Total fuckin' darkness mit Sänger Fredrik


Interview mit Totalt Jävla Mörker
Hardcore aus Schweden - Skellefteå


Die Schweden TJM haben mit ihrer selbstbetitelten Langrille soeben ein ordentliches Pfund in den Ring gehauen und nebenbei gezeigt, dass sich räudige Hassattacken ganz gut mit technischen Spirenzchen kombinieren lassen. Komisch nur, dass man ausserhalb der Heimat bisher noch gar nichts von ihnen mitkommen hat.
Damit das nicht so bleibt, klemmte sich Frontsau Fredrik in Windeseile hinter die Tasten, um ein wenig Licht ins total verfickte Dunkel bringen...

Grüss dich, Fredrik, und danke, dass du die Zeit findest ein paar Fragen zu beantworten. Wie geht’s euch so kurz nach dem Release von „TJM“ – seid ihr zufrieden, seid ihr erleichtert?

Yeah, Erleichterung ist wohl das richtige Wort! Als wir in der Pre-Production waren, wussten wir noch nicht einmal, auf welchem Label die Scheibe letztendlich überhaupt erscheinen würde.
Natürlich sind wir auch sehr zufrieden, denn „TJM“ klingt exakt so, wie wir uns das gewünscht haben: Die Songs kommen sehr roh und lebendig rüber und zeigen uns als Band von unserer besten, spielfreudigsten Seite.

Im Gegensatz zu anderen Vertretern der sogenannten „Crust“-Szene schafft ihr es, verdammt viele Details in eure Zweiminüter zu packen. Wie erklärt ihr euch diese eher ungewohnte Vielfalt und Abwechslung?

Diese Vorstellungen und Ambitionen hatten wir im Grunde schon, als wir damals mit TJM angefangen haben – wir konnten sie aber aufgrund spielerischer Mängel einfach noch nicht umsetzen. Mittlerweile sind wir instrumental eine Ecke weiter und deswegen in der Lage, unseren Ideen auch die entsprechende Gestalt zu geben, also tun wir es.
Am Ende geht es uns auch nicht darum, eine Crust- oder Grind- oder Moshband zu sein: Wir stehen für alles, was Hardcore ausmacht, und das umfässt nun mal viele verschiedene Stile.

Ihr habt ja in euren Anfangstagen als ziemlich klassische HC-Combo begonnen, bevor es zu einem dunkleren, aggressiveren und desillusionierten musikalischen (gesellschaftlichen?) Ansatz kam – was war der Anlass für diesen Kurswechsel?

Hmm, die Dunkelheit könnte man vielleicht auf den Winter hier in Schweden schieben, wo es am Tag 20 Stunden keine Sonne gibt, hehe.
Aber prinzipiell läuft es, wie erwähnt, schon ein wenig darauf hinaus, dass wir damals unsere Instrumente noch nicht beherrschten – wir wollten zu der Zeit innerhalb unserer Möglichkeiten einfach möglichst abgefuckte Musik machen, wir wollten schnell spielen und unseren Hass auf die Gesellschaft loswerden.

Haben die häufigen Lineup-Wechsel da auch eine Rolle gespielt?

Bestimmt, damals war ich zum Beispiel noch Drummer, und auch wenn ich damals das Gefühl hatte, dass ich (wie alle anderen) verdammt schnell spiele, so sind die neuen Stücke doch allesamt um einiges rasanter.
Manchmal hatten unsere Wechsel aber auch konkretere Hintergründe: Unser zweiter Gitarrist beispielsweise wurde zu jener Zeit festgenommen, weil er Nazis mit Steinen beworfen hatte. Als er anschliessend aus der Polizeiwache kam, verliess er die Band, um weg zu ziehen und Artist in einem Zirkus zu werden...

Laut eurer Bio gibt es TJM nun seit fast 10 Jahren, aber hier auf dem Festland hat bisher kaum jemand von euch gehört. Wie konnte das passieren, und wie sieht das in Schweden selbst aus?

