Watain Degial Venenum

Watain, Degial, Venenum

DegialVenenumWatain
München, Backstage
21.03.2014
Das Warten der WATAIN-Jünger hat ein Ende. Die wilde Jagd in Deutschland steht endlich an und in München findet schließlich der Auftakt statt, mit eher todesmetallischer Unterstützung. Nachdem der VVK-Preis für die Tickets der auf ursprünglich letztes Jahr datierten Tour um gut 10 Euro gesunken ist, wurde das Konzert in die kleinere Halle des Backstage gelegt. "Nanu", wundere ich mich da, WATAIN würden das Werk nebenan sicherlich auch gut füllen können, aber vielleicht war das einer der Haken, wieso letztlich die Tour verschoben wurde. Jedenfalls pilgern Hunderte bei herrlichem Wetter nach München, um sich die spannende Frage beantworten zu lassen, was vom neuen Material - und vor allem wie - umgesetzt wird.

Den Anfang nehmen VENENUM, ein heißer Geheimtipp aus deutschen Landen. Das Quartett hat dabei gerade mal die Hälfte der beschaulichen Bühne zur Verfügung, weil, wie erwartet könnte ich sagen, im Hintergrund schon Krempel en masse von WATAIN zu erahnen ist. Die giftgrün beleuchtete Bühne wird in dichten Nebel gehüllt und mit einem Mördergroove, der eine interessante Schnittmenge aus ASPHYX und DISMEMBER bietet, werden die Leute immer dichter vor die Bühne gezogen. Die Setlist besteht aus dem relativ stur runtergezockten, selbstbetitelten Minialbum. Ansprachen ans Publikum Fehlanzeige, auch der Bewegungsradius ist stark eingeschränkt. Doch mit einem unheimlich tighten Sound und souveräner Attitüde nutzen sie ihren Underdogflair gut aus. Bei so manchem Langhaargeschöpf wird da definitiv Interesse geweckt.
[mbo]

Die Jungs von VENENUM haben erst eine EP veröffentlicht und sind schon im Vorprogramm der ganz Großen mit dabei. Das nenne ich mal eine steile Karriere. Als ich mir die Band im Vorfeld angehört habe, war mir sofort klar, dass sie mit Fug und Recht auf dieser Bühne stehen dürfen. Die ersten Minuten des Liveauftritts geben mir schließlich Recht. Die Menge ist noch überschaubar, denn dieser Geheimtipp scheint noch nicht bei allen angekommen zu sein. Der Sound übermannt mich fast, so brutal und fies schallt es aus den Boxen. Ich kann meinem Kollegen nur Recht geben, dass ASPHYX und DISMEMBER einen großen Bestandteil der Musik ausmachen. Man könnte sicher noch viel mehr heraus hören, wenn man denn wollte. Ich für meinen Teil will einfach nur diese verflucht geile Show genießen, die ohne jedes Gelaber auskommt. Auf die Bühne gehen, mit verzogenem Gesicht die Setlist runterspielen, und wieder abhauen. Quasi die Oberpfälzer Art des Black Metal, da bin ich dabei.

DEGIAL kommen auf die Bühne. Mit dabei ist H. Death, ehemaliges WATAIN Mitglied. Was soll da schon schief gehen. Musikalisch liefern die Schweden eine solide Darbietung, auch wenn das gewisse Quäntchen fehlt. Da hat mir ihre Vorband schon besser gefallen. Aber was soll's, die Halle füllt sich langsam, wobei zum ersten mal diese typische Black Metal Atmosphäre entsteht. Ein Raum voller schwarzer Haare und schwarzer Bärte. Da hat sogar die ansonsten eher nichtssagende Musik von DEGIAL ihren Reiz. Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie kann man die Anspannung direkt spüren. Als würde sich langsam aber sicher ein schwarzer Vorhang über die anwesenden Personen legen, der den Höhepunkt des Abends darstellen wird.
[ms]

Mit DEGIAL erwartet das Münchner Publikum so etwas wie die Minions von WATAIN. Aus dem gleichen Umfeld stammen sie, mit ähnlich mystischer Symbolik hantieren sie, aber meiner Meinung nach sind sie musikalisch wesentlich uninteressanter. Das bestätigt sich auch live. Obwohl einige Nummern gierige Riffs in petto haben und einen guten geschwärzten Death-Drive haben, reisst die Performance nicht durchgehend mit. Wie schon der Opener heute üben sie sich nicht gerade im Party machen mit dem Publikum. Anfangs wirken sie noch enthusiastisch, aber mit zunehmender Dauer entsteht der Eindruck, als hätten sie gar keinen Bock. So richtig will das Publikum sich auch nicht zergehen lassen. Da heißt es, Füße still halten und Geduld beweisen...

