Über "EmOcean" und andere Dinge


Interview mit Hubi Meisel
Progressive Metal
Am 26. März erscheint „EmOcean“, ein äußerst ambitioniertes Konzeptalbum des Münchener Sängers / Multitalentes Hubi Meisel. Logisch, daß so ein Anlaß ein Interview mehr als rechtfertigt ! Ich sprach mit Hubi über die Platte, Vergangenes, Zukünftiges, und Gott und die Welt.


Hubi, nach Deinem Ausstieg bei den Münchener Proggies Dreamscape hast Du ja bereits 2002 Dein erstes Soloalbum „Cut“ veröffentlicht, auf dem Du ausschließlich 80er Pop Sachen gecovert hast. Dieser Schritt wurde ja von manchen Seiten (u.a. vom Rock Hard) hart kritisiert, was ich teilweise auch nachvollziehen kann, denn schließlich lassen solche Alben keinerlei Rückschlüsse auf Deine Qualitäten als Songwriter zu und sind als Karrierestart zumindest fragwürdig. Mit dem Monster Projekt „EmOcean“ geht Du jetzt ins genaue Gegenteil. War dies eine Trotzreaktion – vielleicht auch, um es Deinen Kritikern mal richtig zu zeigen ?

Also mit einer Trotzreaktion hatte die Verwirklichung von „EmOcean“ ganz bestimmt nichts zu tun, haha! Ich habe mich längst damit abgefunden, dass vereinzelte Kritiker ein Problem damit haben, dass ich des öfteren aus der Reihe tanze… Jeder Rezensent hat das Recht, seine persönliche Meinung kundzutun, beeinflussen lasse ich mich jedoch nicht davon. CUT war ein einmaliges Fun-Projekt, das ich schon seit meiner Jugend mal realisieren wollte. Die Umsetzung hat mir viel Spaß gemacht, und ich bereue die Scheibe in keinster Weise. „EmOcean“ hat selbstverständlich einen sehr viel höheren Anspruch, da das Album neben der puren Unterhaltung eben auch eine gewisse Message beinhaltet und deutlich komplexer konzipiert ist.

„EmOcean“ ist ein richtiger Brocken, ein fast 70minütiges Konzeptalbum über den Mythos Atlantis, den Du vorher bis ins kleinste Detail recherchiert hast. Wie kamst Du überhaupt auf die Idee, dieses Thema zu verarbeiten und wie lange hast Du an „EmOcean“ gearbeitet ?

Atlantis ist nur einer der Schauplätze, von denen „EmOcean“ erzählt. Es handelt auch vom Bermuda-Dreieck, dem Sargasso-Meer und der Unterwasserwelt im Allgemeinen. Die Initial-Idee erschien mir eines Nachts im Traum, fast wie in einer Vision… und auch der CD-Titel stand für mich sofort fest. Da dies ein sehr eindringliches Erlebnis war, fühlte ich mich motiviert, diese Grundidee umfassend zu recherchieren. Die Arbeiten an dem Album haben bis zur Fertigstellung insgesamt ca. 15 Monate in Anspruch genommen.

„EmOcean“ ist schon von der Grundstimmung, aber auch von den Lyrics her ein äußerst positives und hoffnungsvolles Album, daß eine friedliche und lebensfrohe Atmosphäre verbreitet, was ja im Metalbereich nicht gerade häufig vorkommt. Bist Du generell ein so optimistischer Mensch, oder ist viel davon extra für das Album „einstudiert“ worden ?

Einstudiert? Au Backe, dann wäre ich ja ein ziemlich übler Schmierenkomödiant ;-) Ich bin in der Tat ein recht optimistischer –allerdings auch sehr nachdenklicher- Mensch. Ich liebe zwar Metal in all seinen Variationen, allerdings fühle ich mich nicht zu düsteren und negativen Themen hingezogen. Die Welt ist schon schlecht genug… Musik sollte daher meiner Meinung nach eher positive Stimmungen verbreiten und einen nicht noch mehr runterziehen.

Die Songs auf „EmOcean“ wurden ja alle von Deinem Keyboarder Vivien Lalu geschrieben (der einen guten Job gemacht hat !), während Du „nur“ bei den Arrangements eng mit ihm zusammengearbeitet hast. Ist das ein reiner Zufall, oder liegt Dir das Songschreiben einfach nicht so im Blut ?

