Martin van Drunen hat keine Liebe für Nazis!


Interview mit Hail Of Bullets
Death Metal aus Holland - Amersfoort, Provinz Utrecht
HAIL OF BULLETS waren bis dato DER Hype im Death Metal Sektor des Jahres 2008. Nach einer alles niedermetzelnden 4-Track-Promo bekam die Band schnell einen Vertrag bei Metal Blade und wirbelt nun über die Bühnen Europas, um die düstere Epoche des Ostfeldzuges im zweiten Weltkrieg musikalisch aufzuarbeiten. Grund genug, Frontsau und Überstimme Martin van Drunen zu interviewen!

Hey Martin, erst einmal danke, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Hoffentlich musst du jetzt nicht die selben Fragen wieder und wieder beantworten. Kamt ihr die ersten Wochen nach der Veröffentlichung denn überhaupt mal zur Ruhe?

Na ja. Das Problem bei Mailerintis ist, dass sie eine Menge Zeit fressen und tatsächlich bekommt man leider auch sehr oft die gleichen Fragen. Vorteil ist dann, dass man die copy/paste Funktion hat. Das spart Zeit. Aber ab und zu schalte ich halt ab und mache dann ein oder zwei Tagen gar nix mehr außer faulenzen und Mucke hören. Manchmal kommt man sich vor wie ein Krawattenbureaufritz statt Death Metal Musiker. Ich sitze mehr Stunden hinter mein Rechner, als dass ich tatsächlich Mucke mache. Aber es gehört alles dazu. Ich darf mich auch nicht beschweren. Andere schaffen in ein Fabrik acht Stunden am Tag. Dagegen ist das hier natürlich ein Traumjob.

In einem Interview habe ich gelesen, dass ihr die Idee für HoB in einer Bar hattet, also eine spontane Idee. Was mich interessieren würde, wie hat das denn mit den Mitgliedern in euren “Stammbands” (Asphyx, Thanatos etc) funktioniert. Hattet ihr keine Angst, dass die anderen Bands “angepisst” wären,wenn ihr so eine Death Metal Supergroup aufmacht?

Nee, so ganz genau war das nicht. Stephan hatte die Idee und erst, als er die ganze Besatzung gefunden hat, haben wir uns in einen Bar getroffen, und dann haben wir brav getrunken. Aber alle Verbündeten wussten schon, dass wir das machen wollten. Die Atmosphäre zwischen z.B. THANATOS, ASPHYX, GOREFEST und Hob ist ausgezeichnet. Jeder gönnt der andere der Erfolg, und wir sind halt Kameraden. Wir mögen auch gegenseitig unsere Mucke. Eigentlich kann man es als eine große Familie betrachten. Da gibt es keine Eifersucht. Nur, alles muss gut geplant werden. Aber das ist bisher überhaupt kein Problem.

Ed hat ja den Bärenanteil der Songs geschrieben. Ich denke, viele kennen Ed Warby als Spitzenschlagzeuger, aber müssen wir jetzt mit entsetzen feststellen, dass er auch begnadet mit der Gitarre umgehen kann und weiß, wie du deine Vocal Rhythmiken setzt? Oder habt ihr noch viel an den Songs im Proberaum rumschrauben müssen?

Ed hat für meine Vokale die richtige Rhythmik als Schlagzeuger. Er hat vorgeschlagen, auf welche Parts ich singen sollte, oder ich habe mir selber die Parts ausgesucht. Aber wir denken gleich. Also als ich dann mit den Voxparts kam, waren alle froh und zufrieden. Die Songs sind als Mp3s geschickt worden und jeder konnte dann in aller Ruhe zuhause sein Part einspielen, also geprobt haben wir kaum, haha.
Wir müssen auch alle ne Menge reißen für eine Probe und im den Sinne haben wir uns ne Menge Zeit gespart. War auch neu für mich, aber es klappte wunderbar.
Und die Leute wollen ja gar nicht wissen, wie viele Stücke noch übrig geblieben sind. Wir hätten ein Doppel-CD raus bringen können.
Ed ist natürlich kein Supergitarrist, aber er kann super komponieren und gut genug spielen, um zu zeigen was er meint, und das reicht. Aber irgendwann wird der Bursche ein Solo-Album machen, denke ich, hahaha. Er ist aber ein Hammerschlagzeuger, Metal-Workaholic und ein verdammt guter Songwriter. Und ein sehr sympathischer Mensch noch dazu.

