Umgib dich mit Freunden


Interview mit Dropkick Murphys
Folk / Rock aus USA - Boston
Interview mit Tim Brennan (g., 1.,2, und 3. Foto zweiter von links) und James Lynch (g., auf den ersten beiden Fotos im gestreiften Oberteil) von DROPKICK MURPHYS am 05.04.2008 in Leipzig im Haus Auensee für die Radiosendung Mosh-Club auf Radio T in Chemnitz. www.mosh-club.de.vu und www.radiot.de
Auf der Seite der Sendung könnt ihr euch das Interview als mp3 runterladen.

Erstmal herzlichen Glückwunsch! Ihr habt das Haus Auensee schon im Vorfeld ausverkauft. Das haben dieses Jahr nicht mal KORN oder MOTÖRHEAD zusammen mit OVERKILL geschafft. Bei euch sind aber auch die Kartenpreise um eines billiger.

Tim:
Erstmal danke. Wir halten die Preise für die Karten bewusst niedrig und hoffen auch das beibehalten zu können, denn nichts nervt mehr wenn man eine Band sehen will und sich den Eintritt nicht leisten kann.

Wie läuft denn die Tour insgesamt? Viele Konzerte sind ja schon vorher ausverkauft oder wurden in größere Hallen verlegt.

James:
Ziemlich gut, wir haben mit DEADLY SINS Freunde dabei und AGAINST ME! sind auch gerade zu uns dazu gestoßen und sie sind einfach eine phantastische Liveband.

Tim: AGAINST ME! live zu sehen macht immer wieder Spaß und DEADLY SINS sind Freunde aus Boston. Wir versuchen eine Tour so angenehm wie möglich zu gestalten und da spielt es eine große Rolle, dass man sich mit Freunden umgeben kann.

James: Und mit AGAINST ME! haben wir schon oft gespielt, wollten ihnen jetzt aber auch noch mal die Möglichkeit geben in den größeren Hallen zu spielen.

Es gibt von dieser Tour schon einige Videos von Fans bei Youtube. Ich hab da ein aus Hamburg gefunden, wo es einen Zwischenfall mit einem Security gab und Al zu ihm auf Deutsch sprach.

Tim:
Al spricht fließend deutsch. Ich bin mir nicht sicher, ich glaube, er hat eine Zeit lang in Ostberlin gewohnt. Seine Familie stammte ursprünglich aus Deutschland und wenn wir hier touren, spricht er eigentlich regelmäßig deutsch.

James: Das mit Youtube ist schon komisch, wenn ich von einer Tour nach Hause komme, kann ich mir die kompletten Konzerte anschauen. Ich liebe das einfach, es mir aus der Perspektive des Publikums anzuschauen. Auch wenn die Qualität oft nicht die beste ist, macht es doch Spaß sich das anzusehen.

In Köln und Hamburg hatten ihr die BROILERS als Vorgruppe dabei, hier sind es AGAINST ME! und DEADLY SINS. Wer sucht die Bands aus, die euch begleiten?

James:
Die suchen wir normalerweise selbst aus. Wie Tim schon erwähnt hat, versuchen wir Freunde mitzunehmen. Außerdem haben wir eine lange Liste an Bands, die uns schon mal geholfen haben und das versuchen wir zurückzugeben, indem wir unbekannten Bands eine Chance geben.

Tim: Wir nehmen auch Bands aus dem Grund mit, dass wir sie selber mal live sehen wollen, wie es z.B. mit AGAINST ME! ist.

James: Wir sind da eigentlich immer relativ großzügig den Bands gegenüber.

DEADLY SINS sind ja auch aus Boston und letztes Jahr hattet ihr mit BIG D. & THE KIDS TABLE auch eine Band aus Boston dabei. Ich kann mit STREET DOGS, THE DUCKY BOYS und THE WELCH BOYS noch ein paar andere Bands aufzählen. Was ist das Besondere an Boston?

(James lacht)

Oder ist es so, dass eine Band Erfolg hatte und die anderen Bands versuchen an dem Erfolg mit ähnlicher Musik teilzuhaben?

James:
Ich habe ja früher bei THE DUCKY BOYS gespielt und die DROPKICK MURPHYS haben einfach die Tür für die anderen Bands geöffnet. Um 1996 herum wurde einfach jeder Punkband aus Boston ein Vertrag angeboten, nur weil die DROPKICK MURPHYS so erfolgreich waren. Man sollte das ganze Gerede um Boston auch nicht übertreiben. Es ist bei uns nicht anders als irgendwo sonst. Uns erzählen die Fans immer, dass sie mal nach Boston wollen, und dann sind sie da, und es ist kalt, und es regnet, und die Menschen sind unfreundlich. Aber irgendwie fließt ein großer Fluss aus Rock 'n’ Roll aus dieser Stadt.

