Rhein In Blood VI: Obscure Infinity Codex Inferis Serpent Eater Tyranos

Rhein In Blood VI: Obscure Infinity, Codex Inferis, Serpent Eater, Tyranos

Codex InferisObscure InfinitySerpent Eater
Köln, Jugendpark
16.11.2012
Die Konzertreihe „Rhein In Blood“ hat sich im Laufe des Jahres 2012 zu einer beachtlichen Institution des rheinischen Metalundergrounds gemausert. Auch wenn es eine junge Veranstaltung ist, so bietet sie etwas, das der Szene fehlte: Ein Forum für (im weiteren Sinne) lokale Bands, die nicht die primäre Klientel der etablierten Clubs der Stadt darstellen, aber die aufgrund ihrer Qualität ein Forum verdient haben. Ganz offenkundig stieß das auf offene Ohren, denn an Bands und Fans ist kein Mangel und so schaffen die Veranstalter es regelmäßig, den Jugendpark ordentlich zu füllen und dort für eine gelungene Stimmung zu sorgen.

Trotz winterlicher Gradzahlen knapp über null lässt der Startschuss für Ausgabe VI des „Rhein In Blood“ auf sich warten und das pünktlich erschienene Publikum muss sich zunächst vor der Tür mit warmen Gedanken auf Temperatur halten. Aber irgendwann sind auch die letzten logistischen Probleme beseitigt und eine Reihe junger Herren entert die Bühne. Den Anfang an diesem Abend macht eine Band, die wohl die wenigsten bislang kannten, doch die man definitiv im Auge behalten sollte. TYRANOS legen mit launigem Thrash der alten Schule los, der jedem Fan von WITCHBURNER und Co. direkt etwas sagen sollte. Die Qualität der Riffs ist durchweg ordentlich und der Sänger schafft es bei den Ansagen freundlich-verpeilt und bei der Performance im höchsten Maße angepisst zu wirken. So muss angeschwärzter Thrash klingen und es ist absolut beruhigend, dass es junge Bands gibt, die diesen Geist am Leben halten und es immer noch schaffen, Neues beizutragen. Als sie dann am Ende eine Zugabe nachlegen dürfen, bieten sie die zweite gut ausgewählte Coverversion des Abends. Im regulären Set gab es „Hell wie tausend Sonnen“ von OHL und in der Nachspielzeit legen sie mit „Sacrificial Zombie“ von NUNSLAUGHTER noch einen drauf.

Nach diesem gelungenen Auftakt des Abends kündigt sich auf der Bühne ein Wandel an. Die Herren von SERPENT EATER sehen keineswegs nach old-school-Thrash aus, die Kurzhaarfrisuren, Bärte und Tattoos lassen spontan auf Sludge tippen. Und ganz falsch liegt man da offensichtlich nicht, denn hier regieren die deutlich tiefergelegten und hypnotischen Töne. Und der Frontmann dieser Band ist ein ganz besonderer Hingucker. Energetischer als der Duracell-Hase flitzt er über die Bühne, kreischt und grunzt wie des Wahnsinns fette Beute und robbt auch schon mal dem Gitarristen keifend zwischen den Beinen hindurch. Seine schratige Erscheinung und der latent irre Blick tun ihr Übriges, dass ich gebannt vor der Bühne klebe und jetzt schon festhalten kann, dass sich die vier Euro Eintritt ordentlich rentiert haben. Doch nicht nur in Sachen Show sind SERPENT EATER ganz weit vorne. Ihr brachialer Sludge-Sound mit einer Portion schwarzmetallischer Boshaftigkeit ist von vorne bis hinten stimmig und hinterlässt das feste Vorhaben, diese Band beizeiten näher unter die Lupe nehmen zu müssen.

Dass nicht alles immer perfekt sein kann, weiß wohl jeder, der sich diesen pittoresken Planeten für ein paar Minuten angeschaut hat. So auch an diesem Abend, denn mit CODEX INFERIS kommt nun die am weitesten gereiste und zugleich auch die uninteressanteste Band auf die Bühne. Französischer Black Metal hat in der Vergangenheit ja eine ganz eigene Note entwickeln können, doch davon ist bei diesen Jungs nichts zu verspüren. Eine piefige Kurzhaarfrisur mit Corpse Paint ist einfach niemals zu rechtfertigen und ebenso halbseiden klingt auch die Musik. Zwar spielen sie ihren Black Metal technisch sauber und flott, doch wird rein gar nichts geboten, das die Aufmerksamkeit des Hörers länger aufrecht erhalten kann. Und der über alle Maßen uninspirierte und durchschnittliche Sound wird durch Peinlichkeiten im Auftritt noch verstärkt. Ich kann keine Erklärung dafür finden, was an den undefinierbaren Lappen, die sich der Sänger ins Gesicht gebunden hat, nun besonders evil sein soll. Bei aller Liebe zum Black Metal muss man einfach konstatieren, dass man diese Band weder kennen noch live gesehen haben muss. Anscheinend sind hier auch die meisten Besucher dieser Meinung und trotz der Kälte hält sich der größte Teil des Publikums lieber vor der Tür auf und der Raum vor der Bühne wirkt bisweilen eher nach Soundcheck.

Doch mithilfe von ein paar Bier und angenehmer Plauderei mit den illustren Gästen, die bisweilen einige Kilometer Anreise für den Abend auf sich genommen haben, geht auch das Set von CODEX INFERIS vorbei und alles freut sich auf den Headliner des heutigen Abends. Es geht schon hart auf Mitternacht zu, als OBSCURE INFINITY endlich loslegen. Die Jungs aus dem Westerwald sind ganz offenkundig zu Lieblingen des Undergrounds geworden, denn man gewinnt schnell den Eindruck, dass sie eine Hauptmotivation für viele Anwesende sind, heute hier zu sein. Und das bestätigen sie musikalisch auf ganzer Linie. Es wird ein abwechslungsreiches und stimmungsvolles Death Metal-Brett präsentiert, das von vorne bis hinten überzeugt. Das Songmaterial ihrer beiden Alben ist einfach stark und funktioniert live bestens. Auch wenn derzeit ein wenig an der Besetzung der Rhythmussektion geschraubt werden musste, funktioniert die Band als Einheit, wobei Vokalist Jules die Rolle des Frontmann vorbildlich ausfüllt. Nicht nur stimmlich, sondern auch von der Bühnenpräsenz zeigt er sich voll auf der Höhe. Und die Gitarrenarbeit von Stefan stellt eindeutig den technischen Höhepunkt des Abends dar. Wer OBSCURE INFINITY noch nicht auf dem Schirm hatte und Death Metal mag, der sollte dringend was nachholen! Aber auch das schönste Set geht einmal vorbei und in tiefer Nacht geht es nun unter sternenklarem Himmel und traumhaftem Rheinpanorama für alle auf den Heimweg.

Das sechste „Rhein In Blood“ war ein voller Erfolg. Die Bandauswahl war abwechslungsreich, die Qualität (mit einer Ausnahme) überzeugend, die Stimmung ausgezeichnet und das Preisniveau unschlagbar. Hier wird von Fans für Fans gearbeitet und es ist schön, dass dieses Engagement auch auf Gegenliebe stößt. Man kann den Veranstaltern nur wünschen, dass die Erfolgsgeschichte eine lange, lange Fortsetzung finden mag.
-