Zusätzlich dazu habe ich auch erfahren, dass Ed meinte, ihr hättet genug Material für zwei weitere CDs, aber der Weltkrieg sei durch. Habt ihr keine Angst, dass ihr nach so einem Hammeralbum mit der Kriegsthematik verknüpft seid und man von einem normalen Death Metal Album von euch enttäuscht sei?

Nö, überhaupt nicht. Es passt sehr gut zur HoB, und ich habe noch so viele Themen in dem Bereich, die ich ausarbeiten möchte. Kriege kommen und gehen. Die Menschheit lernt es leider ja eh nie.
Vielleicht können wir in der Zukunft mal was anderes machen, aber es geht super so. Und über WWII in Europa ist in der Tat jetzt genug geschrieben worden. Kann sein, dass ich mal einzelne Sachen anrühre, aber kein WWII Europa Konzept mehr. Ich denke, das ist auch, was Ed meinte mit seinem Statement. Aber HoB bleibt immer HoB. Da werden wir keine Leute enttäuschen. Bin ich mir ganz sicher.

Wo ich schon nach dem Material nachfrage – Wie sieht euer Kalender aus? Auf dem Party-San werde ich euch Live in Action erleben, danach habt ihr sicher noch ein paar Shows ausstehen. Wird dann direkt ein weiteres Album eingehämmert, und es geht rigoros weiter?

Wir haben schon ne Menge Shows am kommen und sind noch dabei auf Tour zu gehen. Ist alles noch Verhandlungssache. Aber die Fans kriegen auf jeden Fall genug Gelegenheit, um uns live zu sehen. Ich denke, dass die Jungs schon ein paar Riffs oder Songs fertig haben. Selber bin ich mich auf die nächste Idee am orientieren und muss mich da noch durch ne unglaubliche menge Dokumentation und Literatur wursteln. Aber das ist eh meine Leidenschaft, neben Schwermetall machen. Denke aber, dass nächstes Jahr wohl eine zweite HoB Scheibe fertig sein wird. Aber erstmals „...Of Frost...“ promoten und auf ein Haufen fette live Shows konzentrieren.

Die Texte, die du geschrieben hast zeigen recht eindrucksvoll unterschiedliche Ansichtsweisen und Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Diese Thematik hat schon eine gewissen Anziehungskraft für dich, oder?

Ja, das kann man wohl sagen. Ich beschäftige mich schon seit Jahren mit dem Thema Ostfront. Stalingrad war immer eine Faszination und nach weiteren Forschungen der ganze Thematik WWII im Osten. Die Grausamkeiten, das Elend, die Verachtung für das menschliche Leben ist schlicht unvorstellbar.
Der HoB Death Metal Stil gab mir endlich die Gelegenheit, das alles in Texte auszuarbeiten, und ich glaube, es ist ganz gut gelungen.
Außerdem gibt es noch immer eine menge Tabus was WWII angeht. Und das z.B. erst jetzt Länder wie die Slowakei oder Bulgarien der EU beikommen, liegt natürlich darin, dass sie gezwungen worden sind, beim UdSSR beizutreten. In dem Sinne war es für die keine “Befreiung”. Also das Thema ist immer noch aktuell und die Wunden immer noch tief und offen.

Nennt man Death Metal Fans den Namen Martin van Drunen, bekommen die meisten glänzende Augen und schwärmen von der brutalsten Death Metal Stimme. Das ist schon eine sehr hohe Auszeichnung. Tatsächlich klingt dein Organ viel hasserfüllter und wilder als die meisten Pig Squeal/Tief-ist-besser Grunzer. Wie kamst du darauf, diesen besonderen Stil zu “singen”? Hast du besonders viel üben müssen oder hast du einfach im Alter von 12 Jahren deine Klassenkameraden bei ner Karaokesession überrascht?

Hahahaha, nee. Aber danke für das Kompliment. Ich habe erst auf Consuming angefangen zu grunzen, und obwohl es nicht so ganz toll war, kam die restliche Entwicklung von selbst. Denke das ist ne Glücksache. Man hat es oder man hat es nicht. Es gibt auch Bluessänger, wo das gleiche gilt.
Aber ich trainiere wohl ne Menge, um das Organ fit zu halten. Ich bin nun mal Perfektionist und ein Streber, was meine Vokabeln angeht. Da kann man sich nicht auf seinen Arsch setzen oder jeden Tag Party machen. Um was zu erreichen im Leben, muss man immer hart arbeiten. Das gilt für mich genau so.

