Rock Hard Festival 2007

Rock Hard Festival 2007

Amon AmarthArmored SaintAxel Rudi PellBulletCataractCrucified BarbaraDark FuneralDeath AngelDew-ScentedGrave DiggerHammerfallHardcore SuperstarHeaven Shall BurnKorpiklaaniMaroonMetal InquisitorPaul Di'AnnoRoss The BossSabatonSpock's BeardTankardTurisasVader
Gelsenkirchen, Amphitheater
25.05.2007
Intro

Gelsenkirchen ist Metal wie Sau! Es hat ein tolles Amphitheater, direkt am Rhein-Herne-Kanal gelegen, auf dem regelmäßig riesige Schiffe vorbeituckern und freundlich tuten. Vor dieser schönen Kulisse aus Grün, Wasser und Schiff wurde am Pfingstwochenende eine Bühne positioniert, auf der viele, viele Bands zum fünften Mal das ROCK HARD FESTIVAL satte drei volle Tage lang rocken durften. Es darf berichtet werden, dass sie das auch ausgiebig getan haben, und zwar vor reichlich bestens gelauntem Publikum.

Hier ist es wirklich richtig Metal – mit aufwändigen selbstgemachten Kutten und engen Jeans bis das Auge blutet – was bedeutet, dass die meisten Bands einer Hälfte des berichtenden Redaktions-Duos nur ein beherztes Gähnen abringen konnten. So konzentrierte ich mich vorrangig auf die Bildberichterstattung, während Herr Hauptmann als stiller Beobachter den musikalischen Helden seiner frühen Jahre huldigte und bei DEATH ANGEL und ROSS THE BOSS auch mal ordnungsgemäß nach Metal-Gesetzbuch, § 1 richtig die Sau rausließ. [yb]


Was auf der Bühne so alles geschah...


Freitag, 25.05.2007 – Against All Odds

„Sturmwarnung, Hagel, Überschwemmungen” – so warnt uns WDR2 am Freitag Mittag vor den anstehenden Wettereskapaden. Na super, das kann ja heiter werden! Aber man höre und staune, abgesehen von einem kleinen Schauer noch vor Beginn des Festivals scheint den ganzen Tag die Sonne. Traumtemperaturen, eine kühle Brise und gerötete Metallerköppe überall – so kann es ruhig das ganze Wochenende bleiben.

Entsprechend gut gelaunt ist die Meute, als pünktlich um 15:45 das fünfte Rock Hard Festival von den Schweden BULLET eröffnet wird. Die Band ist zwar wirklich verdammt hässlich (vor allem der dicke Sänger und der Gitarrist mit Halbglatze und Matte seien exemplarisch genannt), aber wen stört das schon, solange die Musik stimmt? Und das tut sie, auch wenn der schwer an AC/DC angelehnte Hard Rock nicht wirklich spektakulär rüberkommt. Dennoch macht die Mucke ordentlich Spaß und heizt die Menge entsprechend an. Ein perfekter Opener!

Anschließend darf eine Band ran, die bereits letztes Jahr in Gelsenkirchen zu sehen war, nämlich CRUCIFIED BARBARA. Da die lecker Mädels jedoch damals bereits um 11:00 auf die Bühne mussten und es zudem zeitgleich ein Problem mit dem Einlass gab, haben sie heute die Chance, sich noch mal einem größeren Publikum zu präsentieren. Wie bereits 2006 geht der lässige Heavy Rock auch heute gut nach vorne ab, und was fürs Auge wird den männlichen Fans obendrauf auch noch geboten. Außerdem ist es beeindruckend zu sehen, wie viel Bier die jungen Damen schon um diese Tageszeit in sich hineinschütten können. Well done! Das obligatorische „Killed By Death“ Cover setzt schließlich einen gelungenen Schlusspunkt unter 45 kurzweilige Minuten. [mh]

Wer hat’s erfunden? Die Schweizer können natürlich mit ihrem leckeren Ricola- Bonbon angeben, den Metalcore haben sie aber nicht erfunden. Trotzdem gehören die fett riffenden Alpenländer CATARACT zu den Besten ihrer Zunft. Das Thrash-Hardcore-Gewitter ist nach den vorangehenden Hardrock-Acts eine besonders wohltuende Erfrischung. Trotz ihrer eher unmetallischen Ausrichtung kommt die Band sehr gut an und darf sich sogar den Anblick eines kleinen Moshpits genießen.

