Sänger Zet über die Band ohne musikalische Grenzen


Interview mit Ram-Zet
Black Gothic Metal aus Norwegen
“Intra” wird von dem norwegischen Label Tabu Recordings veröffentlicht, während dessen Vorgänger via Spikefarm herausgekommen sind. Wie kam es zu diesem Wechsel?

Wir waren mit Spikefarm einer Meinung, dass es am besten für uns alle sein würde, wenn wir zu einem anderen Label wechseln würden. Wir sind vielleicht ein wenig – wie soll ich es sagen – zu avantgardistisch, um bei ihnen richtig reinzupassen. Auch wenn Sami und die Jungs von Spikefarm wirklich an uns glaubten, konnten sie es auch verstehen, dass sie für uns einfach nicht die richtigen waren. Die Tabu-Jungs kannten wir bereits, da sie die ersten beiden Alben in Norwegen lizenziert hatten. Sie waren auch unsere persönliche Nummer eins bei der Labelsuche und glücklicherweise konnten wir am Ende einen Vertrag mit ihnen abschließen.

Gelegentlich bezeichne ich den Sound von Ram-Zet als eine Art Psychopathen Metal, da er so durchgeknallt, unheimlich und unvorhersehbar klingt. Eure Musik erinnert mich oft an einen Spaziergang durch eine Irrenanstalt. Würdest du dich selbst auch als ein wenig psychopathisch veranlagt bezeichnen?

Haha, ich glaube, das muss ich wohl mit Ja beantworten. Aber immerhin würde ich mal sagen, dass ich meine Verrücktheit vollkommen durch meine Musik ausleben kann. Mein Alltag bleibt somit relativ normal.

”Intra” scheint komplexer und schwer verständlicher als seine Vorgänger zu sein und der Hörer benötigt viel mehr Zeit, bis er damit warm werden kann (Zumindest waren das meine Erfahrungen). Kannst du dies bestätigen und geschah dies absichtlich?

In diesem Fall sagt mein persönlicher Eindruck überhaupt nichts aus. Ich hab nämlich das verdammte Zeug geschrieben und kann deshalb auch gar nicht wissen, wie es ist, wenn man die Scheibe zum ersten Mal hört. Jedenfalls scheinen da die meisten Leute deiner Meinung zu sein, also wird wohl was Wahres dran sein. Ich weiß wirklich nicht wieso, aber ich finde die Stücke auf „Intra“ irgendwie vollendeter und runder als auf den ersten beiden Alben. Vielleicht benötigen sie mehr Zeit, aber im Endeffekt bleiben sie wahrscheinlich auch länger hängen.
Wenn ich einen Song schreibe, plane ich es nicht im voraus, wie komplex oder schwierig er werden soll. Ich folge einfach meinem Kopf und meinem Herzen und was dabei herauskommt, wird einfach so, wie es werden soll – falls du verstehst, was ich meine. Und das mag ich auch besonders an dieser Band: Es gibt keine Grenzen in unserer musikalischen Ausrichtung.

Auf “Escape” scheint ihr vor euren Problemen davongelaufen zu sein, während ihr nun in euer Innerstes schaut, um diese Probleme direkt an ihrem Ursprung anzugehen. Könntest du uns kurz das lyrische Konzept hinter „Intra“ erklären?

“Escape” beschrieb die Flucht aus einer Anstalt und den gleichzeitigen Versuch, von beängstigenden Gedanken davonzulaufen. Dieses Mal ist das textliche Thema ein wenig abstrakter. Grundlegend kann man aber schon sagen, dass die Personen, über die wir etwas erzählen, ihre Probleme näher an der Wurzel bekämpfen. Es geht wieder zurück in die Anstalt und unsere Hauptcharaktere verbringen eine schwierige Zeit damit, die Unterschiede zwischen Realität und Fiktion herauszufinden.
Wir haben die gesamte Geschichte für diese drei Alben in unseren Köpfen, aber um alles bis ins Detail zu erklären, müssten wir wohl ein Buch schreiben. Hmm, vielleicht machen wir das auch irgendwann...

Was trinkst oder rauchst du, um deiner Stimme diesen unvorstellbar kranken Klang zu geben?

Hey, danke für das Kompliment, aber ich rauche und trinke nichts, um diesen Sound hinzubekommen. Eigentlich ist meine Stimme ja ziemlich dünn, aber ich habe da eine Technik entwickelt, um sie genau so klingen zu lassen. Das ist aber alles andere als einfach und ich bekomme des öfteren Kopfschmerzen davon.
Im Grunde sollte ich sogar ganz auf Bier verzichten oder zumindest vorsichtig damit umgehen, denn es versaut dir ganz schön den Hals und danach ist es unmöglich, den Gesang noch so hinzubekommen.

Welche Filme, Geschichten oder persönliche Erfahrungen haben die sehr intensiven Songs von Ram-Zet beeinflusst?

Eigentlich nichts spezielles, muss ich zugeben. Zumindest nichts, dessen wir uns bewusst wären. Ich denke, jeder wird durch die Dinge, die er gesehen, gehört oder erfahren hat, irgendwie beeinflusst. Und mich faszinierten schon immer die dunklen und ungewöhnlichen Aspekte des menschlichen Geistes. Ich mag Kontraste, in der Musik und im Leben.

Vor einigen Jahren existierte Ram-Zet nur als ein Ein-Mann-Projekt. Mittlerweile seid ihr eine „echte“ Band, bestehend aus sechs Leuten. An welchem Punkt hast du gemerkt, dass dies mehr als nur ein Projekt werden würde?

