Geschichten aus dem Nitrolytikum...


Interview mit Nitrolyt
Modern Progressive Metal / Alternative aus Deutschland - Leipzig
Im Vorprogramm der Leipziger Disilllusion und Factory of Art wusste die junge Truppe Nitrolyt ja durchaus zu überzeugen und da man mit "Just another angry record" auch ein aktuelles Lebenszeichen am Start hat, war es an der Zeit, die Gitarrenfront um Roland und Giant Hupfi mal in aller Ausführlichkeit an den runden Koalitionstisch zu bitten...

Ja grüezi, alle miteinand'! Da ich im Hinblick auf den Bordsteinkampfpanzer Nitrolyt von einer gewissen Unkenntnis seitens unserer Leserschaft ausgehe, gleich the trve Einstieg ever: Kramt doch bitte mal etwas in der Bandgeschichte und lasst uns an den wichtigsten Stationen teilhaben...

"Rock´n´" Roland Krabs (rh. guitar, keys):

Hey, für Bloodchamber sind wir doch gerne mal true.
Nitrolyt in der heutigen Besetzung gibt erst circa ein Jahr, also ab Herbst 2004, doch unserer Eroberungsfeldzug begann schon viel früher. Ende 2001 begannen das Schlagzeugwunder Georg Franz und die zwei Neu-Gitarristen Sebastian Hupfer und ich zu proben um eine neue Metal-Band aus dem Boden zu stampfen, von der man bald mit 100 Dezibel zu hören bekommen sollte.
Bald entstanden erste Songs (z.B. "Incredible Georg" als einer der ersten) und erste Auftritte wurden mit viel Metallica und Sebastian am Mic bestritten. Erste Fans waren schnell aus dem Freundes- und Schulkreis rekrutiert, die vor allem von unserer Spielfreude und dem charmanten "Wir sind lustige Trasher"-Image begeistert waren.
Ende 2002 gab es zwei bedeutende Wechsel: zunächst entstand der mystisch-nebelumwobene Name Nitrolyt, dessen Bedeutung sich jeder selbst ausmalen darf und Tobias Audersch wurde unser zweiter Bassist. An seiner Liebe zum Prog-Metal infizierten wir uns bald und sein technisches Können spornte zu Hochleistungen an. Mit ihm entstand auch unser erstes Album "Commando Metal" mit kultigem Artwork, faszinierendem Sound und einer sehr abwechslungsreichen Songauswahl: 80ies Trash, Hard-Rock bis zum Blues-Core. "Commando Metal" erschien im Fruhjahr 2003 und ist mittlerweile vergriffen.
Es folgten viele erfolgreiche Auftritte und das Besetzungskaruselldrehte sich bald weiter, da Tobias die Band aus Studiengründen verlassen musste. Auf Bassersuche trafen wir unter anderem auch auf Konrad Hartig, der ein Jahr später das Zweitwerk "StRypped" hinter den Reglern entstehen lassen sollte. Diese Silberling-Ausgeburt sollte dann auch mit besserem Sound, ausgereifteren Liedern und einheitlicherem "Modern Metal" glänzen.
Einige Zeit nach den Rohaufnahmen ohne Gesang stießen dann die beiden, das heutige Line up vervollständigenden, Crazy Motherfuckers Peter Hoffmann, einem Banger vor dem Herrn, und Steve Wingard, derAmi, der bei Nickelback ausgestiegen ist zu uns. Mit diesen Beiden wurde Nitrolyt erst zu der Dampfwalze, die sie heute ist.
Um den globalen Eroberungsfeldzug schließlich ins Rollen zu bringen, schrieben wir unsere besten Songs noch mal in Richtung Eierwackeln um und nahmen die fette EP "Nitrolyt - Just another angry Record" auf, die seit ihrem Erscheinen im Sommer 2005 mächtig für Furore sorgt.

Nun habt ihr mit Steve ja einen Mann in euren Reihen, der nicht unbedingt trockenen Fusses nach Hause kommt – was gab denn den Ausschlag für etwas Amerika, wie habt ihr euch kennengelernt?