Dass sich die nachfolgenden HEAVEN SHALL BURN über viele anwesende Fans freuen können, verwundert kaum. Schließlich gibt bei den Thüringern kraftvollen Deathmetalcore auf die Ohren, der alles platt walzt, was sich nicht bei Drei hinter dem Bierstand verkrochen hat. Dazu werden ausschweifend die Hörner in die Luft gestreckt und wild die Matten geschwungen – jeder Zweifel, dass die Band nicht auf dieses Festival passen würde, wird im Keim erstickt. Schnieke Gassenhauer wie „The Weapon They Fear“, „Voice Of The Voiceless“ und „Counterweight“ entfalten auch im Gelsenkirchener Amphitheater ihre volle Pracht. Frontmann Markus, der sich zu diesem Anlass in ein Judas Priest-Shirt gehüllt hat, unterhält wie immer mit seinen sympathischen Ansagen und gibt dem Publikum zum Schluss noch einen guten Rat mit auf den Weg: „Trinkt nicht so viel!“ Augenzeugenberichte bestätigen, dass sich kaum einer dran gehalten hat. [yb]

Nach diesem eher modern ausgerichtetem Block dürfen sich die Traditionalisten nun über GRAVE DIGGER freuen, die natürlich keine Mühe haben, mit ihren Gassenhauern die Köpfe der Zuschauer ordentlich in Bewegung zu versetzen. Neben den beiden neuen Tracks „Liberty Or Death“ und „Silent Revolution“ setzt es eine ganze Latte Klassiker, von denen „Knights Of The Cross“, „Excalibur“ und natürlich die Songs des „Tunes Of War“ Albums am Besten ankommen. Erfreulich zudem, dass endlich mal wieder das kultige „Headbanging Man“ gespielt wird. Der Reaper und seine Mannen verabschieden sich zu guter Letzt mit dem unschlagbaren Doppelpack „Rebellion (The Clans Are Marching)“ / „Heavy Metal Breakdown“, das von fast allen Anwesenden lauthals mitgesungen wird.

Als ersten Headliner 2007 treten anschließend HAMMERFALL an, und die Schweden haben einiges mitgebracht: Pyros, Laufstege, 10 Bassdrums, die den Bandnamen bilden sowie den neuen alten Bassisten Fredrik Larsson, der für den ausgestiegenen Magnus Rosén wieder mit an Bord ist. Man kann über HAMMERFALL denken und sagen, was man will, aber die Band versteht es absolut, eine coole Show hinzulegen und die Headlinerposition würdig auszufüllen. Natürlich ist manch einer abgrundtief gelangweilt (so beichtet mir Exhorder z.B. aus lauter Frust seine geheime Liebe zu VIRGIN STEELE), aber der große Teil der Arena geht doch gut ab und feiert Power Metal Granaten wie „Rebel Inside“, „Riders Of The Storm“, „Templars Of Steel“, „Renegade“, „Let The Hammer Fall“ oder die ausführliche Zugabe „Hearts On Fire“ nach allen Regeln der Kunst ab.

Ungefähr eine Stunde nach Ende des Konzerts setzt dann auch der versprochene Regen ein und spült den leidgeprüften Camper ordentlich Wasser unter den Kiel. Zum Glück liegen Yvonne und ich zu diesem Zeitpunkt längst in unseren Kojen und haben ein Dach überm Kopf. [mh]


Samstag, 26.05.2007 – All Turns To Grey

Wie ein Damoklesschwert hängen düstere Wolken über unseren Köpfen an diesem zweiten Tag. Grau und trübe ist der Himmel, und es sieht aus, als würde er jeden Moment seine Schleusen öffnen und einen Nachschub an kühlen Nass spendieren. Dazu ist es unangenehm kalt geworden; die gute Stimmung des Vortages ist zweifellos gewichen. Trotzdem hat Thor ein Einsehen und spart sich seinen Zorn für den Abend auf... doch dazu später mehr.

