Kermania - Ahnenwerk

Kermania - Ahnenwerk
Black Metal
erschienen in 2006 bei Ván Records
dauert 56:50 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Schwertes Schaerfe Beichtgesang
2. Veitersberg 1487
3. Heimatferne Rast
4. Ahnenwerk

Die Bloodchamber meint:

Kermania's "Ahnenwerk" ist mir in den vergangenen Wochen des Öfteren in den Player geraten - eher unbewusst zunächst, wie aus Versehen, bevor es im Laufe der Zeit fast zu einem abendlichen Ritual wurde. Denn soviel steht fest: Diese Scheibe verlangt nach der Nacht. Bedingungslos. Sie dürstet nach brütendem Dunkel und bleichem Gesicht an schattenschwerem Firmament, so wie sie im Angesicht des Tages entzaubert zerrinnt.
Wenn man den 4 Songs jedoch etwas Zeit zum Wachsen gibt (und zwar bei jedem Hören) und sich darüber hinaus nicht an 20-minütigen Wechselbädern stösst - ja, dann kann man mit "Ahnenwerk" ein paar sehr intensive Stunden verleben.

Musikalisch hat sich Kermania dem gehobenen Midtempo-Black Metal klassisch nordischer Prägung verschrieben, teils mit akustischen Gitarren durchsetzt und in den energischeren Momenten (Anfang "Veitersberg 1487") auch gerne doublebassig, ohne jedoch im Gesamteindruck das Prädikat "rasend" zu rechtfertigen. Prägnanter sind da schon die dramaturgisch perfekt eingefügten Geschwindigkeitsabfälle, die von schleifenden Riffs getragene Melancholie, über welcher dann auch regelmässig choraler oder klagender Klargesang schwebt.
Genau hier liegt in meinen Augen das Potenzial dieser Veröffentlichung - in der düsteren, leicht angeschlagenen Erhabenheit, wie sie einem erschöpften Krieger eigen sein mag, der nach dem Kampf gen Heimat wandert. Desillusioniert von der Schlacht in fernen Ländern, beugt er zuweilen das Haupt, rastet hier an einem kleinen Bach, versinkt dort in bitterem Klagesang, um sich dann doch wieder aufzuraffen und seinen Weg vom fast erloschenen Hass befeuert fortzusetzen. Nachzuhören ist diese Melange aus Wahn und Weh vor allem im ersten Song, der mit fast 25 Minuten zugleich das längste Stück der Platte ist und durch die irrlichternde Lyrik fast schon (Alp-)Traumcharakter aufweist.
Am "Veitersberg" geht es dagegen - wie oben geschrieben - etwas flotter zu, auch wenn man zwischendurch immer wieder in den Genuss von Atempausen kommt und die Musik nie in seelenloses Geknüppel ausartet. Norwegen zur Mitte der 90er Jahre sollte stilistisch einen ganz guten Anhaltspunkt bieten - flott, melodisch und drumseitig eher engagiert-treibend als sinnfrei infernalisch.
Leicht schwedisch kommt anschliessend der zweite längere Brocken daher, der mich angenehm an ältere Shining erinnert, auch wenn man musikalisch nicht unbedingt identisch vorgeht. Mehr noch als in “Schwertes...” wird hier zwischen extremen Polen gependelt, was die Zerrissenheit unterstreicht, ohne zu einem zerhackten Liedfluss zu führen. In Verbindung mit der rauhen, im positivsten Sinne natürlichen Produktion und den durchaus kranken Keifereien bildet sich so ein Gebräu, welches an beklemmender Atmosphäre schwerlich zu übertreffen ist.
Den Ausklang besorgt schliesslich der nur etwa 5 Minuten lange Titeltrack, der mittelschnellen Blackmetal mit klarem Gesang und akustischen Gitarren verbindet – etwas unspektakulär vielleicht, aber andererseits auch ein nicht allzu pathetischer Abgang, der dem Album gut zu Gesicht steht.

Was bleibt, ist eine Empfehlung an all jene, die auf ausladenden, epischen und bitter-melodischen Blackmetal mit ein paar Ausbrüchen stehen – selbst wenn man die Scheibe (wie angesprochen) nicht zu jeder Tageszeit in ihrer vollen Pracht geniessen kann. Wenn alles stimmt, ist sie dafür umso makelloser.
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