Wir lieben es


Interview mit Death Angel
Thrash Metal aus USA - San Francisco
Mehr als 30 Jahre hätten die von blutsverwandten Teenagern 1982 gegründeten DEATH ANGEL mittlerweile auf dem Buckel, gäbe es nicht die dunklen 90er, an deren Beginn die Band sich nach einem schweren Tourbusunfall und der anschließenden Verweigerung gegenüber der Direktive des damaligen Labels, den schwer verletzten Drummer Andy Galeon sofort zu ersetzen und weiterzumachen, auflöste. Wieder aufgenommen wurden DEATH ANGEL erst nach zehn Jahren, als 2001 beim Thrash Of The Titans zahlreiche 80er Thrashgrößen zusammenkamen, um dem seinerzeit an Krebs erkrankten TESTAMENT Sänger Chuck Billy mit diesem Benefizkonzert auch finanziell unter die Arme zu greifen.
Seit dieser Zeit gehört (Rhythmus-)Gitarrist Ted Aguilar zu der Band, die in den letzten Jahren einige Turbulenzen durchgemacht hat, die sich allerdings weniger in den Klatschspalten als auf den hervorragenden letzten beiden Alben niedergeschlagen haben. Was es damit auf sich hat, welche Rolle Produzent Jason Suecof für die Band spielt und woher DEATH ANGEL ihre scheinbar unerschöpfliche Energie beziehen, sind denn auch drei Themen im Gespräch mit dem erfrischend lebhaften Ted, der abschließend außerdem die Geschichte hinter seinem kuriosen Beinamen aufklärt.


Die Tour endet in wenigen Tagen. Wie war’s?

Großartig! Die letzten beiden Shows, in Paris und London, waren fantastisch und alle anderen Shows waren auch sehr gut. Eine sehr schöne Tour und den Fans gefallen auch die neuen Songs, die wir live spielen. Die Band steht unter Storm, wir fühlen uns gut und insgesamt war es bisher einfach toll.

Dann seid ihr auch noch nicht müde.

Noch nicht, aber wir freuen uns darauf, bald wieder nach Hause zu kommen und die Feiertage mit unseren Freunden und Familien zu verbringen. Einfach ein bisschen durchschnaufen. Wir waren doch sehr aktiv. Nach der Veröffentlichung des Albums sind wir gleich auf Tour gegangen, deshalb ist es gut, wenn wir ein bisschen relaxen können und die Batterien wieder aufladen.

Ihr habt zwischen dem Ende des „Relentless Retribution“ Zyklus und den Aufnahmen zur neuen Platte auch keine längere Pause eingelegt, sondern nur ein paar Tage.

Ja, wir haben unterwegs geschrieben. Anfang des Jahres waren wir im Probestudio, haben die vorhandenen Songs gestrafft und neue geschrieben. Dann sind wir nach Japan und haben gleich nach der Rückkehr das Songwriting abgeschlossen und uns um den Feinschliff gekümmert. Dann haben wir in Holland das Paaspop gespielt und sind im Anschluss zu Hause sofort ins Studio. Rob (Cavestany, Bandgründer und Leadgitarrist) war der erste, der ins Studio gegangen ist.. Insgesamt haben wir etwa zwei Monate gebraucht. Danach hatten wir auch nicht wirklich eine Pause, weil andere Sachen anstanden, wie Pressearbeit, Fotoshootings und was sonst noch wegen dem neuen Album anlag, wie die Vorbereitung der Lieder, denn sobald es erschienen war, waren wir *Boom* schon wieder unterwegs. Es gab also kaum eine Pause, nur kurze Unterbrechungen, in denen wir nicht ständig über die Band sprechen mussten. Ja, wir waren wirklich beschäftigt.

Mehr denn je.

Mehr denn je! Auf jeden Fall mehr als jemals zuvor, seit ich in der Band bin, und auch Mark (Osegueda, Sänger der Band seit 1984) und Rob haben gesagt, dass es heute mehr ist, als es selbst in den 80ern je war.

Ist dieser fast schon geschlossene Kreislauf ohne größere Auszeiten auch ein Grund, warum das neue Album noch kompakter klingt als „Relentless Retribution“? Zumindest ist das mein Eindruck.

