Mystisch, schwarz und selbstbewusst


Interview mit Enochian Crescent
Black Metal aus Finnland - Vaasa
Eine der positivsten musikalischen Überraschungen hatte ich dieses Jahr, als ich das Album ''Black Church'' der finnischen Band Enochian Crescent das erste Mal hörte. In vielerlei Hinsicht machte die CD auf sich aufmerksam. Da war zum Einen der Stil und zum Anderen die teilweise recht merkwürdige Sprache.
Um nun näheres zu erfahren, nahm ich also Verbindung zum Gitarristen und Bandkopf Victor auf, der mir zusammen mit Bassist Dr. von Pfosforus ziemlich selbstbewusst Auskunft erteilte.



Schönen Dank, dass ihr Euch die Zeit nehmt für ein paar Fragen.
Ich denke ihr seid noch nicht wirklich bekannt hier in Deutschland. Deshalb möchte ich Euch bitten uns mal zu sagen, wer Enochian Crescent eigentlich sind.


V: Enochian Crescent im Jahre 2006 sind fünf Köpfe, fünf Herzen und 10 Hände, die zusammen den einzigartigsten und fesselndsten Black Metal weltweit machen.


Euer Stil ist eher Finnish Black Metal. Was denkt ihr sind die Unterschiede zwischen diesem, dem Norwegischen oder Schwedischen Stil?

V: Große Musik kennt keine Grenzen. Wir sind in Finnland geboren und aufgewachsen. Gewiss hat das auch Auswirkungen auf unsere Mentalität und die Art wie wir Musik sehen und machen. In meinen Augen ist der Begriff Finnish Black Metal nur eine Marketing-Strategie und Enochian Crescent als Band, oder die Personen, die sich dahinter verbergen, haben mit so einer Strategie nichts am Hut. Wir spielen Black Metal, wie es Merciful Fate, Bathory oder Celtic Frost tun. Ich sehe dort keinen nationalen Wert.

P: Unser musikalischer Stil ist zu erst und hauptsächlich das, was Enochian Crescent tun. Und was wir können, oder wollen, wird je nach Gesichtspunkt des Betrachters eine Menge Dinge hervorrufen. Nationalitäten und die Herkunft können eine bedeutsame Art sein zu beschreiben was ein Folk fühlt. Es hat seine eigenen lyrischen und nationalen Themen und Ausdrucksformen. Unabhängig davon wurde uns offensichtlich der Stempel ''Finnish Black Metal'' aufgedrückt, weil unser Sound und unsere musikalische Betrachtungsweise als Ausdruck unserer Nationalität gesehen wird. Einige Personen sehen das auch gerne als finnisches Sub-Genre. Aber ich würde unseren Stil nicht als Finnish Black Metal beschreiben wollen, aber man könnte es, wenn man es wollte.

Mal ganz abgesehen davon, wenn man in einem vorgeprägtem Stil feststeckt, wirkt sich das nicht sonderlich positiv auf den kreativen Prozess aus. Würde mir gegenüber jemand behaupten, Black Metal sei nicht kreativ sondern destruktiv, dann würde ich erwidern, dass das kreieren sehr wertvoll sein kann. Es geht darum, die schwachen Elemente und Einflüsse im Entstehungsprozess zu zerstören. Wenn eine Band das nicht mehr von sich sagen kann, dann sollten die vielleicht besser aufhören.


Warum habt ihr Euren Sound, wenn man Eurem Deutschland-Vertrieb glauben kann, nach Eurer letzten CD ''Omega Telocvovim'' vom Melodic Black Metal zum Finnish Black Metal geändert?

P: Ja, und in Finnland umschreibt unser Plattenlabel unsere Musik als Mystical Enochian Black Metal. Ich denke nicht, dass wir wie Finnisch Black Metal klingen.

Ich weiß auch nicht, ob Enochian Crescent irgendwo mehr finnisch, skandinavisch oder europäisch klingt. Es ist halt so, als ob man eine Stimme hört und sich dann fragt, wie man diese beschreiben soll. Ich könnte Dir nicht sagen, wie ich klinge seitdem ich mich höre. Es ist für jeden auf seine Weise durchlässig. Und das ist wie die Band für uns klingt.

Die leichte Veränderung des Sounds, im Vergleich zu früheren Aufnahmen, ist spürbar, aber es kann hier nicht die Rede von einer Änderung des Stils sein! Wir wollen einfach so klingen, wie der Song am besten unterstützt werden kann. Kurz bevor wir ins Studio gehen besprechen wir den Sound, die Atmosphäre und den Spirit, der darin zu finden sein soll. Die Energie kannst Du dann bei Live-Shows spüren. Und gemäß unseren eigenen Vorstellungen, machen wir nur minimale Gitarren-Overdubs, so als ob wir live spielen würden. Ein sehr organischer Sound, wo sich eine Menge Spielraum finden lässt.

