Die Legende des Leides oder doch ein erneuter Aufschwung?


Interview mit Eisregen
Black Metal aus Deutschland - Tambach-Dietharz
Die Trennungsabsichten sind Vergangenheit. Trotz einiger erfolgreicher Nebenprojekte sind Eisregen nicht auf Eis gelegt, sondern Arbeiten bereits am neuen Album „Blutbahnen“. Nach einem Labelwechsel ist die Stimmung in der Band wieder bestens. Am 02.09.06 war es soweit. Die Thüringer hat es wieder einmal in die Matrix nach Bochum verschlagen und Michael „Blutkehle“ Roth stand mir Rede und Antwort.

Zu Beginn spreche ich die Wahl des Ortes eures heutigen Konzerts an. Wie kommt es, dass ihr zum wiederholten Male in der Matrix auftretet? Ihr könnt doch mit Sicherheit auch größere Locations füllen. Wie kommt es, dass euch die Matrix so gefällt?


Die Matrix ist ein einfach ein schöner Club und uns hat es heute Spaß gemacht. Wir sind zufrieden und ich denke die Leute auch.

Nun da ihr mittlerweile ein paar Jahre besteht, gehe ich mal in Gedanken in die Vergangenheit und frage euch, wie es damals zu eurer doch recht krassen Änderung der Musikrichtung kam?
Also ich finde, dass nach der „Zerfall“ eine klare Stiländerung zu vernehmen war und deutlich mehr Melodie in euren Werken vorhanden war. Heutzutage bezeichnet man eure Musik ja auch eher als Darkmetal, im Gegensatz zu früher, als eure Musik klar als Blackmetal zählte.


Wir haben schon als Blackmetalband angefangen, aber recht schnell gemerkt, dass die ganze Einstellung nicht persönlich zu uns passt. Es war eine natürliche Entwicklung, dass wir nach der „Zerfall“ andere Wege gegangen sind, wobei diese auch unbewusst eingeschlagen wurden.
Wir haben relativ früh einen Plattenvertrag bekommen, als wir gerade mal 2 Jahre zusammen waren und die Zerfall entstand während unserer Findungsphase, wobei sie damals entstand, weil der Blackmetal der Stil war, der uns interessiert hat, die Interessen allerdings weiter reichten. Wir haben dann auch gemerkt, dass Blackmetal uns musikalisch nicht befriedigt.

Ich habe natürlich auch von euren Trennungsabsichten gehört, auf Grund der ständigen Probleme mit der BPJM. Erzählt mal ein bisschen was darüber und vor allem wie kam es, dass ihr euren Vertrag doch plötzlich verlängert habt?

Die BPJM war eigentlich nicht ausschlaggebend. In die „F*************is“ hatten wir sehr viel Zeit, Energie und auch sehr viel Kohle hereingesteckt und das Problem war Last Episode. Von denen kam nicht viel zurück. Die hatten sich damals mit so vielen Leuten verkracht, dass dieses Album nach der Produktion komplett untergegangen ist. Allein der Zeitaufwand den wir da rein gesteckt haben. Wir waren ein viertel Jahr im Studio. Das hat sich alles nicht mehr gerechnet. Da entstand dann schon eine Frustphase und wir wurden von den Magazinen boykottiert, weil Anzeigen für das Nachfolgealbum nicht mehr veröffentlicht wurden. Zur „Leichenlager“ hatte ich fast 100 Interviews und zu unserem 4. Album dann vielleicht 4 oder 5.
Die Magazine haben uns damals wegen dem Label boykottiert. Wir haben dann gesagt wir machen noch die Lieder die wir haben und noch 1 oder 2 Alben und dann ist Schicht im Schacht. Wir sind dann zu Massacre gewechselt und da hat sich sehr viel zum positiven gewendet. Wir haben dann auch wieder Musiker ausgetauscht. Unser Bassistenproblem besteht mittlerweile seit 11 Jahren und deswegen nehmen wir gar keinen mehr in die Band. Ein Bassist ist bei Eisregen auch nicht so entscheidend und wir spielen mittlerweile auch live ohne Bass und seitdem stimmt die Chemie auch wieder in der Band. Da bin ich eigentlich frohen Mutes, das wir noch ein paar sehr schöne Alben machen werden.

Wie sieht es bei euch eigentlich mit Unterstützung des Umfeldes aus? Sprich Familie o.ä. Ihr schreibt ja doch sehr provokante Texte. Wie gehen eure Eltern oder Familien damit um?

Meine Frau hört selber Metal und meine Verwandtschaft interessiert das gar nicht. Meine Mutter weiß auch, was ich mache und sie hat mich eigentlich auch immer unterstützt. Zwischen uns herrscht ein sehr relaxtes Verhältnis. Mein Vater, der letztes Jahr gestorben ist, hat es immer sehr gut gefunden, dass ich Musik mache.

Die Veröffentlichung eures Jubiläumsalbums liegt ja schon wieder fast ein Jahr zurück. Wann kann man ungefähr mit einem neuen Werk rechnen?

Wir nehmen Dezember/Januar auf und dann kann man grob gerechnet ein viertel Jahr aufrechnen. Also wird im April/Mai die „Blutbahnen“ im Laden stehen.
Nächstes Jahr werden wir auf alle Fälle tourtechnisch zurücktreten, weil wir noch Eisblut nebenbei machen und werden sehen, dass wir nach der Blutbahn direkt ein Album nachschieben und dann touren, weil das für die Fans mit 2 neuen Alben wesentlicher interessanter ist.

