Throes Of Dawn - Our Voices Shall Remain

Throes Of Dawn - Our Voices Shall Remain
Dark Metal / Progressive Rock
erschienen am 20.08.2016 bei Argonauta Records
dauert 66:03 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Mesmerized
2. We Used To Speak In Colours
3. Lifelines
4. The Understanding
5. Our Voices Shall Remain
6. One Of Us Is Missing
7. The Black Wreath Of Mind

Die Bloodchamber meint:

Die Vorzeichen für "Our Voices Shall Remain" - Album Nummer 6 von THROES OF DAWN - standen nicht unbedingt günstig: Seit "The Great Fleet Of Echoes" sind karrierefeindliche 6 Jahre vergangen und die Band hat diese Zeit nach eigener Aussage genutzt, um personell umzubauen, ein neues Label zu suchen und so lange an den Stücken zu feilen, bis wirklich alles passt. Ob der oftmals schmale Grat zwischen Perfektion und Kaputtoptimierung erfolgreich beschritten werden konnte, sollen die folgenden Zeilen zur finnischen Streicheleinheit beleuchten.

Streicheleinheit? - Richtig gelesen, denn vom Start weg fällt auf, dass "Our Voices Shall Remain" nochmal zurückhaltender als der Vorgänger zur Sache geht: Das eröffnende "Mesmerized" beispielsweise lässt sich verdammt viel Zeit und füllt fast 5 Minuten mit sich steigernder Tonmalerei, die in reichlich Hall und effektbeladenen Gitarrensounds badet. Die so erzeugte Stimmung ist trippig, mitunter PINK FLOYD-psychedelisch und wirkt trotz unterschwellig-nordischer Melancholie wie einer schwülen Sommernacht entsprungen. Dazu passen die ähnlich surrealen, einschmeichelnden und hallgeschwängerten Vocals wie die Faust aufs Auge: "...open wide to other ways of seeing, let it all flow through your shields..." - die Zeichen stehen auf Realitätsflucht und dieser Ausstieg aus dem alltäglichen Rhythmus ist das Schlüsselelement beim Entdecken des finnischen Klangkosmos'.
Nachdem der Ton für den weiteren Verlauf der Scheibe gesetzt ist, kokettiert das flotte "We Used To Speak In Colours" - heimlicher Hit Nummer 1 - zwar mit zewasofter Doublebass und treibt den Mitsummfaktor in unheimliche Höhen, doch schon kurz darauf zieht sich die Band in die Sicherheit dunkelbunter Soundschleier zurück: "Lifelines", das in den gelayerten Gesangspassagen dezent an ALCEST erinnert, und auch das auf laut/leise-Dynamik bauende "The Understanding" (ANATHEMA lassen grüßen) gönnen sich ausufernde Instrumentalpassagen, die in ihrem Streben nach Anderweltlichem mitunter ein paar Wiederholungen zu viel aufs Tablett packen. Umso schöner, dass der Titeltrack - Hitkandidat Nummer 2 - um einen unglaublich erfüllend pumpenden Bass herum gestrickt ist und so für selig grinsende Headnod-Goodness sorgt.
Mit "One Of Us Is Missing" wühlen THROES OF DAWN anschließend noch einmal tief in der emotionalen Trickkiste, was sich nicht nur an den so simplen wie berührenden Lyrics festmachen lässt. Auch die an eine Spieluhr erinnernden Synths und das später aus dem Nichts kommende Saxophon samt Moogfundament sorgen für die Art von Befremden, die sich beim zweiten, dritten Hören in Wertschätzung verwandeln kann. Weil die Scheibe durch derlei Details eben nicht ausschließlich in Stimmungsbildern wabert, sondern auch songspezifisch Akzente setzen kann: Hier ein Pianofetzen, dort ein ungewohntes Drumpattern ("The Understanding"), dazu am besten noch eine nicht allzu vorhersehbare Gesangslinie - so lässt sich einer vordergründig eher gleichförmigen Stunde das nötige Maß an Dynamik einimpfen, ohne den bandseitig angestrebten Fluss zu unterbrechen.

Mit "Our Voices Shall Remain" haben THROES OF DAWN ein Album veröffentlicht, das vor allem aufgrund seiner Konsequenz zweischneidig ist: Wer das Optimum aus den sieben Stücken holen möchte, sollte externe Einflüsse radikal verbannen und sich idealerweise unter Kopfhörern in die Welt der Finnen aufmachen. Kein Handy, kein Licht, kein anderes Wesen - nur die Bereitschaft, sich erwartungsfrei in eine leicht verschobene Parallelwelt sinken zu lassen. Darüber hinaus könnte ein Faible für angeproggte Melancholie zwischen ANTIMATTER und weniger extrovertierten ANATHEMA helfen - dies aber nur als grober Anhaltspunkt.
Für eine Wertung ist die Zeit trotz zweier gemeinsamer Monate nicht reif, was an den immer noch ambivalenten Eindrücken liegt: Abends auf dem Balkon ist "Our Voices..." wunderbar, während es in anderen Situationen zu einer nervenzehrenden Angelegenheit werden kann. Manchmal möchte man einschlafen und manchmal träumt man einfach nur eine Stunde entspannt vor sich hin, um sich anschließend förmlich zurück in tägliche Routinen zu schleppen. Für eine numerische Einordnung ist das einfach zu wenig Konstanz, weshalb hier darauf verzichtet werden soll.

Ob euch das satt produzierte "Our Voices Shall Remain" taugen könnte, findet ihr am besten mit dem Opener "Mesmerized" heraus:

www.youtube.com/watch?v=DqFfFW-DSgg

Wer nach diesen 9+ Minuten wissen möchte, wie diese spezielle Reise weitergeht, der darf wohl zuschlagen. Ein schönes Digipak von Costin Chioreanu gibt's obendrauf.
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