Ja, das hat damit zu tun, dass wir es auf Tour geschrieben haben. Wir sind drei Jahre mit „Relentless Retribution“ getourt und das Songwriting on the road hatte einen Einfluss auf das Album, weil Rob manchmal gleich nach einer richtig guten Show in unsere Umkleide oder den Bus gegangen ist und an den Liedern geschrieben hat. Noch euphorisiert von der Show, von all der Energie. Außerdem haben wir uns auf der Tour als Band und als Individuen besser kennengelernt, wir sind als Menschen und als Musiker gewachsen. Man lernt, welche Knöpfe man bei den anderen drücken kann, und von welchen man besser die Finger lässt. Man muss sich gegenseitig ein paar Freiräume lassen, wenn man zusammen um die Welt reist, verschiedene Kulturen und verschiedene Menschen kennenlernt und mit allen möglichen Arten von Musik konfrontiert wird. Das alles in drei Jahren zu erleben war der Treibstoff für dieses Album.

Also gibt es immer noch etwas Neues kennenzulernen an den anderen Jungs?

Du weißt doch, wie das Sprichwort lautet: Du lernst jeden Tag dazu! Mein Eindruck ist, dass wir jetzt eine wesentlich kompaktere Einheit sind als Band im Vergleich zu der Zeit, als wir mit „Relentless Retribution“ losgelegt haben (Damals waren Bassist Damien Sisson und Drummer Will Carroll erst ein Jahr in der Band). Damals haben wir uns gerade erst kennengelernt, dann fing auch schon das Touren an. Und du kennst jemanden nicht wirklich, bis du mit ihm nicht gereist bist. Deshalb ist es am Anfang immer ein wenig „Wooaah!“ Aber die Magie auf der Bühne ist immer noch da.

Der ausgedehnte „Relentless Retribution“ Zyklus ist auch der Grund, warum eure lange angekündigte Banddoku „A Thrashumentary“ immer noch nicht fertig ist?

Ohhh, jeder fragt danach! Ich kann dir dazu eine definitive Antwort geben. Es wird so oft an der Thrashumentary gearbeitet… Tommy Jones (von den Video Hammer Studios), der die Making Of DVD zu „The Dream Calls For Blood“ sowie das Video zu “River Of Rapture“ gemacht hat und auch die Thrashumentary macht, war auf der „Relentless Retribution“ Tour die halbe Zeit dabei. Er hat die Tour eingefangen, Liveshows, und wir haben gemeinsam Material gesammelt, Interviews mit anderen Bands, Kommentare und so weiter. Langsam kam alles zusammen, aber wegen dem Touren hat es so lange gedauert, dass wir schließlich an dem Punkt angelangt waren, wo es hieß: Entweder machen wir jetzt ein neues Album oder schließen das hier ab. Wir haben darüber gesprochen und die Priorität lag beim Album. 90% der Thrashumentary sind fertig, vielleicht packen wir jetzt noch ein bisschen von der „The Dream Calls For Blood“ Tour dazu. Meiner Meinung nach sind wir zu 90% fertig, wir wollen aber noch etwas hinzufügen. Es dauert schon seine Zeit, aber…

Also kommt dann am Ende ein vierstündiger Film dabei raus?

Wahrscheinlich, hehe… Ich habe Rohschnitte gesehen. Es beginnt ganz am Anfang, als Rob und Andy (Galeon, Drummer der Band von 1982-1991 & 2001-2008) die Band gegründet haben, und reicht bis heute. Es ist wirklich eine Menge Material. Andererseits, wenn wir nicht so ein umfangreiches Tourprogramm hätten, wäre die Thrashumentary schon erschienen. Aber ständig trafen Touren und Angebote ein, die wirklich gut waren, und dann mussten wir uns um das Songwriting kümmern und alles andere blieb erst mal auf der Strecke. Aber sie wird demnächst erscheinen, keine Sorge. Und die Warterei wird sich gelohnt haben!

