Meshuggah Decapitated & C.B. Murdoc

Meshuggah, Decapitated & C.B. Murdoc

C.B MurdocDecapitatedMeshuggah
Köln, Essigfabrik
13.12.2012
Für alle Freunde des verkopften Gitarrenfetischismus gab es ein wunderbares Livepaket zu bestaunen. Synapsenverdrehung im abendfüllenden Format heißt es, wenn sich eine progressive, staunend machende Soundmacht, ein technisch präzises polnisches Abrisskommando und eine Bande verrückter Schweden zusammen tun, um in der Kölner Essigfabrik die Bühne einzureißen.

Anspruchsvolles metallisches Musikgut scheint sich im Land des Rheins größter Beliebtheit zu erfreuen. Das zeigt nicht nur das kürzlich einmal wieder sehr erfolgreich stattgefundene Euroblast-Festival, sondern auch die prall gefüllte Essigfabrik. Dazu kommt, dass MESHUGGAH ein höchst seltener Anblick auf deutschen Clubbühnen sind. Dementsprechend wird die Ausnahmeband auch abgefeiert wie der große Erlöser.

Erst einmal gilt es jedoch, sich dem Vorprogramm zu widmen, und das eröffnen die schrägen Skandinavier C.B MURDOC. Hier ein bisschen Death, dort ein wenig Thrash, alles ohne klares Profil zusammen gesemmelt – eine Schublade gibt es für den Höllenlärm, der hier veranstaltet wird, nicht. Außerdem zieht die Band das bittere Support-Los: Die zwei Drumsets der nachfolgenden Bands stehen bereits auf der Bühne, so dass es für die Schweden um den rasenden Frontmann Johan nur minimalen Bewegungsspielraum gibt. Im Gegenteil – es wird sogar richtig eng, da man sogar einen (im Soundmatsch akustisch unhörbar werdenden) Keyboarder mit sich führt. Der proppere, vollbärtige Johan verleiht seinem Freiheitsdrang Luft und springt beherzt in den Fotograben, um das Publikum mit Handschlag (oder Kopfnuss) zu begrüßen. Ähnlich stiefmütterlich wird mit der Abmischung des Sounds verfahren. Die Synthies sind kaum zu hören, und auch der Rest versinkt im Soundmatsch. Trotz aller Widrigkeiten behält die Band ihre Spielwut und sorgt für einmaliges Anarcho-Entertainment.

Das Problem mit dem Soundmatsch bessert sich zusehends, als die polnische Deathmetal-Macht DECAPITATED die Bühne betritt. Technisch anspruchsvoll, aber gewaltig druckvoll hagelt ein Riffmassaker nach dem anderen auf das Publikum ein. Angeführt wird das Abräumkommando von dem charismatischen Frontmann Rafal, der die fingerdicken Dreadlocks eindrucksvoll kreisen lässt und auch sonst auf der Bühne äußerst als nimmermüder Kampfkoloss präsentiert. Die tödlichen Brüder im Geiste MESHUGGAHs musizieren auf einem schwindelerregenden Level, das durch den modifizierten Bühnenaufbau, den optimierten Sound und die kraftvolle Präsenz der Musiker wirksam unterstrichen wird.

Kurz vor dem Auftritt der Helden des Abends erstrahlt die Bühne in komplett neuem Glanz: MESHUGGAH schleppen gewaltige, wunderschön anzusehende Backdrops mit sich herum, die das karge Umfeld der Essigfabrik (Man beachte die potthässliche Decke auf den Fotos...Anm. d. Verf.) optisch gut aufzupeppen wissen. Von der musikalischen Darbietung schaffen sie aber noch lange nicht abzulenken. Dafür sind die gewaltigen Riffteppiche der Schweden einfach zu mächtig. Von der ersten Sekunde an schwelgen die Fans im unnahbaren und zugleich hypnotisierenden MESHUGGAH-Universum. Durch seine Monotonie weiß die von Chef-Riffzauberer Fredrik Thordendal und Wunder-Schlagwerker Tomas Haake getragene, unverkennbare Tonkunst in ihren Bann zu ziehen. Das Publikum groovt und bangt sich regelrecht in Trance. Frontmann Jens Kidman zelebriert weiterhin seine eigenwillige Bühnenperformance, während die anderen Bandmitglieder völlig in ihrer Musik zu schwelgen scheinen.

Während es natürlich wunderbare Liveversionen der „Koloss“-Songs auf die Ohren gibt, kommt der Rest der MESHUGGAH-Diskografie auch zu seinen Ehren. Vor allem die Klassiker „New Millenium Cyanide Christ“, „Rational Gaze“ und das als Zugabe präsentierte „Future Breed Machine“ sorgen für frenetischen Jubel bei den Fans. Die musikalische Präsenz und das Charisma dieser Band scheinen an diesem, die Tour abschließenden, Abend geradezu magisch. Alte wie neue Stücke funktionieren im Zusammenspiel und als einzelne Werke kaum emotional, aber einschneidend und zeitlos. Ein zweifellos in Erinnerung bleibendes Schaustück faszinierender, technisch brillanter harter Gitarrenmusik.

Setlist

Demiurge
Pravus
Combustion
Glints Collide
Lethargica
Do Not Look Down
The Hurt That Finds You First
In Death – Is Life
In Death – Is Death
Bleed
New Millenium Cyanide Christ
I Am Colossus
Rational Gaze

Future Breed Machine
Dancers To A Discordant System

Fotos von Yvonne

Bildergalerie

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