Immortal - All Shall Fall

Immortal - All Shall Fall
Epic Black Metal
erschienen am 25.09.2009 bei Nuclear Blast
dauert 40:12 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. All Shall Fall
2. The Rise Of Darkness
3. Hordes To War
4. Norden On Fire
5. Arctic Swarm
6. Mount North
7. Unearthly Kingdom

Die Bloodchamber meint:

IMMORTAL sind zurück, 2003 aufs sprichwörtliche Eis gelegt, 2006 wieder aufgetaut und nun haben sie sieben Jahre nach dem letzten Album „Sons of northern darkness“ mal wieder ein Album veröffentlicht. IMMORTAL bestehen immer noch aus Abbath als Hauptsongwriter, Sänger und Gitarrist, Horgh an der Schießbude und Demonaz im Hintergrund als Verfasser der Texte. Neu ist Apollyon am Vierseiter.

Nicht wirklich neu ist Nuclear Blast als Label der Norweger. Bei den Donzdorfern erschien schon „Sons of northern darkness“, mit dessen Erfolg die Plattenfirma zu ihrer damaligen Größe vollständig überfordert war. Ein Teil der Vorbesteller, wie ich, bekam damals zwar die CD mitsamt Booklet ausgeliefert, auf ihr prangte aber ein „For promotional use only – not for sale“ Schriftzug. Auch die auf 1000 Exemplare limitierte Version zwischen den Metallplatten war schon vor dem Veröffentlichungstermin ausverkauft. So kam es 2005 zu einer Deluxe-Edition mit Bonus-DVD und 2007 zu einer vierfachen LP Box.

2009 ist Nuclear Blast nun um einiges gewachsen und bietet „All Shall Fall“ gleich in fünf Versionen an. Es gibt die normale CD, das Digipack, die 180 g Vinylpressung, die Vinyl Picture Disc und die wiederum auf 1000 Exemplare limitierte Box, die aber mit 90€ kräftig die Geldbörse leer saugt. Dazu kann man sich dann noch komplett mit „All Shall Fall“ Merchandise von Kaffetasse über Mütze bis zum T-Shirt eindecken.

Im Mittelpunkt sollte aber auch 2009 die Musik stehen, es fällt aber schwer, vorurteilsfrei an „All shall fall“ heranzugehen, bei dem Backkatalog, den IMMORTAL vorweisen können. Im Laufe der Bandgeschichte haben sich Abbath und Demonaz nie wirklich wiederholt, eine (Weiter-)Entwicklung war stets zu bemerken, doch jetzt ist es plötzlich anders, „Arctic Swarm“ könnte beispielsweise auch aus der Songwritingphase zu „Sons of northern darkness“ stammen, hätte es aber aufgrund fehlenden „Hitpotentials“ nie auf den Longplayer geschafft.

„All shall fall“ rauscht die ersten drei oder vier Male nur so durch die Gehörgänge, wird nicht greifbar und bleibt nicht hängen. Mit dem Titeltrack, „Norden on fire“ und dem endenden „Unearthly Kingdom“ bilden sich im Laufe der Zeit die drei starken Songs heraus. Clever über das Album verteilt bringen sie IMMORTALs Stärke zur Geltung, getragene und atmosphärische Songs schreiben und umsetzen zu können. Doch bis auf diese drei Songs gibt es für den Anspruch, den man an IMMORTAL hat und den IMMORTAL auch an sich haben sollten, nur Durchschnittsware. Diese Durchschnittsware ist aber locker noch über dem großen Einheitsbrei, der wöchentlich die Ohren der Bloodchamber Redakteure quält.

Unterm Strich bleibt „All shall fall“ für mich als Fan der Band eine Enttäuschung, auch wenn man versucht, es möglichst neutral anzugehen, hat man sich doch etwas mehr erhofft als letztendlich bekommen. IMMORTAL können es besser und so wird dieses Album hoffentlich durch die nächste Veröffentlichung nur noch als Randnotiz im Backkatalog zur Kenntnis genommen werden.

Noch was, lasst bitte die Finger vom Digipack. Es lässt sich zwar schön in der Mitte aufklappen, ist aber schief geklebt und steckt in einem viel zu kleinen Plastikschuber, den man nur mit viel Gewalt herunter- bzw. heraufbekommt. Nach drei Versuchen gibt es erste Spuren am Digipack, aber ohne den Schuber lässt es sich nicht vernünftig zuklappen.

