Black 'n' Thrash Inferno Germany

Black 'n' Thrash Inferno Germany

AngantyrDarkmoon WarriorDarknessForgotten TombIn Weak LightsMgłaMor DagorMortal StrikeTulsadoomUrfaustWarhammerWitchburnerWortmordWrack
Essen, Zeche Carl
28.03.2014

Freitag

Es hat nicht lange gedauert, bis das Black’n’Thrash Inferno über seine Heimat Wien hinausgewachsen ist und den Weg in die deutsche Wiege des Thrash gefunden hat, Altenessen. Im Gegensatz zur folgenden Aggropackung lebt der Wettergott seine Wut heute, wie einst von Berti Vogts empfohlen, zu Hause aus und empfängt uns mit einem strahlenden Essen. Verbesserungswürdig ist hingegen vorerst die Zuschauerzahl, denn trotz der moderaten Startzeit 18:30 herrscht in der Zeche Carl anfangs noch gähnende Leere, was auch daran liegt, dass einiges Kuttenvolk lieber noch ein Bier in der untergehenden Sonne auf dem Parkplatz trinkt oder sich an den Merchständen umsieht, statt sich das komplette Programm zu geben.

Viele werden der Meinung sein, bei IN WEAK LIGHTS nicht allzu viel zu verpassen, und musikalisch muss man ihnen nicht wirklich widersprechen, denn Augen öffnende Ecken und Kanten fehlen dem Melodic Death der jungen Truppe aus der Nachbarschaft noch. Andererseits sind, zumindest in diesem Jahrtausend, noch keine genreverändernden Meister vom Himmel gefallen und weder am Auftritt noch am Auftreten der sympathischen Band gibt es viel auszusetzen: Die Abstimmung passt, die Gitarristen (mit angemessen nach Nahkampfwaffen aussehenden, spitzen Gitarren, yeah!) unterhalten mit kleinen Showeinlagen und Frontmann Joshua bemüht sich erfolgreich, Präsenz zu zeigen, selbst wenn seiner Stimme (heute) noch das letzte Bisschen fehlt. Absolut in Ordnung gehende Geschichte.

Dass die Österreicher ein besonderes Metalvölkchen sind, ist nicht wirklich ein Geheimnis, aber kurz nachdem MORTAL STRIKE beim Betreten der Bühne mit ihrer Tarngesichtsbemalung noch für eine Mischung aus Grinsen und Kopfschütteln gesorgt haben, ist auch schon Schluss mit lustig, denn der Wiener Panzerthrash fegt mit mitreißender Wucht durch die Zeche. Das Rezept ist nicht sonderlich kompliziert, aber die Kuttenträger landen mit ihrer Paarung aus brachialer Angriffslust und einfach aufzunehmenden Refrains einen Volltreffer nach dem anderen. Das davon ausgelöste Beben ist wegen der weiterhin überschaubaren Menge nicht gewaltig, doch bei jedem Lied werden es mehr Mitsänger, die die KREATOR-Schlagseite (im KREATOR-Heimathafen) anstachelt - Aggression ist schließlich nicht nur die Passion des munteren Fronthünen Matthias und seiner Mannen. Der im Vergleich zur „Unleash The Hounds Of War“ EP deutlich bessere Livesound ist ein willkommener Bonus, doch so oder so sind MORTAL STRIKE die Band des Tages, die mit Fug und Recht eine Flagge auf der Bühne schwenken darf. Nachdem im abschließenden, ziemlich bierseligen „Jetzt geht’s rund“ noch „Raining Blood“ und „Pleasure To Kill“ Tribut gezollt wurde, bleibt mir nichts anderes übrig, als vor MORTAL STRIKE den Helm zu ziehen für diese ansteckende Vorstellung.

Abgesehen vom frisch zur Band gestoßenen, blutjungen Frontmann Ricardo versammeln sich bei WORTMORD Veteranen bekannterer Bands, namentlich der ehemalige SODOM Gitarrist Peppi (alias Grave Violator), SAVAGE CIRCUS Gitarrist Toto und die KNAPPEN Schiri am Bass & Stefan am Schlagzeug. Das lockt naturgemäß mehr Einheimische von der Theke vor die Bühne, die für ihre Aufmerksamkeit von einer enorm einsatzfreudigen Band belohnt werden. Im munteren Wechsel spielen sich dabei besonders der blankbrüstige Schiri und Peppi die Posingbälle zu, eine unterhaltsame Schau. Musikalisch fehlt es dem Quintett bei der Livepremiere der neuen Besetzung dagegen noch an der Feinabstimmung, was sich darin äußert, dass die Rädchen nicht immer flüssig ineinander greifen und die Musik davon ab und an in Richtung der Grenze zwischen Musik und Lärm getrieben wird. Der Stimmung schadet das erstaunlich wenig und das Publikum sollte damit auf der richtigen Fährte sein, denn die Schwächen von WORTMORD heute sind nicht struktureller Natur, sondern werden mit weiteren gemeinsamen Auftritten (höchstwahrscheinlich) verschwinden. Dabei darf das Mikro von Ricardo im Vergleich zu seinen Bandkollegen in Zukunft gerne etwas lauter eingestellt werden.