Und durch diesen Sound ist die Nähe zum Heavy Metal der alten Tage schon fast eher zu finden als zum typischen Black Metal, da ist irgendetwas fremdes und exotisches in unserem Sound. Das ist natürlich gut so und harmoniert mit den Themen des Albums.


Wo seht Ihr Eure Haupteinflüsse?

V: Im Spiegel.


Lasst uns über Eure aktuelle CD ''Black Church'' reden. Ihr benutzt keinerlei Keyboards und trotzdem gelingt es Euch einen komplexen und faszinierenden Sound zu erzeugen. Wo ist das atmosphärische Geheimnis in Eurer Musik?

V: Das Rezept für einen guten Song lautet für mich wie folgt: Als erstes benötigt man Verlangen. Das Verlangen danach, mit jedem Song etwas Spezielles zu bewirken. Das Verlangen aufzustehen und anders zu sein. Dann braucht es Inspiration. Meine Inspiration sind jederzeit die Texte und die Seele des Songs. Verlangen und Inspiration zusammen formen die Vision des Stücks. Die Vision ist dann der rote Faden durch unsere Musik; der musikalische Ablauf, die Gesangslinie und die Arrangements. Geleitet von dieser Version nehme ich den Song mit und spiele den Entwurf den anderen Bandmitgliedern vor. Zusammen fangen wir dann an die Vision mit jedem kleinen Detail zu realisieren. Jedes Instrument hat eine enorme Bedeutung und viel vom Arrangement wurde nur deshalb gemacht, um eine Auswirkung in mehreren Ebenen zu haben. Der Rhythmus, die Schlagkraft, die Geschwindigkeit, der Anschlag, die Pompösität und jedes andere Detail ist zuständig, um der Atmosphäre den letzten Schliff zu geben.

Unterm Strich benötigt es eine Menge Schweiß und harte Arbeit. Aber trotz dieser harten Arbeit darf man nicht die Wichtigkeit des Könnens vergessen. Das steht an erster Stelle, wenn etwas fesselndes komponieren will.


Im Opener ''Tatan'' benutzt Ihr Worte wie: 'Ge-Fifalz Iaida Laiad'' usw. Was ist das für eine Sprache und was bedeutet es?

P: Die Sprache ist Henochisch, das wir auf jeder Veröffentlichung benutzen. Es ist die Sprache der Engel. Dr. John Dee kommunizierte 1581 zu erst mit den Engeln. Unserer Auffassung nach, ist dieses der Wendepunkt in der klassischen westlichen Esoterik. (Wer näheres darüber wissen möchte, dem empfehle ich hier ausnahmsweise einen Blick auf Wikipedia Anm.d.R.)

Heutzutage ist Henochisch weitläufig bekannt unter praktizierenden Magiern und okkulten Zirkeln, wie Aleister Crowley, Church Of Satan, Aurum Solis und die Arbeiten von Benjamin Rowe, um nur die bekanntesten zu nennen.

Die Botschaft dahinter präsentiert sich als Drohung, dass ein Unwürdiger in Unachtsamkeit die Finger davon lassen sollte. Es ist aber einfach zu übersetzen, wenn man sich für geheime Künste interessiert und man ein geeignetes Wörterbuch dafür hat. Dieses bekommt man entweder im Buchhandel oder im Esoterik-Shop. Versucht es selbst.


Wo kommen Eure Ideen für die Texte her?

P: Nach der vorherigen Antwort stelle ich Euch auf die Probe und Ihr versucht es selber herauszufinden. Aaiom Comselha De Maoffas Adphath.


''Black Church'' ist in drei Parts unterteilt. Zufall oder sollte es ein Konzeptalbum werden?

P: Nein, normalerweise sind in unserer Musik keine blinden Zufälle, also kann man es als Konzeptalbum bezeichnen. ''Black Church'' kann als Art Dreifaltigkeit gesehen werden (der Song, das Album und die schwarze Kirche, das sind die Ein/Ausdrücke). Da ist eine klare dreieinige Weise in der Botschaft von ''Black Church'' (das Album), wenn man dieses interpretiert. In diesem Sinne ist es ein Konzeptalbum.

Aber ich will verdammt sein, wenn ich zu viel von dem Konzept von ''Black Church'' selber offen lege und den Leute damit die eigene Meinung zu den Texten und die Suche nach der Herkunft der Inspiration vorweg nehme. Das machen wir einfach nicht! Ganz abgesehen davon, solch einen Frevel, die Quelle unserer letzten Inspiration preiszugeben, wäre reichlich unklug. Wer weiß, ob die schwarze Kirche, die uns während der Arbeit am Album begleitet hat, nicht Rache an der dritten Generation nehmen wird.


