Wir werden ab sofort viel sichtbarer sein


Interview mit Darkane
Death Thrash Metal aus Schweden - Helsingborg
Sechs Alben und eine Live-DVD in 14 Jahren sind im Grunde eine recht ansehnliche Bilanz, dennoch konnten DARKANE sich nie von dem Beigeschmack befreien, ihr (Fan-)Potential nicht ausgereizt zu haben. Dabei haben die Schweden eine personelle Konstanz, die viele andere Bands neidisch beäugen würden, wäre da nicht das Sängerproblem, denn ausgerechnet an dieser so zentralen Position gab es die einzigen Besetzungswechsel und davon gleich mehrere. Vor zwei Jahren nun ist der Frontmann des Debüts, Lawrence Mackrory, zurückgekehrt und darf sich im Zuge des starken neuen Albums „The Sinister Supremacy“ natürlich auch dazu äußern, wie es ab sofort mit DARKANE aufwärts gehen soll.

Wie hat es sich angefühlt, nach so vielen Jahren zu der Band zurückzukehren? Da die anderen Jungs noch genau die gleichen wie damals sind, kann ich mir vorstellen, dass es wie eine Rückkehr zur Familie war, selbst wenn deine erste Zeit bei DARKANE nicht so lange gedauert hat.

Da liegst du goldrichtig, es hat sich ganz natürlich angefühlt. Meine erste Zeit war zwar nicht so lang und in den ganzen Jahren hab ich die Jungs nur eine Handvoll Male getroffen, aber es hat sich immer angefühlt, wie wenn man einen alten Freund wiedertrifft. Als ich 2011 zur ersten Probe nach Helsingborg gefahren bin, war es deshalb, als wäre die Zeit stehen geblieben. Zwischen uns besteht eine Energie, die man beinahe mit Händen greifen kann. Es fühlt sich großartig an, wenn wir spielen.

Im Vergleich zu „Demonic Art“, das für mich etwas hektisch klang, fühlt sich das neue Album konstruktiver an, aber immer noch voller Unruhe. Ist dieses Gefühl des „Wir gönnen dir keine Pausen, sondern feuern immer weiter – und das schnell!“ womöglich eines der zentralen Merkmale von DARKANE, neben der Intensität der Musik?

Wir wollen es interessant halten, niemals ein schlapper Moment, und das zahlt sich aus. Dieses Mal haben wir uns auf die Liedstrukturen konzentriert und sichergestellt, dass die Lieder einen guten Fluss haben. Außerdem haben wir darauf geachtet, dass die Lieder gut miteinander funktionieren. Es gibt keine Formel, nach der wir uns richten. Wir arbeiten einfach mit jeglichen Riffs und Ideen, die wir haben. Dieses Mal passt alles richtig gut zusammen, finde ich.

Wenn das Album eine „Metapher für das Böse, das uns kontrolliert,“ ist und es etwas in unseren Köpfen gibt, dass „uns zu Entscheidungen aus reiner Selbstsucht verleitet und das im Chaos aufblüht“ (Die Zitate stammen von Lawrence): Denkst du, dieser Teil ist von Natur aus, schon bei der Geburt in uns, was unserer Erziehung die Pflicht auferlegen würde uns beizubringen, wie wir diese böse Seite kontrollieren können, oder glaubst du, dass dieser böse Teil nur existiert, weil unsere Welt und Erziehung so ist, wie sie heute ist?

Der springende Punkt hinter dem Konzept ist für mich, dass wir alle diese dunklen Instinkte von Geburt an haben. Wie wir aufwachsen und wie die Gesellschaft uns behandelt, bestimmt die Art, wie wir mit dieser Dunkelheit umgehen. Einige haben das Glück, in einer sicheren und liebevollen Umgebung aufzuwachsen, aber andere, die nicht so glücklich sind, müssen sich auf ihre Überlebensinstinkte verlassen, um am Leben zu bleiben. Wenn du die Dunkelheit nährst, wird sie wachsen und deine moralischen Werte werden sich deutlich von der gesellschaftlichen Norm unterscheiden. DARKANE haben sich immer mit dem menschlichen Geist beschäftigt und dieses Mal haben wir, statt uns mit Wahnsinn und Geisteskrankheiten zu befassen, den Fokus auf die Urinstinkte gelegt.

Hast du jemals der bösen Stimme in deinem Kopf nachgegeben? Und falls ja, wann war das und was hast du getan?

