Die Freiheit, selbst nach Antworten zu suchen


Interview mit Grand Magus
Heavy Metal aus Schweden - Stockholm
Das neue Album „Hammer Of The North“ ist mittlerweile seit mehr als zwei Monaten auf dem Markt und vielerorts begeistert aufgenommen worden. Bereits eine Weile vor der Veröffentlichung saßen Bassist Fox und Drummer Seb in den Roadrunner Räumlichkeiten in Köln bei bester Laune zu Rede und Antwort bereit, obwohl sie schon einige Stunden mit dem für sie eher ungewohnten Interviewgeben zugebracht hatten, da Sänger JB üblicherweise das Hauptsprachrohr von GRAND MAGUS ist. Dabei sind die beiden zum Zeitpunkt unseres Gesprächs so gut im Fluss, dass sie sogar regelmäßig die Sätze des anderen beenden. Und selbst wenn die WM-Tipps von Fox (Elfenbeinküste und Deutschland) mittlerweile hinfällig geworden sind, gilt das nicht für den Rest der Antworten.

Beginnen wir mit eurem Wechsel von Rise Above (das Label von CATHEDRALs Lee Dorrian & Mitstreiter) zu Roadrunner. „Hammer Of The North“ ist das erste Album, das ihr über Roadrunner veröffentlicht. Könnt ihr schon etwas zu den Unterschieden sagen, und was war der Grund für den Wechsel?

Seb: Die Promotion und alles drum herum. Roadrunner hat viel mehr Macht als ein kleines Label, und das ist gut für uns.
Fox: Wir wollten sehen, wie viel mehr wir erreichen können.
Seb: Roadrunner hat uns die Chance gegeben. Sie haben uns angerufen, also warum sollten wir es nicht ausprobieren. Das wäre dumm.
Fox: Wir haben nichts gegen Rise Above! Die beiden sind tolle Kerle, aber sie sind eben nur zu zweit, deshalb haben sie nicht so viel Zeit für den Promotion Kram. Das war also der Hauptgrund für den Wechsel.

Um herauszufinden, wie weit ihr mit GRAND MAGUS kommen könnt?

Fox: Ja. Früher mussten wir uns auf Reviews verlassen. Wir hatten viele gute Reviews zu den vorherigen Alben, aber nicht jeder liest die Reviews oder liest sie erst später irgendwann. Dieses Mal hoffen wir auf größere Aufmerksamkeit auch schon im Vorfeld.

“Hammer Of The North“ ist das fünfte GRAND MAGUS Album. Habt ihr aufgrund der Erfahrung irgendetwas geändert, beim Songwriting zum Beispiel?

Fox: Ich glaube nicht. Beim Songwriting lief es so ab, wie wir auch vorher gearbeitet haben.
Seb: Auch nicht so viel dabei, wie die Songs gestaltet sind, aber die Lieder sind etwas mehr geradeaus, etwas einfacher.
Fox: Ja, es ist mehr straightforward. Und wir haben die Parts weggelassen, die
Seb: Den unnötigen Kram.
Fox: den Liedern nichts Zusätzliches gegeben haben. Da gibt es also doch einen Unterschied. Aber die Art, wie wir die Lieder entwickelt haben, ist gleich geblieben. Irgendwer kommt mit einem Riff an, wir spielen es im Proberaum und schauen, ob wir daraus etwas entwickeln können.
Seb: Ja, wir jammen die Songs, arrangieren sie gemeinsam und dann kommen vielleicht die Lyrics dazu. So funktioniert es im Grunde genommen. Das gleiche Prozedere, nur sind die Lieder direkter.

Worauf freut ihr euch in diesem Jahr am meisten?

Fox: Das Album!

Ok, erwischt. Auf das Album natürlich, und darauf, mit den ganzen Interviews fertig zu sein. (Seb & Fox lachen laut.)

