Schwerin, Nazischeiß und soziale Kälte


Interview mit Aorta
Death Metal / Hardcore aus Deutschland - Schwerin
AORTA kommen aus Schwerin, der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern. Wo auch Wurzeln von RAMMSTEIN und KNORKATOR sind, haben sich hier vier Jungs zusammengetan, um sämtliche Stile härterer Gangart zu vereinen und sie dem Volk an die Birne zu klatschen. Dass AORTA sich weiterentwickelt haben steht außer Frage. Den Award für die ‚Eigenproduktion des Monats’ bekamen sie im Februar 2009 von der Bloodchamber-Crew verliehen. Was AORTA dazu meinen, könnt Ihr nun lesen. Bloodchamber hat bei Gitarrist Stöfn per MSN mal nachgefragt.


Moinsen Stöfn! Erstmal Glückwunsch zum Demo des Monats Februar 2009 bei bloodchamber.de! Habt Ihr woanders auch so gute Resonanz bekommen?


Kann man so sagen. Viele der namhaften Webzines (natürlich Ihr vorne weg) haben „Stille Omen“ sehr gut aufgenommen. Natürlich gab es aufgrund des für viele schwierigen Musikstils von AORTA auch einige Verrisse, aber die halten sich in Grenzen. Also alles in allem sind wir zufrieden.

Du erwähntest grad den schwierigen Musikstil. Ich finde hingegen, dass Ihr viele Stile vereint habt. Kommt das daher, dass Ihr verschiedene Geschmäcker habt, was Musik betrifft?

Oh ja. Wir sind da ein sehr bunter Haufen. Das geht bei Sachen wie HATEBREED oder TOTENMOND los (Manni hört das bevorzugt), weiter über den klassischen Metal-Geschmack von Mulle (MAIDEN, METALLICA usw.) und mündet dann irgendwie in die Experimentier- und Knüppelfreudigkeit von Kono und mir. Da wären z.B. JAKA, FANTOMAS, THE RED CHORD oder NAPALM DEATH ... . Es muss eben knallen und überraschen. Am Besten beides gleichzeitig!

Dafür arrangiert Ihr Euch musikalisch aber sehr gut, wie ich finde.
Ihr habt Euch 2002 gegründet. Seit wann besteht denn die aktuelle Besetzung und wer hat die Band gegründet?


Die aktuelle Besetzung gibt es jetzt zwei Jahre (Mullemannikonostöfn). Gegründet wurde AORTA von Manni (Gesang), Kono (Drums), Herrn Meiske (Bass) und Barzer (Gitarre). Nachdem Barzer die Band nach längerem Hin und Her verlassen hatte, war Axel an die Gitarre gekommen. Ein halbes Jahr später sah ich mich dann genötigt, in die Band einzusteigen und sie mit einer zweiten Klampfe zu versehen. Drei Jahre lang waren wir so unterwegs und sammelten erste Erfahrungen als "ernsthafte" Band (wie blöd klingt das eigentlich...). Auftritte, erstes Album usw ... . Dann wollte unsere Basserin Herr Meiske unbedingt Lehrerin werden und zog nach Berlin. Sein Loch wurde dann nach eingehender Suche von Mulle gestopft ... und da sind wir nun.

Und das wurde gut gestopft, wie ich das live und menschlich kennenlernen konnte.
Mal zu Eurer neuen Scheibe. „Stille Omen“ ist (abgesehen von zwei Songs) ausschließlich in Deutsch gehalten. Auf „Schwarze Narben“ hingegen, war der Schwerpunkt Englisch. Ich finde es vollkommen okay, aber wieso habt Ihr Euch dazu entschlossen?


Da gab es keinen Masterplan. Das war Manni's Idee. Wir halten uns aus der textlichen Gestaltung meistens raus, weil wir uns das gar nicht zutrauen, zu solchen teils sehr komplexen Songs einen zusammenhängenden Text zu schreiben. Aber Manni schafft das immer wieder, was uns schon sehr beeindruckt. Wenn sich in einem 6 Minuten Song kein einziger Part wiederholt, muss man wohl einfach Talent haben.
Manni kam halt zu einem neuen Song mal mit einem deutschen Text an („Bitterschmerz“), wir haben es ausprobiert ... und es klang GEIL! Dann sind wir dabei geblieben. Passt ja auch gut zu der Mucke, auch wenn uns daraufhin viele Schwachmaten gleich den Nazi unterschieben wollten. Ätsch, tut uns leid. Falsche Richtung!

Ja, sobald man deutschsprachige Mucke macht und keinen Punk, wird einem ja gleich sonst was unterstellt. Und von Euch weiß ich defintiv, dass Ihr der braunen Suppe keine Warmhaltemöglichkeit gebt. Und das ist gut so. Gerade bei uns in Meck-Pomm, wo wir ja als besonders rechts eingestuft werden. Siehst Du es auch so krass, dass wir in Meck-Pomm eine große rechte Szene im Metal haben? Wenn ja, wie macht sich das bemerkbar, Deines Erachtens?

Ja, diese Szene ist hier oben definitiv vorhanden, und ich meine auch, nicht gerade in einer Minderheit. Es ist sehr schwierig, die Leute auseinanderzuhalten. Bei Einigen ist es relativ eindeutig, was bestimmte Symbole und Bandshirts betrifft. Aber im Normalfall stehen die Typen genauso auf dem Konzert wie Du und trinken ihr Bier. Das macht es ja auch so schwierig, da eindeutig eine Grenze zu ziehen. Sie tragen keine auffälligen Klamotten oder sowas und fallen meist erst auf, wenn sie dir sternhagelvoll vor der Tür ihren Propagandascheiß um die Ohren hauen. Leider ist das schwer zu ändern. Am Besten ist wirklich, mit den Leuten auf dem Gig zu reden. Früher oder später weiß man dann, mit wem man es zu tun hat.