Wir sind mittlerweile im neunten Jahr und ich würde sagen, dass unser ehemaliges Label Distortion einen grossen Anteil an der geschilderten Situation hat. Ich bin mir nicht mal sicher, ob unsere Scheiben überhaupt jemals ausserhalb von Schweden vertrieben wurden, weil der Typ einfach ein verdammt lahmer Motherfucker ist!
„Människans Ringa Värde“ zum Beispiel erschien als CD im April 2004, danach hab ich mich um die Feinheiten der LP-Veröffentlichung gekümmert, was Ende Juli 2004 erledigt war. Wir einigten uns also mit Distortion auf einen Release im frühen Herbst, so August oder September, aber es wurde tatsächlich Mai 2005, bis er das Ding endlich draussen hatte!
Wir haben bis heute kein Exemplar davon gesehen, obwohl das der Deal war: Er behält die Kohle, wir bekommen eine bestimmte Anzahl an Scheiben. Eine Zeit lang hab ich mich deswegen wöchentlich bei ihm gemeldet, aber irgendwann hat er nicht mehr geantwortet.
Was nun Schweden betrifft: Ich würde schon sagen, dass wir hier ziemlich bekannt sind.

Selbstbetitelte Alben markieren des Öfteren einen einschneidenden Punkt in der Bandgeschichte. Denkst du, dass ihr mit Regain im Rücken nun endgültig die Weltherrschaft an euch reissen könnt? Wie sind die Erwartungen an das Album?

Hehe, die Weltherrschaft wäre schon mal ein guter Anfang und ein neuer Start ist es vielleicht deswegen, weil Inge ja mittlerweile nicht mehr in der Band ist.
Ansonsten machen Regain derzeit einen echt guten Job für uns, ich meine, früher mussten wir unser Studio und solche Sachen komplett selbst bezahlen – jetzt bekamen wir den Studioaufenthalt und ein Video gestellt. Ich würde also schon sagen, dass wir momentan sehr glücklich sind.
Nun wird sich die Scheibe hoffentlich so gut verkaufen, dass das Label seine Kosten wieder rein bekommt – sie hätten es meiner Meinung nach definitiv verdient!

Kommen wir zu den Lyrics: Statt einer gross angelegten Fragerunde habe ich mir mal 4 Songs rausgesucht und bitte dich nun, meinem eingerosteten Schwedisch etwas auf die Beine zu helfen.

„Psykets Heroin“


Im Fernsehen kam mal ein Bericht über eine psychatrische Klinik in Schweden, wo sie Kinder zur Beruhigung einen ganzen Tag lang nackt in vollkommen leere, weisse Räume stecken.
Ich fand es schrecklich, dass es so etwas in Schweden gibt und habe dann diesen Song darüber geschrieben.
Ausserdem hatte ich ein paar Freunde, die dort waren und nach ihrer Rückkehr wurden sie immer introvertierter. Ich habe keine Ahnung, ob sie nun geheilt sind oder nicht – aber irgend etwas ist da nicht in Ordnung...

”Fängelse Med Vita Knutar”

Ein Song über das Aufwachsen und darüber, dass es im familiären Bereich viel mehr Gewalt gibt als wir glauben. Die Vergewaltigungsstatistiken zeigen, dass ”Zuhause” ein sehr gefährlicher Ort ist...

„Människan Som Försöksdjur”

2006 ist Wahljahr in Schweden, und obwohl wir bisher traditionell eine sozialdemokratische Regierung hatten, sieht es so aus, als ob es dieses Jahr ein Mitte-Rechts-Bündnis geben wird, welches die Wahl gewinnen könnte.
Ich denke, dass diese Regierung enorme Eingriffe in den Sozialstaat vornehmen wird.

„Döden, En Lönsam Affär?“

In diesem Song geht es um die Todesstrafe und darum, dass die Gefängnisunternehmen der Vereinigten Staaten eine sehr einträgliche Geschichte für ihre Vorstände und Shareholder sind.

Im fertigen Booklet gibt es übrigens alle Texte auf Englisch, damit jeder nachlesen kann, um was es geht.

Gibt es anlässlich der neuen Platte schon irgendwelche Tourpläne eurerseits?

Hmm, im September werden wir zwar auf Tour gehen, aber die führt uns nur durch Norwegen, Finnland, Dänemark und Schweden. Wir hoffen allerdings, den Rest Europas auch noch heim zu suchen – schauen wir mal, was sich ergibt.

OK Fredrik, ich danke dir für die Ausdauer. Viel Glück mit „TJM“ und falls dir noch was einfällt, dann bitte jetzt:

Ich danke dir - am besten zieht ihr jetzt gleich los, kauft unser neues Album und mosht euch die Birne vom Hals. Cheerz!
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