The Black Crusade Tour

The Black Crusade Tour

Arch EnemyDragonforceMachine HeadShadows FallTrivium
Köln, Palladium
01.12.2007
Intro

Das ist ja mal ein Package, für das es sich lohnt, einige Strapazen in Kauf zu nehmen. Lässt man mal die Fiedel-Gniedel-Poser DRAGONFORCE, die nicht wirklich hier rein passen wollen, außen vor, bietet das Programm der Black-Crusade-Tour wirklich rundum spannende musikalische Unterhaltung. Allen voran MACHINE HEAD, die zusammen mit den hochkarätigen Supports dafür gesorgt haben, dass das Kölner Palladium heute Abend ausverkauft ist.
Die tatsächlichen Strapazen im Vorfeld (und danach) übersteht man für das ultimative Live-Erlebnis mit tapfer zusammengebissenen Zähnen – seien es lange Anfahrtswege, Staus, Bierpreise für Besserverdiener oder auch der bereits bestätigte Fotopass, welcher der Fotografin dann doch nicht ausgehändigt wurde, was nahezu einem GAU gleichkommt. Doch da beißt man sich durch, guter Hoffnung, dass der Abend dann letztendlich doch zu dem erwarteten überwältigenden Erlebnis wird...


Dass dies der Fall wird, verhindert schon mal die enorme Anzahl der Besucher. Drängeln, schubsen, lange anstehen, nichts sehen. Nur von der dicht besetzten Empore gelingt es, mal eben rasch die beeindruckenden Dreads von SHADOWS FALL-Frontmann Brian Fair zu begutachten. Die wenigen Songs, die man von der ersten Band mitbekommt, kommen im druckvoll abgemischten Sound als belebender Arschtritt im Publikum an. Der Sound der Band aus Massachusetts, die als einer der Vorreiter des Metalcore gilt, klingt gar nicht mehr nach ebensolchem, sondern geht als moderne Thrash-Keule durch, die durch das markante Gebrüll und die gelegentlichen Clean Vocals des charismatischen Frontmanns belebt wird. Dennoch gibt es in dieser Richtung spannendere Bands... [yb]

Nach einer amtlich langen Umbaupause (wie übrigens bei allen Bands heute) wird das ARCH ENEMY Backdrop gehisst, und im Publikum bricht direkt eine gewisse Euphorie liegt. Ob’s daran liegt, dass Angela Gossow aus Köln kommt (und aufgrund des Verkehrschaos rund um die Mülheimer Brücke fast zu spät gekommen wäre), oder daran, dass die Schweden seit Jahren einfach ziemlich grandiose Alben veröffentlichen, sei mal dahingestellt. Jedenfalls ist sofort der Bär los, als die Truppe mit neu/alt-Mitglied Christopher Amott auf der Bühne steht und mit „Blood On Your Hands“ loslegt. Der Sound ist fett, die Gitarren rocken derbst, und die Kombination aus routinierten Posen und passablen Geröchel kommt ebenfalls gut rüber. „My Apocalypse“ walzt alles platt, „Nemesis“ wird kollektiv mitgegrölt und auch „We Will Rise“ macht natürlich keine Gefangenen. Anschließend setzt Michael Amott ein kurzes Instrumental an (Namen vergessen), und alle stimmen sich auf ein paar weitere, geile Songs ein. Aber denkste! Ende Gelände, nach viereinhalb Songs (!!!) geht die Band wieder von der Bühne, und die Roadcrew beginnt mit den Umbauten. Maximal ne halbe Stunde standen ARCH ENEMY auf der Bühne, und das ist gemessen an der Tatsache, dass nicht wenige im Publikum wegen ihnen gekommen waren, ein echter Witz!

Nachdem der erste Ärger mit einem Bier runtergespült ist, kommt für die halbe Halle direkt der nächste Schock, denn nun sind DRAGONFORCE an der Reihe. Und die sind dermaßen mighty, das gibt’s überhaupt gar nicht. Was speziell die beiden Gitarristen da veranstalten, ist kompletter Wahnsinn. Mit absolutem Hyperspeed und übertrieben-albernen Gepose, wobei mir da vor allem der zappelige Keyboarder extrem auf den Geist geht, ballern sich die verrückten Engländer, die eigentlich überhaupt nicht ins Billing passen, durch ihr ebenfalls recht knapp bemessenes Programm. Die meisten Leute sind aufgrund des massiven Gay-Faktors und der ewig langen Instrumentalpassagen hoffnungslos überfordert bzw. massiv gelangweilt, aber zumindest ich habe Spaß für zehn; vor allem, als der Keyboarder in bester MODERN TALKING Manier mit nem Umhängeboard nach vorne stürmt und zusammen mit den Gitarristen um die Wette post. That’s entertainment! Zugegeben, auf die Dauer wird das Gefrickel schon etwas anstrengend, und ne Headlinershow wäre vermutlich ne ziemlich Qual, aber in dieser Position machen DRAGONFORCE übelst Laune, erst recht, da sie mit dem abschließenden „Through The Fire And Flames“ einen echten Überhit im Gepäck haben.

