Valborg Guerrilla May The Force Be With You & Evil Umbrella

Valborg, Guerrilla, May The Force Be With You & Evil Umbrella

Evil UmbrellaGuerrillaMay The Force Be With YouValborg
Bonn-Bad Godesberg, Klangstation
03.11.2011
Es gehört fast schon zum guten (schlechten) Ton in Bonn, darüber zu jammern, dass doch ach so wenig los ist und man immer nach Köln oder ins Ruhrgebiet muss, will man außerhalb der Kneipenlandschaft etwas sehen oder erleben. Nach dem heutigen Abend muss man (wieder einmal) feststellen, dass die lieben Bonner daran eine nicht geringe Mitschuld tragen, denn es ist fast schon peinlich, wie wenige offenbar dazu bereit sind, acht Euro für Eintritt incl. Nahverkehrsticket und ein paar Stunden Zeit in vier Bands zu investieren, die beileibe nicht alles unbekannte Newcomer sind…

Der um eine halbe Stunde verlegte Beginn kommt EVIL UMBRELLA wenig zugute, vielleicht zehn Leute verlieren sich in der nicht gerade wahnsinnig großen Klangstation, als losgelegt wird. Die vier Kölner nehmen es mit (Galgen-)Humor und ein paar lockeren Sprüchen, zwischen denen die Thrashkeule geschwungen wird. Ordentlich Pfeffer steckt in der Musik und besonders im Einsatz von Fronter Enis und Bassist Sebastian. Auch weil die Gitarren und der Gesang im Verhältnis eine Spur zu leise sind, bleibt die Eigenständigkeit aber ein wenig auf der Strecke. Die Show ist dennoch unterhaltsam und lustig, so dass kaum jemand in der Hintergrunddeckung verweilt. Bei der Kombination von „Battery“ mit dem besten Teil von „One“ („Darkness imprisoning me…“) wird natürlich ein bisschen mitgesungen und der Einstieg in den Abend darf als gelungen abgehakt werden.

Wesentlich krawalliger wird es bei MAY THE FORCE BE WITH YOU, die in punkto Engagement ihre Vorgänger noch übertreffen, denn die Ruhrpottler spielen sich, gelinde gesagt, den Arsch ab. Bei all der Bewegung auf der Bühne würde es kaum verwundern, würden jede Sekunde die Instrumente weggeworfen und vor lauter Jux, Dollerei und Hummeln im Hintern ein Pit begonnen. Den Vogel schießt im positiven Sinne der verhinderte Theaterclown Theo am Mikro ab, der Platz und Gelegenheit nutzt, um vor der Bühne ein ganzes Arsenal an Unsinn vorzuführen, vom Moonwalk über Trockenrudern bis zum Barhockertanz – großer Sport, bei dem man sich vor Lachen auf den Boden werfen möchte. Das ÄRZTE Cover „Schrei nach Liebe“ passt im Kontext des aus der Konserve ansprechenden, aber nicht wirklich einzigartigen Metalcore zwar ungefähr so gut wie das ebenfalls gespielte „The Trooper“ von MAIDEN, die Liveshow dagegen könnte man sich gerne öfter anschauen.

Obwohl die Zuschauerzahl mittlerweile auf etwa 30 Gestalten angewachsen ist, wirken GUERRILLA heute einigermaßen unrund. (Nicht mehr ganz-) Neufronter Ömer verstärkt mit seinem räudigen Organ den Death Metal Touch im wüsten Thrashgedonner um eine ganze Ecke, was für meinen Geschmack die Variabilität der Lieder ein wenig mindert, so dass man sich mehr oder weniger ununterbrochenen Trommelfeuer ausgesetzt fühlt. Das hat sowohl Berechtigung als auch einen gewissen Reiz, zumindest mich irritiert es aber ziemlich, dass die Band im Laufe des Sets immer ernster zu werden scheint, was dem eher kruden Humor der Ansagen endgültig jeden Anflug von Witz nimmt. Zum Teil ist den Kölnern sicher die miese Resonanz gegen den Strich gegangen, was sonst eventuell noch los war, entzieht sich meiner Kenntnis. Dabei ist die letzte Platte „Kickstart Revolution“ so ein gutes Album. Schade!

Mit Absicht und Kalkül viel ernster wird es beim heutigen Headliner VALBORG. Unterstützt von der auf kaltes Blau reduzierten Beleuchtung und von der Bühne ziehenden Nebelschwaden bewegt man sich in Tom G Warrior nahen Gefilden. Als dieser Art von Musik Zugewandter findet man in den kriegsschiffschweren Schwingungen und dem gleichzeitig monotonen wie getragenen Hämmern, ausgemalt vom abwechselndem bedächtigen Sprechen und dramatischen Schreien von Bassist Jan sowie Gitarrist Christian, eine gewisse Erhabenheit. Das Zurückwerfen des Menschen auf sein bloßes, schutzloses, nacktes, schmerzerfülltes, leidendes Selbst, wenn man tief in die Attributkiste greifen möchte. Kommt man damit nicht zurecht, ist die Musik dagegen nichts anderes als personifizierter Kopfschmerz.
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