Roland:
Steve ist ein US-Boy der dem Ruf der Liebe nach Deutschland gefolgt ist und an der Uni Halle studiert hat. Dort stieß er auf einen Aushang unseres Alt-Bass-Monsters Tobias, dass Nitrolyt gesangliche Unterstützung suchten. Er meldete sich einfach bei uns und dann kam eins zum anderen: Steves geile Stimme und unsere geile Mucke und schon entstand eine Symbiose, die wohl schwer aufzuhalten sein wird.
Natürlich ist es auch ein ungeheurer Vorteil, dass Steve die englische Sprache etwas beherrschert, so dass er und sein Brain jetzt noch bessere Nitrolyt-Texte erschaffen können. Und internationales Flair hat ja auch noch keiner Band geschadet.
Giant Hupfi (guitar, backings): Das lustige daran ist ja eigentlich, dass ich eher darüber schmunzeln musste, als Tobias den Aushang in Halle machte, da wir ja nun alle Leipziger sind. Das Coole war, das Steve sowieso vor hatte, nach Leipzig zu ziehen. Perfekt also.

Euer letzter Silberling „Nitrolyt“ wirkt auf mich wie ein musikalischer Spassvogel auf der sonnigen Reise zwischen Thrash und Modern Metal – seid ihr noch auf der Suche nach dem Nitrolytic Uberstyle (was ich aufgrund der recht grossen Diskografie nicht glauben mag) oder wird es bei euch immer ein Nebeneinander von Thrashhämmern und NeoFunkExperiMetal (yeah!)geben? Wieviel Einfluss haben da die Vorlieben der einzelnen Musiker (und wo liegen diese)?

Roland:
Fakt ist, dass unser Stil auch jetzt noch stetem Wandel unterliegt. Es wird mehr und mehr moderner und wir experimentieren viel. Trotzdem entstand als eines der neuesten Lieder auch wieder ein astreiner High-Speed-Thrasher. Wir werden uns also wohl nie von unseren "Commando Metal"-Wurzeln ganz lösen, dafür macht es auch einfach zu viel Spaß so richtug loszuknüppeln. Momentan ist unsere Jazz-Core-Phase aktuell, das heißt ab und zu pseudojazzige cleane Gitarren und andere schräge Einwürfe.
Unter den Bandmitgliedern gibt es weitgehenden Konsens darüber wie Nitrolyt zu klingen haben, obwohl die persönlichen Einflüsse der einzelnen Mitglieder weit streuen: der eine steht mehr auf Power Metal, der andere auf Progressive Metal und ab und zu wird auch Death und Trash gehört. Wir sind jedoch nicht nur Metaller, sondern haben auch noch jeder andere Lieblinge. Ich, zum Beipiel, lehne mich auch äußerst gerne bei Rush, Michael Jackson, russischen Klassikern und sogar Britney Spears zurück.
Hupfi: Ich weiß nicht Roland, ob es gut ist, dass du hier deine Vorlieben zu Britney Spears offenbarst... Sag lieber, dass du sehr auf Disillusion abfährst (nachdem du dir jetzt schon alle CDs und Pullover und Unterwäsche besorgt hast:-)
Ich habe mir letzte Woche die aktuelle von Nickelback gekauft. Ich hege auch Interesse mir den derzeitigen Longplayer von Jamiroquai zu holen. Ansonsten sind Symphony X und Dream Theater meine Favorites.

Stichwort Texte: Ihr habt – vielleicht aufgrund eures eigenen Stilmixes – eine angenehm unverkrampfte Art, mit Klischees umzugehen (was den Metal betrifft) und seid thematisch manchmal auch nahe am (Fun)Punk. Wie ernst sollte man euch denn nun nehmen? Was denkt ihr, welche Rolle Klischees (egal, in welcher „Szene“) heute eigentlich zukommt?

