Flucht nach vorne


Interview mit Maroon
Metalcore aus Deutschland - Nordhausen
"The Cold Heart Of The Sun" heißt das aktuelle Werk der schlagfertigen Thüringer MAROON, und es beweist eindrucksvoll, dass die musikalischen Spanne der Band bei Metalcore noch lange nicht zu Ende ist. Basser Tom äußert sich im Interview mit der Bloodchamber ausgiebig zur neuen Scheibe, obwohl er eigentlich niemandem empfehlen würde, das Teil zu kaufen...

Euer letztes Album “When Worlds Collide” ist gerade mal anderthalb Jahre alt und schon reicht ihr einen hochkarätigen Nachfolger nach. Seid ihr ständig dabei, Songs zu schreiben, dass ihr so schnell kreativen Nachschub vorlegen könnt?

Tom:
Ach, eigentlich ist das das erste Mal so. Sonst sind wir froh, wenn wir bis zum Studio halbwegs genügend Songs zusammenhaben für ein Album. Aber diesmal haben wir nicht ganz so viel gespielt und bewusst viele Sachen nicht angenommen, um ein bisschen Zeit für das Schreiben neuer Songs zu haben. Wir hatten einfach Bock ne neue Platte zu machen. Wir hatten viele Ideen und waren auch nicht wirklich zufrieden mit der Promotion für das letzte Album, also haben wir uns für die Flucht nach vorne entschieden.

„The Cold Heart Of The Sun“ ist noch metallischer ausgefallen als der Vorgänger. Eine völlig natürliche Entwicklung oder gezielte Flucht aus der Metalcore-Schublade?

Tom:
Ich weiß es auch nicht so recht. Wir hatten nie ein Problem mit diesem Begriff. Da stören uns Schubladen im Allgemeinen mehr. Deshalb glaube ich nicht, dass es ein geplanter Schritt war. Die Songs sind so entstanden. Geplant war, dass wir noch mehr Abwechslung, Spielfreude und Spontaneität und Extreme in die neuen Songs packen wollten, und ich hoffe das ist uns gelungen. Außerdem entwickelt man sich als Musiker ständig und das möchte man auch zeigen.

Wie wichtig sind euch bei eurer musikalischen Entwicklung die Erwartungen der Fans?

Tom:
Wir wollen schon, dass sich die Platte verkauft und viele Menschen die gut finden, aber beim Songschreiben darf man an so etwas nicht denken, sonst kommt man nie auf einen Nenner. Schließlich weiß man nicht, was die Leute da draußen überhaupt von uns erwarten. Also gehen wir immer davon aus, die erwarten nichts. Da kann man nur gewinnen, haha. Außerdem ändert sich der Geschmack heute so schnell, da würde man sowieso nicht mitkommen.

Diesmal habt ihr das Album im Rape of Harmonies-Studio produzieren lassen. Für den Mix war wieder Jacob Hansen verantwortlich. Wieso habt ihr euch für diesen Weg entschieden?

Tom:
Weil wir einfach eine eigenständigere Produktion haben wollten. Viele Bands gehen jetzt zu Jacob, und wir hatten keine Lust wie diese ganzen Bands zu klingen. Es ist immer die Gefahr, wenn man nur ein Studio benutzt, dass man in gewisser Weise nach diesem Studio klingt, und das wollten wir damit verhindern! Deshalb haben wir Schlagzeug und Mix bei Jacob gemacht und den Rest beim Patrick, Ali und Ralf.

Bitte gib zu folgenden Songs des neuen Albums mal ein kurzes Statement ab:
„[Reach] The Sun“
Tom:
Für mich der eingängigste Song auf dem Album und der erste, den wir für diese Platte fertig hatten. Klingt schön nach CARCASS. Besonders gefällt mir das Edvard Grieg Zitat im Solo.

“Black Halo!”
Tom:
Der aufregendste Song für mich und auch der, welcher mir vom Spielen her sehr viel Spaß macht, weil er schön relaxed ist. Sicherlich einer der ungewöhnlichsten auf dem Album, aber auch einer der besten. Sehr MAROON-untypisch.

„Some Goodbyes Are Farewells“
Tom:
Unser Versuch, ein kleines bisschen was von unseren Helden METALLICA in unsere Musik fließen zu lassen. War von Anfang an als unser 'Fade To Black' geplant. Wir wollten einfach schon so lange eine Halbballade machen und diesmal haben wir uns getraut.

Ist Veganismus in den Texten auf „The Cold Heart Of The Sun“ ein großes Thema oder setzt ihr diese Problematik in den Lyrics gar nicht um? Geht es euch auch darum, mit den Texten Leute zu erreichen?

