Kings of Black Metal 2013

Kings of Black Metal 2013

ArchgoatCarpathian ForestHades AlmightyHornaKommandantNocturnal DepressionProclamationRagnarokSargeistSvarttjernTrollTsjuder
Alsfeld, Stadthalle
20.04.2013
Es ist wieder einmal so weit. Die Tage sind inzwischen deutlich länger geworden, die Nächte weitgehend frostfrei und Büsche und Bäume tragen einen zarten grünen Flor. Was gibt es Schöneres, dieses Wiedererwachen der Natur damit zu feiern, die Tore der Hölle zu öffnen und einen ganzen Tag lang ein Panorama aller Spielarten schwarzer und satanischer Klangkunst zu genießen? Nichts. Ganz besonders nicht, wenn dazu noch Bier gereicht wird! Und so fallen auch 2013 finstere Horden im beschaulichen hessischen Alsfeld ein, um zu bewundern, was Veranstalter Burning Stage für ein Paket geschnürt hat.

Und da Alsfeld bekanntlich nicht eben der Nabel der Welt ist, muss man teils von weit her anreisen, was zur Folge hat, dass wir von den US-Amerikanern KOMMANDANT gar nichts mehr mitbekommen. Wir betreten die Stadthalle zur Mittagszeit und staunen nicht schlecht, welche Massen sich dort bereits drängeln und dem Auftritt von SVARTTJERN zuschauen. Auf der Bühne post und kreischt ein finster dreinblickender HansFyrste, der uns am Abend noch einmal über den Weg laufen wird und es gibt keinen Zweifel: Noch vor 14 Uhr ist die Action im vollen Gange. Ob das ausschließlich an der Musik von SVARTTJERN liegt, ist fraglich, denn abgesehen von solidem Black Metal norwegischer Schule bekommt man hier nichts Weltbewegendes geboten. Das Publikum ist guter Stimmung und ich sorge mich ein wenig davor, was dieser Tag noch bringen wird, so voll wie es in der Halle bereits ist.

Die Verwunderung wird nicht weniger, als es zum nächsten Act kommt. Anscheinend bin ich nicht der Einzige, der sich schon seit Langem darauf freut, SARGEIST endlich einmal live zu sehen. Und als die Finnen loslegen, ist die Halle proppenvoll und heiß, wie sonst erst zu vorgerückter Stunde. Es ist eine undankbare Position, wenn man um halb drei loslegen muss. Und nicht nur, weil es draußen noch hell ist, sondern vor allem, weil man vom Soundtechniker eher stiefmütterlich behandelt wird. Und trotz grandioser Nummern wie „Black Fucking Murder“ oder „Let the Devil In“ entwickeln SARGEIST nicht ihr volles Potenzial, da der Sound teils unterirdisch ist. Die Instrumente verlieren sich in einem Brei und werden von total übereffektierten Vocals erdrückt. Ärgerlich, denn diese Band ist gut und man sieht sie hierzulande nicht aller Tage.

Mit dem Auftritt von PROCLAMATION relativiert sich der Eindruck in der Halle ein wenig, da auf einmal nur noch etwa ein Viertel der Zuschauer bereit sind, sich den lärmigen War Metal der Spanier anzutun. Ein paar eingefleischte Fans haben sie vor der Bühne, den Ehrenpreis für die übertriebenste Spike- und Kettendeko bekommen sie allemal, aber mir erschließt sich diese Band nach wie vor nicht. Es gibt sehr basslastig und stumpf was auf die Rübe, aber gute Musik hört sich doch anders an. Egal, PROCLAMATION haben ihren Unterhaltungswert und das reicht mir fürs Erste.

NOCTURNAL DEPRESSION waren mit immer ein wenig suspekt. Warum, kann ich gar nicht so richtig sagen. Die Halle hat sich wieder deutlich gefüllt, nicht wenige Zuschauer haben ein klares Interesse an der Band, deren Auftritt ordentliche Momente hat, aber dann auch wieder vor stereotypen Depri-BM-Elementen trieft. Nichts, was ich mir komplett geben muss und so geht es nach draußen zu den deutlich erweiterten Sitzgelegenheiten, die dankbar vom Publikum angenommen werden. So lange die Temperaturen einigermaßen verträglich sind, kann man inzwischen richtig gut Zeit in dieser Location verbringen.

Meine persönliche Überraschung des Tages folgt nun mit HADES (ALMIGHTY), die zumindest was Veröffentlichungen angeht, lange weg vom Fenster waren. Doch die Norweger setzen innerhalb des übermäßig truen Line-Ups einen schönen Kontrapunkt und bieten spannenden und abwechslungsreichen Black Metal mit leicht progressivem Beiklang. Dazu haben sie eine gute Bühnenpräsenz, was insgesamt dazu führt, dass mir das Set viel zu kurz vorkommt und ich mir vornehme, mich mit dieser Band noch einmal intensiver zu beschäftigen.