Kommen wir mal wieder auf das Thema Tour zu sprechen. Gibt es einen Song, den ihr gerne live spielt? Ändert sich das?

James:
Es kommt manchmal vor, dass wir Songs ein bisschen anders spielen, wenn wir sie lange nicht mehr gespielt haben. Das entsteht live einfach so, und das macht Spaß. Ich spiele aber auch die Lieder des neuen Albums gerne live, da sie noch so neu sind, und ich es gerne mag, wie es sich anfühlt sie live zu spielen. Auch seitdem Tim an die Gitarre gewechselt ist, ist es immer wieder anders die Songs zu spielen. Bei uns kommt keine Routine auf, es ist für uns immer wieder aufregend live zu spielen.

Gibt es dann einen Song, den ihr nicht gerne spielt, aber spielen müsst, weil die Fans ihn hören wollen?

James:
„Barroom Hero“ spielen wir ja immer noch. Das war der erste Song den die DROPKICK MURPHYS geschrieben haben, aber er macht immer noch Spaß. Wir haben aber gerade erst vor der Tour die Songs rausgeworfen, auf die wir keine Lust mehr haben, wie „The Spicy McHaggis Jig“. Aber wenn wir schon einen beliebten Song rausnehmen, versuchen wir ihn auch mit einem ähnlichen Lied zu ersetzen.

Denkt ihr, dass es bei den DROPKICK MURPHYS so was wie einen Hit gibt?

Tim:
„I’m shipping up to Boston“ kommt dem wohl sehr nahe. Für uns bedeutet es allerdings, dass sich viele Fans auf den Konzerten besonders auf dieses Lied freuen. Das hat für uns nichts zu tun mit Verkaufszahlen oder so.

James: Ich denke auch nicht, dass es für uns überhaupt möglich ist einen richtigen Hit zu haben. Unsere Fans sind einfach so verschieden und bevorzugen verschiedene Lieder.
Allerdings will der Mainstream wie MTV und diese Sender auch nichts mit uns zu tun haben, obwohl wir regelmäßig Videos einschicken. Das ist es aber auch, was ich an dieser Band mag. Wir haben es uns alles selbst erarbeitet, ohne irgendwelche Unterstützung der Mainstream-Sender. Wir sind aber trotzdem groß geworden und spielen ausverkaufte Konzerte.

Ich weiß nicht, ob ihr last.fm kennt, ein Online-Radio, bei dem man aber auch sehen kann, welche Songs der Bands am häufigsten gehört werden. Bei euch sieht das so aus, dass „I’m shipping up to Boston“ letzte Woche 3200 mal gehört worden ist und „The State of Massachusetts“ auf Platz 2 1400 mal.

James:
Wir haben auch gerade vor der Tour erfahren, dass „I’m shipping up to Boston“ mit Gold ausgezeichnet worden ist, und wir hatten bisher noch keine Goldene Schallplatte.

War das für euch noch mal ein großer Schritt nach vorne mit dem Lied und mit dem Film „The Departed“?

James:
Auf jeden Fall, mit „The Departed“ haben uns viele Leute kennen gelernt, die noch nie etwas von uns gehört hatten.

Tim: Der Film gibt vielen Leuten, die sich überhaupt nicht für Musik interessieren, die Möglichkeit unsere Musik mit etwas zu verbinden. Viele Bands geben ihre Musik für Werbesports und werden dadurch bekannt, da es einfach ist sich genau dieses Lied runter zu laden.

James: Ich bin wirklich sehr froh darüber, wie alles läuft, denn der Song repräsentiert uns als Band sehr gut, und die Leute tauchen dann tiefer in unsere Musik ein und entdecken uns als ganzes. Mehr kann man nicht erwarten.

Wie seiht ihr eigentlich daran gekommen ein Lied für den Film zu machen?

James:
Martin Scorsese, der Regisseur, hat uns gefragt, einfach unglaublich. Unser Management hat eine Mail bekommen, ob er den Song für den Film verwenden darf. Er hat also nicht angerufen, was manchmal im Internet auftaucht.
Er hat uns dann auch in seiner Rede bei der Oscar-Preisverleihung gedankt, als der Film vier Oscars gewonnen hatte. Ich hatte es gar nicht im Fernsehen gesehen, sondern später nur im Radio gehört und konnte es gar nicht glauben. Das war einfach unglaublich, dass er das getan hat. Das Lied hat einige bisher verschlossene Türen für uns geöffnet.