Versöhnt werden die meisten Fans anschließend mit TRIVIUM, die anscheinend keine schlechten Shows spielen können. Und das liegt weniger an der überragenden technischen Leistung der Band (da gibt’s sicherlich noch Luft nach oben), sondern eher daran, dass bei den Amis nahezu jeder Songs voll ins Schwarze trifft. Aufgrund der geschätzten 45 Minuten Spielzeit muss der Knaller „Like Light To The Flies“ leider heute entfallen, dafür gibt’s mit dem ElCobra Fave „The Deceived“ und der neuen Single „Becoming The Dragon“ aber zwei Songs aufs Ohr, die ich bis jetzt noch nicht live von TRIVIUM gehört habe. Ansonsten ist alles beim alten: „To The Rats“, „Entrance Of The Conflagration, „Rain“ „Anthem“, „Gunshot“ und natürlich das unverzichtbare „Pull Harder“ killen wie immer und verwandeln die vorderen Reihen in wüste Circle Pits. TRIVIUM halt – hoch engagiert, sympathisch und professionell. Super! Ach ja: bin ich eigentlich der einzige, den Matt Heafy mittlerweile an einen jungen Dave Mustaine erinnert? [mh]

Endlich! Die Songs des letzten grandiosen MACHINE HEAD-Albums „The Blackening“ live erleben! Nach einer gefühlten Endlos-Umbaupause tun die Kalifornier einem auch gleich den Gefallen und stimmen den imposanten Opener „Clenching The Fists Of Dissent“ an. Die zehn Minuten dieses Stücks fühlen sich wie drei an; genau wie der nachfolgende Jahrhundertsong „Imperium“ in Sekunden vorbei zu fliegen scheint. Jetzt die Augen schließen und sich vorstellen, die Band spielt nur für einen alleine – nicht möglich. Zu groß ist der Andrang, die Bewegung und Begeisterung im Publikum.
Angestachelt von der Euphorie der Fans zeigt sich Robb Flynn nur allzu gesprächig und lässt sich häufiger zu einem herzlichen „Prost!“ hinreißen. Nicht selten wünscht man sich, der gute Herr würde auf die gängigen Standardphrasen zur Huldigung des Publikums, weitere ausufernde verbale Nichtigkeiten sowie zu lange Pausen zwischen den Stücken verzichten und stattdessen noch einen großartigen Song mehr unterbringen.
Das musikalisch Gebotene ist schon ein verdammt großes Kaliber: Neben den beiden monumentalen Einstiegsnackenbrechern begeistert nahezu alles mit technischer Perfektion und arschtretendem Sound, von den weiteren folgenden überlangen Epen „Halo“ und „Descent The Shades Of Night“ bis zu den alten Krachern „Old“ und „Davidian“.
Umso kälter fährt es einem in die Füße, als nach einer knappen Stunde ohne Zugabe der Ofen aus ist. Auch wenn der Abend bei einer solchen Fülle an Vorband schon mal sehr lang sein kann, erwartet man doch von einer Band wie MACHINE HEAD schon etwas mehr. Nach der Euphorie über die dargebotene Show eine herbe Enttäuschung. [yb]


Fazit

Ich bin mit sehr gemischten Gefühlen aus der Halle gegangen. Auf der einen Seite gab es heute fünf richtig geile Bands mit guten Sound- und Lichtverhältnissen zu sehen, auf der anderen Seite gab es aber auch ne ganze Menge Aktionen, die für einen enttäuschenden Gesamteindruck sprechen. Da wären natürlich in erster Linie die lachhaften, ja teilweise schon dreisten Spielzeiten zu nennen, aber auch die Merch Preise waren mit 30 Tacken für ein T-Shirt mal wieder im abgehobenem Bereich. Darüber hinaus hat sich das Palladium an diesem Abend mal wieder nicht mit Ruhm bekleckert. Die Location ist aufgrund der vielen Säulen einfach ungeeignet für richtig große Konzerte, die Bierpreise sind horrend hoch (2,70 Euro für ein 0,3er Pils) und der Laden war insgesamt auch einfach zu voll. Dazu kamen lange Wartezeiten an den Theken, eine absolut beschissene Garderoben- und Toilettensituation nach Konzertende (wir mussten bestimmt ne halbe Stunde anstehen) und unfreundliches Security Personal.

Dass wir aufgrund einen bekackten Staus in Köln (siehe oben) fast zu spät kamen, Yvonne aufgrund irgendeiner Schlamperei nicht ihren Fotopass bekam, es in Strömen regnete und auf dem Rückweg die A3 gesperrt war, was uns zu einem riesigen Umweg zwang, hat zwar nichts mit dem Konzert an sich zu tun, trübt die Erinnerung an diesen Abend aber natürlich zusätzlich.
So oder so – fast 40 Euro waren für das Gebotene deutlich zu viel. [mh]
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