Portrait - Crossroads

Portrait - Crossroads
Heavy Metal
erschienen am 25.04.2014 bei Metal Blade Records
dauert 42:49 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Liberation
2. At The Ghost Gate
3. We Were Not Alone
4. In Time
5. Black Easter
6. Ageless Rites
7. Our Roads Must Never Cross
8. Lily

Die Bloodchamber meint:

Vorsichtige Skepsis beschreibt wohl am besten, wie ich mich der neuen PORTRAIT beim ersten Mal genähert habe, nachdem die Brüder im unheiligem Metalgeiste, IN SOLITUDE, sich zuletzt anderen Gefilden genähert haben und „Crossroads“ ein Albumtitel mit reichlich Deutungspotential ist. Aber es ist nicht nur alles erlaubt im Krieg und in der Liebe, PORTRAIT machen auch weiterhin schneidigen Heavy Metal, der ein latentes Gefühl aufziehender Gefahr mit einer erfrischend altertümlichen Auffassung dessen verbindet, was Heavy Metal ausmacht. Dennoch gibt es eine deutliche Entwicklung seit „Crimen Laesae Majestatis Divinae“, die weniger mit den Besetzungswechseln an einer Gitarre und dem Bass sowie der überraschend modernen Entscheidung von Frontmann Per (ehemals Karlsson, jetzt Lengstedt) zu tun hat, nach der Hochzeit den Nachnamen seiner Frau anzunehmen, als mit den Findungsprozessen, in denen sich PORTRAIT immer noch befanden, wenn nicht sogar weiterhin befinden. „Crossroads“ ist zwar das dritte Album der Band, außer Drummer Anders Persson und Gitarrist Christian Lindell war aber niemand an allen dreien beteiligt.

Und wie äußert sich nun diese Entwicklung? Obwohl die Schweden vorher absolut keine Stümper waren, wirkt „Crossroads“ wesentlich musikalischer: Wo vor gut zwei Jahren noch Peitschen wie „Beast Of Fire“ knallten, deren eruptive Aggression einerseits bestechend war, andererseits aber nie ganz in Einklang mit dem Gesamtbild PORTRAIT zu bringen war, findet die Band heute elegantere Mittel und Wege, um ebenso starke Emotionen zu äußern und zu wecken. Meist liegt das an den Gitarren, in Form von Zwischenspielen oder Übergängen; dass Per sein glühendes Inquisitoreisen von Stimme nicht mehr dermaßen in die Innereien des Hörers stößt und in den höchsten Höhen eine Dringlichkeitsstufe zurückschaltet, begünstigt das harmonischere Bild ebenfalls.

Während der Teufel auf der linken Schulter nun sagt, dass die gesangliche Harmonisierung ein Albumzugeständnis an die Liveumsetzbarkeit ist, weist der Teufel auf der rechten Schulter zurecht darauf hin, dass PORTRAIT trotzdem nichts von ihrer Aura verloren haben und auf lange Sicht von dem mit „Crossroads“ eingeschlagenen Weg profitieren werden. Sie können weiterhin gefährlich („Our Roads Must Never Cross“) und mysteriös („At The Ghost Gate“) sein, bewahren stets Würde & Ernst und zeigen doch inmitten des selbsterzeugten dunklen Strudels bisweilen eine sehr angenehme neue Lockerheit („We Were Not Alone“, „In Time“), die dafür sorgt, dass die gut 40 Minuten nicht wie eine große Dämonenanrufung in acht Kapiteln erscheint. Am Ende stellt sich „Crossroads“ deshalb nicht als Wegscheide dar, sondern als Krampflöser, und könnte in die Geschichte der Band eingehen als das Album, auf dem sie sich schließlich freigespielt hat. Die Band scheint es ähnlich zu sehen, wenn man sich den Namen des Intros anschaut.
Selbst wenn ich den direkten Vorgänger minimal besser sehe, ist das hier ein ganz starkes Stück, von dem hoffentlich mindestens die erwähnten Lieder zukünftige Setlists schmücken werden. Danke, PORTRAIT!
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