Auf Wikipedia steht folgendes zu „I’m shipping up to Boston“ geschrieben: „It continues to be an unofficial anthem of general Bostonian pride.“ Was haltet ihr davon wenn jemand so etwas schreibt?

Tim:
Wow.

James: Beeindruckend.

Tim: Wie Michael Scott (eine Figur aus der Serie „The Office“) einmal gesagt hat: „Jeder kann zu jedem Thema jede Meinung schreiben. Also muss es von der bestmöglichen Quelle kommen, und ich werde bestimmt nicht daran zweifeln.“

(James lacht sich tot)

Ich habe die Setlist von dem Konzert in Köln im Internet gefunden und ihr habt mit „John Law“ ein altes Lied über gute Polizisten gespielt. Warum habt ihr gerade dieses Lied ausgesucht?

Tim:
Weil er Spaß macht.

James: Und manchmal brauchen wir einfach mal einen weiteren schnellen Song, um das Set ein bisschen aufzupeppen. Außerdem ist es einer meiner Lieblingssongs, der ist noch aus den Zeiten, wo ich im Publikum stand und mitgesungen hab.

Ändert ihr eigentlich die Setlist während einer Tour?

James:
Eigentlich jeden Tag. Wir haben die Setlists alle im Computer und schauen immer, was wir beim letzten Mal gespielt haben, als wir in der Stadt waren und verändern dann ein paar Lieder. Auch wenn wir in Städten spielen, die nahe beieinander liegen, verschieben wir Songs in der Setlist und tauschen ein paar aus. Natürlich bleibt immer ein Gerüst erhalten, aber wir wissen, dass viele Fans sich mehr als ein Konzert anschauen, und so bereiten wir uns immer gewissenhaft darauf vor, denn die Fans sind es, die uns die Möglichkeit geben, das hier zu machen.

Ihr habt ja jetzt und die nächsten Konzerte die Möglichkeit „The Dirty Glass“ zusammen mit Stephanie (Sängerin von DEADLY SINS, die den Song auch auf dem Album gesungen hat) zu spielen. Macht ihr das auch?

James:
Ja, wenn sie dabei oder im Publikum ist, spielen wir das Lied.

Mit “The meanest of times“ habt ihr das erste Mal ein Album auf eurem eigenen Label herausgebracht. Was führte euch zu dieser Entscheidung?

Tim:
Wir waren immer eine Band von der Ostküste auf einem Label von der Westküste. Und als die Entscheidung anstand zu verlängern oder zu gehen, sind wir uns bewusst geworden, dass wir schon so ziemlich alles selbst organisiert hatten. Also warum sollten wir es nicht komplett selbst machen?
Wir haben dann unser eigenes Label gestartet, um unsere eigenen CDs zu veröffentlichen und bekamen Hilfe von der Warner Independent Label Group, die kleineren Labels hilft, dass deren CDs überall zu bekommen sind. Nun haben wir das Sagen, und uns kann keiner mehr reinreden.

James: Bisher läuft es auch sehr gut, aber falls wir mal eine schlechte Entscheidung treffen sollten, werden wir bestimmt sehr nervös sein. (lacht)

Tim: Oh ja.

Andererseits ist das aber doch auch viel Arbeit.

James:
Aber nicht für mich. (lacht) Jeder bei den DROPKICK MURPHYS, vom Management bis zum Roadie, arbeitet hart, und es sieht nicht so aus, als könnte das irgendwie und irgendwann gestoppt werden. Wir können froh sein, dass wir uns mit guten und hart arbeitenden Menschen umgeben können, und jeder hat seinen Teil an der Band und kann stolz drauf sein.

Habt ihr zwischendurch daran gedacht zu einem großen Label zu gehen?

James:
Daran gedacht haben wir natürlich schon, aber ich hatte es ja schon erwähnt - wir sind einfach nicht so eine Band. Wir schaffen es ja nicht mal von jedem ein schönes Foto zu machen. Wir sind einfach gewöhnliche Typen. Wir können uns nicht so verändern, dass wir zu einem großen Label passen würden. Aber vielleicht sitzen wir hier schon nächstes Jahr mit dicken Sonnenbrillen: What’s up?