Das habe ich, aber es ist bei mir wie bei den meisten vor allem eine Sache des Egoismus bzw. der Selbstsucht. Ein gutes Beispiel ist, dass die meisten Leute sich keine Mühe geben, anderen zu helfen. Du machst das nur, wenn du dabei etwas gewinnen kannst oder wenn es dich nicht negativ betreffen kann. Nur sehr wenige Menschen kümmern sich mehr um andere als um sich selbst. In extremen Situationen wie bei einer Naturkatastrophe kommen die meisten Leute zusammen und helfen sich gegenseitig. Aber du wirst immer auch Leute finden, die aus der Situation einen Vorteil ziehen wollen, plündern und stehlen. Doch selbst diejenigen, die sich zum Helfen entschließen, machen das zum Teil aus Egoismus, weil es in einer Gruppe einfacher ist zu überleben als allein. Ich versuche jeden Tag, die richtigen Entscheidungen zu treffen, aber hier ist der Knackpunkt: Wenn ich entscheide, jemand anderem zu helfen, zum Beispiel einem Obdachlosen Geld zu geben, fühle ich mich danach besser. Da sind wir wieder beim Eigennutz.

Wie fühlt es sich an, die Lieder der anderen Sänger zu singen, die zwischen dem Debüt und dem aktuellen Album bei DARKANE waren? Oder gibt es da keinen großen Unterschied?

Es ist überhaupt kein Problem. Es gibt Lieder, wo ich weiß, dass ich etwas anders gemacht hätte, wenn ich die Originalversion mitgestaltet hätte, und einige Parts fühlen sich für mich beim Singen nicht natürlich an. Aber das ist die Herausforderung: Es zu meiner Version zu machen und gleichzeitig nah am Original zu bleiben. Ich will nichts verändern, weil das falsch wäre, aber natürlich ist es einfacher, „meine eigenen“ Lieder zu singen. Andererseits passen einige Lieder auch perfekt zu mir und sind beim Singen großartig. Ich kann es kaum erwarten, noch mehr Songs aus dem Backkatalog auszuprobieren und herauszufinden, was ich mit ihnen machen kann.

Soweit ich weiß, habt ihr noch kaum live gespielt mit dem neuen Album, deshalb frage ich mich, wie leicht es dir fallen wird, einige der schnellen Wechsel zwischen den verschiedenen Gesangsstilen zu reproduzieren, zum Beispiel bei „By Darkness Designed“. Wirst du alles live singen oder werden dir die anderen helfen, weil du live nicht so schnell und drastisch umschalten kannst?

Bisher habe ich die neuen Lieder nur geprobt und nicht live gesungen, doch es ist kein Problem für mich, zwischen den verschiedenen Stilen zu wechseln. Ich mache das schon seit vielen Jahren und habe gelernt, es ganz natürlich zu machen. Klas (Ideberg) und Christofer (Malmström) werden wie immer ein paar Background Vocals beisteuern, aber im Prinzip werde ich alles, was ich auf dem Album mache, auch live machen.

Letzte Frage zum Singen: Wie unterscheidet sich es für dich, bei DARKANE zu singen im Vergleich zu F.K.Ü.? Fühlt es sich anders an, die eher humorigen F.K.Ü. Texte zu singen im Vergleich zu den ernsteren von DARKANE?

Absolut, es ist für mich wie Tag und Nacht. Bei F.K.Ü. spiele ich mehr rum und der Gesang ist wesentlich theatralischer. Bei DARKANE bin ich fokussierter darauf, die Lieder gut rüberzubringen, während es bei F.K.Ü. kein Weltuntergang ist, wenn ich es ein bisschen vermassle. DARKANE sind eine richtig starke Liveband und unser allererstes Ziel ist es, gut zu spielen, deshalb steht mein Gesang für mich an erster Stelle. Eine gute Bühnenpräsenz ist natürlich auch extrem wichtig, aber bei DARKANE wird es immer erst an zweiter Stelle nach der eigentlichen Performance kommen. Wenn ich eine Band sehe, will ich sie so hören, wie sie auf Platte klingen. Natürlich können sie rumlaufen, hochspringen und was weiß ich, aber wenn es die musikalische Leistung kompromittiert, wäre es mir lieber, sie würden still stehen.

Ich habe gelesen, dass das Cover einen Rorschachtest zeigt, aber es sieht ganz schön feurig aus im Vergleich zu den üblichen Tintenflecken. Interpretiere ich zu viel hinein, wenn ich sage, dass ihr euch für eine Art Feuerpoi statt der Tinte entschieden habt, weil das Feuer in DARKANE immer noch gewaltig brennt?

