Jochen Fopp hat kein Holzbein und ist auch kein Meeresbiologe


Interview mit Mirror Of Deception
Doom Metal aus Deutschland - Göppingen
Die Doom Metal Szene lebt wieder ein bisschen mehr als noch vor ein paar Jahren – und eines ihrer Flaggschiffe, besonders im deutschen Raum, sind MIRROR OF DECEPTION. Die Band um Gitarrist Jochen Fopp hat sich mit ihren Veröffentlichungen einen Platz ganz weit vorne in der ersten Liga gesichert. Den Status der Band untermauert das neueste Werk der Schwaben, „Foregone“ , auch wieder eindrucksvoll. Jochen, der auch schon seit Jahren durch die Doom Szene geistert , weiß einiges zu berichten…


Hallo Jochen! Wie waren denn die bisherigen Reaktionen auf "Foregone"?


Grösstenteils sehr positiv, was uns natürlich sehr freut. Man weiss ja vorher nie, wie eine neue Platte von den Leuten aufgenommen und verstanden wird. Es gab aber auch schon einige weniger gute Reviews und Kommentare von Hörern, welche die Vorgängerscheiben mehr schätzen oder eben nach wie vor nichts mit uns anzufangen wissen. Aber man kann es nicht jedem Recht machen und das versuchen wir auch nicht. Wir müssen selbst zufrieden sein und dahinter stehen können. Das sind und tun wir und das ist das Wichtigste.

Worin seht ihr denn den Unterschied zwischen euren alten Werken und "Foregone"? Meiner Meinung nach klingt das neue Album "kompakter" und vielleicht auch weniger doomig und dafür eher "rockig" - wobei die Musik natürlich immernoch Doom geblieben ist!

Für mich ist es schwer zu analysieren, da ich eben mittendrin stehe und mir noch ein wenig der Abstand fehlt. Zum einen liegen 7-8 Jahre zwischen dem Entstehen der „Mirrorsoil“ und der „Foregone“ Songs und in der Zeit ändert sich auch einiges. Man macht als Mensch und Musiker prägende Erfahrungen, neue Einflüsse spielen eine Rolle, andere verschwinden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist natürlich auch, dass wir zwei neue Leute in der Band haben, die grösseren Anteil an den Liedern haben, als das in der Vergangenheit der Fall war. Doom und Metal wird es immer bleiben, jedenfalls so lange wir unter diesem Namen zusammen Musik machen, aber die Perspektive ändert sich im Lauf der Zeit etwas und es kommen neue Facetten hinzu. Für mich persönlich klingt „Foregone“ heavier, lebendiger, extrovertierter, abwechslungsreicher, reifer und wie Du sagtest, auch kompakter als die Vorgänger. Ein Schritt nach vorne.

Warum braucht ihr denn immer so lange um mit neuen Veröffentlichungen rauszukommen? Beziehungsweise, wieso hat es denn überhaupt fast zehn Jahre gedauert bis ihr euer erstes Album veröffentlicht habt? Braucht ihr so lange beim Songwriting?

Es gibt da immer eine Vielzahl verschiedener Umstände. Wir haben uns bewusst Zeit gelassen mit der ersten vollen Scheibe, wollten uns erst in Ruhe entwickeln und keinen Schnellschuss abliefern. Das Debütalbum sollte ursprünglich bereits Anfang 1998 erscheinen, aber daraus wurde schliesslich 2001, da sich die Aufnahmesessions insgesamt über einen Zeitraum von 2 Jahren erstreckten, das damalige Label dicht machte und wir erst wieder eine neue Plattenfirma finden mussten. Dann gab es immer wieder Zeiten, in denen nicht viel vorwärts ging, da uns Jobs, Verletzungen oder andere Verpflichtungen dazwischen gekommen sind oder wir einfach weniger kreative Phasen hatten. Man kann keine guten Songs auf Knopfdruck schreiben oder aus dem Ärmel schütteln, zumindestens wir nicht. Es braucht immer auch ein wenig Inspiration und Visionen. Wenn wir uns allerdings voll darauf konzentrieren können, entsprechend motiviert sind und auf ein Ziel, sprich einen Studiotermin hin arbeiten, geht es meist recht flott. Von den ersten Songideen bis zum Abmischen der Aufnahmen sind dieses Mal gerade 7-8 Monate vergangen, wobei auch noch einige Konzerte dazwischen lagen, die ja auch immer Vorbereitung erfordern.

Inwieweit folgt "Foregone" denn einem Konzept? Wenn man sich das Cover und einige der Texte so ansieht, denkt man nämlich schon, dass ihr euch mit dem Thema "Meer" und allem was dazugehört beschäftigt.


