Nocte Obducta - Umbriel (Das Schweigen Zwischen Den Sternen)

Nocte Obducta - Umbriel (Das Schweigen Zwischen Den Sternen)
Progressive Rock
erschienen am 08.03.2013 bei MDD Records
dauert 68:40 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Kerkerwelten - Teil 1
2. Gottverreckte Finsternis
3. 01-86 Umbriel
4. Dinner Auf Uranos
5. Mehr Hass
6. Leere
7. Ein Nachmittag Mit Edgar
8. Reprise Dinner Auf Uranos
9. Kerkerwelten - Teil 2

Die Bloodchamber meint:

Schüchtern steht der kleine NOCTE OBDUCTA in der Ecke. Vor kurzem erst hat er sich wieder in die Öffentlichkeit getraut und 'schüchtern' ist eigentlich nicht das passende Wort für sein Auftreten. Vielmehr ist der kleine schwarz gekleidete Bengel eine ziemlich fiese rebellische und keifende Mistbratze, die sich absichtlich unheimlich und unnahbar gibt, weil er das nun einfach mal so beschlossen hat. Ja, 'unnahbar' trifft es ganz gut.
Auf der anderen Seite lümmelt sich die gedanklich schon etwas gereiftere, wenn auch körperlich noch nicht allzu auffällige DINNER AUF URANOS im Selbstmitleid angesichts der Unwichtigkeit der eigenen Existenz bezüglich des unendlichen Volumens des Universums. 'Nur nicht aufregen' ist ihr Motto, denn das bringt ja eh alles nichts. Und dieser finster drein blickende Typ da drüben? Einfach nur lächerlich!
Da hängen sie nun ab, sich gegenseitig ignorierend und nichts darüber ahnend, dass beide partiell den gleichen genetischen Urheber besitzen. Wie können zwei derart unterschiedliche Elemente auch nur ansatzweise etwas gemeinsam haben? Können sie nicht, so denn man stets alles in Schwarz und Weiß einteilt.

Den Jungs hinter beiden Bands kann man jedenfalls keine monotone Denkweise nachsagen. Falls man denn überhaupt in deren Gedankenwelt einzudringen vermag. So richtig klar ist jedenfalls nicht, was NOCTE OBDUCTA angesichts von "Umbriel" von ihren Fans halten. Gerade noch unter den Toten waren sie zu ihren Black Metal Wurzeln zurückgekehrt, nur um nun diesen angerissenen Zopf gänzlich vom Haupte zu reißen und mit etwas ganz anderem zurückzukehren. Ist das nun Ignoranz der Fans, absichtliches Vor-den-Kopf-stoßen ebenjener oder die Auslieferung des erwarteten Unerwarteten? In jedem Fall aber sollte man "Umbriel" zunächst mit Vorsicht und möglichst neutral begegnen.

Denn hier verschmelzen tatsächlich, spürbar für jeden, die ruhigen, atmosphärischen Progressive Rock Elemente des Nebenprojektes DINNER AUF URANOS mit dem anarchischen Black Metal der eigentlichen Band wieder zu einem großen Ganzen zusammen. "Umbriel" ist nicht umsonst einer der Uranus-Monde. Und bereits ein Blick auf die Tracklist bringt unweigerlich lyrische Bezüge zu früheren Releases hervor. Was anfangs verwirrend erscheint, ergibt aber zunehmend Sinn. Die Kälte und Einsamkeit des Weltraums ist gedanklich gar nicht so weit entfernt von der Kühle und elitären Abgeschiedenheit des Black Metals und dem oftmals thematisierten Tod. Betrachtet man beide Extreme, bleibt am Ende auch nur die Einsamkeit. Und genau diese steht auch auf der aktuellen Scheibe im Fokus.

Musikalisch geht’s daher verständlicherweise eher weniger brachial oder heiter zur Sache. Es dominieren eindeutig die atmosphärischen und leisen Momente. Die Leere des Weltraums wird symbolisiert durch synthetische Klänge, die oftmals nicht mehr sind als ein seit den Siebzigern ziellos umher fliegendes Sonar-Ping oder das Rauschen der Partikel durch das Nichts. Dazu gibt es viele Akustikgitarren und entspannten Gesang. Schwarzmetallische Parts findet man im Grunde nicht mehr wirklich. Auf "Mehr Hass" wird es zwar gesanglich etwas aggressiver, aber auch Tempo und dazugehörige Gitarren sind eher in der Psychedelic oder Stoner Rock Ecke beheimatet. Nachwievor zeigt die Band keine Angst vor den eigenen deutschen Lyrics. Diese sind gewohnt angenehm anzuhören, auch wenn sie gelegentlich hart an der Ironie vorbeischrammen ("Ein Nachmittag Mit Edgar") und man sich nicht ganz sicher sein kann, wie beabsichtigt das nun war.

"Umbriel" hat definitiv mehr DINNER AUF URANOS als NOCTE OBDUCTA in sich. Verstörend ist das zu Beginn, ohne Zweifel. Sofern das möglich ist, sollte man dem Album aber dennoch eine Chance geben. Es entwickelt trotz einiger etwas zu lang gezogener instrumentaler Passagen nach gehöriger Zeit einen eigenen Charme. Fans entdecken stets kleine bekannte und markante Sound-Schnipsel und seien es nur die gleich gestimmten Gitarren oder die ihnen wohlgesonnene Stimme Marcels. Andere können sich mit ein wenig gutem Willen prima in die zelebrierte Einsamkeit einfühlen. Mir jedenfalls bleiben immer wieder einzelne textliche und instrumentale Ausschnitte im Gedächtnis und auch wenn "Umbriel" nichts für jede Stimmung ist, ich lasse es gern auf mich einwirken.
-