Vom Ende der Welt


Interview mit Moonsorrow
Black Pagan Metal aus Finnland - Helsinki
Mit „V: Hävitetty“ haben die Finnen MOONSORROW das bisherige Folk-Black Metal-Album des Jahres erschaffen und es spielend geschafft, ihr Werk in die deutschen Charts zu hieven. Eine Tatsache, die umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass die CD gerade mal 2 Songs enthält und trotzdem eine Spielzeit von einer Stunde aufweist. Angesichts dieses Mammutwerks war es klar, dass wir einen Verantwortlichen entführen mussten, um ihn bei Brot und Wasser einem eindringlichen Verhör zu unterziehen. In diesem Fall trifft es eben Drummer Marko Tarvonen, der keinerlei Chance hatte zu flüchten. Also auf ihn mit Gebrüll!!!

Hallo Marko, ich hoffe, es geht dir gut. Wie ist denn das Wetter in Finnland?


Ja, danke, mir gehts prächtig. Wir haben gerade unsere Finnland-Tour beendet und es war einfach großartig, in unserem Heimatland zu spielen. Was das Wetter angeht: hier ist noch immer Winter und kein Frühling bisher in Sicht.

Wenn man sich eure Alben anhören, könnte man denken, dass es in Finnland nur schneebedeckte Felder gibt und der Himmel immer dunkel ist. So geht es mir zumindest immer, wenn ich einer MOONSORROW-CD lausche. In welcher Stimmung müsst ihr sein, um eure Songs zu schreiben?

Natürlich hat die Natur ein großer Einfluß auf unsere Songs. Wie du gerade gesagt hast, ist es hier im Winter sehr dunkel, was man dann auch in unserer Musik sehr gut hört. Aber auch, wenn unser Material sehr düster und melancholisch ist, bedeutet das keineswegs, dass wir keinen Spaß im Leben haben können. Mann, wir haben sogar ein paar Schneeflocken aufgenommen (lacht).

Beim Hören von “V: Hävitetty” kommt einem auch immer wieder ein Name in den Sinn: BATHORY. Der musikalische Spirit von Quorthon ist eigentlich allgegenwärtig. Nervt euch dieser Vergleich oder fühlt ihr euch eher geehrt?

Beides. Ich selber höre eigentlich gar nicht mehr so viele BATHORY-Einflüsse seit den ersten beiden Alben. Natürlich ist es eine große Ehre, wenn jemand BATHORY und MOONSORROW im selben Satz erwähnt. Trotzdem finde ich, dass er nur ein paar großartige Alben („Blood Fire Death“, „Hammerheart“, „Twilight Of The Gods“) erschaffen hat und der Rest ziemliche Scheiße ist. Wir würden niemals einen Song wie „Sudden Death“ unter dem Namen MOONSORROW veröffentlichen. Was zur Hölle hat sich Quorthon da nur dabei gedacht?

Wie schwer war es eigentlich, das neue Album zu schreiben. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht gerade einfach ist, einfach mal so ein halbstündiges Epos zu schreiben. Was hat euch dazu bewogen, nur 2 Songs aufzunehmen, die allerdings zusammen eine Laufzeit von einer knappen Stunde aufweisen?

Nein, das war eigentlich nicht so geplant. Eigentlich wollten wir ein ganz normales MOONSORROW-Album machen. Aber dann fingen wir an, die Songs zu schreiben und fanden sie ziemlich episch, so dass wir dachten: „Let´s do it in a big way, then!“. Und so kam´s dann auch. Wir hatten tausende von verschiedenen Riffs und Song-Parts und begannen, die besten Ideen auszusortieren. Dann gaben wir uns größte Mühe, alles als ganzes zu arrangieren. Auf einmal stand es komplett außer Frage, die einzelnen Tracks in viele Teile zu zerlegen.

Wenn man sich den deutschen Eintritt in die Charts betrachtet, habt ihr euren Fans damit auch nicht zuviel zugemutet. Denkt ihr, dass LORDI´s Sieg beim „Eurovision Song Contest“ euch geholfen hat, Türen zu öffnen? Hat sich in Bezug auf Metal eigentlich irgendwas seit dem „ESC“ verändert?

Nein. Metal war hier jahrelang groß im Geschäft. Eigentlich bin ich nicht besonders glücklich darüber, daß Omis und Opis heutzutage Metal akzeptieren. Es ist komplett anders als früher. Als ich jung war, haben alle das Zeug gehasst. Und diese Zeiten vermisse ich wirklich. In Finnland hört jetzt jeder Hinz und Kunz Metal, angefangen von Geschäftsmännern über Mütter, Väter, Kinder bis hin zu den Großmüttern. Kommerzielle Bands sichern sich so natürlich das Überleben, aber mir sind die Verkäufe mit MOONSORROW recht egal!

Bekanntlich wachsen in Finnland ja die einzigartigsten Metal-Acts aus dem Boden. Was unterscheidet die Finnische Szene deiner Meinung nach von den anderen?

Kann ich dir nicht sagen, da ich das Geschehen in der Szene eher weniger verfolge. Ich finde nicht mal, dass unsere Bands so originell sind, auch wenn sie viele CDs verkaufen. Um ehrlich zu sein, höre ich sehr selten Finnische Musik, und dann auch eher Prog Rock-Bands aus den Siebzigern.

Na schön, zurück zu “V: Hävitetty”: So weit ich weiß, sind die wenigsten unserer Leser der finnischen Sprache mächtig. Könntest du daher bitte mal kurz auf die Texte eingehen?