Tom:
Wir haben in der Vergangenheit genug zu dem Thema gesagt und manchmal auf sehr plumpe und offensive Art und Weise, deshalb ist dies jetzt etwas besser verpackt. Wir haben einfach keine Lust, immer auf dieses Thema reduziert zu werden. Das ist uns sehr wichtig, aber was es von uns dazu zu sagen gab, haben wir gesagt, und es gibt noch 1000 andere Themen, die uns beschäftigen. Sicherlich nicht so intensiv wie die Frage des Veganismus. Wenn wir bei einigen Leuten mit unseren Texten Denkanstöße leisten, ist das natürlich super.

Nach dem auffälligen Artwork von „When Worlds Collide“ habt ihr euch beim neuen Album für ein „schlichteres“, metal-typisches Cover entschieden. Keine Lust mehr, auch optisch aufzufallen?

Tom:
Das ist wie die Frage nach der musikalischen Veränderung. Woher will man wissen, was bei den Leuten auffällt und was nicht? Wir wollten diesmal wieder etwas Dunkles und Düsteres.

Die Record-Release-Show zum neuen Album fand in eurer Heimatstadt Nordhausen statt. Dort gab es ein großes Rahmenprogramm mit vielen Supports (u.a. NARZISS und MISERY SPEAKS) und einer beeindruckenden Bühnenshow. Wie habt ihr diesen Abend erlebt? Ist es euch als relativ erfolgreicher Band wichtig, auch in heimischem Umfeld regelmäßig präsent zu sein und alteingesessenen Fans und Freunden eine gute Show zu bieten?

Tom:
Wir wollen halt immer, wenn wir nach 1 bis 2 Jahren mal wieder in unserer Heimat spielen, zeigen, wo die Band in der Zwischenzeit hingegangen ist, und da ist so eine große Releaseshow immer das Beste! Das ist natürlich was ganz Besonderes, weil neben Familie auch so viele bekannte Gesichter da sind! Und auch hier weiß man nie, was eine gute Show für manche Leute ausmacht. Es gibt Menschen, die würden uns heute noch am liebsten in einem 150 Mann Club ohne Schnick-Schnack sehen, aber wir wollen den Leuten was bieten und ihnen zeigen, dass wir uns entwickeln!

Ihr habt in diesem Jahr mit dem Rock Hard Festival und dem Wacken Open Air gleich zwei Metal-Festivals mit größtenteils traditioneller Ausrichtung absolviert. Ein voller Erfolg?

Tom:
Im Falle vom WOA auf jeden Fall! Diese Show war einfach super! Die Leute sind abgegangen und als Höhepunkt haben wir mit Tom Angelripper zusammen 'Ausgebombt' gespielt und danach noch ein wenig mit SODOM geschwatzt! Das war schon, was Besonderes mit Tom auf der Bühne zu stehen. Wir hören alle schon seit Teenagertagen SODOM. Das Rock Hard Festival war für mich persönlich eher eine schwierige Sache. Es war noch sehr früh am Tag, und die Leute waren ein wenig zurückhaltend! Aber wir spielen dennoch gerne solche Sachen!

Schildere doch mal kurz die Eindrücke und Höhepunkte eurer kürzlich absolvierten Tour mit den Genre-Kollegen AS I LAY DYING und DARKEST HOUR!

Tom:
Die Tour war einfach super. Alle Bands waren super nett, und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Dadurch lief natürlich alles sehr entspannt, es gab keine Probleme, und wir hatten alle eine gute Zeit. Natürlich waren die Besucherzahlen auf den Konzerten auch fantastisch! Es war also eine sehr erfolgreiche Tour. Besonders gut waren für mich die Show in Hamburg und die letzte Show in Stockholm.

Noch ein paar schnelle Fragen zum Abschluss:

Geht ihr selbst auf Metal- und Hardcore-Shows? Was war das letzte Konzert?

Tom:
Schlechte Bands sehe ich bei unseren Shows schon genug, haha! Nein, ich gehe kaum zu solchen Konzerten. Wir spielen wirklich viel, und da hat man zwischendurch selten Lust, sich auch noch so einen Krach anzugucken. Außerdem höre ich privat eher selten diese Art von Musik!

Was war die blödeste Frage, die dir je in einem Interview gestellt wurde?

Tom:
Was war die blödeste Frage, die dir je in einem Interview gestellt wurde.

Wie würdest du jemanden davon überzeugen, euer neues Album zu kaufen?

Tom:
Gar nicht. Der soll es lieber klauen oder herunterladen. Und für das gesparte Geld soll er sich lieber irgendwas von MORRISSEY kaufen!

Die letzten weisen Worte gehören Dir!

Tom:
Danke für das Interview und das mit der blöden Frage meine ich Ernst, haha! VIVA HATE!
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