Roland:
Nitrolyt nicht ernst zu nehmen wäre auf jeden Fall ein großer Fehler. (Anm. Hupfi: Ja genau!!!)
Ja, unsere Texte waren bis jetzt nur mit heftigem Kichern zu lesen, denn wir lehnen es ab Schwertklischee IV und Mein-Leben-ist-Scheiße Ausführung 9d zum x-ten Mal zu wiederholen, weshalb wir uns in die Comedy flüchteten, wobei uns unsere humorvollen Geister hilfreich unterstützt haben.
Mittlerweile ist unser Produkt jedoch am Reifen, und mit ihm ändert sich die textliche Ausrichtung. Steve hat ne Menge Stories zu erzählen und nicht selten wurden uns unsere Lyrics als Hemmschuh attestiert. Deswegen wird es also in nächster Zeit "sinnvolle" Texte mit Hintergrund geben, die auch unsere neue Musik besser untermalen können.
Das wird jedoch wohl noch lange nichts daran ändern, das manch uninformierter Konzertbesucher uns noch vorschnell als junge, blutige Anfänger einschätzt, bevor ihm dann mit der ersten Note direkt das Hirn rausgeblasen wird.
Hupfi: Wir sind ja nun noch eher jung (und sexy *hust*). Da finde ich es plöd, irgendwelche kritischen Texte über dieses und jenes zu schreiben, da wir (damit meien ich die Jugendkultur als ganzes) uns dazu mit vielen Sachen zu oberflächlich befassen. Ich brauche keine Hasstiraden zu schreiben, was zwar einfach ist aber sinnlos. Wir sind in erster Linie Unterhalter durch Musik und keine verpeilten Weltverbesserer. Das können andere besser. Deshalb waren die Texte bisher auch relativ lustig gehalten, da das am ehesten unserer derzeitigen Verfassung entspricht.
Durch Steve wird das natürlich etwas anders. Er ist ja nun schon wesentlich älter und hat auch schon sehr viel Mist erlebt. Wenn er ernste Texte schreibt, dann ist das ehrlich und ok. Da er auf Grund der Sprache unser Haupttexter ist, gibt er auch die Richtung an. Wir geben da nur noch das Ok.
Und mal ganz ehrlich. Es gibt sehr wenige Bands, wo die Texte an erster Stelle stehen. Ich bin Musiker und will Musik machen und keine Predigten halten.

„Commando Metal“ ist so ziemlich der geilste 80er-Thrashprügel, der mir in letzter Zeit untergekommen ist und auch wenn es euch mittlerweile vielleicht auf die Ketten geht: Wie ist es zu dem Teil gekommen und wo rührt der durchaus vorhandene Kultstatus her (Publikumsreaktionen auf Konzerten)?

Hupfi:
Danke.
Also das Lied war Song Nr. 3, den ich je geschrieben hab. Den Begriff "Kommando Metal" selbst hat eigentlich ein alter Kumpel von mir (ein Hippie) herausgehauen, als er sich mal wieder über ein Metalklische zereiert hat (Manowar).
Roland: "Commando Metal" war einer unserer ersten Songs und ist auch dementsprechend mit einfachem Riffing und klarem, Bang-fähigem Uffta Uffta-Beat ausgestattet. Die Lyrics sind als Absage an den Mainstream-Kapitalismus-Pop zu verstehen. Beides zusammen scheint wohl eine magische Anziehungskraft auf den Metalfan auszuüben, der dann seine Haare einfach nicht am Kopf behealten will.
Wir haben den Song immer als eine Art Band-Hymne gesehen (heute mittlerweile nicht mehr) und ihn auch oft als Konzerthighlight präsentiert, so dass es wohl die Kombination aus Mucke, Text und Attitude war, die "Commando Metal" so weit nach vorn auf der Kultskala gebracht haben.

Neben der Geige auf besagtem Song gibt es auf dem Demo noch zwei weitere Gastbeiträge, unter anderem von einem Leipziger Emcy namens Marcel. Wie kam es zu den Kontakten, wusstet ihr bereits beim Schreiben, dass der Song einen Gastauftritt bekommen würde?

Roland:
"Incredible Georg", der Song mit Marcelemcy im Interlude, war unser erstes Lied und damit Jahre fertig, bevor der Gedanke an eine Kollaboration aufkam. Wir haben Marcel bei unserer Ex-Zweitband Shaype kennengelernt und die CD-Version von "Incredible Georg" bei einem Wettbewerb mit ihm als Gimmick gespielt. Das ganze kam gut an und in unseren augen hat es so gefunzt, dass wir ihn auch gerne auf der CD dabeihaben wollten. Neuen Einflüssen verschließen wir uns sowieso nicht und wer hat schon mal einen Thrasher mit Rap, Akkordion und Streichern ausgestattet?
Man kann sagen, wenn es knallt und auch noch innovativ ist, dann machen wir das auch, ohne auf irgendwelche Grenzen zu achten, die heute eh oft überholt erscheinen.

Ich werfe hier ganz unbekümmert „Bandcommunity“ und „Your Mother Rocks“ in den Raum *klatsch* - erzählt mal ein bisschen, so allgemein, aber auch im Hinblick auf Vor- und Nachteile für die Bands...

