Kaum eine Band ist zu obskur, um nicht nach vielen Jahren von Pure Steel (bzw. in diesem Fall Pure Underground) wieder ausgegraben und reanimiert zu werden. Dieses Mal hat es SCARLATYNA aus dem hessischen Wetzlar getroffen, die Ende der 80er und Anfang der 90er drei Demos und ein Livealbum (!) veröffentlichten, bevor sie sich Ende 1994 anderen Sachen zuwandten. Seit letztem Jahr musiziert man wieder gemeinsam und für erste Aufmerksamkeit soll „Till The End“ sorgen, das sich aus den sieben Titel der letzten beiden Demos zusammensetzt.

Der leicht progressive melodische Power Metal mit US-Anleihen ist denn auch gleichzeitig ausreichend obskur UND gut, dass der Plan zumindest im Rahmen des gar nicht mal so kleinen Undergrounds aufgehen könnte. Die (wenn überhaupt) nur wenig nachbearbeitete Produktion ist wunderbar sauber, so dass man wirklich alles hören kann. Das ist in diesem Fall ein großer Gewinn, weil es besonders bei der Melodiearbeit viel zu hören gibt und der helle, ziemlich weiche Gesang von Chris Jamie Marino sich anfühlt, als hätte er von einer wuchtigen Produktion leicht seines Charakters beraubt werden können. Anfühlen ist dabei ein bewusst gewählter Ausdruck, denn gerade die ersten vier Lieder ziehen selbst in kräftigeren Momenten ( „Wings Of The Night“) eher in einen ruhigen Bann als in die Schlacht zu rufen. Das übernehmen „The Tower“ und „Till The End“, wobei letzterer in diesem Umfeld für meinen Geschmack an der Grenze des zu Plakativen kratzt, weil Jörg Weilingers feine Klinge auf einmal mit solcher Vehemenz losschlägt.

Alles in allem eine erstaunlich reif und rund klingende Angelegenheit, bedenkt man das heutige Alter der Lieder und damalige Alter der Bandmitglieder, die Lust auf mehr macht. Da SCARLATYNA gerade an neuem Material arbeiten, wird das hoffentlich nicht mehr lange auf sich warten lassen.