Hahaha, ich glaube, da hast du ein bisschen zu viel analysiert. Es ist ein sehr aufgemotzter Rorschachtest und besteht aus vielen kleinen Bildern, die symbolisch für böse Akte stehen können. Es soll bedrohlich und verstörend aussehen.

Ich sehe in dem Motiv eine Mischung aus einer Motte und einem schreienden Menschen, der sich die Hände an die Stirn hält, mit nach außen gedrehten Handflächen. Was siehst du darin?

Ich weiß, wofür die Form steht, deshalb sehe ich nur das. Es soll dem D und dem E aus unserem Logo ähneln, das ist aber gut versteckt. So gut sogar, dass noch niemand darauf gekommen ist. Es geht bei dem Bild darum, dass es offen für Interpretationen ist und jeder andere Dinge sieht. Gehört habe ich schon das Gesicht eines Strauß, eine Spinne, ein geflügelter Alien… Deine Motte und den schreienden Menschen kann ich jetzt auch auf die Liste setzen. Es ist ein großes Vergnügen, all diese verschiedenen Dinge zu hören, die die Leute sehen.

Ich habe schon mehr als ein Mal gelesen (und stimme dem auch zu), dass DARKANE eine der Bands sind, die nicht so groß geworden sind, wie es viele Leute erwartet hatten, obwohl ich kaum jemals jemanden getroffen habe, der die Band kannte und der Musik nicht großen Respekt gezollt hat. Ist das nur die Sicht eines Außenstehenden oder glauben du und die anderen Jungs, dass ihr größer sein könntet, wenn einige Dinge besser funktioniert hätten?
Und wie wollt ihr das ändern, damit DARKANE doch noch jedem ein Begriff werden?


Das habe ich schon oft gehört und stimme dem auch zu. Viele sagen, dass wir unterbewertet sind und größer sein müssten, als wir sind. Es hat aber einen guten Grund, dass wir nicht größer sind, und da spielen viele Faktoren eine Rolle. Der offensichtlichste könnte sein, dass unsere Musik nicht zugänglich genug ist für ein größeres Publikum, aber wichtiger ist, dass es viele Jahre gab, in denen die Band nicht hart genug gearbeitet hat. Sie sind zum Beispiel nicht viel getourt. Wenn sie sich früher einen Booker und vielleicht einen Manager gesucht hätten, könnten die Dinge jetzt anders aussehen. Es ist zudem nie gut, in den ersten zehn Jahren drei verschiedene Sänger zu haben. Zum Glück bin ich jetzt gekommen um zu bleiben, wir haben ein gutes Team und werden ab sofort viel sichtbarer sein. Es wird nicht mehr so lange dauern von Album zu Album und wir werden deutlich mehr touren.

Welche drei ehemaligen oder aktuellen Bands hältst du persönlich für unterschätzt?

Es gibt eine schwedische Thrash Metal Band namens AGONY, die 1987 ihr Debüt „The First Defiance“ veröffentlicht hat. Das ist absolut brillant, aber die Band hat nie nennenswerte Anerkennung bekommen und sich kurz darauf aufgelöst. Leider ist ihr Sänger vor ein paar Jahren gestorben, deshalb werden wir auch nie eine Reunion sehen und das ist eine Schande.
CARNAL FORGE sind großartig, ebenfalls sehr unterbewertet und ein wenig in der gleichen Lage wie wir, wenn man so will. (Wo Lawrence Recht hat, hat er Recht.)
Ich werden insgesamt vier Bands nennen, denn XENTRIX und SLAMMER aus Großbritannien werden ebenfalls oft übersehen. Als der Bay Area Thrash Sound große Wellen in der ganzen Welt geschlagen hat, sind diese zwei Bands Ende der 80er, Anfang der 90er aufgetaucht und haben einige Qualitätsalben veröffentlicht. Unglücklicherweise hat sich niemand um die britische Thrashszene geschert, so wie bei der schwedischen Thrashszene und AGONY, und dann hat der Death Metal übernommen. Nichtsdestotrotz, ein paar tolle Alben zum Anchecken.

Ich danke dir und wünsche dir und den anderen Jungs nur das Beste – und dass ich euch in Kürze auf einer Bühne in der Nähe sehen kann. Die letzten Worte gehören dir.

Vielen Dank! Wir sind gespannter denn je und mit dem neuen Album im Rücken freuen wir uns darauf zu touren. Du wirst uns wahrscheinlich 2014 irgendwo in der Nähe sehen können.

(Im Bild vlnr: Christofer Malmström, Peter Wildoer, Lawrence Mackrory, Jörgen Löfberg, Klas Ideberg)
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