Roland:
Die Bandcommunity Leipzig ist ein Verein, der es sich auf die Fahne geschriebn hat, Leipziger Untergrungbands zu bewerben und nach vorn zu bringen. Dort wird sehr engagierte Arbeit auf Seiten der Offiziellen geleistet und auch Nitrolyt haben davon schon ein paar Mal profitiert, sei es durch Konzert- oder CD-Reviews, oder Auftritte, wie September diesen Jahres auf der Leipziger Festwiese vor ca. 3000 Zuschauern. Ein weiterer großer Vorteil ist natürlich auch, dass sich Veranstalter aus der Bandliste noch geeignete Bands für ihre eigenen Konzerte suchen können.
Nachteile sehe ich in der Mitgliedschaft keine, denn sie ist ja kostenlos und unverbindlich, und man will dort wirklich nur das beste für die Bands, da die Offiziellen ja auch Musiker in ihren eigenen Bands sind und daher wissen wo es langgeht.
Hupfi: Nun ja, man bekommt einen Überblick, wie viele Bands es eigentlich gibt (wow, sehr viele!!). Ob es in puncto Veranstalter was nutzt bin ich eher skeptisch. Trotzdem habe ich gehörigen Respekt vor den Leuten und ihrer Arbeit.

Was im Vergleich zu früheren Outputs (wo bekommt man die eigentlich noch?) auffällt, ist der extrem tighte Sound der Scheibe – hier wurde wirklich Massarbeit geleistet. Was sprach denn – abgesehen von der räumlichen Nähe – für Andy und das Salvation? Wie waren die Aufnahmen, woran liegt es, das diesmal der Arschtrittfaktor stimmt?

Roland:
Also, wenn man ganz liebt fragt kann man von uns auch noch "StRypped"-CDs kaufen. "Commando Metal" ist leider ausverkauft, doch wer noch lieber fragt und vielleicht auch seinen wohlgeformten (bevorzugt weiblichen) Körper ansprechend für uns präsentiert (bevorzugt leicht bekleidet und mit Obst belegt), für den kann man sicher nochmal den Brenner starten und eine illegale Kopie des Erstwerks herstellen.
Nun, warum ist die neue CD so arschfett und -tight? Zuerst einmal wurden die Vorgänger weit entfernt von sogar semiprofessionellen Verhältnissen produziert. "Commando Metal" entstand in einer Höhle (das Wort "Wohnung" wäre zu schmeichelhaft) die mit zweifelhaftem Equipment ausgestattet war und von Leuten behaust und genutzt wurde, die erst am Anfang ihrer Produzententätigkeit standen. Den zweiten Output "StRypped" haben wir im Nitrolyt-Probenraum aufgenommen mit Hilfe unseres Ex-Bassisten Komrad. Das Ergebnis war um Welten besser, doch trotzdem noch weit vom "Kann-man-zum-RockHard-schicken"-Niveau entfernt.
Disillusion ist eine unserer absoluten Lieblingsbands, daher waren wir schon länger an Kontakt interessiert. Schließlich kam man das erste mal mit Vurtox zusammen und hat die "Shaype"-CD aufgenommen, die schon soundtechnisch viel zu bieten hatte. Im gleichen Atemzug wurde der zweite Gitarrist von Disillusion Rajk Barthel unser Verleger und betreut uns seither wunderbar, so dass noch engere Beziehungen geknüpft wurden. Als es dann zur Entscheidung kam eine neue Nitrolyt-CD aufzunehmen war eigentlich sofort auch klar noch mal ins Salvation-Studio zu gehen, da wir erstens wussten, dass wir dort auf den richtigen Spirit treffen würden um etwas besonderes zu erschaffen und zweitens, es klar war, dass Vurtox metaltechnisch richtig fett aufnehmen kann (wer sich überzeugen will muss nur "Back to Times of Splendor" von Disillusion sich reinziehen) und uns zur Not auch mal einen kleinen Rat unter Musikern geben kann.
Es gibt bei Aufnahmen einfach zwei Komponenten ,die stimmen müssen: das Equipment muss genug hergeben, dass man seine Visionen gut in die Festplatte bekommt und die Erfahrung des Aufnehmenden muss ausreiched sein, so dass auch Probleme schnell gelöst werden können und man sich nur mit dem Besten zufriedengeben muss. Beides findet man beim Vurtox einfach und so sind wir auch heute noch immer wieder von unserem neuesten Werk beeindruckt.
Hupfi: Es spielt natürlich auch die Erfahrung mit. Schließlich ist es ein Unterschied, ob man zum ersten Mal im Studio ist, oder wie bei "Nitrolyt" zum fünften (wenn man die Nebenprojekte mit einbezieht). Man weiß, wie man sich vorzubereiten hat und ist auch nicht mehr so aufgeregt. Incredible Georg war z.B. bei den Rhythmusgitarren ein First Take. Ging runter wie warme Semmeln:-)

Nun habt ihr ja beim Newcomer-Event „Leipzig. Courage zeigen“ mitgemacht und euch immerhin den dritten Platz des Endausscheids gekrallt. Wie kann man sich die Bedeutung dieser Veranstaltung (regional/national) vorstellen, hat sich das für euch positiv oder negativ ausgewirkt?