Wer sich bei der ersten österreichischen Band des Tages über die Bemalung amüsiert hat, kippt bei TULSADOOM aus den Latschen, denn die Wiener Barbaren tragen Lederrüstungen und Felle auf, als wären wir in einem Conan-Re-Enactment Lager gelandet, abgesehen vielleicht von den Leggings… Für Essen ist das offensichtlich etwas zu dick aufgetragen, wenn man einen Blick in die deutlich ausgedünnten Reihen wirft. Man mag es den Leuten nicht wirklich verdenken, denn abseits der sympathischen Konsequenz bei den Outfits und den von Stierschädeln gekrönten Feldbannern können TULSADOOM nur mittelprächtig überzeugen, weil die Musik längst nicht so originell wirkt wie das Drumherum. Das liegt vor allem daran, dass bis zuletzt rätselhaft bleibt, ob die Barbaren Spaß oder Ernst machen wollen. Anschaulich illustriert wird das von der Diskrepanz zwischen dem (sensationellen!) „Barbarian Beer Attack“-Shirt samt Barbarian Beer-Bügelflasche und der ziemlich konsequenten Musik, die wenig Raum für Augenzwinkern lässt.

Fehlende Konsequenz nicht vorwerfen kann man, erwartungsgemäß, den folgenden WITCHBURNER, die im heimischen Fulda eine Art Gegenentwurf zu ihren Stadtkollegen EDGUY sind, die Spaßpolizei zur Space Police sozusagen. Ohne Schonung für Mensch und Material wird losgeaxt und gebangt, was der Nacken hergibt, da lassen sich auch die Essener nicht zweimal bitten und eröffnen einen kleinen, aber feinen Pit. Um mit dem zerschnetzelnden Inferno an den Instrumenten auf Augenhöhe mithalten zu können, würden (Nicht-mehr-ganz-so-) Neu-Frontmann Pino zwar ein paar Dezibel mehr nicht schaden, aber was ihm an akustischer Durchsetzungskraft von der Anlage verwehrt bleibt, macht der Sänger mit Mimik und Stageacting an der Grenze zum rasenden Wahnsinn locker wett. Speziell Ur-WITCHBURNER Simon möchte den Spaß aber nicht allein Pino überlassen und zieht mit einer am Bühnenrand auf Knien vorgetragenen Bangeinlage ein sehr sehenswertes Register, für das er hoffentlich nicht nur von mir die gebührende Anerkennung erhält. Griffig, scharfkantig, WITCHBURNER!

Anders sieht das bei den kurzfristig für ASSASSIN eingesprungenen WARHAMMER aus, die im Gegensatz zu ihren unmittelbaren Vorthrashern keine Klingen ins Feld führen, sondern auf den Kriegshammer und finstere Augenbemalung setzen. Mit zahllosen Nieten, Patronen und handlangen Nägeln gespickt sieht das so brachial aus wie es klingt, zumal Frontmann Volker als erster und einziger Sänger des Abends mit seinem besessenen Blick und der Dämonenkralle einen Hauch von echter Gefahr verströmt. Während die ersten Reihen sich von diesem Bollwerk durchaus unterhalten zeigen, lässt mich das Wirken von WARHAMMER einigermaßen ratlos zurück, weil die Kombination aus grob walzender Keule und bis ins Mark reichender Ernsthaftigkeit ein arg stumpfes Gesamtbild ergibt, das fehlende Reizpunkte mit Parolen zu überspielen versucht. Auf die „Total Maniac“-Zeile „If you don’t get it, get the fuck out of my face!“ bleibt mir daher nur eine Antwort: Gerne!