Viele können sich sicher nicht vorstellen, dass Musiker, die man in Metalmagazinen sieht, auch ganz normalen Jobs nachgehen müssen. Ist das denn bei euch noch genauso, oder könnt ihr mittlerweile von der Musik leben?

Also ich hatte die Schnauze voll von allen diesen Wichserjobs und lebe jetzt von der Musik. Zwar sehr knapp, aber ich bin frei und glücklich damit. Mehr kann ich mir nicht wünschen. Hauptsache, Dach über dem Kopf, was zu saufen und zu essen. Bin kein Materialist.
Aber ich bin auch in zwei Bands, die momentan ziemlich erfolgreich sind, und beide geben mir genug zu tun. Die anderen arbeiten noch nebenbei. Aber bei denen ist die Situation ganz anders. Familie, Kaufwohnung usw. Da kann man nicht das Risiko eingehen, was ich jetzt mache. Außerdem haben die feste Jobs und das ist zur Zeit schon eine Seltenheit mit dem ganze Zeitarbeitunternehmenmist. Das schmeißt man nicht so 1, 2, 3 in die Mülltonne.

Ich weiß nicht, wie sehr ihr in den Niederlanden das mitbekommt, grundsätzlich würde ich aber sagen, dass wir ein großes Problem mit Rechtsradikalen in unserer “Szene” haben (und besonders im Black Metal). Leider Gottes musste man im Vorfeld bei Berichten über eure Band lesen, dass da “drei Glatzköpfe den Zweiten Weltkrieg behandeln. Das ist sicher so ne Naziband”. Gut, jeder Mensch mit drei funktionierenden Hirnzellen weiß, dass solche Kommentare Schwachsinn sind, aber vielleicht willst du hier ein Statement loswerden?

Ja, natürlich. Man muss wissen, dass unsere Familien alle den Krieg erlebt haben. Wenn nicht das ausbomben von Rotterdam oder die Flucht aus Ungarn vor den rasenden Deutschen oder Sowjets, dann als Zwangsarbeiter im Reich. Wir sind keine verdammten blöden Nazis. Das drei Jungs Glatzen haben hat mehr damit zu tun, dass die mit dem kommenden Alter ihre restliche Haare abrasiert haben, weil das peinlich aussah. Ich würde das auch machen, aber ich habe meine Haare ja wieder, sei es grau, aber das ist mir Wurst.
Die Dummköpfe, die nicht mal die Mühe nehmen, um die Texte zu lesen (falls sie überhaupt vernünftig Englisch können) können mich also kreuzweise am Arsch lecken. Wir sind keine Kriegsverherrlicher. Krieg ist Dreck. Krieg ist immer ein Verbrechen gegen die Humanität. Aber das ist nun mal das menschliche Erbe. Bis es irgendwann keine Kriege mehr geben kann, weil es keinen von unserer Sorte mehr geben wird.
Rechtsradikale Metaller sind keine Metalheads. Die verdrecken das Nest. Metal ist keine Ideologie, sondern eine Lebensart.
Sofort verhaften den Kram und 20 Jahre lang demokratische humanistische Gehirnspülung reindröhnen. Verdammt noch mal! Millionen umgebrachte Unschuldige. Ein feiger, paranoider, schizophrener Hitler, und die Schwachköppe kapieren das immer noch nicht. Wie dumm kann man sein?
Aber wir haben hier das gleiche Problem. Politische Populisten schreien ihren Hassphrasen über Muslime und bekommen damit Wähler. Eine Partei hier heißt sogar übersetzt “Stolz auf Holland”. Unvorstellbar bei euch, aber hierzulande mittlerweile normal. Ich schäme mich. Zum Kotzen. So, das ist raus.

An dieser Stelle möchte ich dir ganz herzlich für die Zeit, diese Fragen zu beantworten, danken und lasse dir die letzten Zeilen für ein paar Worte an eure Fans!

Danke, keine Ursache. Danke für das Inti und viel Glück mit Bloodchamber.
Tja, die wärmsten Reaktionen kamen mal wieder aus Deutschland. Aber auch im eigenen Land sind alle sehr positiv. Also ein fettes Danke an alle Bullets-Fans für die gewaltige Unterstützung, und wir sehen uns auf der ersten Bullets-Deutschland-Show auf dem Party San. Wir freuen uns riesig drauf! Hau rein!
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