Cradle Of Filth Moonspell & The Haunted

Cradle Of Filth, Moonspell & The Haunted

Cradle Of FilthMoonspellThe Haunted
Leipzig, Haus Auensee
18.03.2005
Da hat der Veranstalter ja ein vielseitiges und lohnendes Bandpäckchen zusammengeschnürt: COF, immer für eine unterhaltsame Show gut, präsentieren ihr im vergangenen Jahr erschienenes Album „Nymphetamine“. MOONSPELL unterstützen die britischen Schmutzfinken auch ohne aktuelle Veröffentlichung im Gepäck (siehe Interview). Davor sollen die Schweden THE HAUNTED, die wohl derzeit wie keine andere Band für modernen, kurzweiligen Thrash-Metal stehen, das Publikum anheizen. Das ganze ist also nicht nur ein multinationaler, sondern auch ein multimetallischer Abend.
Einen dicken Kloß im Hals bekommt man allerdings beim Blick auf den Preis einer Karte; die bloße Aufenthaltsberechtigung für das Spektakel kostet 28 Euro. Zählt man noch Bierkonsum und eventuellen Erwerb von unverschämt teuren Merchandise-Artikeln dazu, sind Otto-und-Else-Normaldüstermetaller ganz schön die Taschen ausgeräumt. Das bedeutet, kein Konzert mehr bis zum WGT und in der Zeit bis dahin nur Nudeln zu essen. Dani Filth, bei dem ein kleines Wohlstandsbäuchlein inzwischen nicht zu übersehen ist, und seine Mannen freuen sich über den Wechsel zur größeren Plattenfirma derweil ein zweites Loch in den Allerwertesten.
Die Fans stört es nur unwesentlich. Sie erscheinen zahlreich und kaufen massenhaft Cradle-Shirts. Schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung sammelt sich allerlei weiß und rot bemaltes, aufwändig herausgeputztes Volk, das nach Öffnung des Hauses blitzschnell den Anker in den vordersten Reihen auswirft.

Der um eine halbe Stunde vorgezogene Beginn ist wohl in erster Linie dafür verantwortlich, dass sich nicht wirklich viele Leute einfinden, um THE HAUNTED zu bewundern. Trotz der eher weniger auf schnörkellosen Metal fixierten anwesenden Zielgruppe erntet die Band großen Zuspruch. Kein Wunder bei dem Thrash-Inferno, dass die Schweden hier loslassen. Zu den Songs vom letzten Album „Revolver“ vollführt der besonders im Brust- und Bauchbereich mit auffälligen Pölsterchen ausgestattete Sänger Peter einen gar lustig anzusehenden Ausdruckstanz. Mit offenem Mund starrt er angespannt ins Publikum; streckt den Mittelfinger aus, das Publikum antwortet mit dem Metalgruß. Hier scheint die Kommunikation noch problemlos zu funktionieren. Überhaupt nicht kommunikationsfördernd und unproblematisch ist allerdings der Sound: eine unkoordinierte Masse und vor allem viel zu laut. Was verleitet die Tonmänner dieser Welt nur immer dazu, derart aufzudrehen, dass es schon Schmerzen in den Ohren bereitet?

Bei MOONSPELL scheint alles etwas subtiler. Live überzeugen die Portugiesen sound- und showtechnisch immer wieder auf ganzer Linie. Im Interview erscheint Frontmann Fernando als sympathischer, bescheidener Typ, auf der Bühne verwandelt er sich in einen erstklassigen Entertainer. Charismatisch, geradezu imposant begleitet er jeden Song mit ausladenden Gesten, singt mit Inbrunst jeden Song als wäre es das erste Mal. Da bleibt die eine oder andere Gänsehaut nicht aus. Seiner Präsenz ist dieses eindrucksvolle Live-Erlebnis zu verdanken. Rein musikalisch gab es einen bunten Querschnitt durch das bisherige Schaffen MOONSPELLs, von „Wolfheart“ – daraus ein leidenschaftliches „Alma Mater“, das in das unheilvollste „Vampiria“ überging, das die Welt je hörte – bis zum letzten Album „Antidote“. Traumhaft für jedes dunkle Metalherz war auch das abschließende „Irreligious“-Dreierpack „Mephisto“, „Opium“ und „Full Moon Madness“.

CRADLE OF FILTH lassen in echter Rockstarmanier erst einmal auf sich warten. Nach dem unheilschwangeren Intro steigen sie heftigst mit „Gilded Cunt“ ein. In den nächsten anderthalb Stunden werden Songs aus annähernd jeder Schaffensperiode der Band geboten. Höhepunkte sind dabei vor allem die Stücke vom aktuellen Album „Nemesis“ und „Nymphetamine Fix“ oder auch bejahrtere Heldentaten wie „Mannequin“ und „Her Ghost In The Fog“. Songs der ersten drei COF-Alben sind leider rar gesät; „The Forest Whispers Her Name“ ist der einzige Abstecher zu alten Tagen und wird deswegen umso wohlwollender aufgenommen.
Für die dazugehörigen optischen Reize ist reichlich gesorgt. Während der Rest der Band samt weiblicher Stimme Sarah Jezebel Deva recht unbeweglich bleibt, huscht Frontzwerg Dani wie ein Derwisch über die Bühne und kreischt in solch hohen Tönen, das man sich häufiger mal erschrocken umschaut, um sicher zu gehen, dass nicht doch ein Nazgul im Anflug ist. Zwei Leinwände untermalen die Songs mit Bildern aus dem reichen Fundus bandeigener morbider Coverkunst; auch Videos zu den in der Setlist enthaltenen Singles finden dort ihren Platz.
Cradle wären nicht Cradle, wenn es dazu nicht noch ein bisschen, freiwillig oder unfreiwillig komisches, Theater gäbe. Dani Filth’s Faible für trashige Horrorfilme verdanken wir wohl die wie eine Mischung aus Teufel und Schwein anmutende graue Gestalt und den später über die wandelnden überdimensionalen Sensemann. Als dieser den Umhang abgeworfen hat und seinen ungelenken Tanz vollführt, ist man schon eher zum Lachen als zum Gruseln geneigt. Dieser Pappmache-Terminator macht zwar nicht mal Oma Krause angst, zeigt aber das Gespür der Band für effektvolle Unterhaltung, und vor allen Dingen, dass sie sich selbst nicht bierernst nimmt. Die Funken sprühenden, leicht bekleideten Mädels kommen zwar erst beim letzten Song „From The Cradle To Enslave“ zum Einsatz, trotzdem schickt die Band ein bis zum Schluss euphorisches, zufriedenes Publikum nach Hause.

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