Vor den abschließenden DARKNESS sind Kollege Krause und ich nicht sicher, was von der im letzten Jahr an den Saiten mit KREATOR Bassist Speesy und den Gitarristen Bony (JAKA) und Meik runderneuerten Band zu erwarten ist, aber jegliche Fragezeichen werden von den Altenessenern schnell in Ausrufezeichen verwandelt. Anders ausgedrückt: Das Heimspiel ist ein Kantersieg. Angeführt von dem sehr agilen, bestens aufgelegten Sänger Arnd legt das Quintett einen funkensprühenden Vollgasauftritt hin. Dabei nutzt Arnd den Raum, den die mehr auf ihr Spiel als ihren Bewegungsradius bedachten drei Bandneulinge ihm großzügig überlassen, in voller Bühnenbreite und –tiefe. Erstaunlich, was das Ablegen der Gitarre für eine Energie freisetzen kann. Kampflos überlassen seine Mitstreiter ihm letztlich aber doch nicht die Bühne und ausgerechnet Grindjoker Bony zeigt, dass in ihm ein echter Thrasher steckt, der dringend öfter rausgelassen werden sollte, während Speesy lächelnd die Graue Eminenz gibt. Die rundum gelungene, launige Show wird vom Publikum lautstark gefeiert und sorgt für einen erstklassigen Abschluss des thrashigen ersten Tages. Hass ist vielleicht der neue Motor von DARKNESS, aber das Benzin dazu ist der good old friendly violent fun. Überraschend bärenstark.

[mba], inkl. der Fotos vom Freitag.

Samstag

Tag zwei beginnt wieder mit einer langen Anfahrt bei schönstem Wetter. Aber was tut man nicht alles, wenn einem die Gelegenheit gegeben wird, Bands sehen und hören zu dürfen, die nicht alle Tage in der eigenen Nachbarschaft spielen? Bei der Ankunft zeigt schon der Parkplatz der Zeche, dass Black Metal in Altenessen inzwischen eine höhere Publikumsgunst zu genießen scheint als Thrash mit Lokalkolorit. Bereits um 18 Uhr genießt eine nicht unbeträchtliche Zahl Besucher die warme Frühlingssonne in den Anlagen um die Zeche herum und dem Hof vor der Halle. Das sieht ganz danach aus, als ob es voller werden dürfte.

Pünktlich geht es mit WRACK los, einer Band aus Bochum, die soliden und einigermaßen abwechslunsgreichen Black Metal ohne Firlefanz spielt. Auch ohne das Material zu kennen, lässt sich die Veranstaltung mit dieser Band gut an. Der Sound ist ordentlich und die vier Herren auf der Bühne bieten ein schlüssiges und kurzweiliges Set, das entsprechend vom Publikum aufgenommen wird. Vor der Bühne ist es nach wenigen Minuten bereits so voll wie am Vorabend zur Prime Time.

Auch wenn der Abend in musikalischer Hinsicht mit einer kleinen und angenehmen Überraschung begann, darf man nicht davon ausgehen, dass es unentwegt so weitergehen wird. DARKMOON WARRIOR, eine in der Szene inzwischen altgediente Band mit bald 20 Jahren Geschichte, vermögen es nicht, das zu erfüllen, was so lange Erfahrung und Releases bei einem attraktiven Label versprechen. Von Beginn an wird voll aufs Gaspedal gedrückt. An sich keine schlechte Angelegenheit, doch auf Dauer recht eindimensional. Für ein paar Stücke ist das Geballer der Brandenburger ganz akzeptabel, aber dann war's das auch. Ich hatte auf ein wenig mehr gehofft, aber diese Band hinterlässt keinerlei bleibenden Eindruck.

Voll auf die zwölf können auch andere, zum Beispiel die mies gelaunten Herren von MOR DAGOR. Abgesehen von einigen Peinlichkeiten während des Sets, womit vor allem das Waffengepose inklusive Schusswaffengebrauch [!] von Sänger Schmied gemeint ist, macht sich der Frontalangriff des Essener besser als die Darbietung der Vorgänger. Bei MOR DAGOR sind deutliche Tendenzen in Richtung Death Metal zu hören, was bisweilen an AZARATH oder auch BEHEMOTH erinnert. Leider scheint das Material, aus dem sich das Set zusammensetzt, ein wenig zu sehr nach ein und demselben Strickmuster zu funktionieren, sodass sich schnell der Eindruck breitmacht, etwas sehr ähnliches eben schon mal gehört zu haben. Das technische Niveau und der gelungene Gesamtsound machen den Auftritt von MOR DAGOR aber dennoch ansprechend, wenngleich klar ist, dass die wahren Highlights noch ausstehen.

Wenig ist so zuverlässig wie die dänische Wikingertruppe ANGANTYR. Egal, ob man das Material kennt, die Herren sind live äußerst routiniert und schaffen es immer wieder, das Publikum mit feinsten skandinavischem Schwarzmetall zu unterhalten. Allerdings stellt sich die Frage, wo der zweite Gitarrist abgeblieben ist, der sonst immer Teil der Livebesetzung war. Doch auch als Trio entfachen ANGANTYR einen nordischen Sturmwind. Bassist Vrede ist wieder einmal in Hochform, vielleicht wird ihm irgendwann einmal eine Dozentenstelle für wahres schwarzmetallisches Stageacting angeboten – verdient hätte er es. Nur macht sich bei diesem Set erstmals bemerkbar, dass der Sound an diesem Samstag nicht mit der Qualität des Vorabends mithalten kann. Dafür, dass hier nur eine Gitarre abzumischen ist, klingt das komplette Set von ANGANTRYR extrem breiig. Schade, denn so bleibt auch beim bislang besten Auftritt dieses Abends ein fahler Beigeschmack hängen und eine solch mangelhafte tontechnische Unterstützung haben die Dänen nicht verdient.

