Unser kleines Auszeit-Projekt


Interview mit Apocalyptica
Symphonic Metal aus Finnland - Helsinki
Das Musical-Gesamtkunstwerk "Wagner reloaded" lässt in der Arena Leipzig Es-Dur-Weihen auf Kompositionen von APOCALYPTICA treffen. Tanz, Artistik, Objekttheater, Pyrotechnik und Projektionen besorgen den visuellen Overkill, an dem 130 Menschen mitwirken. Warum und wie die Finnen das Leben des Bombast-Musikers vertonen, erklärt Eicca Toppinen beim Geplauder mit Bloodchamber am Rand der Probearbeiten.

APOCALYPTICA meets Wagner – wie kam das zustande?

Nun, das war die Idee des Regisseurs. Gregor Seyffert kontaktierte mich vor fast drei Jahren und bat mich, die Musik für die Produktion zu schreiben. Und APOCALYPTICA sollte Teil der Show sein. Ich mochte seine Vision und dann suchten wir nach einem Ort, um das Riesenprojekt umzusetzen.

Was sagten die Kollegen, als Du ankamst: "Wir machen jetzt eine Wagner-Oper"?

Sie waren etwas skeptisch. "Bist Du sicher", fragten Sie. "Glaubst Du, dass das funktioniert?" Sie hatten Gregor noch nicht getroffen und ich meinte: "Der hat eine absolut verrückte Version, das wird ein großartiges Projekt!" Das hat sie überzeugt und jetzt, wo sie die Proben erleben, sind sie super glücklich. Es ist wirklich beeindruckender Shit!

Du hast Dich dabei an Wagners Musik orientiert?

Manchmal, aber es sind insgesamt vielmehr meine Kompositionen als Wagners. Es ist ja eine Story über sein Leben und da musste die Musik der Szene angemessen sein. Es war für mich wie einen Film-Soundtrack zu schreiben, ohne die Bilder zu kennen. Ich hatte nur die Bildideen von Gregor, wusste wie lang die Songs circa sein müssen und worum es jeweils geht. Etwa so: In dieser Szene geht’s um den "Fliegenden Holländer", er sagte aber nicht, was ich mit dem Holländer tun sollte.

Und das MDR-Sinfonie-Orchester spielt quasi nach Deiner Pfeife?

Ja, das kann man so sagen. Jemand anderes hat die finale Orchestrierung übernommen, ich habe aber angegeben, wo ich Bläser haben will etc. Aber all die Themen und Melodien stammen von mir. Wir sitzen dann zehn Meter über der Bühne – zum Glück durch ein Seil gesichert –, spielen und bangen von oben aus der Kulisse. Bei den Proben hatten wir bisher schon etwas Bammel vor der Tiefe.

APOCALYPTICA und das Orchester spielen gegen oder miteinander?

Beides, manchmal sind wir auch allein dran, also wirklich APOCALYPTICA-Metal mit voller Lautstärke, Drum-Kit, kraftvollen Riffs. Irgendwie passt das Ganze – in meine Augen – gut mit Wagner zusammen, es ist kein großer Clash.

Deine erste Theaterarbeit?

Ich habe vor zehn, zwölf Jahren fürs finnische Nationaltheater an einem Theaterstück mitgewirkt. Das ist jetzt die erste Tanzproduktion.

Mit "Wagner reloaded" geht es dann auf Tournee?

Wer weiß. Wir machen das jetzt erst einmal und hoffen natürlich, dass es die richtigen Leute sehen, die die Show dann einkaufen. So ein Mammutprojekt kann man nicht einfach so rumschicken.

Und welche Pläne hat APOCALYPTICA danach?

Eigentlich befinden wir uns im Sabbatical dieses Jahr...

...und macht dann so ein Projekt?

[Lacht] Ja, das ist unser nur unser kleines Off-Year-Projekt. Aber für die anderen ist es nicht so massiv wie für mich. Sie sind vielleicht so einen Monat damit beschäftigt. Aber wir machen keine Open-Airs und auch sonst nichts dieses Jahr. Wir werden uns dann Ende September wieder zusammenfinden und planen eine Live-CD über die Wagner-Sache, die wir im Dezember veröffentlichen wollen. Und dann wollen wir unser nächstes Studio-Album schreiben. Im Frühjahr machen wir dann eine kleinere Tour mit zwei Shows in Deutschland und ein paar andere Zusammenarbeiten sind schon in Planung. Ein Studioalbum veröffentlichen und dann 200 Touren damit machen, dafür sind wir wohl heute zu alt. Es ist toll, auf der Bühne zu performen, aber eben auch, neue Dinge zu kreieren. Wir mögen die Abwechslung, also mal mit einem Orchester auftreten, so ein Wagner-Ding durchziehen und dann wieder Metal zu machen. Das ist inspirierender auf diese Weise. Und natürlich entspricht das auch unseren Fans. Manche kommen ja aus einem klassischeren Hintergrund, die kann man nicht so leicht in eine Kulturfabrik locken. Und andere eher schwerer in den Konzertsaal. Wir versuchen so, verschiedene Elemente zu verbinden.

Unser Dank geht an den kreuzer-Theaterredakteur Tobias Prüwer, der für uns das Interview führte.
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