Es ist mit Sicherheit kein Konzeptalbum im eigentlichen Sinn. Es gibt keine durchgehende Story, aber einen roten Faden gibt es schon. Wir haben relativ früh erkannt, dass die beiden Stücke „The Ship of Fools“ und „Deception Island“ so etwas wie den Kern oder das Zentrum des Albums darstellen. Unser Grafiker Morti, der das gesamte Artwork ausgetüftelt hat, sah das ähnlich und von ihm kam dann auch der Coverentwurf, der uns gleich zugesagt hat. Das Thema Vergänglichkeit spielt hier ein Rolle und die Überlegung, dass man ohne Wasser nicht existieren, aber eben auch darin umkommen kann. Das Wasser ist also eher als Metapher zu sehen. Wir sind also weder verhinderte Meeresbiologen, noch verkappte Hobbysegler und gehören auch keiner DLRG Ortsgruppe an.

Erkläre doch mal bitte warum ihr im Booklet gerade aus Moby Dick zitiert habt? Was bedeutet dieses und das Zitat von Walter Scott für euch, und wie kam es ins Booklet?

Morti hatte die Idee mit den Zitaten. Diese Passagen fügen sich perfekt ins Gesamtbild ein und unterstreichen die visuellen, lyrischen und musikalischen Aspekte des Albums noch. Zudem geht in England das Gerücht um, dass ich ein Holzbein habe (Anm. des Red. – strange). Keine Ahnung, woher das kommt. Durch das Moby Dick Zitat und die somit unterschwellige Käpt`n Ahab Referenz wollten wir die Gerüchteküche noch ein wenig anheizen.

Inwiefern hat euch denn euer Line Up Wechsel vor gar nicht allzu langer Zeit zurückgeworfen? Schließlich waren ja auf einen Schlag Drummer und Bassist weg. Und wie klappt es jetzt mit den beiden "Neuen"? Haben sie sich gut eingelebt?

Rückblickend betrachtet denke ich, dass uns die letzten Besetzungswechsel eher nach vorne gebracht, als zurückgeworfen haben. Das konnte man allerdings vorher nicht absehen, es hätte ja auch gut sein können, dass wir nach einem Jahr immer noch als einsames Gitarrenduo da gestanden wären. Daher war es ein wirklicher Glücksfall, auf Anhieb die richtigen Leute zu finden. „Foregone“ hätte es in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt mit dem alten Line-up nicht gegeben. Unter anderem schon deshalb nicht, weil unser neuer Basser Andi 3 komplette Songs beigesteuert hat. Man musste sich natürlich erst etwas beschnuppern, aber das Gefühl, wieder eine richtige Band und Einheit zu sein, stellte sich recht schnell ein. Man kann daher wohl ohne weiteres sagen, dass sie sich bestens eingelebt haben. Auch die ausgesucht harten und die als fast schon unmenschlichen zu bezeichnenden Initiationsrituale, die für eine Mitgliedschaft bei uns nun mal unabdingbar sind, haben sie körperlich und geistig weitestgehend unbeschadet überstanden.

Kommen wir mal zu eurem ehemaligen Sänger Markus, der ja auf dem neuen Album bei „Bleak“ einen Gastauftritt hat. Es gab ja lange Zeit Stimmen die nach Markus´ Rückkehr riefen - gibt´s die immer noch, oder sind mittlerweile alle mit Siffi (Michael Siffermann, Gitarre und Gesang – Anm des Red.) zufrieden? Ich persönlich finde, dass man gerade bei diesem Track auch merkt, wie ähnlich sich die Stimmen doch sind.

Es gibt sicherlich noch Leute, die Markus vermissen und gerne wieder als festes Mitglied bei uns sehen würden und es gibt auch Stücke, die keiner so singt, wie er. „Weiss“ vom „Mirrorsoil“ Album ist zum Beispiel so ein Song. Aber insgesamt scheinen die Leute mittlerweile Siffi als Sänger sehr gut angenommen zu haben. Für uns gibt es bei „Bleak“ recht klare Unterschiede zwischen den einzelnen Stimmen und den indivduellen Arten zu Singen. Auch wenn es natürlich nicht gerade so ist, dass einer wie Klaus Meine, der Zweite wie Lemmy und der Dritte wie Peter Steele klingt. Hmm, da fragt man sich unwillkürlich, wie sich ein Lied mit diesem Gesangstrio wohl anhören würde...

Und wie geht´s Siffi eigentlich mit der Lead Sänger Position - hat er sich damit jetzt gänzlich angefreundet, oder macht er das nur aus Mangel an Alternativen?