Also müssen die Leute, die auf die Thrashumentary warten, hoffen, dass die Tourangebote im nächsten Jahr nicht so gut sind…

Hehe, ja. Aber sie wird erscheinen, auch wenn wir jetzt auf dem „The Dream Calls For Blood“ Fluss sind. Ich werde einige Zeit damit verbringen, wenn ich daheim bin. Zusehen, dass es weitergeht. Wir brauchen noch ein paar Interviews mit ehemaligen Mitgliedern, müssen sie straffen und abschließen. Ein paar Eindrücke von der „The Dream Calls For Blood“ Tour noch, und dann sind wir fertig. (klopft auf Holz) Ich will auch, dass sie erscheint, sie ist jetzt schon lange im Anflug. Aber das Warten wird sich lohnen, glaub mir. Sie wird richtig gut. Ich habe gesehen, was wir haben…

Dann hoffe ich, dass meine Kollegen auch weiterhin danach fragen werden, bis ihr von dem Thema so genervt seid, dass ihr…

Ich kann dir kein genaues Datum nennen, aber ich kann dir sagen, dass 90% fertig sind. Nur noch ein paar Interviews und Aufnahmen, dann war es das. Das ist meine Antwort. Das Warten wird belohnt werden, nur ein genaues Datum kann ich dir noch nicht nennen.

Was ist das Geheimnis hinter der Energie von DEATH ANGEL? Ich finde die doppelte Gitarrenattacke deutlich vitaler als in fast jeder anderen Thrashband, auch im Vergleich zu den jungen. Als ob ihr den Jungbrunnen gefunden hättet…

Der Hunger ist immer noch da. Die Energie ist immer noch da. Wir sind in einer anderen Zeit aufgewachsen, wir alle, mit Bands wie JUDAS PRIEST, IRON MAIDEN, den SCORPIONS. Du siehst sie dir an und sie legen eine echte Show hin. Es ist bei uns immer noch präsent, womit wir aufgewachsen sind. Das, was wir lieben.
Andere Arten von Musik zu hören, also keinen Metal, spielt auch eine Rolle. Es ist eine Kombination aus Allem. Bei „Relentless Retribution“ haben wir begonnen, das Zwei-Gitarren-Ding auszubauen. Wir haben angefangen zu experimentieren, was ich gut finde. Wir haben Neuland betreten, wo vielleicht einer ein Riff spielt und der anderen eine Art Konterriff, was im Thrash ziemlich kompliziert ist. Bei „The Dream Calls For Blood“ spiele ich ein paar Solos mit Rob, Jason Suecof spielt Solos und es gibt sogar ein Basssolo. Wann gab es zuletzt ein Basssolo auf einem Thrashalbum? „Kill’em All“ oder „Master Of Puppets“… Diesen Weg versuchen wir einzuschlagen.
Und Jungbrunnen? Wir trainieren, wir versuchen, vernünftig zu essen, und wir lieben einfach das Musikmachen, für die Fans zu spielen. Diese Energie… Die Fans geben uns Energie und wir geben sie zurück. Das ist eine Straße mit zwei Fahrtrichtungen. Das hält uns jung und gibt uns Kraft. (trommelt auf den Tisch)

Du hast gerade Jason erwähnt. Ich finde, er hat einen tollen Job mit dem Sound der letzten beiden Alben gemacht. Welche Rolle spielt er für die Band? Ist er sozusagen das Mitglied, das kein Mitglied ist?

