Metal Meeting

Metal Meeting

AgoraphobiaDebaucheryGod DethronedMetaliumPrimordial
Ludwigshafen, Haus der Jugend
19.11.2005
Was ist das beste, was die Pfalz zu bieten hat? Ganz genau, die A6, die wieder richtung Saarland führt. Manchmal aber gibt es auch Momente, in denen man seine Ängste überwinden und sich ganz heldenhaft auf feindliches Territorium begeben muß. Einer dieser Tage war der 19.11.2005, ein frühwinterlicher Samstagabend, an dem zum wiederholten Male das Metal Meeting zur Hauptversammlung der IG Metal aufrief. Und wie wohl auch schon die Jahre zuvor, ließen sich die lang- und kurzhaarigen Kuttenträger, ein paar Black Metal-Kids und sogar der eine oder andere Gothic nicht lumpen und zahlten gerne die fanfreundlichen 14 Euro für ein familienfreundliches Festival, das aus 5 Bands, moderaten Getränkepreisen und einem kleinen Metal Market bestand. Nun denn, dort angekommen und sich um ein warmes Essen gekümmert (Burger King rules!), verging die Zeit beim Stöbern in CDs und Shirts wie im Fluge und der Beginn rückte näher.

Den Anfang machte eine lokale Band namens Agoraphobia. 2 Sänger, einer mit Dreadlocks und ein Gitarrist mit Käppie – mir schwante übles. Und die Vorahnung sollte sich bestätigen, der Abend begann mit einer Metalcore-Show. Überraschenderweise trieben mich die Klänge jedoch nicht an den Bierstand, sondern konnten sogar einen Core-Verächter wie mich überzeugen. Wo Bands wie die gnadenlos überbewerteten Killswitch Engage mir mit ihren Emo-Anleihen und dem dazugehörigen cleanen Gesang einfach nur gewaltig auf die Nüsse gehen und mich – im negativen Sinne – aggressiv machen, haben die agoraphoben Burschen es mit ihrer Mixtur aus Geshoute und ganz tief gelegten Growls einfach drauf. Die Mucke machte Spaß und klang wie eine gut verrührte Mixtur aus Six Feet Under und Pro-Pain. Würde der Gröhlhans sich noch etwas mehr zurückhalten (wie gesagt, einfach nicht meine Baustelle), dann könnte ich mir sogar vorstellen, dass ich die Band mal richtig toll finden würde! Live machten sie ihre Sache jedenfalls schon mal recht ordentlich!

Als zweites durfte dann das Heidelberger Trio Debauchery die Bretter betreten. Mit einem Kübel (Schweine-?/Rinder-?)Blut überschüttet ging es dann auch gleich ans Eingemachte. Textlich von den üblichen Gore-Bands inspiriert („Chainsaw Masturbation“), konnte zumindest mich das recht eindimensional gehaltene Material nicht über die komplette Spielzeit begeistern. Darüberhinaus klangen die „Scream“-Parts wie eine verzerrte Version von Kermit dem Frosch, der sich von Miss Piggy mit Koks füttern ließ. Zusammen mit der Blutsudelei und den humorigen Ansagen des Sängers, ließ das alles den Schluß zu, dass auf der Bühne gerade eine deathmetallische Version von JBO stand. Der Auftritt hat letzten Endes auf alle Fälle Spaß gemacht, die Musik leider nicht so ganz.

Danach leerte sich die Halle merklich und ich hatte schon die Befürchtung, dass eine der geilsten Pagan-Metal-Acts vor 10 Zuschauern ihr Programm darbieten müsste. Natürlich passt das melancholische Material der Iren Primordial nur bedingt zum vorhergehenden Death Metal-Orkan, trotzdem blieb zu hoffen, dass sich doch ein paar mehr Gestalten vor der Bühne blicken ließen. Und tatsächlich, zu Beginn füllte sich die Halle recht ordentlich und jede Minute schafften es Primordial, mehr und mehr Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Während einige wenige Death Metaller blasphmisch von einschlafenden Füßen berichteten, war der Verfasser dieser Zeilen schon auf dem Weg richtung Front und bangte sich angesichts tränentreibender Wundertüten wie „The Gathering Wilderness“, „Sons Of The Morrigan“ und „The Coffin Ships“ die Seele aus dem Leib und die Nackenwirbel aus dem Kreuz. Obwohl Sänger Alan alles andere als nüchtern vom Leid seiner Heimat „berichtete“ und diesen Zustand mittels gieriger Züge aus seiner Whiskey-Pulle noch verstärkte, gab es keine Schwachpunkte im Zusammenspiel der Elemente. Posend wie amoklaufender Wahnsinniger animierte der optisch kleine Bruder von Dimmu Borgir/Old Man´s Child´s Galder die Metalheads zum fröhlichen Mitbangen. Und nach dem Uralt-Demotrack „To Enter Pagan“ war klar, dass Primordial sich an diesem Abend definitiv neue Freunde gemacht und die alten Fans begeistert haben. Die lauten – aber leider vergeblichen - Zugabe-Rufe waren mehr als verdient.