Seb: Die Tour natürlich. Es wird aufregend sein zu sehen, wohin es geht, wenn das Album erschienen ist. Darauf bin ich sehr gespannt.
Fox: Die Zeit von jetzt bis Mitte Juni, wenn das Album veröffentlicht wird, ist ziemlich hart, weil du willst, dass jeder das Album hört. Wir sind stolz darauf und sehr zufrieden mit dem Ergebnis, aber wir können es noch nicht jedem vorspielen, also warten wir auf den Releasetag, um dann
Seb: rauszugehen und loszuspielen.
Fox: Und die Reaktionen zu sehen.

Ich habe mir die letzten beiden Alben und das neue am Stück angehört und fand die Entwicklung sehr logisch, hin zu etwas zugänglicherer Musik. Beim neuen Album hab ich besonders das Gefühl, dass es mehr auf einem Level ist und weniger achterbahnartig.

Seb: Ja, ich verstehe, was du damit meinst. Es ist kompakter und ich stimme dir vollkommen zu. Es gibt keine schwachen Tracks wie…
Fox: Wir haben sowohl epische Sachen wie „The Lord Of Lies“ als auch anderes. Wir brauchen beide Seiten für das vollständige Bild von GRAND MAGUS, aber vielleicht ist das Album insgesamt etwas fokussierter.

Speziell „At Midnight They’ll Get Wise“ hat gewisse Rock Anklänge, so dass es auch Leute anziehen könnte, die sonst nicht so viel mit Metal am Hut haben.

Fox: Ja, hoffentlich. Wenn man sich das Lied isoliert anhört, könnte das auf jeden Fall passieren. Es ist aber dennoch ein Heavy Metal Song.
Seb: Ein schneller, Old School Metal Song.

Ihr habt auch schon in anderen Bands gespielt. Was sind die Vorteile oder Nachteile davon, in einer dreiköpfigen Band wie GRAND MAGUS oder in einer Band mit mehr Leuten zu spielen?

Seb: Zu dritt ist es gleichzeitig ein bisschen herausfordernder, weil wir nur zu dritt sind und es so hinbekommen müssen, und einfacher, weil wir alle drei dafür sind, zu dritt zu spielen, und die Lieder dann auch so schreiben und spielen.
Fox: Selbst wenn wir bei den Aufnahmen ein paar Overdubs benutzen, können wir die Lieder live ohne Backtracks spielen. Vielleicht klingt es ein klein wenig anders, aber meiner Meinung nach funktionieren alle Songs live. Ich versuche, am Bass live etwas mehr zu machen als ein normaler Bassspieler. Ich glaube, ich spiele den Bass eher wie eine Rhythmusgitarre. Das wäre so ein deutlicher Unterschied, aber es ist auch eine Chance, weil du mehr Raum hast, um damit zu arbeiten.
Seb: Wie bei BLACK SABBATH. Die haben zwar einen separaten Sänger, aber auch nur drei Leute, die Instrumente spielen. Da gibt es keinen großen Unterschied zu JB, der Gitarre spielt und singt. Oder MOTÖRHEAD.

Und zu dritt hat man den Vorteil, dass man nur drei verschiedene Meinungen haben kann.

Seb lachend: So brauchen wir nicht ganz so viel zu diskutieren. Aber wir diskutieren eh nicht so viel.
Fox: Vielleicht kann man das Erschaffen eines Albums mit dem Malen eines Gemäldes vergleichen, du hast eben nur drei Maler.

Ich habe gelesen, ihr selbst nennt euren Stil „Black Magic Rock“ oder „Black Magic Metal“

Fox: Mittlerweile ist es eher einfach straightforward Heavy Metal.
Seb: Old School Heavy Metal.
Fox: Wobei ich den Terminus Black Magic Rock mag.

Ich habe ihn in einigen Interviews gelesen.

Fox: In früheren Tagen.

Die Musik ist nicht mehr so düster, okkult oder geheimnisvoll heute, so dass dieses Etikett nicht mehr passt?