Die ersten, die heute den Campern das Wasser aus den Knochen schütteln sollen, sind die Koblenzer METAL INQUISITOR; eine Band, für die das Wort „true“ noch eine Untertreibung darstellt. Das, was da aus der gigantischen Soundanlage schallt, ist reinrassiger, unverfälschter Edelstahl ohne jeden Hauch eines Trends oder gar modernen Einflusses, was natürlich zwangsläufig polarisiert. Die einen – unter anderem wir – schütteln verständnislos mit den Köpfen, die anderen feiern die Combo, als wäre der Höllenfürst persönlich für eine Stippvisite vorbeigekommen. Ungeachtet der Geschmacksfrage kann man aber sagen, dass die Band (speziell der schlaksige, rothaarige Fronter) bodenständig und sympathisch rüberkommt und sich ihren Applaus ohne Zweifel verdient hat. [mh]

MAROON haben mit den vorher aufspielenden Metal-Inquisitoren nicht viel gemeinsam, außer vielleicht die Gitarren. Musikalisch regiert hier jedoch die heftige Metalcore-Breitwand. Viele Besucher schauen sich das Spektakel auf der Bühne zwar eher skeptisch an, unmittelbar vor der Bühne mosht aber der Bär. Das liegt nicht nur an den knackigen Riffs und den genickbrechenden Breaks, die einem hier vor die Füße gekotzt werden, sondern bestimmt auch an den Entertainer-Qualitäten von Fronter Andre, der wild um sich spuckend und Sprüche klopfend seine Show abzieht. Mit einer noch derberen Coverversion des derben „Ausgebombt“ wird abschließend den Ruhrpott-Proll-Thrashern SODOM amtlich Tribut gezollt. [yb]

Anschließend gibt es dann Stoff für die Humppa Fraktion in Form von TURISAS, die das Publikum mit ihrem Battle Metal und äußert wildem Outfit erfreuen, und KORPIKLAANI, die zwar wie eine metallische Version von REDNEX aussehen, aber zum Glück nicht so klingen. Im Gegenteil, die Spaßmucke der Jungs geht deutlich fluffiger ins Ohr als die ihrer Vorgänger und setzt die Massen ganz schön in Bewegung. Dennoch lungern wir zu diesem Zeitpunkt deutlich öfter an den zahlreichen Bier- und Fressbuden rum, anstatt uns vor der Bühne die Hirse aus dem Kopf zu schunkeln....

...sind aber natürlich rechtzeitig zum Auftritt von ROSS THE BOSS wieder da, auf den zumindest ich mich tierisch gefreut hatte, nachdem MANOWAR auf ihrer Tour die Klassiker ja gleich im Dutzend ignorierten. Umso mehr geht mir dann natürlich einer bei der Setlist ab: „Manowar“! „Deah Tone“! „Shell Shock“! „Gloves Of Metal“! „Hail To England”! „Thor (The Powerhead)”! „Fighting The World”! Aaaaargh, wie geil ist das denn? Sänger Patrick von IVORY NIGHT kann zwar Eric Adams in keinster Weise das Wasser reichen, macht seine Sache aber überraschend gut und veredelt den gespielten Wahnsinn durchaus ansprechend. Bei „Hail And Kill“ bebt das komplette Theater, zu „Kill With Power“ setzt sich gar Rhino hinter das Drumkit, und mit einem großartigen Medley aus „Gates Of Valhalla“ und „Defender“ geht der Set leider viel zu früh zuende.
Ein Wort noch zu Ross Friedman: obwohl schon deutlich in die Jahre gekommen und auch mit dem einen oder anderen Kilo zuviel ausgestattet, lässt er seine Gitarre nach wie vor wie von einem anderen Stern singen und spielt Karl Logan vermutlich sogar im Tiefschlaf noch dreimal an die Wand. Ganz großartige Leistung von diesem Sympathikus; nicht auszudenken, was MANOWAR heute sein könnten, wenn er noch dabei wäre. Wie auch immer: ein super Gig, der auch entsprechend mit Applaus honoriert wird. MANOWAR play, ROSS THE BOSS kills! [mh]

Das erste Mal an diesem schönen Wochenende gibt es richtig schneidigen Deathmetal, und zwar in einer besonders brutalen Version aus Polen. Auf genau dieses saftige Stück Brutalität scheinen viele Festivalbesucher gewartet zu haben. So werden die Knüppelbarden von VADER nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Die Band selbst blastet sich fingerfertig durch ihr knapp einstündiges Set und sorgt für viele offen stehende Münder. [yb]

