Keine Zeit für Reunions


Interview mit Primal Fear
Power Metal aus Deutschland
Anläßlich der Show mit U.D.O. bekam ich die Gelegenheit, mich ein paar Minuten mit PRIMAL FEAR-Wundersänger Ralf Scheepers über das neue Werk „New Religion“ und ein paar andere Dinge zu unterhalten. Logisch, daß ich eine solche Gelegenheit nicht verstreichen lasse und dem freundlichen Tourmanager, der mich in das Heilgste der KuFa führt, unauffällig folge. „Hallo sagen“, Platz nehmen, das Aufnahmegerät läuft…

Erst mal Glückwunsch zur neuen Scheibe, die meiner Meinung nach sehr cool, aber doch etwas anders als die Vorgänger ausgefallen ist.


Ich würde mal sagen, wir führen eigentlich das fort, was wir mit dem Vorgänger „7 Seals“ begonnen haben. Wir sind damit vielleicht nicht unbedingt melodischer geworden, aber schon etwas hörbarer für die breitere Masse. Auch wenn das nicht unsere Intention war, sondern eher beim Schreiben der Songs so entstanden ist. Und wenn die Leute das dann abfeiern, was zum Glück der Fall ist, dann ist das natürlich umso besser!

Die gravierendste Veränderung macht sich wohl beim Song „Everytime It Rains“ bemerkbar, für den ihr Simone Simons von EPICA als Gastsängerin verpflichten konntet. Wie kam der Kontakt zu der Dame zustande, und wie seid ihr darauf gekommen, das alles auf diese Weise auszuprobieren?

Die Idee dazu hatten wir bereits im Jahre 2005, als wir nach Brasilien zum „Live ´n Louder“-Festival geflogen sind. Dort haben wir auch Floor Jansen (AFTER FOREVER) getroffen, eine Dame, die auch gut zu diesem Song gepasst hätte, und ich hab sie gefragt, ob sie Lust hätte, bei „Everytime It Rains“ mitzumachen. Sie war wohl auch dazu bereit, doch unsere Zeitpläne waren einfach zu verschieden. Parallel dazu hab ich mir so einiges von EPICA reingezogen und fand Simones Stimme einfach klasse, so daß ich sie kontaktiert habe und ihr anschließend auch den Song zukommen ließ. Sie fand ihn klasse, und von da an ging alles ganz schnell. Sie kam zum Aufnehmen nach Stuttgart, hat ihren Part in zwei, drei Stunden eingesungen, und alles hat wunderbar gepasst.

Ich find den Song mittlerweile auch eines der Highlights auf der Scheibe, gerade weil er das Material schön auflockert.

Genau, es ist halt einfach mal was anderes, und der Song macht das Ganze auch interessanter.

Bleiben wir einfach mal bei den Songs von „New Religion“ und kommen auf das Herzstück der Platte – „Fighting The Darkness“ zu sprechen: Um was dreht sich der Song genau?

Es geht um einen Menschen, der mit dem Schlechten in seinem Inneren kämpft, so nach in der Art von „Beauty and the Beast“ oder „Phantom der Oper“.

Und der orchestrale Part des Songs stellt dann sozusagen die Wende dar?

Ja, könnte man so sagen. Wir wollten halt auch einfach mal ein wenig Bombast bzw. Epik reinbringen und haben das Ganze dann noch etwas „aufgeblasen“.

Gibt es da zwischen der etwas neueren Ausrichtung und dem Albumtitel „New Religion“ eine Verbindung? In der Art, daß man einen neuen Weg einschlägt, etwas Neus macht?

Sozusagen schon. Ich mein, wir haben ja auch die Plattenfirma gewechselt. Auf der einen Seite ist „New Religion“ ein guter Titel, auf der anderen Seite soll er auch den Labelwechsel und den Weg zu neuen Ufern darstellen. „Neu“ nicht in Bezug auf das Musikalische, sondern einfach, daß für uns ein neuer Weg anfängt. Von daher passt der Titel schon recht gut.

Welchen Grund gabs denn, die Plattenfirma zu wechseln?

Wir waren fast 10 Jahre bei Nuclear Blast, waren in der letzten Zeit aber nicht mehr so ganz zufrieden mit ihrer Arbeit, und dazu kommt auch, daß es intern ein paar Probleme mit Matthias (ich hätte mal nachfragen sollen, ob er damit Mat Sinner meinte… - Anm. d. Verf.), der bei NB arbeitet, gab, so ehrlich muß man auch sein. Und so kamen einfach ein paar Dinge zusammen.

Der Wechsel hat mich auch gerade deshalb verwundert, weil NB bei euch um die Ecke sitzt, im Gegensatz zu Frontiers, die ja doch ein paar Kilometer weiter in Italien beheimatet sind.

Ja, aber darum gings ja auch nicht. Es ist ja immer eine Frage der Zusammenarbeit, egal wie weit oder nah man auseinander ist. Es hat mit NB eben einfach nicht mehr so ganz gepasst, wir waren nicht mehr zufrieden damit, wie die Promotion für „Seven Seals“ lief, und der für das Ausland zuständige A&R fand irgendwie überhaupt nicht die richtige Zeit für das Album, und so dachten wir am Ende eben, wenn sie nicht mehr wollen, dann wollen wir halt auch nicht mehr!