Die Bloodchamber meint außerdem:

Wie von Björn bereits angedeutet, haben Nuclear Blast bei „All Shall Fall“ ihrer Phantasie in puncto Editionsoverkill mal wieder freien Lauf gelassen, was – wie schon bei DIMMU BORGIR – entweder nach absolutem Ausverkauf oder eben nach absolutem Bandsupport aussieht. Der praktische Musikliebhaber indes weiß seit längerem: Wer einmal zu einem Fünffach-Klappkreuz-Digi mit Gatefold (CD-Gatefold!) gegriffen hat, wird sich aufgrund der unausweichlichen Querelen fürderhin fein säuberlich mit der normalen Verpackung bescheiden – Metallerhände sind für derlei Falt- und Bastelorgien einfach nicht geschaffen. Da die Musik nach dem Willen des Infernalischen zumeist identisch ist, widmen wir uns nun ganz zwanglos dem relevanten Teil der Rezension.

Um es kurz zu machen: IMMORTAL haben mit ihrer neuesten Veröffentlichung genau das Werk geschaffen, welches ich mir als Nicht-unbedingt-Fan nach dem grandiosen Abbath-Soloausflug mit I erträumt habe. „All Shall Fall“ ist eine Scheibe, die den jüngeren Trademarks der Hauptband die Gänsehaut-Epik des Nebenprojektes beibringt und jeglichen aktuellen Entwicklungen (auch im BM-Bereich) freundlich die Tür weist, ohne darüber in der Stagnation zu versacken.
Schon der Opener zeigt mit lässigem Doublebass-Auftakt und wunderbar versetzten Melodieriffs , dass die Norweger mittlerweile wirklich auf hohen Bergen und ohne Strom Gitarre spielen könnten, wenn es nach kompositorischen Fähigkeiten ginge. Zusammen mit dem stimmungsvollen Break und Abbaths charismatischem Geknurre ein kämpferischer, majestätischer Empfang, der mit dem locker rockenden, im Leadbereich fast hypnotischen „The Rise Of Darkness“ eine gelungene Fortsetzung erfährt. So schmeckt Zuhause, auch wenn Black Metal mittlerweile nur noch bedingt als Stilbezeichnung herhalten kann.
Aber weiter im Text: „Hordes Of War“ begeistert mit stürmischer Eleganz ebenso, wie mit seinem Traumsolo und atmosphärisch dichten Kampfgeräusche, die das Wort „Hymne“ förmlich aus jeder einzelnen Note pressen. In diesen Augenblicken atmet die Seele des Heavy Metal, hier zeigt sich stellvertretend auch am deutlichsten, was I und IMMORTAL aktuell verbindet: „All Shall Fall“ ist wie „Between Two Worlds“ ein überaus effektives Album in dem Sinne, dass für sich bereits starke Grundelemente durch kleine Details in Regionen gepusht werden, die andere Bands mit einem Dreifachen an Stückwerk und technisch weitaus anspruchsvolleren Konstruktionen nie erreichen werden. Und wie immer man zu dieser eher traditionellen Interpretation extremer Musik stehen mag: IMMORTAL verstehen es aufs Trefflichste, mit ihrer Musik ein Gefühl der Unbesiegbarkeit, ja Unantastbarkeit, zu vermitteln, welches im trotz verspielter Akkustikgitarren fast arrogant wirkenden „Mount North“ und dem ausladenden Abschied „Unearthly Kingdom“ schließlich seine angemessen betitelte Vollendung findet.

„All Shall Fall“ ist eine wunderbar drückend produzierte Scheibe voller Momente, in denen die Faust zum Himmel will, eine Scheibe, die trotz gelegentlicher Kälteeinbrüche jetzt schon den Staub kommender Festivals in sich trägt und in ihrer mächtig dahinfließenden Schönheit derzeit ohne Gegner dasteht. Und egal, welchen musikalischen Vorlieben ihr normalerweise frönt: Die Chancen stehen gut, dass IMMORTAL euch spätestens mit diesem Album in ihr Reich aus Frost und Feuer entführen können…
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