Das trifft es ziemlich gut. Bei „Relentless Retribution“ hat er eine große Rolle gespielt. Wir haben zum ersten Mal mit ihm zusammen gearbeitet, deshalb hat er die komplette Produktion übernommen. Er hat uns an Grenzen getrieben, von denen wir nie gedacht hätten, dass wir sie erreichen können. Er hat Mark dazu getrieben, aggressiv zu sein, ohne dass er verloren hat, wer er ist. Jason wusste, worum es bei der Band geht, und er hat Mark angetrieben, ohne ihn seiner Identität zu berauben. Darin war er wirklich gut.
Bei „The Dream Calls For Blood“ sind wir zu ihm zurück gegangen, weil wir glücklich waren mit „Relentless Retribution“. Wir haben die Lieder geschrieben, sie sind deutlich feuriger und intensiver, und entschieden, dass wir wieder zu Jason zurück sollten. Über die Jahre, den ganzen Tourzyklus lang, sind wir immer in Kontakt geblieben, wie Freunde und nicht geschäftlich oder so. Wir haben uns gegenseitig angerufen, gefragt, wie es dem anderen geht, und sowas. Es hat sich einfach richtig angefühlt, wieder zu ihm zu gehen.
Dieses Mal hat Jason aber nicht alleine produziert, sondern Rob hat mitgeholfen. Sie haben als Team gearbeitet. Sie kennen einander jetzt viel besser und so wie Jason viel von Rob gelernt hat, hat auch Rob viel von Jason gelernt. Die Kombination aus Jason und uns passt einfach. Und er hat eine zentrale Rolle gespielt. Bei den Solos hat er Rob an seine Grenzen getrieben, wir alle haben Rob an sein Limit getrieben. Ich habe auch Solos auf dem Album gespielt und er sagte dann, mach dies, mach das. Er ist ein unglaublicher Produzent und ein unglaublicher Gitarrist, er hat ein richtig gutes Ohr für gewisse Dinge. Er hat uns die Augen geöffnet für eine Menge Ideen und Riffs.

Die nächste Frage hätte ich nicht gestellt, wenn wie geplant Mark an deiner Stelle hier sitzen würde, aber so kann dich ja fragen, was das Geheimnis eures Gitarrenklangs ist, die gleichzeitig so knusprig und so kristallklar klingen.

Wir benutzen einen PreAmp aus Deutschland, den Kemper. Ein unglaublicher PreAmp, bei dem du das Profil aller möglichen Amps speichern und einstellen kannst, und wir hatten eine ganze Menge Profile… Statt einen ganzen Haufen normale Amps mit Mikrofonen auszustatten, hatten wir die ganzen Profile im Kemper, wie Mesa Boogies und Engls. Ich habe die Mesa Boogie Einstellungen genutzt und Rob die Engl Einstellungen, die benutzen wir in unserem Live-Setup. So war es viel einfacher, als wenn wir die ganzen verschiedenen Amps hätten mikrofonieren müssen. Auf diese Weise muss man sich keine Sorge mehr machen, dass irgendwas gegen ein Mikro stößt oder es irgendwie bewegt wird, denn wenn sich die Position nur leicht verändert, ändert das auch den ganzen Ton der Aufnahme. Der Kemper ist ein fantastischer PreAmp und falls jemand darüber nachdenkt, ihn beim Aufnehmen einzusetzen, sollte er es tun. Man kann die Profile so vieler verschiedener Amps nutzen und statt fünf verschiedene aufzunehmen, hat man sie alle in dem einen Gerät und kann dann noch an der Feinabstimmung basteln. Uns gefällt der Gitarrensound auch richtig gut.
„It’s really crispy and crunchy. The way we like it, hehe.”

Glaubst du, dass die knapp zehnjährige Pause eine Rolle dabei spielt, dass die Band noch immer so hungrig ist?

Ich denke schon. Die Pause von zehn Jahren hat jeden dazu gebracht, etwas anderes als DEATH ANGEL zu machen, nachdem sie die Band sehr jung gestartet hatten und sie alles war, was die Jungs kannten. Sie haben dann den Punkt erreicht, an dem sie unglücklicherweise die Band aufgelöst haben, nach dem Unfall.
Nach der Auflösung haben vier von ihnen als THE ORGANISATION weitergemacht und Mark hat etwas ganz anderes gemacht. (In New York, fern der alten Kollegen & der Musik.) Sie haben die Zeit genutzt, musikalisches Neuland zu erkunden, und DEATH ANGEL so belassen, wie es war: „Wir haben drei Alben veröffentlicht, das war’s, lasst uns was anderes machen.“ So konnten die Leute das Comeback auch mehr schätzen.

Das Erbe nicht verderben.

Das Timing hat wohl auch einfach gepasst, als die Band wieder zusammengefunden hat, nach dem Motto, wenn wir das schon machen, machen wir es richtig. Das haben die Leute anerkannt. Du weißt schon, die Liebe wächst mit der Entfernung. Keiner ist ausgebrannt, es gab eine Pause, in der etwas anderes gemacht wurde, und als DEATH ANGEL plötzlich wieder da waren, war jeder glücklich.

