Rentnersause im Rockerstall: Über das Alter und alte Bands

Rentnersause im Rockerstall: Über das Alter und alte Bands

Special
14.10.2008
Wenn Männer alt werden, dann hängen sie besonders fest an ihren Erinnerungen. Vor allem dann, als ihre Tage noch glorreich waren, die Frauen jung und der Whiskey alt. Heute müssen sich die Recken schon zusammen reißen. Die Frauen sind nicht mehr so jung, der Whiskey immer noch älter als sie selbst und ihre Musik hat sich inzwischen überlebt. Was macht man dann als Musiker, wenn die Zeit dafür reif ist? Richtig, man nimmt immer noch fleißig Alben auf, die alle Trademarks des althergebrachten Sounds enthalten, aber nur wenige interessieren und geht alle Jubeljahre auf eine überteuerte Tournee um in der Vergangenheit schwelgen und Geld ins Rentenportemonnaie spülen zu können.

Eigentlich können Musiker wie die von Deep Purple, Rolling Stones, Kiss und Black Sabbath Vorbild für all ihre unzähligen deutschen, quersubventionierten Rentnerkollegen sein, die schon mit 60 ihren Rentnerhut aufsetzen und die kommenden zwanzig bis dreißig Jahren in einer hermetisch abgeriegelten Welt leben und sich erstmal so auf den Tod vorbereiten. Wo bleibt da die Lebenslust? Ist denn Rentenalter gleich bedeutend mit Nordic Walking-Events, Kaffeekränzchen und Rollatorwettrennen zum Konsum um die Ecke?

Beispiele Frankreich und Italien: Dort sitzen die alten Damen und Herren bereits früh um acht am Lokal um die Ecke, schlürfen ihr Weinchen und lesen Zeitung, nachmittags geht es dann zum Boule oder zum Wettschwimmen durch den Tiber. Jedenfalls ist es gar nicht so schlecht, wenn alte Musiker ordentlich Gas geben und in ihrer Vergangenheit schwelgen. Solange sie nicht lamentieren, dass früher alles besser war scheint Musik noch ein adäquates Mittel gegen Alzheimer, Gicht und Stützstrümpfe zu sein. Teilhabe am Leben, Leben aktiv selber gestalten und andere daran beteiligen lassen dürften jedem Lokalpolitiker als Stichworte einfallen. Ältere Kaliber wie Deep Purple machen es vor und haben sogar Spass dabei. Wir sehen bei ihren Konzerten jung und alt, Vater und Sohn, irgendwann auch Enkel und Opa nebeneinander stehen und die dichten und weniger dichten Haartrachten zu Songs wie „Smoke On The Water“ schütteln. Gar nicht so verkehrt so ein Rockkonzert. Eigentlich gelten solche Events als Vorbild für jede gesellschaftliche Antwort auf die derzeitige demographische Entwicklung. Zumindest sollte es so sein. Natürlich nur solange bis Opi schwer atmet und sich bei seinem Enkel festhalten muss.

Das war fast schon so, als Deep Purple 1998 in der Eissporthalle in Halle / Saale auftraten. Generationenkonflikt? Nein danke. Eben genannter Begriff wird doch von Versicherungsunternehmen und davon korrumpierten Politikern in die Debatte geworfen um das bestehende Rentensystem abzuschaffen. Eigenverantwortlichkeit stärken. Selbst für seine Rente einzahlen. Dürfte ein Problem werden, die nicht für ihre eigene Altersvorsorge aufkommen können. Angesichts von weltumspannenden Rezessionen und Finanzkrisen ein schwieriges Unterfangen für die Mehrheit von uns. Was heißt das aber für jeden persönlich, wenn er ohne Rente im Alter dasteht, wie der Musiker auf der Bühne? Richtig. Aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Vereinen, in der Familie, ja sogar in Firmen. Weisheit, Erfahrung und Wissen sollen nicht in der verstaubten Stube zum Takt der schlagenden Uhren verschimmeln. Also raus mit der Lebenskraft, raus zu den jungen und jung gebliebenen. Vielleicht bessert sich ja doch noch was, wenn Menschen nicht ständig an ihren Ruhestand denken würden als wäre es ein jahrelanger Status Quo von trögem Kuchenmampfen und Enkel beschenken. Dann schon lieber so wie Deep Purple sein. Irgendwie. Nicht wahr?
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