Fox: Vielleicht. Aber ich denke, die Texte drehen sich immer noch um mystische Sachen und nicht das normale, alltägliche Leben. Also ist immer noch eine Spur davon in der Musik, aber vielleicht ist es nicht – Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll.
Seb: Die Leuten sollen es sich einfach anhören und sich ihre eigene Meinung dazu bilden.
Fox: Wir können das nicht beantworten. JB schreibt die Texte, aber ich glaube nicht, dass er irgendwelche Antworten zu den Texten gibt. Es geht mehr darum, selbst nach Antworten zu suchen, als welche vorgesetzt zu bekommen.

Ich hab mir über den Begriff „Black Magic Metal“ Gedanken gemacht und fand, dass er gerade auch zum Musikalischen gut passt, zu der Kombination von Erhabenheit und Würde mit der Kraft der Musik, die auf innerer Stärke beruht. Die Musik protzt nicht mit ihrer Kraft, sondern trägt sie tief in sich.

Fox: Man soll auf die eigene Kraft vertrauen.

Als Symboltier für die Band verwendet ihr den Wolf, aber gibt es da keinen Konflikt zwischen dem wilden Tier Wolf und dem Grand Magus? Ein großer Magier ist raffiniert, zwar auch mit einer Menge Kraft, aber eher Geisteskraft und kontrollierender als ein Wolf.

Fox: Hmm, wenn du das so sagst… Aber ich glaube, wir wissen auch nicht so viel über die Geisteskräfte des Wolfs. (Alle lachen los.) Ich denke, wir verwenden den Wolf, weil er ein Symbol für Stärke und Individualität ist. Individualität, aber er kann sich auch gut in eine Gruppe integrieren, also ist er ein gutes Symbol für das, was wir glauben.

Hmm, ok.

Seb: Macht das irgendeinen Sinn?

Ich glaube, es war nicht wirklich eine Antwort auf die Frage. In meinen Augen gibt es eine logische Diskrepanz zwischen dem Wolf und dem Magier, den Begriffen.

Fox: Ah! Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, aber ich verstehe, was du meinst. Der eine steht mehr für Freiheit, der andere ist mehr ein Anführer.

Ein Magier hat die höchstmögliche Bildung, während ein Wolf dabei auf sich selbst gestellt ist oder vom Rudel erzogen wird.

Fox: Ja, stimmt. Wir werden JB danach fragen. Seb muss schallend lachen.

Ich werde euch darauf ansprechen, wenn wir uns das nächste Mal sehen!
Dann zu etwas anderem: Wenn man auf eurer Homepage nachguckt, scheint ihr euch beim Merch auf die absoluten Basics zu konzentrieren.


Seb: Wir sind faul!

Habt ihr alles ausverkauft und wartet jetzt, bis das Album erscheint? Schau dich an, Fox, du brauchst einen GRAND MAGUS Patch auf deiner Kutte!

Fox: Haha, ja! Wir haben uns noch nicht darum gekümmert, aber es wird sich wohl noch einiges tun. Wir haben Vollzeitjobs, an zweiter Stelle kommt die Band und so hatten wir einfach keine Zeit für das ganze Drumherum. Patches hätten wir aber wirklich vor langer Zeit machen lassen sollen.
Seb: Das mit dem Merch wird sich verbessern. Daran wird bald gearbeitet werden, hoffentlich.

Ihr habt gerade von euren anderen Jobs gesprochen, also habt ihr noch ganz normale Jobs?

Seb: Bisher ja.
Fox: Jetzt können wir nicht mehr Vollzeit arbeiten, aber wir werden sehen, was in diesem Jahr passiert.
Seb: Wenn das Album erscheint. Man weiß ja nie…
Fox: Wenn die Reviews beschissen sind, müssen wir zurück zu Vollzeitjobs. Mal schauen.

Dann kommen wir zu einem anderen Punkt, der dieses Jahr ansteht. Wenn ihr durch Europa tourt, bemerkt ihr nennenswerte Unterschiede im Verhalten des Publikums?