Tim: Und ich habe dicke Ketten um den Hals, dass ich nicht den Kopf heben kann.

James (mit verstellter Stimme): Ich denke nicht, dass wir uns verändert haben.

(beide lachen)

Dann müsst ihr aber auch eure Lieder als Klingeltöne verkaufen.
Im Januar ist Marc aus der Band ausgestiegen, ihr habt im Blog auf eurer MySpace Seite dazu so etwas geschrieben, wie, dass er immer noch ein Teil der Familie ist. Seid ihr als Bandmitglieder immer noch Freunde?

Tim:
Auf jeden Fall.

James: Wir unternehmen auch zu Hause in Boston viel miteinander. Wir haben versucht, den Leuten zu erklären, dass Marc einfach nicht mehr auf Tour sein wollte. Und wenn er es nicht mag, dann soll er es auch nicht tun müssen, denn das ist für alle Beteiligten nicht gut. Das bedeutet ja nicht, dass wir nicht mehr befreundet sein können.
Du kannst nicht auf der Bühne stehen und nicht zu 100% dabei sein. Alle um dich herum sind 100% dabei. Es geht nicht darum, herumzuspringen oder so, aber wir sind eine Einheit mit dem Publikum und immer nur so stark wie das schwächste Glied. Man hat es Marc wirklich angemerkt, dass er nicht mehr dabei sein wollte, und das hat uns alle runtergezogen.
Und jetzt sind die Konzerte einfach großartig, explosiv wie Dynamit, und das hat mich schon überrascht, denn ich war aufgeregt, wie es ohne Marc sein würde, ob es immer noch DROPKICK MURPHYS sein würden. Und wir sind immer noch die DROPKICK MURPHYS und auf eine andere Art und Weise sogar besser als vorher.

Viele Bands verlieren dieses Freunde sein und es geht nur noch um Geld.

Tim:
Unglücklicherweise haben wir das Problem ja nun nicht. (beide lachen) Dazu müssten wir mehr Geld verdienen. Aber um eine Tour durchzustehen, muss man einfach verrückt sein. Jeder kommt irgendwann an einen Punkt, wo er überlegt, ob das Touren das Richtige ist. Manche von uns haben sich dafür entschieden, manche dagegen.

James: Es ist auf jeden Fall schwer so zu leben, und wenn man geistig dazu nicht bereit ist, ist es verdammt hart.

Auf eurer MySpace Seite ist mir auch noch folgender Satz aufgefallen: „audience and band members, as one, no one better than the other“. Habt ihr überhaupt noch die Möglichkeit Fans zu treffen?

Tim:
Jeden Tag.

James: Sie lassen uns gar nicht die Möglichkeit sie nicht zu treffen. Es klopfen ja regelmäßig welche am Bus, und wir haben es uns immer beibehalten, sie zu treffen. Und nur weil ich auf einer Bühne stehe und Gitarre spiele, bin ich nicht besser als sonst jemand. Wir sagen immer wieder, dass unsere Bühne auch die Bühne unserer Fans ist, und wir das hier nur tun können, weil unsere Fans so großartig sind. Und wir haben großartige Fans, daran besteht gar kein Zweifel.

Ihr seid ja auch große Baseball Fans, von den Boston Red Sox. Könnt ihr jemandem aus Europa erklären warum Baseball so beliebt ist?

Tim:
Weil es Spaß ist.

Europäer können wohl American Football und Basketball verstehen, aber bestimmt kein Baseball.

James:
Das ist ja auch ein sehr amerikanischer Sport.

Tim: Wir haben einen sehr guten Freund aus Leeds, und James hatte das Vergnügen ihn zu seinem ersten Baseball Spiel mitzunehmen und ihm alles erklären zu müssen. Ich spiele Baseball nun schon seit meiner Kindheit und habe es aber auch erst richtig mit 24 Jahren verstanden.

James: Die Saison dauert auch lange, und es passiert so viel abseits des Feldes, dass wie eine große Seifenoper ist. Und gerade bei uns in Boston mit unserer Geschichte als ewiger Verlierer war es beeindruckend zu sehen, was die Saison passiert ist. [Die Boston Red Sox haben die World Series gewonnen sind also Meister geworden, bjg] And that was amazing, by the way.

Zum Schluss dürft ihr euch ein Lied für die Radiosendung wünschen.

James:
Wie wäre es mit einem von DEADLY SINS? Welcher ist denn auf dem Album drauf?

Tim: „Unpaid Bills“
-