen spirituellen Krieg? Kannst du kurz auf die einzelnen Texte eingehen? Und: Ist es sexuell befriedigend, vom Feuer gefickt zu werden?

Der Titel bedeutet die letzte Schlacht, das ultimative Ende. Die komplette Platte handelt vom Ende in verschiedenen Aspekten, wie das Ende des Lebens, das Ende der Welt und das Ende von allem. Der von dir genannte Song („Fucked By Fire“) handelt von dämonischer Bessessenheit auf eine abgedrehte und dekadente Weise und der Titel symolisiert das Ende einer reinen Seele.

Von den blackmetallischen Anteilen der neuen Songs abgesehen hört man immer wieder offensichtliche Einflüsse von Bands wie Venom, Bathory und Celtic Frost heraus. „At The Gates Of Hell“ hingegen war offensichtlich von den frühen Mercyful Fate inspiriert.
Wie bewertest du als jemand, der scheinbar in den Achzigern groß geworden ist, die heutige Metal-Szene?


Ich bin in den Achzigern aufgewachsen und zu der Zeit wurde auch mein musikalisches Interesse geboren. Von daher bin ich natürlich besonders von dieser Zeit beeinflusst. Andererseits denke ich, dass man aus allen Erfahrungen seine Inspirationen zieht, nicht nur aus dem Musikbereich.
Zu der heutigen Metalszene habe ich eigentlich keine Meinung; ich vermute mal, dass sie heute noch genauso ist wie immer: es gibt ein paar wenige Bands, die interessante Sachen auf die Kette bekommen und tausende, die nicht mal ihre Instrumente ordentlich beherrschen, geschweige denn etwas qualitativ Hochwertiges zustande kriegen.

Und mit welcher Band würdest du gerne mal auf Tour gehen?

Keine Ahnung, da gibt es keine konkreten. Und solange die Bands hinter dem stehen, was sie tun, habe ich keinerlei Probleme, mit ihnen die Bühne zu teilen.

Wo wir gerade davon reden: wird man euch in naher Zukunft mal wieder auf deutschen Bühnen erleben können. Das letzte Mal, als ich die Gelegenheit hatte, euch zu sehen, ist fast 10 Jahre her. Ich erinnere mich noch an die Show mit Enslaved, Swordmaster und Dark Tranquility in einem kleinen Club in Trier…

Bisher ist noch keine Tour bestätigt, aber wir haben wohl schon einige Angebote auf dem Tisch. Mal sehen, was in nächster Zeit passiert. Das einzige, was bisher bestätigt ist, ist ein Auftritt beim Party San Open Air, aber ich denke mal, dass Deutschland bereits früher Zeuge unserer boshaftigen Riten werden wird. Schau einfach mal von Zeit zu Zeit auf unsere Homepage, vielleicht haben sich ja gerade jetzt schon einige Dinge geändert!

Ein Doppel-Package mit Naglfar wäre doch eine coole Sache! Oder wär diese Doppelbelastung zu anstrengend?

Ich glaube, das wäre dann doch etwas zu hart. Aber man weiß ja nie! Ich habe gelernt, niemals nie zu sagen, denn man hat schon Pferde kotzen sehen!

Bleiben wir mal kurz bei Naglfar: Wie siehts mit neuem Material aus? Habt ihr schon was ausgeheckt?

Das neue Album ist bereits aufgenommen, und wir fangen wohl nächste Woche an, das ganze fertig abzumischen.

Wie siehts bei all diesem Aufwand mit Ancient Wisdom und Havayoth aus? Was können wir in naher Zukunft von diesen Bands erwarten?

Ich habe bereits mengenweise Zeug für beide Acts geschrieben. Und wenn alles läuft wie geplant, kannst du damit rechnen, dass von beiden Bands im Laufe des nächsten Jahres neue Alben auf den Markt kommen.

Gehen wir für die abschließende Frage mal wieder zu Bewitched zurück. Kannst du kurz etwas zu jeder Bewitched-Platte erzählen? Beispielsweise habe ich in einem andere Interview gelesen, dass du mit dem „At The Gates…“-Album nicht sonderlich zufrieden bist. Seltsamerweise mag ich gerade dieses Album am liebsten.

Nun, ich denke schon, dass „At The Gates Of Hell“ ein sehr gutes Album ist, aber eben kein gutes Bewitched-Album, wenn du verstehst, was ich meine. Es ist einfach zu melodisch und nicht aggressiv genug für das, für was Bewitched eigentlich steht. Ich kann das im Nachhinein aber nicht mehr ändern und muß es eben akzeptieren. „Pentagram Prayer ist von den alten Sachen bisher mein Lieblingsalbum, da es genau so geworden ist, wie wir es damals haben wollten. Und auch heute noch finde ich, dass es eine starke Scheibe ist. Aber auch das Debüt ist für mich eine spezielle Sache, da es schön rau und ehrlich ist und ich einige großartige Erinnerungen an die Platte habe. Das gleiche gilt auch für „Rise Of The Antichrist“, wo einige wahre Killer drauf sind. Trotzdem hätten wir da einiges besser machen können.

Dann hoffe ich, daß wir noch viel von Bewitched und natürlich deinen anderen Bands hören werden und danke dir, daß du dir Zeit für die Fragen genommen hast. Die letzten Worte gehören dir!

Ich bedanke mich für das Interview und weiß die Unterstützung und das Interesse an Bewitched wirklich zu schätzen. Hört euch das neue Album mal an und haltet die Augen offen nach unserer anstehenden Tour! Deutschland, laß die Dunkelheit hereinbrechen!!!
-