3 Inches Of Blood Goatwhore Angelus Apatrida & Havok

3 Inches Of Blood, Goatwhore, Angelus Apatrida & Havok

3 Inches Of BloodAngelus ApatridaGoatwhoreHavok
Essen, Turock
05.05.2012
Bei einem Tourauftakt kann schon mal das eine oder andere nicht wie geplant laufen. Wenn zum Beispiel Teile des Gepäcks einer Band erst mit satter Verspätung eintreffen, so dass sich das allgemeine Eintreffen beim ersten Konzertort verzögert und nicht allzu lange vor dem Öffnen der Türen noch Instrumente und zahlreiche vollgepackte Merchkisten den Großteil des Zuschauerraums wie eine Lagerhalle aussehen lassen. Aber selbst wenn am ersten Tag noch nicht jeder Handgriff wie von selbst läuft, reicht bei tourerfahrenen Bands die Zeitspanne eines kleinen Interviews und alles ist an seinem Platz.

Das gilt erfreulicherweise auch für eine ansehnliche Zahl an Thrashern, die bei den eröffnenden HAVOK nicht erst warmlaufen müssen, sondern ebenso wie die Band sofort auf Touren sind. Die amerikanischen Zottel sind musikalisch aber auch einfach zu schnittig und mitreißend, um schlecht ankommen zu können, obwohl trotz dem gut gesetzten Schwerpunkt auf Lieder des letztjährigen Albums das Mitsingen sich meist auf ein paar Worte im Refrain beschränkt, weil Riffs und Silben den Zuschauern nur so um die Ohren fliegen. Kurz bevor sich die Menge vollends in einen dem Auftritt der Band vergleichbaren Rausch steigern kann, heißt es dann leider „Time Is Up“, aber es wird sicher keine „Fatal Intervention“ nötig sein, damit HAVOK nochmal den Weg in unsere Gefilde antreten. Besser kann man kaum an- und einheizen!

Auf zu den nächsten Zotteln, ANGELUS APATRIDA, die just vor Beginn der Tour ihr neues Album veröffentlicht haben, das in der Bandheimat sogar für Chartfurore gesorgt hat. Und wenn man sich die erste Reihe so anschaut, könnte es demnächst auch bei uns deutlich bergauf gehen für die Spanier, denn dort tummelt sich ein deutscher Fanclub der Band, dessen Mitglieder es sich neben Bangen und Mitsingen vor allem zur Aufgabe gemacht zu haben scheinen, Sänger Guillermo und seine Mannen immer mit ausreichend Bier zu versorgen. Bei einem solchen Service hätte ich wahrscheinlich auch so unbesiegbar gute Laune wie das Quartett sie verbreitet. Etwas gewagt ist einzig der Einstieg mit dem gleichzeitig wohl bekanntesten wie mitmachkompatibelsten Lied „You Are Next“, weil man danach kaum noch höheren Publikumseinsatz erzielen kann, hochklassig und gut unterhalten fühlt man sich aber von Anfang bis Ende.

Das sieht bei GOATWHORE leider ein wenig anders aus, die an einem so ausgelassenen Abend mit fröhlichen Gesichtern allerorten allerdings auch ein bisschen Pech haben, weil ihr angeschwärztes Gezömmel samt dem eher bierernsten als –seligen Posing und Aufzug kaum dauerhaft den richtigen Ton treffen kann. Man braucht etwas Zeit, um sich auf die Amerikaner einzustellen, nur um dann wenig später das Gefühl aufkommen zu spüren, dass sich das finstere Gewirbel schon wieder etwas abnutzt. Bevor ich mich jedoch in einem Anflug von Größenwahn zur alleinigen Meinungshoheit aufschwinge, muss ich ihnen attestieren, dass GOATWHORE das, was sie machen, gut verstehen und zumindest einen ansehnlichen Teil der Zuschauer zum Faust recken und Moshen animieren und die Spaltung des Publikums nicht ganz so auffällig ist wie vor drei Jahren an gleicher Stelle.

Eben ist Cam Pipes noch am Merchstand rumgesprungen und hat versucht zu erklären, warum für die 3 INCHES OF BLOOD Jutebeutel erstaunliche zehn Euro aufgerufen werden, jetzt steht er schon auf der Showbühne und hat im Handstreich das Publikum erobert. Dazu ist noch nicht mal ein flotter Spruch oder ein übertriebenes Lob nötig - „Bestes Publikum der ganzen Tour“ hätte am Eröffnungsabend allerdings Charme gehabt –, es reicht schlicht die Setlist, denn nach dem eröffnenden „Metal Woman“ wird gleich der größte Kracher in Form von „Deadly Sinners“ ausgepackt und jeder ist für den Rest des Abends auf Angriffs-Heavy Metal eingenordet. Auch Neuzugang Byron Stroud am Bass scheint sich in diesem hingebungsreichen Umfeld pudelwohl zu fühlen – Metal mit Herz ist eben doch etwas anderes als Maschinenmusik. Von den neuen Liedern überzeugt „4000 Torches“ am meisten, weil es live unglaublich davon profitiert, dass mitgesungen werden kann und wird, bei den alten sticht neben „Deadly Sinners“ „Revenge Is A Vulture“ heraus, aber man darf die Setlist gut und gerne als ausfallfrei einordnen und die Kanadier nach einigen Jahren harter Arbeit als dazu in der Lage, eine solche Tour verdient, würdig und erstklassig anzuführen.
Long live heavy metal? Long live 3 INCHES OF BLOOD!

Verbindlichsten Dank für die Bilder an Daniel Horlbogen von live-frenzy.de, wo es noch viel mehr davon gibt!

Bildergalerie

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