Fox: Ja, große Unterschiede.
Seb: Die Leute flippen aus, wenn wir Festivals spielen, hier in Deutschland oder in Finnland. In Holland schauen sich die Leute das einfach nur an, wenn wir spielen. Sie gucken nur zu, es gibt kein Headbangen.
Fox: Und keine in die Luft gereckten Fäuste. Die Deutschen sind ein richtig gutes Publikum, aber manchmal können sie ein wenig pingelig sein. Sie sagen: „Es war gut, aber…“
Seb: Hehe, ja genau!
Fox: Es kommt immer dieses „aber“. Zum Beispiel: „Aber warum habt ihr nicht den Song XY gespielt?“
Seb: Ältere Songs besonders. Aber es ist schwierig, alle Lieder in vielleicht einer Stunde zu spielen.

Und es wird nicht einfacher werden.

Seb: Nein. Wir müssen wohl eine Headlinertour machen, auf der wir drei Stunden spielen, damit jeder zufrieden ist.
Fox: Aber auf der anderen Seite ist das ein gutes Zeichen, weil es zeigt, dass sich die Leute damit beschäftigen.
Seb: Es ist auch gut, sich anzuhören, welche Lieder die Leute hören wollen.

Spielt ihr denn lieber in Clubs oder auf Festivals wie dem Rock Hard Festival letztes Jahr?

Seb: Festivals sind großartig, Clubs sind großartig.
Fox: Beide haben unterschiedliche Möglichkeiten. Auf den Festivals erreicht man sehr viele Leute, während man in den Clubs näher an den Fans dran ist.
Seb: Und die Fans kommen zu den Clubkonzerten speziell, um dich zu hören, während auf den Festivals viele Leute sind, die noch nie von uns gehört haben.
Fox: Festivals sind gut, um neue Leute zu erreichen, aber um die wahren Fans zu treffen, spielt man in den Clubs.

Ein Festivalauftritt ist also Promotion.

Fox: Mehr oder weniger ja. Natürlich gehen aber auch Leute wegen den Bands zu Festivals. Ich besuche Festivals wegen der Bands, die ich sehen will, nicht nur wegen dem Trinken…

Die Festivals, bei denen man das Zelt nie verlässt.

Fox: Haha, genau, wo man nie den Zeltplatz verlässt.

Was, denkt ihr, ist der Grund dafür, dass Anti-Christentum und das Behandeln alter Traditionen so ein großes Thema bei Metalbands aus Skandinavien ist? Es gibt, meiner Meinung nach, keine anderen Länder mit so vielen Bands, unabhängig vom Genre, in dem so oft alte Werte, die Tradition und anti-christlicher Elemente thematisiert werden bzw. Teil der Texte sind.

Fox: Ich weiß es nicht. Es könnte vielleicht damit zusammen hängen, dass unsere Länder von der Kirche kontrolliert wurden und dann kamen Kriege und dieses „Du sollst das tun, aber das nicht“-Blabla. Und im Metal geht es um Freiheit und darum, sich frei auszudrücken. Das könnte ein Grund sein, aber dann müssten eigentlich die Leute in Spanien sehr antikatholisch sein. Keine Ahnung, warum das nicht so ist. Ich habe zumindest noch nicht viele Bands aus Spanien so gehört. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass es immer eine Reaktion auf eine Bewegung, auf eine Strömung gibt, und die christliche Bewegung war stark in Schweden und den anderen nordischen Ländern. Wenn man dann davon liest, wie die christliche Religion alte Traditionen verdrängt und unterdrückt hat, könnte das ein Weg sein, sie wieder zurückzudrängen.

Ok, letzte Frage. Wenn ihr euch ein Lied aussuchen könntet, das auf eurer Beerdigung gespielt wird…

Fox:
Was? Oh Mann…
Seb: Was ist da der Sinn? Ich bekomme es sowieso nicht mehr mit.

Ein letzter Gruß an die Leute, die nur da sind, um zu sehen, dass man wirklich tot ist.

Seb: Ich hab keine Ahnung.
Fox: Ich nehme „My Way“.

Und so endet das Interview mit einem weiteren kollektiven Lachanfall.

Bild 1, 2 & 4 zeigen, jeweils von links nach rechts, Fox, JB & Seb.
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