Cannibal Corpse Dying Fetus Obscura & Evocation

Cannibal Corpse, Dying Fetus, Obscura & Evocation

Cannibal CorpseDying FetusEvocationObscura
Saarbrücken, Garage
05.10.2009
Es gibt Bands, die schaffen es in die großen Metal-Magazine. Zumindest eine andere hat es nicht nur dorthin geschafft, sondern auch in ein lokales Blättchen, die „Saarbrücker Zeitung“: CANNIBAL CORPSE. Kein Geheimnis, dass die Platte „Butchered At Birth“ beschlagnahmt wurde und zwei weitere Alben sowie zwei EPs auf den Index rückten. Kein Geheimnis, dass eine Saarländerin gegen die Amerikaner wetterte. Auch kein Geheimnis, dass sie das Quintett dadurch erst richtig berühmt machte. Trotz dieser bitteren Vergangenheit entschied sich die Band, gemeinsam mit DYING FETUS, OBSCURA und EVOCATION das Saarland mit einem Gig zu beehren.

Als ich gemeinsam mit meiner charmanten Begleitung die Halle betrete fallen mir zwei Dinge auf. Zum einen die wirklich fanfreundlichen Shirt-Preise, zum anderen die ziemlich leere Halle. Noch wenige Minuten vor Konzertbeginn ist der Platz vor der Bühne nur allzu übersichtlich.

EVOCATION starten ihren Gig mit zehnminütiger Verspätung und treten dem noch sehr abwesend wirkenden Publikum ordentlich in den Hintern. Ernten sie nach dem ersten Stück, „Silence Sleep“ noch zähen Applaus, so taut die Menge im Verlauf des Gigs nicht nur auf sondern wirft auch ihre anfängliche Kontaktscheu über Bord. Mit Ausnahme des „Tales From The Tomb“-Krachers „Feed The Fire“ spielt die Band ausschließlich Songs von der aktuellen Scheibe, die im Gegensatz zum Vorgänger eindeutig mehr Gas gibt. Die beiden letzten Stücke, „Tomorrow Has No Sunrise“ und „Razored To The Bone“ werden ordentlich gefeiert, bevor die Schweden nach 30 Minuten das Feld räumen müssen.

Was sehr schade ist. Aber wenn man den Platz in der ersten Reihe nicht verschenken will, muss man durch den Auftritt von OBSCURA durch. Blaues Licht, ein kurzes melodisches Intro… und dann so was. Welche Titel die einzelnen Stücke (wohlgemerkt Stücke – nicht Songs) tragen, vermochte ich leider nicht zu herauszufinden. Ich fasse den Gig mal so zusammen: fünfundzwanzig Minuten Gefrickel mit vereinzelten Melodien,einige gute Riffs, die nach 2 Sekunden kaputt gefiedelt werden und beim letzten Stück endlich mal eine Melodie, die den Weg zum Ohr findet („The Centric Flow“). Aber die rettet den meiner Meinung nach überflüssig wirkenden Gig nicht, die Jungs stehen gelangweilt bis scheintot auf der Bühne und frickeln sich in Extase. Natürlich beherrschen die Jungs ihre Instrumente von vorne bis hinten – aber mit Songwriting hat das Dargebotene nichts zu tun. Dennoch ernten sie verhältnismäßigen Applaus, der jedoch – oder bilde ich es mir nur ein? – gegen Ende der Show etwas abnimmt. Nach einer halben Stunde ist es überstanden und ich übergebe das Wort an den Death Metal-Experten an meiner Seite. [Alexandra Tausch]

Dass Technik mehr bedeutet, als aus dem Notenbaukasten tausend Teile aneinander zu reihen, beweist ein paar Minuten später das Trio DYING FETUS. Während die OBSCURA-Recken die Streber des Gitarrenkurses für Fortgeschrittene waren, haben die Amis auch beim Thema „Songwriting“ aufgepasst und wissen somit, wie man Riffs schreibt, die Arsch treten und den Term „Technischer DEATH Metal“ verdienen. Direkt mit dem „War Of Attrition“-Opener “Homicidal Retribution“ zeigt man, wie wichtig es ist, Technik in die Songs zu packen, und nicht umgekehrt: während der gesamten Spielzeit macht man Alarm für 10 und drückt dem dankbaren Publikum mit „Hits“ wie „Intentional Manslaughter“ und natürlich „One Shot One Kill“ ein ums andere Mal die Kauleiste nach innen. Sehr schön auch zu sehen, daß neben all der Technik (man schaue sich Sänger/Bassist Sean Beasley an!) auch die Spielfreude nicht zu kurz kommt. Für mich schon vor dem eigentlichen Headliner der Gewinner des Abends.

Seltsam, irgendwas fehlt! Grübele ich bereits den ganzen Abend über dieser Tatsache, fällt es mir endlich ein, als das Licht ausgeht und CANNIBAL CORPSE unter lautem Gejubel mit „Evisceration Plague“ in den Set einsteigen: Wo zum Teufel ist denn Christa Jenal abgeblieben? Will sie etwa nicht mit eigenen Augen sehen, wie die „amerikanischen Jugendverderber“ ihre Jünger mit fröhlichen Heimatmelodien der Marke „The Time To Kill Is Now“, „Sentenced To Burn“, „Evidence In The Furnace“ oder „Priest Of Sodom“ in den Wahnsinn treiben? Hat sie sich nicht immer schon danach gesehnt, einem lustig aufgelegten George „Corpsegrinder“ Fisher dabei zuzujubeln, wie er bei jungen und alten verdorbenen Seelen mit Weisen à la „Fucked With A Knife“ (das man netterweise den Frauen widmet), „Shattered Remains“, „I Cum Blood“ oder der biblischen Hymne „Hammer Smashed Face“ auf riesige Gegenliebe stößt?

Der Band aber scheinen solche Fragen egal zu sein. Man konzentriert sich eher auf die Instrumente, legt eine routinierte Show an den Tag, aus der am ehesten natürlich Fisher und Wunderbassist Alex Webster heraus ragen, und haut eine schön gemischte Setlist raus, die neben den bereits erwähnten Songs natürlich auch das unvermeidliche „A Skull Full Of Maggots“, „Stripped Raped And Strangled“ sowie den „Butchered At Birth“-Kracher „Vomit The Souls“ enthält.

Will man exzessives Stageacting, ist man mit anderen Bands wohl besser beraten. Steht man aber auf oldschooligen technischen Death Metal, leidenschaftlich von einer der besten Bands dieses Genres, dann hatte man auch an diesem Abend wieder seine helle Freude. Von daher noch einmal meinen Dank an Frau Jenal. Ohne sie hätte es diese Band wohl nie so weit gebracht! [mm]
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