Die Publikumsreaktionen zeigen deutlich: Die Headlinerzeit ist angebrochen! Wenn URFAUST sich über die Grenze bewegen, ist ihnen gewiss, auf eine hungrige und hingebungsvolle Meute zu stoßen. Die beiden Exzentriker aus den Niederlanden sorgen schon beim Soundcheck dafür, dass eine deutliche Weihrauchnote in der Luft die passende Raumatmosphäre schafft und als das Set dann mit dem obligatorischen „Die kalte Teufelsfaust‟ eröffnet wird, ist alles gut. URFAUST machen das, was sie immer machen, sie sind sie selbst und verzaubern die Zeche mit ihrem verschrobenen und theatralischen Black Doom. Jede einzelne Nummer ist ein Volltreffer, dabei zeigt Drummer Vrdrbr wieder einmal, wie man als Schlagzeuger mit maximalem Körpereinsatz eine Bühne regieren kann, während IX sich wie immer am Rande bewegt und voll in Musik und Gesang aufgeht. Und so sicher wie das Geschehen auf sind auch die Reaktionen vor der Bühne. Die Zuschauer sind begeistert und freuen sich über einen durchweg gelungenen Auftritt von URFAUST, der zwar wenig Neues bietet, aber dafür eindrucksvoll zeigt, wie hoch der Standard dieser beiden Herren ist.

Mit allergrößter Spannung warten wir auf MGŁA. Wenn man als Band eines der besten Black Metal Alben der letzten Jahre im Gepäck hat, dann ist das keine Kleinigkeit. Wenn man sich dazu live in hiesigen Breitengraden extrem rar gemacht hat, dann erhöht das den Druck im Kessel noch zusätzlich. Im Studio sind die Polen eine absolute Macht und haben mit „With Hearts Toward None‟ definiert, wie ein perfekt geschmiedetes Stück schwarzen Stahls heutzutage zu klingen hat. Ob sie dieses Niveau auch live halten können, hängt dabei nicht nur von ihnen ab. Mit ihrem minimalistischen Bühnenoutfit (schwarze Lederjacke, schwarze Kapuze, schwarz verhängte Gesichter) und dem kaum vorhandenen Stageacting wirken sie vor der ausschließlich von hinten beleuchteten Bühne wie monolithische Schatten, die jenseits allen irdischen Geschehens stehen. Doch die banalen Alltagssorgen holen das Set in Form von Soundproblemen ein. Der Bass ist übermäßig dominant im Mix und dröhnt dabei bisweilen so ungesund, als würde sich der Amp verabschieden. Insgesamt ist die Technik aber noch akzeptabel, wenngleich der sehr differenzierte Sound der zwei Gitarren nach mehr Klarheit schreit. Beim Material merkt man den Schritt deutlich, den MGŁA mit ihrem letzten Album gemacht haben, die Songs von „With Hearts Toward None‟ stechen deutlich hervor und auch die Publikumsreaktionen zeigen, wie sehr die Anwesenden das Material zu schätzen wissen. Es wird gejubelt, die Matten kreisen und bei einer solchen Ausnahmeband kann auch ein mittelprächtiger Sound das Set nicht rouinieren.

Der Abend ist inzwischen weit fortgeschritten. So weit, dass die Heimreise angetreten werden muss, denn der Weg zu heimischen Bett erfordert noch einige Stunden Bahnfahrt. Das führt dazu, dass die Italiener FORGOTTEN TOMB ohne uns spielen müssen. Die Veranstalter haben mit diesem Headliner einen schönen und eigenständigen Kontrapunkt zu den vorangegangenen Bands gesetzt. Überhaupt gestaltete sich dieser Abend sehr abwechslungsreich. Wenn auch nicht alles, was geboten wurde, Gold war, so ist es gelungen, Black Metal in seinen vielen verschiedenen Facetten zu präsentieren. Die Gesamtveranstaltung ist letztlich sehr interessant ausgefallen, wenngleich der zweite Abend im Schnitt musikalisch hochwertiger und besser besetzt war. Wir dürfen also gespannt sein, was eine mögliche 2015er Auflage bringen mag.

An dieser Stelle danke ich aus vollem Herzen Adrian, bekannt unter dem Namen Nekrographie, der uns wieder einmal mit seinen tollen Bildern von der Black Night versorgt hat. Cheers! [ak]

Bildergalerie

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