ARMORED SAINT kommen danach dermaßen gut an, das gibt’s gar nicht. Superfett, engagiert und mit einem extrem gut aufgelegten John Bush am Mikro wirbelt die Band das Theater im Handumdrehen durcheinander. Ich hätte nicht gedacht, dass das Publikum so textsicher and punktgenau agieren würde – anscheinend hat die Truppe trotz jahrelanger Veröffentlichungspause immer noch ein grandioses Standing. Egal ob „Long Before I Die“, „Last Train Home“, „Reign Of Fire”, „Lesson Well Learned” oder gar „Glory Hunter” – überall geht die Meute wie durchgeknallt ab und feiert eine ausgelassene Party. Das hier ist US Power Metal in Perfektion, das ist einfach nur klasse, das ist... ARMORED SAINT! Definitiv einer der besten Gigs des Wochenendes.

Dass es nun DEATH ANGEL nicht einfach haben würden, die Stimmung zu halten, ist wohl jedem im weiten Rund bewusst. Aber Pustekuchen, kaum erschallen die ersten Riffs, wird jeder Zweifler sofort Lügen gestraft. Das ist allerdings auch kein Wunder, denn Mark Oseguda und seine Sidekicks gehen ab wie Zäpfchen und feuern ihre Thrash Kracher mit einer beeindruckenden Tightness und Präzision in den durchdrehenden Pit. Ich lege mich jetzt mal fest und sage, dass dies die beste Show des ganzen Festivals ist. Wer bei „Thrown To The Wolves“, „Mistress Of Pain“, „Kill As One“ usw. nicht wie ein Bekloppter die Rübe schüttelt, ist wirklich selbst schuld. Schön auch, dass die Band mit „The Devil Incarnate“ und „Veil Of Deception“ zwei ruhige Stücke zum Entspannten einbaut. Das Ganze ist dermaßen intensiv, dass ich gar nicht mitbekomme, dass abseits des Zeltdaches längst ein heftiges Gewitter tobt, das die Tribünen nahezu leergefegt hat. So packend kann Thrash Metal sein! [mh]

Da hat wohl einer den guten Thor ein bisschen zuviel zum Wüten animiert. Das Festival hat sich während des DEATH ANGEL-Gigs zu einer ziemlich feuchten Angelegenheit entwickelt. Die meisten suchen Schutz unter dem Dach der Bühne, an Bierständen oder wahlweise auch in den Toiletten. Tapfer werfe ich ein blaues Regencape (ein echtes Haute Coiture-Stück mit stilechter Axt vorn drauf ) über, nehme nasse Turnschuhe in Kauf und stehe pünktlich zum Headliner AMON AMARTH wieder vor der Bühne. Der Großteil der anwesenden Fans tut es mir gleich, und als gegen Mitte des Sets der Regen aufhört, steht das ganze Amphitheater Kopf und reckt die Fäuste zum schwedischen Deathmetal, mit dem schon die alten Wikinger ihre Kreuzzüge musikalisch untermalten. Mit aufwändiger Bühnendeko, wärmenden Feuer-Effekten und ordentlich erhöhter Lautstärke verlagern die haarigen Schweden um Chef-Wikinger Johan Hegg das Grollen vom Himmel in die Boxen. Allmächtig dröhnende Hymnen wie „Death On Fire“ und „Pursuit Of The Vikings“ haben Groove und Met auf jeden Fall aus großen Hörnern getrunken und stimmen Thor vorerst wieder milde. [yb]


Sonntag, 27.05.2007 – Viva Emptiness

Unter strömenden Regen setzen wir uns am Sonntag Mittag wieder in Bewegung Richtung Festivalgelände. Das miese Wetter und wohl auch das – sagen wir mal suboptimale – Billing des heutigen Tages haben bei unserer Ankunft augenscheinlich dazu geführt, dass zumindest ein Teil des Publikums bereits das Weite gesucht hat. Die Tatsache, dass viele sich nur für den Samstag eine Tageskarte gesichert hatten, tut dabei natürlich sein übriges.