Es folgt ein weiterer Publikumsliebling, mit dem ich auf dem PSOA 2012 jedoch nicht so richtig warm geworden bin. Aber ich habe mir fest vorgenommen, dem finnischen Urgestein ARCHGOAT jenseits von sonnigem Festivalgelände und Kater noch einmal eine Chance zu geben. Und auf einer mittelgroßen Bühne in verdunkelter Halle wirken die Erzziegen auch direkt eine ganze Nummer besser. Dicke Freunde werden wir aber nach diesem Auftritt immer noch nicht. Hier gibt es ganz derben und simplen Black Metal mit ultratiefen Vocals, der sehr leidenschaftlich umgesetzt wird. Aber nach einem Set von 45 Minuten haben ich das Gefühl, jeden Song mindestens zwei Mal gehört zu haben. Vielen gefällts, ich finde es ganz unterhaltsam, aber auf Dauer zu einfach gestrickt und zu monoton.

Irgendwann muss der Mensch essen und so machen wir uns auf zu einer der benachbarten Pizzerien, um mitten im Set von TROLL wieder in der Halle zu sein. Ein ungewohnter Anblick: Man sieht einen Keyboarder auf der Bühne. Und wenn die Gitarrenfraktion statt einer BC Rich Warbird eine waschechte Les Paul spielt, dass darf man davon ausgehen, dass es sich auch um ganz andere Musik handelt. TROLL wirken im Kontrast zu den Vorgängern geradezu sphärisch und spielen ein routiniertes und ordentliches Set, zumindest soweit wir das mit vollen Mägen noch mitbekommen.

HansFyrste entert nun wieder die Bühne, um mit seiner Zweitband RAGNAROK die wieder gut gefüllte Halle zu unterhalten. Und das gelingt den Norwegern auch. Abgesehen davon, dass ich mich immer wieder freue, den würfelförmigsten Gitarristen der gesamten Black Metal-Szene zu bestaunen, sind die Norweger eine richtig gute und passionierte Liveband, was die teilweise Durchschnittlichkeit des dargebotenen Materials wieder wettmacht. Auch wenn das aktuelle Album wenig begeistert, live kommen RAGNAROK noch eine ganze Nummer besser rüber und sie bekommen entsprechende Reaktionen seitens des Publikums.

Und nun folgt endlich eines der absoluten Highlights: HORNA sind mit ihrem taufrischen Album nach Deutschland gekommen und Shatraug darf nach seinem Set mit SARGEIST zum zweiten Mal die Bühne betreten. Da zum Abend hin der Sound auch deutlich besser geworden ist, steht einem erstklassigen Auftritt nichts im Wege. Die Finnen sind leidenschaftlich bei der Sache und spielen einen gute Mischung aus ihrem überbordenden Katalog. Mit Spellgoth haben sie dabei einen überzeugenden und charismatischen Frontmann an Bord. Und am Ende kann ich zufrieden festhalten, dass alle Erwartungen erfüllt wurden. HORNA sind eine hervorragende Band, die live mit ihrem altmodischen und schnörkellosen Sound voll überzeugen kann.

Nachdem sie bereits im letzten Jahr einen bejubelten Auftritt in Alsfeld absolvieren durften, wurden TSJUDER kurzerhand wieder gebucht, um noch einmal ein paar Minuten drauf zu legen. Man darf die Organisatoren des Festivals zu dieser Entscheidung beglückwünschen, denn was nun folgt, ist ganz große Kunst. Es gibt Norwegens metallischen Kulturexport Nummer 1 in Bestform. TSJUDER sind wohl eine der begnadetesten Bands des Genres. Und dazu muss man festhalten, dass das Trio in diesem Fall ohne seinen Originalgitarristen Draugluin auftreten muss und sich dafür Verstärkung von den Landsleuten 1349 geholt hat. Dies hat allerdings keinerlei negativen Effekt und das begeisterte Publikum bekommt ein rasantes und leidenschaftliches Set geboten, das keine Wünsche offen lässt. Als dann nach einer guten Stunde „Sacrifice“ von BATHORY angestimmt wird, ist klar, dass auch das schönste Konzert einmal zu Ende gehen muss.

Nach inzwischen fast elf Stunden in der Halle voller Musik und Bier sind wir derart abgekämpft, dass wir dem Ruf der Natur folgen – schweren Herzens – und das Set von CARPATHIAN FOREST dem übermächtigen Schlafbedürfnis opfern. Letztlich ist der Umfang, den das Kings of Black Metal bietet, schon fast zu viel, um alles zu sehen, so interessant das Programm auch sein mag. Organisatorisch gibt es wenig zu bemängeln. Die Luft in der Halle könnte besser sein, das Thekenpersonal im Außenbereich war teils schwer überfordert, aber das alles ist problemlos zu verschmerzen. Nach meinem inzwischen fünften Besuch in Folge ist das Festival zu einem festen Bestandteil der Jahresplanung geworden und die Dichte an hochwertigen Bands ist ungebrochen. Und schon beginnt die Vorfreud auf die ebenso gut besetzte Satans Convention und die Frage, wen wir 2014 in Alsfeld sehen dürfen.
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