Satyricon Shining Dark Fortress & Posthum

Satyricon, Shining, Dark Fortress & Posthum

Dark FortressPosthumSatyriconShining
Pratteln (CH), Z7
06.12.2009
Es ist Sonntag, der Sonntag, an dem der zottelige Alte was in die Stinkestiefel der kleinen Kinder, und auch in meine, steckt, und wir stehen einsam auf dem Bahnhof in Pratteln. Da wir nicht genau wissen, wo das Z7 nun eigentlich ist, fragen wir einen ebenso einsamen Mann. Seine Geste gen Horizont ist wortgewaltiger als seine Worte und hat so was von ihr-müsst-da-runter-bis-ans-Ende-der-Welt-aber-das-ist-ja-gleich-da-hinten!
Misstrauisch treten wir den Marsch an, um nach einer Viertelstunde erschöpft aufzugeben und umzudrehen. Wir nehmen dann doch lieber ein Taxi und sind in 5 Minuten, für schlappe 11 Franken, am Ort des Geschehens. Als wir vorfahren, drängelt sich bereits ein ansehnlicher Haufen Metaller bei ungemütlichem Dauernieselregen vor dem Eingang und bevor die Stimmung in Murren umschlägt, wird uns Einlass gewährt. Das Z7 sieht von außen ganz unscheinbar aus, entpuppt sich aber als riesige Halle, die äußerst gemütlich eingerichtet ist und für 1600 Mann Platz bietet. Ganz so viele sind dann heute doch nicht da, aber es herrscht angenehmes Gedränge und freudige Erwartung.

Zunächst betreten die Jungs von POSTHUM aus Norwegen die Bretter und bieten einen recht trägen Einstieg in diesen Knallerabend, der vom Publikum auch kaum wahrgenommen wird. Vor der Bühne gähnt ein riesiges Loch, welches ein paar Fans zu füllen suchen, und auf der Bühne herrscht Mikadostimmung: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Geboten wird hier Düstermetal, der ein paar schöne Grooves aufweist und ab dem dritten Song Fahrt aufnimmt. Sänger Jon belebt das Ganze mit seiner recht rotzig-dreckigen Stimme und gegen Ende lassen sich sogar manche Metaller dazu hinreißen, die Mähne kreisen zu lassen. Bei POSTHUM ist definitiv noch Luft nach oben! Die Ansätze Richtung Black Metal sind vielversprechend und wenn sich die Jungs darauf einigen könnten, ihren Bewegungsradius auf 10 cm pro Mann hochzuschrauben, könnte das direkt noch was werden. Die Frage, ob sie nun verunsichert sind, das Bühnenmikado ihrem nordischen Naturell entspricht oder sie schlicht keine Lust haben, bleibt jetzt mal unbeantwortet im Raum stehen.

Mit DARK FORTRESS betritt nun eine Band die Bühne, die in früheren Zeiten in meinen Augen und Ohren keine Gnade fand. Zu theatralisch im Auftreten und die Musik zu oft von anderen Bands gehört. Aber: Die Jungs haben mit dem neuen Material definitiv einen großen Schritt nach vorne gemacht und sich aus dem Schatten Anderer herausgearbeitet! Mit Songs der "Eidolon"-Scheibe können die Jungs das Publikum ebenso überzeugen wie mit dem neuen Material von der bald erscheinenden "Ylem"-Platte. Sänger Morean hat die übertriebenen Posen gegen Bescheidenere ausgetauscht und ist durchaus in der Lage, die anwesende Meute richtig mitzureißen.
Musikalisch gesehen gibt es hier sehr ansprechenden Black Metal auf die Lauscherchen, der mit seinem Geballer und dem verbalen Gekeife jedem Black Metaller zu neuer Blüte verhilft! Mal schleppend langsam mit gequälten Growls, mal schnelles Geballer, das dermaßen gut ins Ohr geht, dass eigentlich keiner im Publikum still steht. DARK FORTRESS sind für mich eindeutig die positive Überraschung des Abends und liefern ein absolut geniales Konzert ab.