Ihr wart ja zu Beginn des Jahres mit Pungent Stench auf Tour. Wie sieht es aus, ist da evtl. mal ein gemeinsames Werk der beiden Bands geplant, oder wird es nur bei gemeinsamen Konzerten bleiben? Ich meine eine Split LP wäre sicherlich eine interessante Sache.

Ja da muss man sehen wie das Labeltechnisch machbar ist. Yantit unser Drummer macht ja Transilvanian Beat Club und da hat der Martin von Pungent Stench die Solo Gitarre auf der Cd eingespielt und wir sind mittlerweile sehr gute Freunde geworden.
Wir spielen demnächst in Bamberg auf einem Festival zusammen und da ist eigentlich ein sehr gutes Verhältnis. Wir machen auch nächstes Jahr ein paar Konzerte in Österreich, wo wir auch die indizierten Stücke spielen können.

Woher nehmt ihr eigentlich die Inspirationen für eure Werke? Das Horrorfilme und dergleichen nicht ganz unschuldig sind, kann ich mir denken, aber gibt es auch bestimmte Bands, die ich euch im Laufe der Jahre bei eurer Entwicklung beeinflusst haben?

Splatterfilme und Horrorfilme sicherlich. Ich höre privat eigentlich überhaupt gar keine Musik mehr. Wenn man die Musik macht, die einem gefällt, fällt es einem schwer zu anderen Bands Zugang zu finden. Ich war früher leidenschaftlicher CD und Plattensammler. Und das hat sich in den letzten 4-5 Jahren komplett geändert. Wenn ich mir eine andere Band anhöre achte ich auf die Produktion und auf alle Details und da verliert man den Spaß. Das finde ich eigentlich schade.

Gibt es eigentlich einen Ort, an dem ihr bei einem Konzert mal besonders schlechte Erfahrungen gemacht habt, oder an dem es besonders lustig zuging?

Wir hatten zu der „Leichenlager“ mal über Nacht ein Angebot bekommen, in einem AZ zu spielen. Das war ein besetztes Punkhaus, wo wir quasi vor 2 Punkern und einem toten Hund gespielt haben. Wir haben die Verpflegung in der Pizzeria hinterher auch selbst gezahlt.
Die Österreichischen Shows sind sicherlich geil, weil wir da die unzensierten Sachen spielen können und die Leute in Österreich sehr nett und fanatisch sind.

Worin besteht für euch die Faszination Thüringens? Ich meine, dass ihr stolz auf eure Heimat seid, bleibt ja niemandem verwehrt, aber erläutere doch einmal ein wenig genauer eure Gedanken.

Dazu brauchst du dir eigentlich nur den Text zu „Thüringen“ durchzulesen. Da ist denke ich mal alles ganz gut erklärt. Thüringen hat eine sehr schöne Landschaft und die Leute sind einfach unkompliziert. Aufgewachsen bin ich Nordhessen im Zonenrandgebiet. Ich wohne seit 17 Jahren in Thüringen und bin dort mit offenen Armen aufgenommen werden und werde dort auch nicht wieder weg ziehen.

Aus welchen Gründen habt ihr eigentlich eure Internetseite eingeschränkt?

Die ist in letzter Zeit sehr oft gehackt worden. Wir hatten mal ein Update gemacht und die Seite war nach 2 Tagen wieder komplett vermint.

Warum hat man für vier weitere Scheiben (alles Alben?) unterschrieben, wenn doch das letzte Album greifbar war und auch die Soloprojekte zeigen, dass man sich musikalisch bereits anderweitig eingerichtet hat?

Wenn man ein Soloprojekt macht ist das weil man andere Ideen hat, die man bei Eisregen nicht ausleben kann, umsetzen will.
Und das mit den Alben ist mit unserem neuen Label (Massacre Records) so geregelt, dass wir 4 Alben machen können, wenn wir Lust haben und wenn wir Alben herausbringen, dann werden die bei Massacre herauskommen. Aber es sieht auf jeden Fall ganz gut aus.
Wir sind mit der Arbeit von Massacre zufrieden und sie stehen auch komplett hinter uns

Wird sich nun "Menschenmaterial" verschieben oder folgen andere Alben?

Die „Menschenmaterial“ wird auf jeden Fall als letztes Album erscheinen. Allerdings sind auch ein paar Lieder die für die „Menschenmaterial“ geplant waren für die „Hexenhaus“ draufgegangen. Aber wir sind guter Dinge, das es noch ein paar Alben geben wird.

Wann gibt's eigentlich das erste Instrumentalkonzert mit ausschließlich indizierten Songs - vielleicht unplugged - bei dem am Eingang die Texte abgefragt werden und nur das Publikum singt?

(Es bricht Gelächter aus)
Das ist eigentlich eine lustige Idee. Da könnte ich auch zuhause bleiben. Wir müssen mal gucken, aber ein kleines Unpluggedkonzert wäre lustig. Da könnte ich endlich mal den Merchandisestand besetzen. Wie bereits gesagt, spielen wir die zensierten Versionen in Österreich.

Ok also ich bedanke mich, dass ihr euch noch Zeit für mich genommen habt und wünsche euch noch einen schönen Abend.

Danke, dir auch.

Zu Beginn des Interviews wirkte Michael Roth auf mich etwas lustlos, was sich aber im Laufe des Interviews änderte. Ich persönlich freue ich mich sehr auf das neue Album und alle folgenden Werke, da diese Band mich noch nie enttäuscht hat.
Ansonsten machen Eisregen eine gute Liveshow, welche man sich nicht entgehen lassen sollte. Wenn möglich, dann am besten in Österreich.
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