Ja, Vivien hat echt erstklassige Arbeit geleistet! Jedoch habe ich mich selbstverständlich am Songwriting beteiligt. Die Gesangsmelodien und Lyrics stammen von mir, an der Entstehung der instrumentalen Musik hingegen habe ich eher indirekt teilgenommen. Das lief folgendermaßen ab: Ich habe zunächst das „EmOcean“ Konzept geschrieben, und Vivien dann vorgegeben, wie die jeweiligen Songs in etwa klingen sollen. Er hat mir daraufhin seine Ideen per MP3 geschickt, und wir haben dann bei jedem Song solange diskutiert, gefeilt und gebastelt, bis es meiner Vision von „EmOcean“ entsprach. Hätte ich hingegen Vivien dazu verdonnert, einfach das komplette Album allein runterzukomponieren, dann hätte das ja nicht mehr viel mit meiner persönlichen Vision von EmOcean zu tun gehabt ;-) Natürlich durfte auch jeder der anderen Musiker seine Parts individuell interpretieren und verändern.


Wie ich höre, besitzt Du in München ein eigenes Studio und hast das Album komplett selbst produziert und abgemischt – was Dir übrigens gut gelungen ist, Respekt ! Produzierst Du auch noch andere Bands, oder nutzt Du das Studio ausschließlich für Deine Zwecke ?

Danke für das nette Kompliment! Ich habe mir ein kleines aber feines Studio eingerichtet, in welchem ich fast auschließlich meine eigenen Sachen produziere. Es ist auf Gesangsaufnahmen ausgerichtet, aber ich kann dort eben auch meine Alben mixen.

Auf „EmOcean“ hast Du mit verschiedenen Musikern aus aller Herren Länder zusammengearbeitet. Woher kennst Du die Jungs und wie konntest Du sie überreden, bei dem Projekt mitzuwirken ?

Ich kenne viele erstklassige Musiker aus aller Welt und habe für „EmOcean“ einfach diejenigen Leute gefragt, die ich für dieses Album gern mit an Bord gehabt hätte. Von den Jungs mußte keiner überredet werden, die haben das schon freiwillig gemacht…haha!
Vivien Lalu (Shadrane) aus Frankreich habe ich per Zufall im Internet kennengelernt… wir haben schnell gemerkt, dass wir sehr gut zusammenarbeiten können. Daniel Flores aus Schweden (Mind’s Eye) ist ein guter Freund von mir und ein wirklich begnadeter Fellbearbeiter. Marcel Coenen (Sun Caged, Ex-Lemur Voice) aus Holland hatte ich schon auf CUT mit dabei, und er ist für mich der Inbegriff eines extrem powervollen aber zugleich emotionalen Gitarristen. Der französische Bassman Bamby (Absolute) ist ebenfalls ein sehr „vielsaitiger“ Musiker, der eigentlich in der Hardcore Ecke beheimatet ist. Auf den 2 Bonustracks „Crystal Moon“ und „Tears of an Enchanted Sea“ spielte zudem der niederländische Klampfer Joop Wolters Gitarren und Bass ein.


„EmOcean“ gehört sicherlich nicht zu den zugänglichsten Alben aller Zeiten und weist eigentlich keinen einzigen „Hit“ auf – denkst Du nicht, daß dieser Umstand viele Hörer von vornherein abschrecken könnte ?

Es gibt etliche Kritiker und Radiosender, die das anders sehen. Besonders der Opener „Lost in the Waters of Sargasso“ kommt sehr gut an und läuft bereits bei vielen Rock und Metal-Sendern in der Dauerrotation. Ich gebe Dir zwar recht, dass das Album keine Kommerz-Mucke darstellt… aber „EmOcean“ ist sicher keine CD, die sich einem erst dann erschließt, wenn man sie sich 10 mal am Stück angehört hat.

Welche Erwartungen hast Du an die Platte geknüpft ? Gibt es irgendetwas, was Du mit dem Projekt speziell erreichen möchtest (und seien es nur reine Verkaufszahlen) ?

Verkaufszahlen sind bestimmt auch wichtig, weil man bei so einer aufwendigen Scheibe ja nicht auch noch draufzahlen möchte. Aber das, was ich mit „EmOcean“ erreichen will, hat natürlich nicht vorrangig mit Verkaufszahlen zu tun. Diese CD soll einerseits Freude bereiten und die Fantasie anregen, andereseits beinhaltet „EmOcean“ eine tiefe Message, die hoffentlich auch ein wenig bei den Hörern ankommt.

Stimmt es, daß „EmOcean“ schon vor etwa einem halben Jahr veröffentlicht wurde bzw. werden sollte ? Wenn ja, wieso die Verzögerung ?