Bevor nun die derzeit wohl skandalträchtigste Black Metal-Band in punkto Performance auf die Bühne kommt, wuseln alle Anwesenden zu einer der riesigen Bars und auch ich hole mir noch einen Fingerhut voll Diesel, oder das, was die Eidgenossen dafür halten, ab. Neidisch blicke ich auf die Hand meiner Begleiterin, die eine Whisky-Cola umfasst, welche die gleichen Ausmaße hat wie mein Mini-Diesel. Seufz.
Herr Kvarforth baut derweilen auf der Bühne schon mal seine eigene Minibar auf: Whisky, Rotwein, Wasser. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch keiner, dass diese Reserven bereits nach dem 6. Song vollkommen aufgebraucht sein werden. Mit angeklappten Ohren harrt das Publikum der Dinge und atmet förmlich auf, als sich Kvarforth zunächst recht handzahm zeigt. Mit Songs wie "Ytterligare Ett Steg Narmare Total Javla Utfrysning", "Lat Oss Ta Alt Fran Varandra" oder auch "Langtar Bort Fran Mitt Hjarta" haben SHINING das Publikum im Nu um den Finger gewickelt! Die Stimmung ist bombig und wird eigentlich nur von Kvarforths schwedische Hasstiraden gegen zwei Personen im Publikum gestört, die an diesem Abend aber die einzigen Aussetzer darstellen.
Die Anwesenden sind denn auch ziemlich zwischen Verachtung und Begeisterung hin und her gerissen; mal gibt es Buh-Rufe, nach jedem Song aber geradezu frenetischen Applaus. Im Laufe des Auftritts beruhigt sich der junge Mann am Mikro und jegliche Skandale bleiben aus, so dass man sich voll auf die Musik konzentrieren kann. Leider ist das Mikro so leise eingestellt, dass die gequält dahingehauchten Passagen vollkommen untergehen, was natürlich sehr unschön ist, ebenso unschön wie die eingespielten Keyboardpassagen, die dadurch vollkommen unecht wirken. Zum Schluss gibts noch als Schmankerl ein unveröffentlichtes Stück, dessen schwedischen Endlos-Titel ich jetzt nicht adäquat wiedergeben kann. Insgesamt gesehen ein genialer Auftritt, der zumindest meine Lieblingssongs "berücksichtigt" und von dem das gesamte Publikum lauthals begeistert ist!

Dass Satyr von SATYRICON 'ne olle Diva ist, wussten wir ja schon länger, dass er aber sein Publikum geschlagene 20 Minuten bei bereiteter Bühne warten lässt, ist auch mir neu. Leises Gemurre macht sich breit, dass aber sofort vergessen ist, als sich der Meister mit seinen Mannen, plus Tastenfrau, auf die Bühne stürzt und mit "With Ravenous Hunger" ansatzlos in die Vollen geht! Geboten werden hier nur die Filetstückchen der letzten Platten, angefangen bei "Now, Diabolical", "The Wolfpack", "Commando" über "Supersonic Journey", "Die By My Hand" bis hin zu "Forhekset" und "Mother North".
Wer jetzt erwartet, dass ich hier den absolut genialen Black'n'Roll-Sound von SATYRICON nochmals erläutere, wird wohl enttäuscht sein: Wer die Norweger nicht kennt, ist tot! Mehr gibt es da nicht zu sagen. Leider müssen wir, aufgrund diverser Umstände, viel zu früh dieses Knallerkonzert verlassen und schleichen traurig zum Bahnhof. Das letzte SATYRICON-Konzert in altem Gewand hätten wir schon ganz gerne komplett gesehen. Naja, in drei Jahren wollen sie ja wiederkommen....

Fazit: Der Abend war eindeutig mein persönliches Konzerthighlight des ausklingenden Jahres, der nur gute Bands im Gepäck hatte und nicht so genreübergreifend angelegt war, wie es neuerdings so üblich ist! Das Z7 ist eine sehr angenehme Lokalität, in der man von hektischer Organisation als Besucher so gar nichts mitbekommt: Alles ist auf den Punkt hergerichtet, die Barbedienung ist so freundlich wie sie sein sollte und alles läuft wie am Schnürchen. Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt in jedem Fall, auch wenn man sich erst ein wenig an die Bierpreise gewöhnen muss, die hier natürlich viel höher sind als in Deutschland. Für den Fall, dass mich mal wieder ein Nachtzug in die Schweiz bringt, schlage ich hier auf jeden Fall wieder auf!

Ein dickes Dankeschön geht an:

Stefan vom Z7 für die freundliche Rundumbetreuung.
Daniel Strub für die Fotos.

Bericht: Kirstin Scheidler
Bilder: Daniel Strub

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