Meiner Wahrnehmung nach hat das Thrash Of The Titans die ganze amerikanische Thrashszene revitalisiert. Zum Beispiel waren TESTAMENT, ganz abgesehen von Chucks Erkrankung, damals auch musikalisch nicht mehr unbedingt auf der Höhe.

Ja, und dann hat es, zumindest für kurze Zeit, VIO-LENCE, FORBIDDEN, HEATHEN, DEATH ANGEL, TESTAMENT, EXODUS, … zurückgebracht. Es war das erste Mal, dass all diese ganzen Bay Area Bands gemeinsam bei einer Show aufgetreten sind, und weil alle älter waren, gab es nicht mehr diesen Wettbewerb, wie...

Wir sind schneller, wir sind härter…

Wir sind schneller, wir sind härter… Genau. Jeder war älter und alle haben gedacht, Wow, das ist einfach gute Musik. Das macht Spaß. Wir sind jetzt älter und haben zusammen eine gute Zeit, lasst uns doch so weitermachen. Der Gemütszustand war ein ganz anderer. Und es hätte zu keiner besseren Zeit passieren können, auch wenn der Anlass kein schöner war.

Aber es ist gut ausgegangen.

Ja, es ist gut ausgegangen und Chuck geht es gut. (klopft auf Holz)

Die Wölfe sind zum ersten Mal bei „Thrown To The Wolves“ auf „The Art Of Dying“ aufgetaucht und mit den letzten beiden Alben habt ihr sie zu einer Art alternativer Identität ausgebaut.

Ja, auf „The Art Of Dying“ gab es „Thrown To The Wolves“, aber das Thema ist nicht wirklich präsent gewesen bis “Relentless Retribution”. Da ging es in die Richtung von Wölfen im Schafspelz. Als wir an dem Album geschrieben haben und in der Zeit direkt davor gab es einige Veränderungen im Inneren und Äußeren der Band (u.a. verließen zwei Gründungsmitglieder, Bassist Dennis Pepa & Drummer Andy Galeon, die Band.). Da haben wir begonnen herauszufinden, wer unsere wahren Freunde sind, deshalb die Wölfe im Schafspelz. Interne Feinde, die du für Freunde gehalten hast, aber sie waren keine.
Bei „The Dream Calls For Blood“ stehen die Wölfe eher für das Überleben. Dass wir alles überstehen, was wir zu überstehen haben. Im Grunde bedeutet der Titel, dass wir unseren Traum leben: In einer Band zu sein, auf Tour zu gehen und unsere Musik für die Leute zu spielen. Das ist der Traum vieler Musiker und auch unser Traum. Aber wenn du einen Traum und ein Ziel in deinem Leben verfolgst, hat das immer auch Konsequenzen. Es wird Hochs und Tiefs geben und du musst Opfer bringen, das ist der „Blood“-Teil. Die letzten drei Jahre, das ist der Traum. Aber dennoch sind wir durch einige Hochs und Tiefs gegangen, meine Güte…

Jetzt verstehe ich auch den Spruch der Gejagten, die zum Jäger werden, besser, der auch von euch im Zusammenhang mit dem Album genutzt wurde, denn von internen Feinden fühlt man sich gejagt, während das jetzige, aus echten Freunden bestehende Rudel selbst jagt.

Genau so ist es. Vor „Relentless Retribution“ haben wir einige Urmitglieder verloren. Zu dieser Zeit war nicht ganz klar, was gerade passiert, und erst als sie uns verlassen hatten, haben wir erst realisiert, was gerade wirklich los war. Es war wirklich hart. Mark, Rob und Ich mussten die Trümmer aufsammeln, neue Mitglieder finden und jedem beweisen, dass die Band nicht tot ist, dass wir weitermachen. Und jetzt sind wir heute hier.

Bei den meisten Thrashalben frage ich mich, welche Rolle die Balladen oder langen Intros für die Bands spielen. Ihr hattet mit „Volcanic“ auf dem letzten Album eine Ballade, diesmal haben „Detonate“ und „Execution – Don’t Save Me“ ganz schön lange Intros.