Das ganze Album ist von einem “Ende der Welt”-Konzept durchzogen, das den alten Glauben reflektiert, dass eine neue Welt geboren wird, nachdem die alte gestorben ist. Wir haben diese Geschichte in die Jetztzeit adaptiert. Schau dir einfach die Nachrichten an, und du weißt, um was es geht. Das meiste davon basiert auf Ville´s (Sorvali, vocals/guit. – d. Verf.) Gefühlen und mythologischer Symbolik.

Dieses Jahr werdet ihr auch für einige Shows nach Deutschland kommen. Was genau können wir davon erwarten? Eigentlich müsstet ihr 3-Stunden-Sets liefern oder könntet vielleicht gerade mal 5 Songs spielen.

Ja, du hast Recht. Bei einem Festival mit einer Spielzeit von 45 Minuten wird es schwer, von jedem Album einen Song zu bringen. Mal schauen, was wir machen werden. Auf jeden Fall werden wir aber bei jeder Show einen neuen Song bringen. Und unser Set wird sich jedes Mal ändern, so dass du beispielsweise in Wacken andere Songs zu hören bekommen wirst als auf dem Summer Breeze.

Laß uns mal ein bißchen über die Musik selber reden. Anders als Bands wie ENSIFERUM und FINNTROLL scheint ihr eher von Acts wie den frühen SATYRICON beeinflusst zu sein. Wolltet ihr mit MOONSORROW von Anfang an so klingen wie ihr heute klingt? Oder habt ihr als „wahre“ Black Metal Band angefangen, die sich über die Jahre hinweg zu der Band entwickelt hat, die ihr heute seid?

Um ehrlich zu sein, sind wir von dieser heutigen Folk Metal-Szene ziemlich gelangweilt, da es für uns in der Hinsicht nichtsIinteressantes mehr gibt. Viel eher gibt es zu viele, die die von dir genannten Bands schamlos kopieren. Ich finde auch, dass wir uns immer viel mehr an alten ENSLAVED, BORKNAGAR oder SATYRICON orientiert haben und dunkler und irgendwie unkommerzieller sind als diese ganze melodische Humppa-Scheiße. Unsere Wurzeln liegen ganz klar im Black Metal, auch wenn MOONSORROW nie eine satanische, aber doch immer eine antichristliche Band waren.

Wie vorhin schon erwähnt, ist Finnland ein wahrer Schmelztiegel an unterschiedlichen Stilen. In den frühen Neunzigern haben ein paar Black Metal-Maniacs wie IMPALED NAZARENE und BEHERIT ihre ersten Scheiben veröffentlicht. Wie siehts heute mit der Black Metal-Szene bei euch aus? Gibt es Bands, die du empfehlen könntest?

Dazu kann ich dir wenig sagen, weil ich schon vor Jahren das Interesse an Black Metal verloren habe. Ich finde auch, dass in dem Bereich nichts Originelles mehr kommt. Meistens kopieren diese Bands alte MAYHEM oder DARKTHRONE. Natürlich gefallen mir einige der alten Klassiker noch immer, und wenn ich was neues Interessantes finde, kaufe ich es natürlich auch. Aber von der heutigen Black Metal-Szene in Finnland habe ich wirklich keine Ahnung.

Welche Bedeutung hat Metal speziell für dich persönlich? Stehst du ausschließlich auf das Black/Viking-Zeug oder gefallen dir auch andere Spielarten des harten Rocks?

Nun, Henri (Sorvali, guit./keys Anm. d. Verf.) und ich hören beispielsweise außer Metal so viele verschiedene Arten von Musik wie Prog, Ambient, Elektro, Soundtracks, Punk und Jazz. Ich stehe eigentlich nicht so sehr auf Black Metal und finde diese Musik eigentlich eher recht langweilig. Eher bevorzuge ich alten skandinavischen Death Metal wie ENTOMBED, DISMEMBER und UNLEASHED, bzw. amerikanische Bands wie AUTOPSY, DEATH oder OBITUARY. Es ist immer wieder schön, zu diesen Klassikern den Kopf zu schütteln. Trotzdem öffne ich mich immer mehr anderen Arten von Musik und komme etwas vom Metal weg. Ich glaub, ich werde alt (lacht)!

Auf eurer Homepage ist zu lesen, daß ihr aus der Gegend um Helsinki stammt. Erzähl doch bitte mal kurz was über die Stadt Helsinki. Welche coolen Locations gibt es? Versuch einfach mal, unseren Lesern die Stadt für den nächsten Urlaub schmackhaft zu machen!

Ohje...ich bin in Helsinki geboren, bin aber gerade weg gezogen, da ich nicht wirklich ein Stadtmensch bin. Ich gehe auch nicht mehr oft in die Stadt. Ich mag eher die ländliche Gegend und die Stille der Natur dort. Beispielsweise will ich nach mehreren Auftritten mindestens eine Woche lang überhaupt keine Musik hören. Da laufe ich dann lieber durch den Wald und genieße die Stille.

Bezüglich Locations kann ich empfehlen, im Sommer das Suomenlinna zu besuchen Dabei handelt es such um eine alte Festung, die 1750 errichtet wurde, um die Stadt zu verteidigen. Es ist dort ziemlich windig, aber trotzdem gerade im Sommer sehr schön. Dann kann man zum Markt gehen und traditionelles Essen kaufen, bevor man sich später am Abend auf paar Bier im Park trifft und sich danach in der „Inferno“ Metal-Bar dann vollends die Lampen ausschießt (lacht).

Wer also seinen Sommerurlaub in Helsinki verbringen möchte, weiß nun Bescheid. Ich bedanke mich für das nette Interview und freue mich schon drauf, auf der Tour ein paar Bier mit euch zu vernichten. Die letzten Worte gehören dir!

Ich danke dir für das Interview! Leute, legt euch „V: Hävitetty“ zu und besucht unsere Shows! Cheers & Mosh!!!
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