Ein offenes Ohr für viele verschiedene Spielarten von Musik kann nur Positives bewirken!


Interview mit The Sorrow
Metalcore aus Österreich - Bregenz
Vor gut einer Woche war die Bloodchamber live im Hamburger "Logo" vor Ort, um die Livetauglichkeit der Songs des neuen THE SORROW-Albums "Misery Escape" zu testen. Um den neuen Longplayer genauer zu analysieren, hätte es eigentlich auch ein Interview geben sollen, wegen nerviger Reisestrapazen wie Verkehrsstaus und weiterer Probleme kam es aber leider nicht zu dem gewünschten Interview. Der sympathische THE SORROW-Bassist Tobias Schedler erklärte sich daraufhin freundlicherweise bereit, die Fragen per Mail zu beantworten.

Hi! Erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst! Wie ist das Befinden bei dir und der Band?

Hallo! Kein Problem, das Befinden ist gut, wir befinden uns gerade in der Heimat, bevor es nächstes Wochenende mit dem nächsten Wochenendblock an Live-Gigs weitergeht.

Euer neues Album „Misery Escape“ scheint nicht nur von mir begeistert aufgenommen worden zu sein – in eurer Heimat habt ihr immerhin die Top 20 der Albumcharts geknackt. Meinen herzlichen Glückwunsch zu diesem beeindruckenden Charteinstieg! Euer Dank geht vermutlich an die intakte österreichische Rock- und Metal-Szene!?

Natürlich zeigt uns dieser Erfolg, dass die Leute nach wie vor hungrig auf harte, ehrliche und gut gemachte Musik sind. Wir konnten uns mit den letzten Alben konstant steigern und nun durften wir eben die 18 besteigen :) Und der Dank geht raus an jeden Einzelnen, nicht nur in Österreich, der sich diese Platte auf irgendeinem Weg gekauft hat.

Im Vorfeld zu den Albumaufnahmen seid ihr vom deutschen Label Drakkar zu euren Landsmännern von Napalm Records gewechselt. Wie kam es zu diesem Labelwechsel und wie zufrieden seid ihr bisher mit dieser Entscheidung?

Die Tatsache, dass die Platte in den Charts gelandet ist, ist schon mal ein gutes Indiz für gelungene Promoarbeit. Ansonsten arbeitet das Napalm-Team auch sehr professionell. Sehr wichtig ist auch, dass wir nun von Beginn an auch einen ordentlichen Vertrieb in den Staaten und in Kanada haben.

Eine weitere Veränderung betrifft den Produzenten von „Misery Escape“ – dieser heißt zum ersten Mal bei einem THE SORROW-Album nicht Toni Meloni, sondern Sky van Hoff. Mit welchen Mitteln konnte van Hoff frischen Wind in den Aufnahmeprozess bringen?

Sky ist ein enorm versierter Gitarrist und mit diesem Talent hat er uns einiges an Input zukommen lassen können. Zudem ist er auch ein verdammt guter Songwriter, was er ja jetzt gerade als Unterstützer von Sandra Nasic bei X-Factor unter Beweis stellt. Er wusste einfach, wie die Platte zu klingen hat und wie wir sie uns wünschten. Bei Toni war alles immer relativ ungewiss bis zum Schluss.

Aus wessen Feder stammt das Cover des neuen Albums und in welchem Zusammenhang steht das Artwork zum Titel „Misery Escape“?

Das Artwork stammt von Robert Borbas aka Grindesign, ein wahnsinnig talentierter Grafikdesigner/ Tättowierer/Musiker/... - ein echtes Multitalent! Wie man das Ganze mit den Schlüsseln und den Schädeln nun interpretiert, kann jeder mit sich selbst ausmachen. Verschiedene Interviewer sind schon mit ganz anderen Ansätzen gekommen, die den Zusammenhang zwischen Cover und Titel ergründen sollten, und alle waren sie legitim. Deshalb habe ich mich entschieden, gar nicht mehr soviel dazu zu sagen.

In meinem Review habe ich festgestellt, dass ihr sowohl eure Gitarren- als auch die Gesangsarbeit verbessert habt, wodurch „Misery Escape“ noch eine Spur melodischer ausgefallen ist als eure ersten drei Alben. Würdest du dem zustimmen?

Definitiv, und da spielt eben unsere Erfahrung mit hinein, schon drei Alben vorher veröffentlicht zu haben, aber auch Skys Gespür, Besonderes aus einem herauszukitzeln.

Nichtsdestotrotz ist das Album auch sehr düster ausgefallen. Dazu tragen die des Öfteren verwendeten Synthies bei, die man so bisher nicht von euch kannte, oder?

Nicht in so offensichtlichem Ausmaß, wir haben schon öfters vorher Synthies verwendet, aber dann ganz subtil, die wurden live dann auch gar nicht eingespielt. Wir wollten diese neue Nuance mit einbringen, aber nur in einem Ausmaß, das es vertretbar macht, eine ordentliche Liveshow zu spielen, bei der die Leute nicht denken, dass da ständig was vom Band mitläuft.

Ein dunkles Bild zeichnet auch ein Großteil eurer Lyrics – ist euch in den letzten Jahren so viel Schlechtes widerfahren?