Direkt nach einer Pagan Metal- und unmittelbar vor einer Death Metal-Band zu spielen, dürfte für eine melodische Power Metal-Band eigentlich nicht gerade das einfachste Unterfangen darstellen. Und wenn man dann das Glück/Pech hat, der einzig normalmetallische Act unter Hartmetall-Kapellen zu sein, wird’s gar noch schwieriger. Überraschenderweise war die Halle bei Metalium verdammt gut gefüllt und es schienen sich sogar recht viele Fans der Hamburger im Publikum zu befinden. So stieg man mit dem hammerharten Debüt-Opener „Fight“ gut gelaunt in den Set ein und präsentierte einen kurzen Querschnitt durch alle Alben. Dazu wurde gepost bis der Arzt kam, Mitsingspielchen gehörten selbstverständlich ebenso dazu, und der komplette Set machte einfach Spaß, so dass die Spielzeit verdammt schnell um war. Live sind Metalium wahrlich eine Macht, um einiges besser als auf Platte. Noch ein Wort zu Sänger Henning Basse: man könnte die Theorie aufstellen, dass ex-Kürbiskopf Michael Kiske eines Nachts von Außerirdischen entführt wurde und als Henning Basse morgens in seinem Bett erwachte. Der Teil, der operativ entfernt wurde, machte dann später als wiedergeborener Christ von sich reden, indem er sich öffentlich von der Satans- und Blöden-Musik Heavy Metal distanzierte. Was ich damit sagen will: vielleicht hätten die glücklicherweise sich wieder auf dem richtigen Weg befindlichen Jungs von Helloween besser diesen Mann als Sänger nehmen sollen, anstatt Deris zu bevorzugen. Noch Kiskiger geht’s auf keinen Fall!

God Dethroned befinden sich in der glücklichen Lage, nicht eine schwache Platte im Verlauf ihrer Karriere veröffentlicht zu haben. Jedes ihrer Alben ist uneingeschränkt empfehlenswert, und mit „Lair Of The White Worm“ hat man sogar einen waschechten Klassiker auf die Menscheit losgelassen, was nicht zuletzt auch dem erst 23jährigen Neugitarrist Isaac Delahaye zu verdanken ist. Aber auch live sind die 4 Holländer, von deren Urbesetzung nur noch Sänger/Gitarrist Henry Sattler übrig ist, eine Macht. Sind die Texte und die Musik eher ernster Natur, zeigt sich kurz vor Showbeginn, welch gutgelaunte Naturen den Burschen innewohnt. Beim Aufbau wird erst mal gejammt und eine kurze Interpretation des ACDC-Classics „Highway To Hell“ dargeboten. Danach geht’s dann offiziell auf die Bühne und Henry steigt mit der augenzwinkernden Begrüßung „Satan lives“ in den Set ein. Nach allen Regeln der Kunst prügelt man den brachialen, des öfteren an Slayer erinnernden Death Metal ins gierige Auditorium. Die Knüppel-Parts fügen sich nahtlos mit zum Niederknien schönen Melodie-Parts („Nihilism“, „Under A Silver Moon“) zusammen, eine Hymne reiht sich an die nächste („Boiling Blood“, „Villa Vampiria“), und mit wirkungsvoll eingestreuten Groove-Songs (das überirdische „Salt In Your Wounds“ beispielsweise) werden alle Nackenmuskulaturen auf eine harte Probe gestellt. Der schon etwas angetütelt wirkende Frontmann hat die Menge fest im Griff und das oben erwähnte 23-jährige Talent Isaac zeigt bei seinen Lead-Parts immer wieder, wie wichtig sein Engagement beim entthronten God doch ist. Sein technisches Solo-Spiel ergänzt sich perfekt zum Kerry King-mäßigen Solieren des Frontmannes und auch sonst schafft es der Kleine immer wieder, Akzente zu setzen. Einfach nur der Hammer! Der einzige Wermutstropfen dieser großartigen Show war das Fehlen des gigantischen „Lair Of The White Worm“-Titeltracks. Dieses Manko konnte aber ohne weiteres verkraftet werden und ändert auch nichts mehr an der Gewissheit, einen wunderbaren Samstagabend genossen zu haben; auch wenn dieser in Feindesgebiet verbracht werden musste!

Während zahlreiche Fans den Abend in einem im Keller gelegenen Gewölbe bei Old School-Metal (von Manilla Road über Piledriver bis hin zu ganz alten Entombed) ausklingen ließen, waren die Typen der Security wohl erfreut, endlich ihren Feierabend genießen zu können. Meiner Meinung nach waren die Typen etwas zu übereifrig, ließen sie doch erst gar keine Bewegung außer dem obligatorischen Rübeschütteln zu. Sobald in der Mitte mal 2 Leute einen Mosh/Slam-Pit bildeten, kam sofort eine Hundertschaft der Security angerannt und machte dem Treiben ein Ende. Very strange, indeed. Wahrscheinlich sorgen die Jungs ansonsten nur für kreischende Teenies bei einem Tokio Hotel-Konzert!

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