Also, wie überall eigentlich! Würdest Du irgendeiner Band in Meck-Pomm rechte Tendenzen unterstellen? Und dann ist Schluss mit dem Thema Politik!

Mh. Fällt mir jetzt keine ein. Gibt's sicherlich, aber im Black Metal, wo ja die häufigsten Problembands anzutreffen sind, kenn ich mich echt nicht gut aus hier oben.

Hehe, mir fällt auf jeden Fall eine ein. Aber die wird eh schon fein ignoriert bei uns. Egal, Themawechsel und noch mal zu „Stille Omen“. Die Texte sind wirklich recht bizarr. Was nimmt Manni eigentlich? Und kann er mir davon was abgeben?

Haha! Der ist einfach so krank. Der trinkt nur Bier...und Schnaps. Manchmal darf es auch etwas mehr sein ;). Der raucht ja nicht mal.

Geile Sache! Also genau wie ich. Allerdings rauche ich. Aber nur Zigaretten. Nur auf solche Texte zu kommen, ist echt krass; aber gut!! :
Wie sieht es aus mit Live-Gigs von Euch in nächster Zeit???


Wir spielen nächste Woche (20.6.09) im TIKO in Wismar mit FEAR FEEDS MY APATHY, WOMBAT und FIRST BORN BLOOD. Das ist dann auch erstmal das Letzte, was vorm Sommer steigt. Wir bemühen uns nach dem Sommer (wir brauchen auch mal Pause) neue Konzis am Start zu haben. Geplant ist auf jeden Fall nochmal nach Budweis (Tschechien) zu fahren und auf dem Rückweg in Sachsen zu zocken (Dresden, Leipzig ...).

Was waren denn bisher Eure Höhepunkte, was Konzerte angeht?

Natürlich Schwerin! Geht echt nix drüber zu Hause zu zocken. 09.01.09 Release-Konzert im Dr. K., das war bisher so ziemlich das Dollste, was gelaufen ist. Ansonsten hatten wir im Trafo Rostock beim BMM mal mit ENDLESS DISTRUST eine Hammer Party und das Eastend in Berlin war auch schwer beeindruckend.

Stimmt. Im Trafo in Rostock war ich anwesend; musste aber leider früher los.
Ich weiß, dass Du noch in anderen Bands spielst (JESUS KOMMT AUS BÜTZOW, NOISEFREAK). Bist nur Du in anderen Bands involviert oder der Rest der Band auch?


Manni und Mulle sind monogam. Kono hat bis vor kurzem noch bei den wiedervereinigten Schweriner Ur-Thrashern GRIND MACHINE getrommelt, musste das aber aus Zeitgründen aufgeben. Er fährt also auch wieder eingleisig. JKAB in meinem Fall liegt erstmal auf Eis, weil unser Basser in Australien Tomaten pflückt. Von NOISEFREAK gibt es Ende des Sommers das erste Album "Sick Sessions" auf SN-Punx Records.

Ihr kommt aus Schwerin und ich stell mal eine private Frage. Findest Du Schwerin schön?

Ja. Schöner als Rostock :) . Was meinst du denn mit "schön"? Die Optik?

Du Sack! ;) Ich meine alles! Optik, soziale Kälte etc.!

Oh ja, die soziale Kälte ist hier auch besonders bemerkenswert. Gut gefällt mir auch der Landtag, wo die ganzen Fressen hocken, die am Volk so nah dran sind wie Angela Merkel an einem strahlenden Lächeln. Mal im Ernst: Schwerin macht sich. Das Problem, was Jugend,- oder junge Kultur hier immer hatte, war die fehlende Uni. Alles zwischen 20-30 Jahren hat sich hier nach der Schule verpisst und anderswo sein Glück versucht. Das lässt so eine Stadt natürlich ausbluten, was alternative Ideen betrifft. Es gibt nur Kids und Rentner. Aber mittlerweile gibt es eine nicht unerhebliche Zahl von Leuten, die was auf die Beine stellen. Wir selbst sind ja im Dr.K. tätig und sehen zu, dass die Musikszene hier am Leben bleibt. Nicht nur im Metal, sondern im gesamten musikalischen Underground. Außerdem gibt es das Komplex, den Paulskirchenkeller, das Subversiv, das Kunterbunt ... Man kann nicht klagen.

Ja, und das Dr. K ist neben dem Klex in Greifswald und ein paar Clubs in Rostock auch leider das (fast) Einzige, wo Metal regelmäßig gespielt wird.
Stöfn, was hörst Du zur Zeit privat???


Oha, das geht immer nach Laune. Aufgrund meines Kumpels Hilmar, der sehr interessiert an altem Punk ist, hör ich gerade oft "Kinder der Maschinenrepublik" von DIE FIRMA (1993), eine alte DDR-Punk-Kapelle mit wahnsinnig interessanten Texten. Jaja, ich bin kulturell interessiert. Ansonsten läuft viel CANNIBAL CORPSE beim Autofahren, immer mal wieder VOICE OF DESTRUCTION für die *Melancholie zwischendurch und meine Geheimtipp "Magnetic Mountain" von unseren Kumpels UNSOUL aus Berlin. DAS Album 2008!! Ich schwöre!!

UNSOUL sind wirklich gut.
Stöfn … ich muss langsam Schluss machen. Möchtest Du noch irgendwas den Bloodchamber-Lesern, -redakteuren mit auf den Weg geben? Irgendwas loswerden?


Trinkt nicht mehr, als ich vertragen kann. Ansonsten immer die Augen offen halten, AORTA ist immer für Überraschungen gut.
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