Unsere Band heisst THE SORROW, aber auf den ersten beiden Platten hatten wir uns textlich noch nicht gefunden und haben mehr oder weniger nur mit irgendwelchen Plattitüden gearbeitet und uns so halbwegs stimmige Texte zusammengezimmert. Im Jahre 2009 ist aber wirklich sehr viel geschehen, unser Drummer ist an Krebs erkrankt, mein Vater ist verstorben. Das hat die Texte auf dem selbstbetitelten Album schwer geprägt. Wir haben dann mitbekommen, dass diese Melancholie uns gut zu Gesicht steht und auch die Leute einen besseren Zugang zu unseren Songs gefunden haben.

Bei allem Schlechten habt ihr jedoch meist auch ein Auge für das Positive – so heißt es in „My Oblivion“ zum Beispiel: „And at the end of the day I see the light again – there will always be a tomorrow“, oder auch in „Perspectives“: „Never give up all your hopes and dreams!“. Ihr geht also gestärkt aus Misserfolgen und Unglücksfällen hervor?

Das ist ja die Aussage hinter „Misery Escape“: Es geht darum Krisen zu überwinden, dem Elend zu entrinnen. Deshalb kommen bei uns mittlerweile immer öfter diese kleinen Hoffnungsspender vor, manchmal sind sie sogar größer, wie bei „Follow The Lights“!

So man denn möchte, kann man euch ja schon recht eindeutig der Metalcore-Schublade zuordnen. Dass ihr euch jedoch weiteren Einflüssen gegenüber nicht verschließt, merkt man solchen Songs wie „A Thin Red Line“ oder vor allem auch „Lost Chapters“ an, die sich in Richtung Post Metal bzw. Sludge öffnen. Auch glänzen gerade diese beiden Songs mit fast schon philosophischen Lyrics – da drängt sich die Frage auf, welche Musik ihr euch in eurer Freizeit anhört und welche weiteren Hobbys euren Tagesablauf mitbestimmen?

Wir verschließen uns in keinster Weise irgendwelchen Einflüssen, ein offenes Ohr für viele verschiedene Spielarten von Musik kann nur Positives bewirken! Wir hören viel MUMFORD & SONS, BIFFY CLYRO, MUSE, FOO FIGHTERS, aber natürlich auch Metalbands aus fast allen Spielrichtungen. Gerade diese nachdenklichen Folkrock-Sachen wie MUMFORD & SONS oder GILLIAN WELCH schlagen sich dann auch in unseren Lyrics nieder. Generell ist es in der Metalszene immer noch oft verpönt, sich etwas anderes als Metal anzuhören. Man kann aber die Leute eben nicht zu ihrem Glück zwingen :)

Wie würdest du das Album in eure Diskografie einordnen? Die dezente Experimentierfreude von „The Sorrow“ dominiert von der Geradlinigkeit eures Debüts?

Sie ist die logische Konsequenz, wenn man sich ansieht, wie die letzten drei geworden sind. Auf jeden Fall eine konsequente Weiterführung des Weges, den wir mit dem dritten Album eingeschlagen haben.

Wie ist die Tour zu „Misery Escape“ angelaufen? Ich hoffe, die deutschen Metalheads sind zahlreich in die Clubs eingefallen!?

Also bis jetzt läuft's echt ganz ordentlich an, wir hatten eine Menge Spaß und die Leute, die gekommen sind, offensichtlich auch! Hoffentlich geht's so weiter, dann haben wir allen Grund glücklich zu sein ;)

Wie sieht es mit Plänen für das kommende Jahr aus? Seid ihr schon für irgendwelche Festivals 2013 gebucht worden? Oder ist die Welt bis dahin ohnehin untergegangen?

Die ersten Angebote für Festivals trudeln ein, beispielsweise spielen wir auf dem Impericon Festival in Leipzig im April und auch das Deichbrand-Festival ist schon bestätigt. Das dürfte also ein ganz ordentlicher Festivalsommer werden. Die Welt soll sich also ruhig noch ein wenig weiterdrehen.

Abschließend würde ich noch gerne deine Meinung einholen zu der Frage, wie es generell um den Metalcore steht. Das Genre wird im Prinzip seit Jahren totgeredet, trotzdem sind nicht nur die absoluten Szenevorreiter noch aktiv, viele Bands scheint dieses Gerede sogar zu Höchstleistungen anzuspornen. Ist der Metalcore also sogar lebendiger als je zuvor? Oder geht euch solcherlei Schubladendenken eh am Arsch vorbei?

Dieses Schubladendenken interessiert uns nicht mehr, nennt uns wie ihr wollt. Hauptsache, die Leute können sich irgendwo zugehörig fühlen. Und dass gerade dieses „Metalcore“-Genre tot sein soll, ist Unfug! Man sieht es ja an Bands wie KILLSWITCH ENGAGE, AS I LAY DYING und anderen, die größere Touren als je zuvor spielen.

Nun bleibt mir nichts weiter, als mich für dieses Interview nochmals zu bedanken und euch alles Gute für die Zukunft im Allgemeinen und den Rest der „Misery Escape“ Tour im Speziellen zu wünschen. Die letzten Worte gebühren selbstverständlich euch!

Vielen, vielen Dank für das Interview, das nächste Mal wieder von Gesicht zu Gesicht! ;)
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