Ich kann mir vorstellen, daß so was für eine Band recht frustrierend ist. Wie läufts denn nun mit Frontiers?

Seitdem wir dort unter Vertrag stehen, läufts eigentlich richtig gut. Natürlich müssen wir auch noch abwarten, schließlich ist „New Religion“ unser erstes Album bei Frontiers. Aber die Promotion läuft richtig gut, und wir machen haufenweise Interviews. Das passt bisher schon alles!

Wie ist „New Religion“ eigentlich enstanden? Wie verlief das Songwriting?

Es war ein langer Prozess. Der Schreibprozess fängt ja meistens etwa ein Jahr vorher an, bevor wir ins Studio gehen. Jeder hat zuhause sein System, sucht seine Ideen zusammen, und zum Schluß treffen wir uns dann und arbeiten die jeweiligen Fragmente zusammen aus. Danach geht jeder wieder nach Hause und arbeitet weiter, schreibt Texte etc…

Also sind die Songs keine fertigen „Produkte“ eines einzelnen, sondern werden von der gesamten Band ausgearbeitet!?

Genau! Gut, natürlich kommts auch mal vor, daß die Songs in Zweier- und Dreierteams geschrieben werden, oder einer mal allein das Material für einen Track ausarbeitet. Und so entstehen dann unsere Songs.

Und mit wem habt ihr für das neue Album zusammen gearbeitet?

Bei der Produktion haben wir wieder mit Charly Bauerfeind, der ja auch schon für „Seven Seals“ zuständig war, zusammen gearbeitet. Er hat uns einfach gezeigt, daß er der Mann ist, der uns bei einer Produktion richtig kicken und alles aus uns rausholen kann. Angefangen von den Drums bis zu meinem letzten Ton.

Nun, der Mann ist ja auch schon ewig lange dabei und hat ja bereits in den Achzigern so manches Album veredelt.

Absolut, Charly ist ein Profi durch und durch!

Apropos Achziger: Seit einiger Zeit rollt nun die große Reunion-Welle durch die Szene. Wie siehts denn mal mit einer TYRAN PACE-Reunion aus?

Ich habe eigentlich nur noch Kontakt zu Olli (Kaufmann, Gitarrist, der mittlerweile bei RUNAMOK die Axt bedient – Anm. d. Verf.), und mir fehlt auch die Zeit zu solch einer Reunion (lacht). Ich bin mit PRIMAL FEAR absolut zufrieden und auch ausgelastet. Wir sind jetzt seit etwa zweieinhalb Monate unterwegs, spielen heute unsere 26. Show, und da fehlt mir einfach die Zeit für irgendetwas anderes.

Und gerade als Sänger hat man es auf Dauer ja auch nicht gerade leicht!

Absolut! Du hörst ja, ich kämpfe jetzt schon mit meiner Sprache. Da ist so ein kleiner Widerstand im Hals.

Wie läuft eigentlich die Tour bisher?

Bis jetzt läuft alles richtig geil. Letzte Woche waren wir in Japan, während U.D.O. in Russland spielten, und haben uns nun in Deutschland für die letzten paar Shows vor Weihnachten wieder getroffen. Wir haben bisher in Skandinavien, Italien, Spanien und Frankreich gespielt, und alles lief wunderbar. Auch das Package passt halt sehr gut zusammen.

Gabs denn auch irgendwelche besonderen Vorkommnisse während der Tour? Bei 26 Shows muß ja schließlich die ein oder andere lustige Sache passiert sein!

In Helsinki sind Randy (Black, Drummer – Anm. d. Verf.) und ich nicht auf die Fähre nach Estland gekommen, weil wir unsere Pässe im Bus vergessen hatten, und dieser sich bereits auf der Fähre befand, während wir noch draußen standen. Wir waren so richtig gefuckt, und Randy marschierte erstmal zur kanadischen und ich zur deutschen Botschaft. Während ich meinen Paß innerhalb einer Viertelstunde in den Händen hielt, musste er über drei Stunden rumeiern, bevor er ein Dokument ausgehändigt bekam. Dann mussten wir von Helsinki aus nach Wien fliegen und mit dem Zug dann am nächsten Tag weiter nach Tschechien, während der Rest von uns über Estland und Russland nach Tschechien fuhr. Und im Zug gabs dann abermals Probleme mit Randy´s Paß, so daß wir schon Angst hatten, die Show abzublasen. Glücklicherweise hatte er aber seinen Führerschein dabei, den er in Deutschland gemacht hatte, dabei. So nahm dann doch alles noch ein glückliches Ende.

PRIMAL FEAR feiern nächstes Jahr ihr zehnjähriges Bestehen…

Wir sind zwar seit 1997 zusammen, stehen aber seit 1998 gemeinsam auf der Bühne. Somit feiern wir nächstes Jahr unser zehnjähriges Bühnenjubiläum.

Ist anlässlich des Jubiläums was geplant?

Ja, wir sind schon dabei, etwas zu planen, spielen auch im Februar in dem Zusammenhang ein paar Russland-Dates und kominieren das für etwas Spezielles. Genaueres wird aber erst ausgearbeitet, somit heißt es halt „Abwarten“!

Da bin ich mal gespannt, was da kommen möge und bedanke mich für das Interview! Viel Glück für die Show nachher!

Danke dir!
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