So haben nun SABATON die undankbare Aufgabe, als erste Band die Zuschauer wieder zu motivieren. Aber erstaunlicherweise haben die Schweden dabei überhaupt gar keine Probleme und rocken von der ersten Minute an das Haus. Logisch eigentlich, schließlich verfügen SABATON mit Joakim Broden über eine wirklich coolen Frontmann, der sowohl exzellent singen als auch die Meute mit seinen sympathischen Ansagen gefügig stimmen kann. Das „Noch ein Bier, noch zwei Bier“ Spielchen kenne ich zwar schon von der GRAVE DIGGER Tour, aber dennoch bleibt festzuhalten, dass der fette Power Metal des Haufens keine Gefangenen macht und sofort im Ohr kleben bleibt. Diese Band darf gerne wiederkommen! [mh]

Pünktlich zum Wachwerden folgt nun ein kleiner Ausflug in schmutzige Glam Rock Gefilde. HARDCORE SUPERSTAR wissen auf jeden Fall, was für ein gefährliches Bühnenoutfit und eine rockende Bühnenshow wichtig ist. Mit einem ordentlichen Schuss Dreck, Punk und Whiskey getränkt zieht die rotzige Mucke der Schweden das Publikum locker in ihren Bann. Mit weniger Wasser von oben täte das Ganze sicher mehr Spaß machen, die ersten Tänzer lassen sich aber dennoch nicht lange bitten. [yb]

Nun sollte eigentlich das Black Metal Kommando NAGLFAR spielen, jedoch verhindert ein Streik bei einer schwedischen Airline das rechtzeitige Eintreffen der Düsterlinge (was nicht wenigen Besuchern mehr als sauer aufstößt). Als Ersatz hat das Rock Hard Team zum Glück kurzfristig DEW-SCENTED verpflichten können, die mit ihrem derben Thrash Metal endgültig den letzten Langschläfer aufwecken und so richtig schön die Ohren frei pusten. Wer Rifforkane wie „Acts Of Rage“, „Bitter Conflict”, „Cities Of The Dead”, „Turn To Ash”, „Into The Arms Of Misery” oder „Soul Poison” kennt, weiß wovon ich rede. Die Band ist richtig gut drauf, und da Leif Jensen wie immer ziemlich lässig rüberkommt, kann man den Norddeutschen zweifellos einen gelungenen Auftritt attestieren, der den einen oder anderen Nackenwirbel ausgerenkt haben könnte. [mh]

Ein bisschen Doublebass im ICE-Tempo und kalte Gitarrenwände reichen also, damit die Sonne wieder rauskommt? DARK FUNERAL schaffen tatsächlich das Unmögliche und blasten die bösen Wolken einfach weg. Die durch den Ausfall von NAGLFAR einzig verbleibende Blackmetal-Kombo des Festivals wirkt mit ihrer obligatorischen Pandabär-Bemalung schon leicht exotisch und bei gleißendem Tageslicht auch leicht uninspirierend. Was im Dunkeln und bei entsprechender Lichtshow bestimmt eine apokalyptische Wirkung entfesselt hätte, ist bei freundlichem Sonnenschein leider nur ein deplaziert rüberkommendes Blast-Kommando. [yb]

Mit der Sonne kehr auch der Spaß ins Publikum zurück – und das sowohl vor, als auch auf der Bühne, wo TANKARD die Massen mit ihrem Alko-Thrash ordentlich in Bewegung versetzen. Speziell Frontberg Gerre hat mächtig Spaß inne Backen, wetzt ständig über die Bretter und entblößt zur Freude (teilweise aber auch zum Leid) vieler Anwesender des öfteren seine wirklich beeindruckend große Wampe. Yvonne ist das Ganze zwar zu stumpf und prollig (was natürlich auch stimmt), aber feiern kann man auf ruppige Versionen von „Zombie Attack“, „Chemical Invasion“, „Beermuda“, „Slipping From Reality“, „Die With A Beer In Your Hand“ oder „The Beauty And The Beast“ dennoch ausgezeichnet. Nicht umsonst dröhnen die einprägsamen Texte der abschließenden Klassiker „Freibier“ und „(Empty) Tankard“ noch Stunden nach dem Gig durch das Festivalgelände.