Roland:
Nun ja, das "Courage-Festival" ist ein Leipziger Bandwettbewerb, der in sechs Vorausscheiden und einem Endausscheid ausgetragen wird. Zu gewinnen gibt es einen Auftritt beim alljährlichen Protestkonzert am Vorabend des 1. Mais, an dem in Leipzig immer Demos von Neonazis stattfinden. Bei diesem Konzert treten stets regionale und nationale Stars auf und es lauschen ihnen mehrere Tausend Zuschauer. Außerdem winkt dem Sieger noch eine CD-Aufnahme.
Prinzipiell hat der Contest nur kommunale und regionale Bedeutung. Die Konzerte sind zwar gut besucht aber einen Bekanntheitsschub gibt es wenn überhaupt wohl nur für die Gewinnerband. Am nützlichsten sind halt immer noch eine gute Aufnahme, eine Tour oder die blanke Kohle als Wettbewerbspreise. Da es ja eine Aufnahme zu gewinnen gibt ist eine nochmalige Teilnahme von Nitrolyt nicht ausgeschlossen, aber zu Wettbewerben haben wir mittlerweile ein gespaltenes Verhältnis, nachdem wir zu oft dort auch einfach beschissen wurden.
Hupfi: Wettbewerbe sind in gewisser Weise immer 'ne Art Bandverarsche. Es war z.B. sehr interessant, wie Sequoyah (die Sieger des Courages) am Autrittstag verfeuert wurden (Spielzeit um 18 Uhr vor vielleicht 1000 Hörern - am Abend waren es 20000; zudem Spielzeit gekürzt auf 4 Lieder...). Alle reden immer von Bandsupport. Aber der einzige, der von einem Wettbewerb wirklich was hat, ist der Veranstalter, da er den Bands keine Gage zahlen muss. Die Bands werden zu Konkurenten, was eigentlich wirklich nicht sein muss und jeder, der nicht erster geworden ist, geht als Verlierer nach Hause, obwohl er vielleicht sogar nen Bombengig hingelegt hat. Das ist alles sehr zweifelhaft. Auch der Hörer muss sich auf Grund der Masse an Bands oft mit eher schlechtem Sound herum plagen. Wettbewerbe sind nur unter einem Aspekt sinnvoll, nämlich sich einen fremden Publikum vorstellen. Die Preise sind alle eher bescheiden (mal ganz ehrlich, was will ich denn mit einem Videodreh im Wert von 300 Euro oder ein Studiodeal von 500 Euro?? Ordentliche Aufnahmen kosten nun mal mehr). Ich würde am liebsten komplett auf Wettbewerbe pfeifen, aber lieber so einen Gig als gar keinen und es ist sehr schwer an Gigs zu kommen vor allem außerhalb der Heimatstadt

Wo wir gerade dabei sind: Spielt ihr eigentlich jeweils unterschiedliche Sets, also eher modern auf Veranstaltungen wie „Band des Jahres“ und eher metallisch, wenn ihr mit Metalbands auftretet?

Roland:
Ja. Um unser Programm machen wir uns immer viele Gedanken, besonders was Songauswahl und Reihenfolge betrifft, aber auch Showelemente und andere Feinheiten werden eigentlich immer durchdacht geplant. Unsere Meinung ist, dass die richtigen Lieder, und ihre knallige Reihenfolge, einer der wichtigsten Schlüssel zu einem gelungenen Gig sind. Abwechslungsreiche Tempi, gute Übergänge und konditionelle Aspekte werden dann oft lange diskutiert und es wird natürlich auch auf die Veranstaltung geachtet. Besonders bei wichtigen, aber kurzen Auftritten muss man sich gut überlegen, wie man möglichst alle Facetten von Nitrolyt rüberbringt und so einen möglicht guten Eindruck beim Publikum und den Veranstaltern macht.

Live macht ihr einen sehr lebendigen, energetischen Eindruck – wie waren eure bisherigen Auftritte (vllt. bester/ nicht so bester) und seid ihr mit der Auftrittssituation in Leipzig zufrieden?
Wieviel eurer eigenen Motivation hängt vom Publikum ab?