Ich denke, er hat durchaus Gefallen an der Rolle gefunden, auch wenn es ganz am Anfang schon eher eine Notlösung war, um eben bereits geplante Konzerte nicht absagen zu müssen und eingermassen vernünftig proben zu können. Nach dem Ausstieg von Markus hatten wir einige Interessenten für den Posten am Mikro und auch einen potentiellen Kandidaten angetestet, aber letzten Endes war es doch nicht das, was uns vorschwebte. Die Viererbesetzung hat sich zwischenzeitlich bewährt, zudem haben wir ja mit unserem Drummer Jochen auch wieder eine zweite Stimme zur Verfügung.

Warum hats denn diesmal kein deutscher Text auf die Platte geschafft? War ja auch schon fast ne Art „Markenzeichen“ von euch.

Es ergab sich dieses Mal einfach nicht. Keiner der Texte funktionierte auf Deutsch besser, als auf Englisch. Und nur aus Gewohnheit, aber eben halbherzig wollten wir es auch nicht machen. Es kann allerdings schon sein, dass beim nächsten Mal wieder das eine oder andere deutschsprachige Stück vertreten sein wird. Vielleicht machen wir ja irgendwann sogar unsere Drohung wahr und bringen etwas auf Schwäbisch...

Bei euch kann sich ja jeder mit seinen Ideen bzw Songs einbringen - und auch eure Lyrics sind immer von verschiedenen Leuten verfasst! Wie schafft ihr es denn dann, dass sich die Ideen nicht zu weit auseinander bewegen, bzw mal ein Text ganz aus dem Rahmen fällt? Gibts nicht manchmal Probleme mit einer so demokratischen Bandstruktur?

Wir finden es wichtig und richtig, dass jeder seinen Teil zum Gesamten beiträgt. Mirror ist und war immer eine Band und kein Soloprojekt mit Erfüllungsgehilfen. Wenn mal etwas überhaupt nicht passt, wird darüber geredet und gemeinsam entschieden. Da sind dann mitunter Kompromisse notwendig, aber bislang konnten wir uns immer einigen. Natürlich gab es auch schon den einen oder anderen Text oder manche Songidee, die dann wieder verworfen wurde, aber grundsätzlich hat jeder von uns ein Gespür dafür, was in den Mirror Kosmos passt und was nicht.

"Foregone" erscheint jetzt bei Final Chapter! Seid ihr mit der Arbeit des Labels zufrieden? Und wie kam es denn zur Zusammenarbeit und was erhofft ihr euch von der Zukunft?


Bislang sind wir mit der Arbeit unseres neuen Labels sehr zufrieden. Final Chapter hängt sich sehr rein und hat schon eine Menge für uns erreicht. Gerade auch, was den Vertrieb angeht, denn das Album sollte bei Interesse ja auch zu finden sein. Wir kannten den Labelchef Fred von seinen Aktivitäten bei Pantheist und seiner jetzigen Band Thee Plague of Gentlemen, er hatte uns auch geholfen, 2003 einen Gig in Belgien zu bekommen, als wir mit Reverend Bizarre und Revelation auf Tour waren. Er kannte und mochte uns und so ergab sich das, als er mit seinem Label loslegte. Wir fühlen uns dort gut aufgehoben und hoffen, dass diese Zusammenarbeit weitere Früchte tragen wird.

Die Doom Szene ist ja - so scheint es - wieder etwas mehr im Kommen. Es finden wieder regelmäßig Konzerte statt, das Doom Shall Rise und ähnliche Veranstaltungen beispielweise ! Wie seht ihr denn die Entwicklung des Ganzen? Und wo seht ihr Mirror of Deception in dieser Szene?

Es tut sich eindeutig mehr, als noch vor 5-6 Jahren und auch in den metallischen Medien findet wieder vermehrt Doom statt. Auch gab es noch nie so eine grosse Anzahl an Bands und so viele hochkarätige Veröffentlichungen aus diesem Genre. Von daher kann man das schon positiv sehen. Trotz allem ist Doom im Metalbereich nach wie vor eine Randerscheinung und daran wird sich auch nichts ändern. Vielleicht ist der Höhepunkt des Interesses auch bereits erreicht oder gar überschritten, wer weiss das schon? Ich kann nicht einschätzen, welchen Stellenwert wir als Band in der Szene inne haben, aber vielleicht haben wir durch unsere Präsenz, durch Konzerte, Touren und unsere Veröffentlichungen ja auch einen kleinen Anteil an diesem „Doom-Boom“.

Dann danke ich dir vielmals für die aufgebrachte Zeit um diese Fragen zu beantworten! Macht weiterhin so wunderbare Musik - Die letzten Worte wie immer bei der Band:

Vielen Dank für die Blumen, das Interview und die Unterstützung. Wer mehr über Mirror of Deception erfahren möchte, kann unserer Webseite www.mirrorofdeception.de besuchen. Bleibt langsam!
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