Lange Umbaupause, dichtes Gedränge, modriger Geruch, der von der Bühne dringt. Der schwarze Vorhang fällt, die fackeltragenden Musiker entern die Bühne. WATAIN machen sich startklar und fegen dann auch gleich mit den Nackenbrechern „De Profundis“ und „Malfeitor“ durch die Halle. Danach setzt es erst einmal „klassische" WATAIN-Songs – immerhin sind das mittlerweile zu Gassenhauern gereifte Hits. Ob nun das mit obligatorischem Blutkelch begossene „The Devil's Blood“, das epische „Legions Of The Black Light“ oder das neue „Sleepless Evil“ - die Fans würdigen jede der Nummern mit großer Intensivität. Nur das beinahe belanglos wirkende "Black Flames March" ist für mich und auch einige Umstehende annähernd am Durchhänger. Der geifernde Giftzwerg Erik ist unterdessen wie besessen, fuchtelt, torkelt, tänzelt wie eine Schlange um den Mikroständer und steigert die Bühnenpräsenz in ekstatische Höhen. Etwas enttäuschend wirkt Gitarrist Set heute, der anscheinend erst wieder den Rhythmus finden muss – in den USA war er zuvor nicht mit von der Partie, ebenso wie Bassist A. (Für ihn musste Erik dort auch live in die Saiten hauen.) Nachdem die Band gute 90 Minuten Vollgas gegeben hat und im Anschluss an „The Wild Hunt“ schon die Bühne verlässt, macht sich das nicht gerade an große Spielfreude gewöhnte BM-Herz auf ein kurzes Finale gefasst. Da kommen die Herrschaften zurück und zerlegen in aller Endgültigkeit die schnaufende Schar im Saal. Mit der Höllenausgeburt „Outlaw“ kommt die erste Zugabe und die Münchner ziehen den neuen Song in sich rein wie Schwämme, die schon seit August vergangenen Jahres gierig darauf warten. Schließlich erklingt neben dem hymnenartigen "Sworn To The Dark" und "Holocaust Dawn" ihr, meiner Meinung nach, großes Opus: „Waters Of Ain“ wird heute ohne einen zusätzlichen dritten Gitarristen gespielt und wieder fallen mir eine handvoll Spielfehler von Set auf, die die Solipassagen natürlich etwas zermürben.
[mbo]

Gespannt stehe ich mit meiner Kamera direkt vor der Bühne. Ich blicke nach vorne, und sehe erst einmal nur einen schwarzen Vorhang, und zwar für eine verdammt lange Zeit. Irgendwie war das schon vorher klar, dass sich die Meister der schwarzen Magie besonders viel Zeit lassen würden, und irgendwie bin ich ihnen auch gar nicht böse dafür. Wie kann man nur mit einer solchen Arroganz davon kommen? Der Vorhang öffnet sich und ich bemerke, dass es ihre theatralische Show ist, kombiniert mit ihren mehr als brillanten Liedern, die ihnen fast alles durchgehen lässt. Fackeln halten Einzug auf der Bühne und das WATAIN Logo brennt lichterloh. Ich rieche Weihrauch und kann mich fast nicht mehr halten, als die ersten Takte von „Night Vision“ angestimmt werden. Das ist die pure Gänsehaut, die mir den Rücken runter läuft. Die restlichen Lieder des Set lesen sich wie ein Gedicht. Dazu diese mehr als geile Show von Frontmann Erik, der wie vom Satan besessen über die Bühne flitzt. Da stimmt einfach alles, bis.....ja, genau, bis auf das Gitarrenspiel. Ein Fehler hier und ein Ausrutscher dort, das summiert sich natürlich. Wer auch nur mit einem einzigen Ohr den vollen Genuss der Musik inhalieren will, merkt sofort, dass da nicht alles korrekt läuft. Da bin ich dann froh, dass sie meinen persönlichen Liebling „Reaping Death“ nicht spielen, das wäre in diesem Format nicht sonderlich gut angekommen. Doch was solls, wegen so etwas soll man sich nicht die Show ruinieren lassen, und solange es das einzige Manko ist, ist ja auch alles okay. Der Kritiker in mir hat nun seinen Senf zum Besten gegeben, während der Metalfan in mir einfach nur mit Begeisterung sagen kann: Geil wars.
[ms]

Setlist WATAIN:
Night Vision
De Profundis
Malfeitor
Black Flames March
Puzzles of Flesh
Devils Blood
Sleepless Evil
Legions of Black Light
Total Funeral
The Wild Hunt
Zugabe:
Outlaw
Sworn to the Dark
Holocaust Dawn
Waters of Ain

Fazit: Mit einem zweistündigen energiegeladenen Gig mit allem Drum und Dran erfüllen WATAIN alle Erwartungen. Ich wäre zwar wirklich wirklich neugierig gewesen, wie ein „They Rode On“ live ziehen würde, aber offensichtlich trauen WATAIN das einem Live-Publikum bzw. sich selbst (noch) nicht zu. Gemeinsam mit nicht mehr als solide zockenden Supportbands war es jedenfalls ein heißer Tanz im Backstage. [mbo]

Bildergalerie

-