Was nun folgt, ist eine äußert zwiespältige Angelegenheit, denn was PAUL DI’ANNO und seine „Phantoms Of The Opera“ (ansonsten bekannt als RE-VISION) hier abliefern, ist äußert grenzwertig. Sicherlich macht es Spaß, die uralten IRON MAIDEN Schinken „Prowler“, „Remember Tomorrow“, „Running Free“, „Phantom Of The Opera“, „Transylvania”, „Strange World”, „Wrathchild”, „Murders In The Rue Morgue” und natürlich „Killers“ noch mal live zu hören, aber im Grunde genommen ist das hier eigentlich nichts weiter als ne durchschnittliche Covershow. Die RE-VISION Leute können nämlich weder in Sachen Ausstrahlung noch Technik mit dem Original mithalten, und Paule selbst ist wirklich nur noch ein alter, abgewrackter Alkoholiker / Junkie. Sympathisch zwar, aber halt total fertig. Es tut weh, das mit anzusehen, und seine unpassenden Growl Einlagen, die indiskutable schlechte Hardocre Version von „Sanctuary“ sowie die unverständlich gebrabbelten Ansagen mit sinnfreien Inhalten wie „Angela Merkel is a lesbian“ und „I’m going back home to see my kids... and my cocaine dealer“ machen es auch nicht gerade besser.
Zumindest die vorderen Ränge haben natürlich aufgrund der großartigen Songs trotzdem ihren Spaß, und auch das abschließende RAMONES Cover „Blitzkrieg Bop“ macht Laune, aber unterm Strich wäre ich doch froh, wenn ich PAUL DI’ANNO nicht mehr auf einem großen Festival sehen muss – und wenn schon, dann nicht so weit oben im Billing.

Nachdem wir dann aufgrund akutem Desinteresses – und auch, weil die Akkus nach den Anstrengungen des Wochenendes allmählich leer sind – die folgenden SPOCK’S BEARD sowie Schnäuzergott AXEL RUDI PELL verpassen, finde ich mich rechtzeitig zum Headliner THIN LIZZY wieder im Amphitherater ein. Wobei „rechtzeitig“ eigentlich nicht stimmt, denn leider leistet sich die Band eine übertrieben lange Umbaupause von einer ganzen Stunde, was sich dementsprechend auf die Setlist auswirkt, die arg gekürzt daherkommt, da um Punkt 01:00 unwiderruflich Schluss sein muss. Nach nicht mal 50 Minuten und dem großartigen „The Boys Are Back In Town“ ist daher auch schon Feierabend, lediglich „Rosalie“ und „Black Rose“ werden noch als Zugaben nachgeschoben. Dass es da natürlich reichlich Pfiffe und verärgerte Minen zu hören und sehen gibt, liegt auf der Hand – zumal sich ein ähnliches Szenario bereits letztes Jahr beim DIO Gig abgespielt hat. Dass man da sogar noch ein Drumsolo von Tommy Aldridge einbaut, spricht nicht gerade von Fingerspitzengefühl.
Sieht man von diesem Mankos ab, ist es aber eine richtig geile Show mit brillanten Hardrock Perlen der Marke „Jailbreak“, „Don’t Believe A Word“, „Waiting For An Alibi“, „Bad Reputation“, „Cowboy Song“ und „Cold Sweat“. Klar, Phil Lynott – dem der ganze Auftritt natürlich gewidmet wird – ist schon über 20 Jahre tot, aber der begnadete John Sykes und seine Mannen verwalten das Erbe ihres ehemaligen Frontmannes absolut würdig und bringen das weite Rund zum krönenden Abschluss noch mal richtig zum Kochen. Nur leider halt nicht lange genug. [mh]

Outro

Auch wenn das Billing wohl nicht ganz so großartig war wie in den vergangenen Jahren, moderner klingende Truppen oder Newcomer Bands nach wie vor eher Mangelware sind, dafür aber einige ausgebrannte Altmetaller an den Start durften (nun ja, dafür ist es eben ein hochgradig traditionell ausgerichtetes Festival), darf man das ROCK HARD FESTIVAL 2007 guten Gewissens als eine sehr gelungene Veranstaltung bezeichnen. Neben der überaus gut gewählten Lokalität und dem damit verbundenen tollen Ambiente wussten vor allem die positive Stimmung und nette Umgangsweise unter den Festival-Besuchern positiv aufzufallen. Die recht überschaubaren Besucherzahlen und die immer freundliche Security sind ebenso Pluspunkte wie halbwegs faire Getränke- und Essenspreise. Dafür dass das Wetter nicht immer so richtig gerockt hat, können die Veranstalter ja auch nichts. Also, rock on, ROCK HARD FESTIVAL! [yb]

Fotos von Yvonne

Bildergalerie

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