Also ich würde mal sagen, es wurde eine Band, als wir unseren ersten Gig im Februar 2001 in Tromsø hatten. Als ich damals mit Ram-Zet auf der Bühne stand, sagte mir mein Gefühl sofort, dass dies einfach eine Band werden musste. Ganz am Anfang dachte ich noch: „Das krieg ich niemals auf eine Bühne“, wegen all dem Violinen-Zeug und den weiblichen Vocals. Aber letztendlich hatte ich einfach Glück, dass ich diese sehr talentierten Mädels getroffen habe.
Ein weiteres Hindernis schienen die Schlagzeug-Parts zu sein. Auf dem ersten Album kamen sie bis auf Hi-Hat und Becken (welche von Küth eingespielt wurden) aus dem Computer. Ich hatte immer eine sehr genaue Vorstellung, wie die Drums zu klingen hatten und dachte nicht, dass ich jemanden finden könnte, der diesen Ansprüchen gerecht werden kann. Küth konnte aber auch das und mittlerweile verstehen wir uns blind, was ich sehr angenehm finde.

In Deutschland kennt man euch meist nur via Mund-zu-Mund Propaganda. Woran liegt das?

Das fragst du mich?? Wie kommt das, dass uns in Deutschland niemand kennt? Für das „Intra“-Album haben wir die besten Kritiken bisher bekommen und ich kann mich über das journalistische Interesse wirklich nicht beschweren, aber irgendwie scheint das Publikum uns trotzdem nicht zu hören. Ich habe keine Ahnung, aber wir arbeiten zumindest daran.

Wie sieht das in eurem Heimatland aus? Ihr seid dort doch sogar für den norwegischen Grammy nominiert worden?

Ja, wir sind für „Pure Therapy“ für diesen Award nominiert worden, haben ihn aber letztendlich nicht bekommen. Aber auch in Norwegen sind wir nicht allzu sehr bekannt. Wahrscheinlich haben wir überall unser kleines, aber treues Publikum.

Hast du manchmal das Gefühl, dass ihr eine Band seid, die von der Presse geliebt, aber von den Fan nicht verstanden wird?

Manchmal scheint das wirklich so zu sein, dann aber wiederum denke ich an unsere Live-Auftritte. Dort merkt man immer wieder, dass wir von vielen Leuten entdeckt werden und ein enorm positives Feedback bekommen. Es ist wohl einfach so, dass es dort draußen eine Menge potentieller Fans gibt, die uns nur noch nicht entdeckt haben.

In eurem Info-Zettel steht, dass deine damalige Intention zur Gründung dieser Band die Tatsache war, dass dich alle anderen Metal Bands gelangweilt haben. Bedeutet dies, dass du dich von der Metal Szene isoliert hast? Oder hörst du mittlerweile wieder andere Bands?

Sorry, aber das stimmt nicht so ganz. Keine Ahnung, wer das geschrieben hat, aber ich habe niemals behauptet, dass mich andere Metal Bands langweilen würden. Der Grund für diese Band war, dass ich etwas aus ganzem Herzen entwickeln wollte, das nach keiner anderen mir bekannten Band klang. Wir isolieren uns keineswegs von der Metal Szene und ich mag viele andere Bands.

Besteht denn eine geringe Chance, euch einmal auf deutschen Bühnen zu sehen?

Das hoffe ich doch sehr, da wir meiner Meinung nach mittlerweile doch etwas bekannter geworden sind, als wir es damals mit Theatre Of Tragedy waren. Aber das geht wohl nur als Special Guest, da wir noch nicht groß genug für eine Headliner-Tour sind. Vielleicht können wir das irgendwie auf die Reihe kriegen, aber momentan ist noch nichts entschieden, so dass wir nur hoffen und abwarten können.

Wenn du einen aussuchen müsstest, welchen aktuellen Pop-Song würdest du gern covern?

„Free Your Mind“, aber ich kann mich nicht an den Namen der Gruppe erinnern. Das war ein großer Hit in der 90ern und ist ein richtig cooler Song. Verdammt, warum kann ich mich nicht an die Band erinnern?

Was würdest du machen, wenn du (eventuell durch einen Unfall) plötzlich taub werden würdest?

Was für eine Frage, haha. Das ist natürlich ein Alptraum und wenn solch eine schlimme Sache passieren sollte, müsste ich mir wohl ein neues Hobby und einen anderen Job suchen. Ich hab ja mein eigenes Studio, und wahrscheinlich würde ich nicht mehr allzu viele Kunden haben, wenn ich taub wäre.

In der Öffentlichkeit sieht man uns Metal-Fans ja gern als eine Horde böser, unrasierter und alkoholkonsumierender Asozialer. Könntest du uns vielleicht ein Ereignis nennen, welches das Gegenteil beweist?

Nein, eigentlich kann ich das nicht, haha. Ernsthaft betrachtet ist es ja so, dass ich viele unterschiedliche Menschen unter den Metal Fans treffe. Meiner Meinung nach unterscheiden sie sich untereinander ebenso sehr wie das beim Rest der Menschheit der Fall ist. Natürlich sind es aber genau diese von dir erwähnten Typen, die den meisten Lärm veranstalten.

Danke für das Interview. Zum Schluss ist noch ein wenig Platz für deine abschließenden Worte an unsere Leser:

Ich hoffe, dass ich viele von euch bald auf einer deutschen Bühne treffen kann. Und bitte kauft alle „Intra“, so dass wir in unserem Land wachsen und sehr viel touren können. Und denkt alle daran: Ein Ram-Zet Album muss man sorgfältig und intensiv hören, man versteht es nicht bereits nach nur einem Durchlauf – zumindest bin ich und viele andere Hörer dieser Meinung.
Danke für das Interview (Sorry für die lange Wartezeit). Stay metal and true!
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