Ach, so lang sind die auch nicht, vielleicht eine Minute. Bei diesem Album haben wir überhaupt keine Ballade geschrieben, das stand auch nicht auf dem Plan. Wir haben eher Lieder geschrieben, bei denen man denkt, Woah, die sind heavy heavy heavy! Da eine Ballade einzubauen… Außerdem haben wir das auf „Relentless Retribution“ mit „Volcanic“ ja schon gemacht und auf „The Art Of Dying“ gibt es „Word To The Wise“ und „A Room With A View“ auf „Act III“ auch noch. Wir hatten das Gefühl, dass wir auf diesem Album keine Ballade haben wollen, aber wir sind Fans von Intros, auch akustischen Intros. Keine fröhlichen Intros, sondern eher düster und böse klingenden, die eine Verbindung aufbauen.

Und für ein wenig Platz zum Atmen sorgen.

Ja, der ist wichtig auf dem Album, denn von Anfang an prügeln die Lieder nur so auf dich ein (schlägt mit der Faust in die geöffnete andere Hand) Es war der perfekte Platz, um den nächsten Song mit einem akustischen Intro zu eröffnen, ganz abgesehen davon, dass wir das mögen. Wir lieben es, musikalisch zu sein, und wir mögen Vielfalt. Wir hören gerne verschiedene Instrumente. Viele der Old School Bands haben Intros und wir sind ein Fan davon. Bei diesem Album hatten wir den Eindruck, dass Intros sehr gut reinpassen, anders als eine Ballade.

Also wurde die Ballade der Bonustrack, BLACK SABBATHs „Heaven And Hell“. Zugegeben, eine richtige Ballade ist es nicht unbedingt, aber nicht mal ein Drittel so schnell wie eure Lieder.

Das wollten wir unbedingt machen, wir haben das Lied schon auf der „Relentless Retribution“ Tour gespielt. Wir lieben SABBATH! Wir lieben SABBATH mit Ozzy und wir lieben SABBATH mit Dio. Als die Idee aufkam, „Heaven And Hell“ zu spielen, hat jeder in der Band gleich zugestimmt. Es hat sich einfach richtig angefühlt. Wir spielen den Song furchtbar gerne und er fühlt sich so gut an. Mark singt ihn auch großartig. Es fühlt sich fast an, als hätten wir das Lied geschrieben, auch wenn wir das nicht waren, aber so wohl fühlen wir uns mit ihm.

Es klingt auch großartig, sowohl auf dem Album wie auf der Tour.

Danke! Wie schon gesagt, wir fühlen uns so wohl dabei und sind so große Fans davon, als hätten wir das Lied geschrieben.

Ein „Geheimnis“ gibt es noch, das ich gerne von dir wissen würde: Nach so vielen Jahren und so vielen Shows hat man bei euch immer noch den Eindruck, ihr hättet auf der Bühne die beste Zeit eures Lebens. Ist das nicht manchmal ermüdend oder ist es wirklich so?

Natürlich schlaucht es. Jeder denkt da wohl anders. Damit meine ich, wenn du jedes einzelne Bandmitglied fragen würdest, hätte wahrscheinlich jeder eine andere Antwort, also spreche ich nur für mich selbst, wobei die anderen Jungs mir womöglich zustimmen würden. Wir lieben das Spielen. Wir lieben es, unseren Fans und dem ganzen Publikum, das gutes Geld für die Show bezahlt, auch eine Show zu liefern. Außerdem lieben wir die Musik, die wir spielen, und die Musik, die wir als Band schreiben, pumpt uns bis in die Haarspitzen voll Energie. Dazu kommt mein Motto: Spiele jede Show, als wäre sie deine letzte, weil niemand dir für morgen garantieren kann. So sehe ich das. Ich liebe es, wir lieben es. Es können 10 Leute sein, 10.000 Leute oder 1.000 Leute, wir machen die gleiche Show.

Und deshalb seid ihr, wie Rob mal gesagt hat, die glücklichste bzw. fröhlichste Band im Thrash Metal.

„The happiest? Yeah, we are the happiest.” Das Leben ist so schon dramatisch genug, wir brauchen nicht noch mehr Drama. Geh es einfach mit einer positiven Einstellung und positiver Energie an. Wenn du immer negativ denkst, die ganze Zeit, entsteht so auch eine Menge negative Energie. Wenn du dagegen positiv bleibst, passieren die Dinge auch positiv. Du bist nur für kurze Zeit auf der Erde, also kannst du die Zeit auch genießen.