Das stimmt. Das Album war allerdings nur in Deutschland und lediglich für ca. 2-3 Wochen in einer Mini-Auflage auf dem Markt, ehe mein Anwalt den Verkauf stoppen konnte (die Plattenfirma hatte sich nicht gerade fair verhalten). Ich bin dann relativ schnell zu LION MUSIC übergewechselt. Da „EmOcean“ am 24. März in Japan über Avalon/Marquee erscheint, und die Japaner ein exklusives Vorveröffentlichungsrecht verlangten, hat sich der VÖ in Europa und den USA um weitere 3 Monate verzögert. Als kleine Entschädigung für die lange Warterei haben wir allerdings noch 2 Bonus-Tracks aufgenommen; zudem erscheint die CD jetzt als DIGIPACK.

Genau wie ich bist Du ein großer Fan des besten Konzept Albums ever, nämlich „Operation : Mindcrime“ von Queensryche. Gibt es noch weitere Story-Alben, die Du besonders magst ?

„Operation : Mindcrime“ ist wirklich ein zeitloser Klassiker! Als das Album damals erschien, habe ich wochenlang nichts anderes mehr gehört… “Tyranny“ von Shadow Gallery und „Streets“ von Savatage haben mir auch immer extrem gut gefallen.

Welche Bands gehören denn darüber hinaus noch zu Deinen Favoriten ?


Es ist immer schwer, darauf eine Antwort zu geben, weil ich einfach sehr viele verschiedene Sachen mag. Aber meine Faves sind ganz klar Steve Vai, Dream Theater, Shadow Gallery, Symphony X und auch Mozart.

Das Material von „EmOcean“ ist nur sehr bedingt livetauglich, da es eigentlich zu komplex und zu wenig hitlastig ist. Außerdem hast Du ja im Grunde keine richtige Band, sondern nur diverse Session Musiker, die alle noch in anderen Gruppen tätig sind. Wird es Zukunft Liveaktivitäten von Dir geben ?

Es wäre schon eine feine Sache, „EmOcean“ auf die Bühne zu bringen, aber im Moment scheitert es daran, dass die Kosten für eine Tour (gerade weil meine Musiker aus verschiedenen Ländern kommen) enorm hoch wären… ich hoffe natürlich schwer, dass es in absehbarer Zeit Sinn macht, mal im größeren Rahmen auf Tour zu gehen.

Verfolgst Du eigentlich noch die Karriere Deiner Ex-Band Dreamscape ? Hast Du z.B. schon ihr neues Album „End Of Silence“ gehört ?

Nein, hab’ ich noch nicht gehört. Wir haben eigentlich nichts mehr miteinander zu tun, aber selbstverständlich wünsche ich der Band viel Erfolg mit dem Album!

Laß uns noch kurz ein bißchen über die Szene in Deutschland reden. Wie siehst Du die Entwicklung deutscher Nachwuchstruppen ? Und gibt es irgendwelche Combos, denen Du über kurz oder lang den Durchbruch zutraust ?

Ich bekomme öfters Demos von Undergroundbands, die mich um ihre Meinung fragen, oder ein paar Tips brauchen… Generell sind die Bands heute bzgl. ihrer Präsentation (Demo-CDs, etc.) deutlich professioneller als noch vor 10 Jahren, weil die technischen Mittel einfach erschwinglicher geworden sind. Den Durchbruch haben sicher VIELE von ihnen verdient, denn es gibt kaum eine Band, in der sich die Musiker nicht tierisch anstrengen… allerdings ist diese Branche leider ein ziemlich hartes Geschäft, in welchem nicht vorrangig Kunst und Qualität, sondern immer mehr Strategie und Vermarktung zählen. Die Musikszene ist wahrscheinlich ein wenig mit der Politik vergleichbar… Nach oben kommt man nur, wenn man einen zähen und starken Willen hat, sich nicht entmutigen läßt und niemals aufgibt.

Wie sehen Deine zukünftigen Pläne aus ? Man behauptet ja, daß Du bereits an einem neuem Konzeptalbum feilen würdest. Gibt es da schon was Konkretes zu berichten ?

Du bist ja gut informiert… der Lauschangriff ist doch jetzt untersagt worden, dachte ich ;-) Ich habe in der Tat die Absicht, ein weiteres Konzeptscheibchen zu fabrizieren, das wird aber noch eine Weile dauern, da ich mir für sowas eben ordentlich Zeit einplanen muss, und jetzt natürlich erst mal die Promo von „EmOcean“ im Vordergrund steht.


Hubi, besten Dank für das kleine Interview. Ich hoffe, daß sich viele Leute die Mühe machen, sich auf „EmOcean“ einzulassen und wünsche Dir für die Zukunft alles Gute. Stay heavy and rock on !

Ich danke Dir für das nette Gespräch und wünsche Dir und allen Lesern von Bloodchamber eine gute Zeit!
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