Euer Sänger 'Wrath' nennt sich im Booklet von ''Black Church'' selber 'Sister' Wrath. Hat er vielleicht Probleme mit seinem Geschlecht? ;-)

P: Eigentlich wollte er sich 'Mister' nennen, entschied sich dann aber für 'Sister'. Ein flirten mit gegensätzlicher Ästhetik und Ideen. Wrath ist eine verrufene provokative Gestalt entgegen der tief verwurzelten Black Metal Szene. Wir sind alle alt genug, um uns an die Zeit zu erinnern, als Gothic und Black Metal Ästhetik und die Genregrenzen noch nicht gefestigt waren. Unbewegliche Genres mit hochnäsigen Meinungen kamen auf.

Sicher, er geniest es einem armen Kreuz auf der Bühne eins mitzugeben, wer würde das nicht, und mit Blut zu spritzen, aber er ist ebenso klar in der burlesken Ästhetik des Gothics mir drin, was das Cross-Dressing angeht. Ich denke, es geht ihm darum mit den Gedanken der Menschen zu spielen. Er macht die Leute unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, was zur Schönheit gehört. Sie sollen nicht wissen was in ihren eigenen Gehirnen vorgeht, wenn er als transsexuelle Inkarnation eines Nazareners Christen verflucht und andererseits die zurückgebliebenen Konzepte des Black Metals verspottet. Dann ist Fakt, das Homophobie eine Angst ist; Angst vor Homosexuellen eben als Stilmittel. Früher war die Angst im Black Metal nicht da Grenzen zu übertreten.


Was wird nach der Veröffentlichung dieses Albums kommen?

P: Vielleicht die Apokalypse und reinigendes Feuer. Wir werden das verbreiten, um die schwarze Kirche denen nahe zu bringen, die die Glocken noch nicht gehört haben. Live-Shows wären für dieses Unterfangen geeignet die Energie freizulassen, die ein spirituelles Unbehagen spüren lässt, bevor man das unsichtbare Feuer zu sehen bekommt.

Wir werden auch das Album und die MCD aus unserer Avantgarde-Phase, ''Omega Telocvovim'' und ''Babalon Patralx De Telocvovim'', über Woodcut Records neu veröffentlichen. Es wird unsere Sachen auch auf Vinyl geben. Neue Parolen auf T-Shirts. Es ist das elfte Jahr unseres Bestehens und wir werden versuchen das Meiste davon zu verwirklichen. Wir planen immer neue Dinge und lesen den Kalender sowie das Astrolabium.


Werden wir Euch live in Deutschland sehen können?

V: Wir würden liebend gerne mal in Deutschland spielen. Dafür brauchen wir aber einen Promoter, der das arrangiert und nicht zuletzt ein oder zwei Gigs. Flüge kosten heutzutage nichts mehr, also könnte so was mal passieren. Die andere Möglichkeit wäre natürlich als Vorband in das Programm einer bekannten Band zu kommen. Ich für meinen Teil sehen die erste Möglichkeit da im Moment als realistischer. Kennt von Euch nicht einer einen Clubbesitzer, der auf höllischen Black Metal steht?


Alle Musiker der Band sind in anderen Bands, wie Throes Of Dawn oder Nocturnal Feast, beschäftigt. Ist Enochian Crescent am Ende nur ein Nebenprojekt?

V: Enochian Crescent ist die Nummer 1 für alle Mitglieder! Andere Projekte unterstützen die Hauptband dadurch, dass den Mitgliedern die Möglichkeit gegeben wird, ihre musikalischen Fähigkeiten in anderen Wegen auszuleben.

P: Wir sind ziemlich produktive Typen, so könnten sich unsere Fans sonst wundern, wie es zu so einer langen Zeitspanne zwischen den Alben der Telocvovim-Triologie kommt. Und wir können ja auch nicht immer nur Enochian Crescent sein, aber Enochian Crescent wird immer bei uns sein. Es ist, als wenn man verheiratet ist, aber ein Dutzend Affären hat.


Eure Landsleute von Lordi haben sich für den European Song Contest qualifiziert. Was denkt Ihr darüber und würdet Ihr das auch machen wollen?

V: Lordi machen eine hervorragende Show, mit Monsterkostümen und Pyrotechnik. Ihre Songs haben einen mitreißenden Hard Rock Stil, also warum nicht!? Ihre Performance wird gesehen werden, vielleicht kann man dadurch ein paar Kids auf die Metal-Ebene bringen. Viel besser, als die Option gegen Windmühlen anzukämpfen und Kirchen zu verbrennen.

Würden wir das machen?... Nun, müssen wir?


Die letzten Worte gehören Euch!

V: Vielen Dank für das Interview. Wir bluten stark in Ihrem Chamber. (Originalzitat! Anm.d.R)
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