Wir sind am Ende des Jahres und auch fast am Ende des Interviews, deshalb darfst du mir und den Leute, die das Interview lesen, jetzt noch verraten, was deine Lieblingsalben und Lieblingsfilme in diesem Jahr waren.

Filme? Filme! Ich bin ein Filmtyp!
Aber Alben, hmmm… Also andere Alben als unseres…

Das klänge auch komisch.

Ja, das klingt komisch, wenn ich das sage, aber „The Dream Calls For Blood“ ist das Album, auf das wir am stolzesten sind. Aber ich stecke es in eine eigene Kategorie. Wir sind 100% zufrieden, wir waren noch nie so zufrieden mit einem Album. Es gehört in eine eigene Kategorie. Aber ich habe auch zwei Lieblingsalben dieses Jahr. Das erste ist “Scorpion Child“. Ich habe SCORPION CHILD einige Male gesehen, das erste Mal war in der Bay Area. Sie haben auf dem Mayhem Festival gespielt, mit all diesen anderen Bands. Ich hatte vorher noch nie von ihnen gehört, dann habe ich sie gesehen und habe es geliebt. Ich habe die CD gekauft und ich habe mir ein Shirt gekauft. Dann habe ich gesehen, dass sie nach San Francisco kommen, und bin auch dahin gefahren. Eine großartige Band, großartiger Rock’n’Roll, tolle Songs.

Habt ihr sie nicht auch von ein paar Tagen auf dieser Tour getroffen?

Ja, in Wien, wo sie mit SPIRALARMS gespielt haben. Einfach eine tolle Band, es war für mich wie ein frischer Wind, SCORPION CHILD zu hören.
Und Bruno Mars, „Unorthodox Jukebox“. Es ist kein Metal, aber ich liebe das Album. Bruno Mars ist ein großartiger Musiker und Songwriter. Ich liebe seine Stimme. Das sind meine Alben des Jahres.

Bruno Mars steht interessanterweise in der deutschen Wikipedia gleich neben DEATH ANGEL, weil er auch philippinische Wurzeln hat.

Ja, das habe ich mit etwas Verzögerung auch herausgefunden.
Zu den Filmen… Superman – Man Of Steel. Den habe ich in einem 3D Imax Kino gesehen, fantastisch. Sie haben auch bei der Story richtig gute Arbeit geleistet. Dann noch Gravity, mit Sandra Bullock und George Clooney, toller Film. Und Thor 2. Das sind meine Lieblingsblockbuster. Ich bin ein großer Filmfan und versuche, mindestens zwei bis drei Mal im Monat ins Kino zu gehen, wenn ich zu Hause bin. Ich mag das Erlebnis, in ein Kino zu gehen, bei gewaltigem Sound und 3D mit Popcorn und einem Getränk dazusitzen und einfach nur zuzuschauen. DVDs kaufe ich auch, Filme sind mein Ding. Ich liebe Filme.

Als allerletzte Frage fällt mir ein, dass du in den Metal-Archives als „der Welt kleinster Samoaner“ bezeichnet wirst. Was hat es damit auf sich?

Mark nennt mich scherzhaft so. Ausgehend von dem Scherz müssen dann einige Leute wohl gedacht haben, ja, er könnte ein Samoaner sein. Aber ich bin kein Samoaner, ich bin Filipino. Kannst du jemandem bei den Metal-Archives Bescheid geben, dass sie es ändern? Herkunft: Philippinen. Aber weißt du, es ist ein Running Joke. Als ich aufgewachsen bin, hab ich viel mit Samoanern rumgehangen und mit vielen Samoanern Kontakt gehabt, es gab also eine Verbindung, und deshalb haben sie mich den kleinsten Samoaner der Welt genannt, weil Samoaner wirklich große Leute sind und wenn man dann mit ihnen rumhängt… Ich konnte mich ganz gut unter sie mischen, aber ich war der kleinste. Das ist der Gag.

(Bild 1 vlnr: Will Carroll, Rob Cavestany, Mark Osegueda, Damien Sisson, Ted Aguilar)
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