Roland:
Das Publikum und seine Reaktionen machen eigentlich das Meiste des Konzerts aus. Je lebhafter, man könnte auch sagen wilder, die Crowd ist, desto mehr geht e auch bei uns auf der Bühne ab. Allerdings müssen wir natürlich gerade am Anfang auch Vorschub leisten, und das heißt, dass jeder Gig, egal ob vor 20 Leuten oder vor 500 energiegladen angegangen wird und wir das Publikum von uns überzeugen wollen. Gehen die 20 Leutchen dann richtig ab, dann wird es auch ein besserer Gig für uns als wenn die 500, sich die Ohren-zuhaltend, den Stillstand proben.
Dementsprechend illustre sehen dann auch drei unserer Favourites aus: Wir spielten am Abschluss eine Jugendfestes eines sächsischen Dorfes vor etwa 30, meist jüngeren und weiblichen, Zuschauern, die wohl noch nie jemanden einen Kopf schütteln haben sehen. Wir hatten trotzdem unseren Spass und hinterher mussten wir aufeinmal Autogramme geben und sind unsere CDs losgeworden. Aber auch der Gig auf der Leipziger Festwiese (s.o.) vor vielen Leuten und auch Fans war ein Highlight, auch wieder mit unverhofft gigantischen CD-Verkäufen (immer für uns ein Indikator für ein begeistertes Publikum). Meistens sind es aber gerade Gigs in der Mitte, die den größten Flash verursachen. Ordentlich Leute, davon viele Nitrolyt-Fans, oder zumindest Metal-Fans und gute Gesamtveranstaltungen.
Hupfi: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich den Gig im Kulturbundhaus vor Disillusion eher suboptimal fand. Da war unssere Songreihenfolge nicht wirklich gut gewählt und es gab im Vergleich zur Festwiese eine Woche vorher auch ein paar lange Gesichter. Aber man lernt daraus und macht es beim nächsten Mal besser.

Nach dem gelungenen Kleinwagen sollte nun eigentlich die getunte Familienkutsche folgen, sprich: Wie sieht's denn in absehbarer Zukunft mit einer neuen Full-Length aus? Gibt es Kontakte zu Labels? Wie gestaltet sich die Situation in Bezug auf Eigenproduktion (finanziell etc.)?

Roland:
Ein Album ist wohl frühstens in einem Jahr zu erwarten. Dafür müssen zunächst noch weitere neue Songs geschrieben werden, denn ein Acht-Tracker sollte es ja schon werden. Auch müssen wir finanziell erst mal wieder auf die Beine kommen, denn eine Aufnahme in dieser Größenordnung mit dem EP-Soundniveau, Layout und Herstellung kostete ca. 2500 Euro. Die wollen erst einmal verdient sein, zumal wir alle auf niedrigem Finanzniveau surfen und es alles andere als leicht ist eine solche Band wie Nitrolyt auf finanziellem Plus zu fahren.
Labels werden wir dann erst mit dem nächsten Output richtig nerven, wenn wir mehr vorzeigbares Material haben und unser Stil etwas klarer ist.

Wann und wo kann man euch denn demnächst live erleben?

Hupfi:
Am 26. November in Oschatz zu einem... Bandwettbewerb (Toll). In Leipzig haben wir in letzter Zeit zu oft gespielt und müssen uns erstmal wieder etwas zurücknehmen. Auch in Eilenburg ist etwas in Planung. Wie schon gesagt, es ist sehr schwer aus Leipzig herauszukommen.

Ok, ich danke euch für eure Zeit und die Antworten und wünsche euch aus den infernalischen Tiefen meines Metallerherzens das Beste, sei es musikalisch oder auf das Leben allgemein bezogen. Zum Abschluss könnt ihr nach altem Brauch noch ein paar wichtige Sachen an unsere Leser bringen – allerdings müsst ihr vorher eine Vermutung äussern, wer denn diesen alten Brauch ins Leben gerufen haben könnte ;-):

Roland:
Nun, ich würde sagen, das war Zeus, der seine Interviews fürs "Olympic Magazine" noch selbst führte.
Ich möchte zum Schluss noch die Nitrolyt-Mottos unters Volk bringen:

1. MEHR IST MANCHMAL MEHR!

2. LEISE IST SCHEIßE!

Hupfi: Ich schließe micht Roland an und danke für das Interview.
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