Swan Christy - Julian

Swan Christy - Julian
Sonstiges
erschienen in 2003 bei Black Lotus Records
dauert 39:55 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Comedy/Drama
2. Second Opinion
3. But...That Was Before
4. Great Day, Great Day
5. Pure Inspiration
6. Old Man's Ego
7. Julien Just Died
8. Sense And Possibilities
9. The Audition

Die Bloodchamber meint:

An einem einsamen Mittwochmorgen fahre ich los Richtung Uni. Die Sonne traut sich noch nicht hinter den Wolken hervor, als meine Fahrt in eine weite Nebelsuppe beginnt. Schnell schnappe ich mir eine Cd aus dem Seitenfach, um die trostlose Stimmung zu vertreiben. Nach einiger Zeit des Umhertrödelns, schrecke ich plötzlich auf. Wohin wollte ich gleich? Und warum zum Geier schleiche ich die ganze Zeit mit Tempo 50 durch die Pampa???
Die Antwort findet sich schnell. Das depressive Einsamkeitsgeträller, das da aus meinen Boxen raschelt, wirkt doch ziemlich einschläfernd. Sollte das nicht eine Metal Review werden? Nix da! Swan Christy haben sich mit ihrem Album „Julian“ völlig vom progressiven, teils symphonischen Metal alter Tage entfernt. Keine Gitarren, kein Bass – alle Metal Elemente sind verschwunden!
Man muss der Band erstmal ein großes Lob zollen, denn sie haben sich vorgenommen, dass jedes ihrer Alben komplett anders klingen soll. Und das haben sie geschafft. Man kann „Julian“ nicht in irgendeine Sparte stecken, doch mit Metal hat es nun wirklich nichts mehr zu tun. Laut Beipackzettel wird das Genre als: „Soundtrack of a schizophrenic Movie“ tituliert. Was sehr dämlich klingt, aber irgendwie auch zutrifft. Die Lieder sind so vielschichtig und abwechslungsreich, dass man fast jedes einzeln bewerten könnte. Dabei teilen sich die Griechen die Arbeit wie folgt: Iraklis Gialantzidis spielt Piano und singt, Kostas Makris singt und der Rest der Band ist fürs Programmieren zuständig.

Die Cd startet mit „Comedy/Drama“ einem eher durchschnittlichen Song, der so klingt, als hätten die Jungs grad mal eine Session auf einer langweiligen Geburtstagsparty gespielt. Meine Fahrt durch die Einsamkeit wird danach von „Second Opinion“ begleitet, das schon um einiges angenehmer, aber immer noch sehr verworren klingt. Mit „But…That was before“ folgt dann mein persönliches Highlight. Eine wunderschön verträumte Ballade, begleitet vom überaus einfühlsamen Gesang Kostas Makris und der melodischen Pianobegleitung von Iraklis Gialantzidis. Achtung für alle Einsamen: hier besteht auf jeden Fall Tränengefahr! Schon weicht die erste Wolke am Horizont einem ersten Sonnenstrahl und ich fühle mich für kurze Zeit nach Frankreich versetzt: ein einsames Häuschen am Strand der Côte d’Azur, die Sonne geht auf, die Wellen rauschen…
Die verträumte Fahrt durchs Land geht weiter mit „Great Day, great Day“ einem reinen Instrumentalstück, das mich teilweise an ruhigere Lieder von „Chicane’s – Behind the Sun“ erinnert. Mit „Pure Inspiration“ folgt der total verwirrend und hektisch klingende Tiefpunkt der Cd, der glücklicherweise vom ruhigen „Old Man’s Ego“ abgelöst wird, das meiner Meinung nach ähnlich wie ein Soloprojekt von Depeche Mode Sänger Dave Gahan klingt. „Julian just Died“ schließt sich dem an. Ein sehr trauriges Stück, das dem Album auch seinen Namen gegeben hat. Vor allem der Refrain ist dabei ein richtiger Ohrwurm. Auch die letzten beiden Stücke klingen wunderbar verträumt und können mich nicht so recht aus meiner Schlenderei durch die Landschaft wecken.

Swan Christy haben mit „Julian“ auf jeden Fall etwas Besonderes geschaffen, doch es benötigt einige Stunden, sich damit anzufreunden. Freunde melancholischer, depressiver, absolut verträumter Musik mit Pianobegleitung und ruhigem Gesang sollten auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren. Aber ich kann diese Cd wirklich jedem, ob Schlager oder Black Metal Fan, für einsame Stunden empfehlen. Wer die Scheibe in einer Metal Kneipe auflegt, kann jedoch mit fliegenden Stühlen rechnen, oder mit betrunkenen Metal Riesen, die sich plötzlich weinend in die Arme fallen. Auf jeden Fall ist „Julian“ absolute Geschmackssache und jeder sollte für sich selbst ein Urteil fällen. Meine Fahrt geht nun weiter, begleitet von den ersten Sonnenstrahlen durch die Einsamkeit. Wo wollte ich doch gleich hin? Ach ja, Frankreich… Côte d’Azur! Es wird höchste Zeit!
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