Metal aus Indien - ganz ohne Sitars oder Tablas


Interview mit Kryptos
Heavy Thrash Metal aus Indien - Bangalore, Karnataka
KRYPTOS kommen aus Indien und spielen eine tolle Mischung aus traditionellem Metal und Thrash Metal der alten Schule. Ihr neues Album „the Ark Of Gemini“ kann ich nur jedem empfehlen, der neben Sodom, Kreator und Coroner auch Iron Maiden, Black Sabbath oder Judas Priest vergöttert. Ich fühlte Nolan Lewis, Gitarrist und Sänger der Band, mal etwas genauer auf den Zahn und erhielt einige interessante Einblicke in die indische Metalszene. Auch seine persönlichen Ansichten bezüglich der heutigen Metalszene sprechen wohl nicht nur mir aus der Seele!

Hallo Nolan! Wie geht´s? Gratulation zu eurem neuen Album! Ihr spielt darauf wirklich fantastischen Metal! Ich habe das Hören des Albums sehr genossen, was schließlich zu meiner positiven Rezension führte. Nun habe ich einige Fragen an dich. Und los geht´s!

Hallo und danke für das tolle Review! Wir haben uns sehr über diese gute Beurteilung unserer Musik gefreut!

Kannst du mir ein wenig über eure Bandgeschichte und die einzelnen Bandmitglieder berichten? Wie kamt ihr auf die Idee, gemeinsam Musik zu machen?

Die Band wurde von unserem ehemaligen Bassisten Ganesh K und mir gegründet. Das war 1998 hier in Bengaluru, Indien. Wir waren eine Drei-Mann Band zu dieser Zeit. Für gewöhnlich spielten wir eine Menge Coversongs von Black Sabbath und Led Zeppelin, bevor wir musikalisch in eine härtere, mehr thrashigere Richtung gingen. Erst dann begannen wir, eigene Songs zu komponieren. Seitdem haben wir zwei Alben veröffentlicht, wovon das letzte über Old School Metal Records erschien. Als wir anfingen mit der Band, wollten wir einfach nur die Musik spielen, die wir selbst gerne hörten, doch mit der Zeit merkten wir, dass wir vom kreativen Standpunkt aus gesehen noch viel mehr zu bieten haben. Bandmitglieder kamen und gingen über die Jahre hinweg, doch gerade im Moment haben wir das Gefühl, dass das derzeitige das bisher stärkste und stabilste Line-Up der Bandgeschichte darstellt. Ich denke, es liegt auch einfach daran, dass wir uns nicht mehr gegenseitig auf die Nerven gehen. (lacht)

Kannst du uns ein wenig mehr über die indische Metal Szene erzählen?

Die Metal Szene hier wächst wirklich rasant und hat über die letzten Jahre hinweg eindeutig an Fahrt zugelegt. Es gibt eine Vielzahl an Bands, die eine unglaublich große Bandbreite an verschiedenen Metalspielarten zu bieten haben. Die meisten von diesen Bands sind gerade in technischer Hinsicht sehr professionell. In fünf oder zehn Jahren wird der indische Metal wahrscheinlich weltweit in aller Munde sein. Es mag seltsam klingen, dass Metal gerade in Indien am Aufblühen ist, doch in Wahrheit gibt es keinen Unterschied zu anderen Szenen wie beispielsweise Brasilien, die immer größer und bedeutender wurden.


Die meisten Leute hier in Deutschland können sich nicht wirklich viel darunter vorstellen, wie es ist, ein Metalhead in Indien zu sein. Gibt es gesellschaftliche Probleme für Leute, die lange Haare haben und Metalshirts tragen?

Tatsächlich gibt es deswegen keine Probleme mit der Gesellschaft. „Normale“ Leute kümmern sich nicht wirklich um lange Haare oder Metalshirts. Vielleicht finden sie es für kurze Zeit etwas seltsam, doch letztendlich hat dieses Land seine eigenen Probleme, mit denen die Leute fertig werden müssen. Natürlich finden sie es befremdlich, Leute auf Konzerten beim Headbangen oder Moshen zu sehen, doch es ist mehr ein Amüsieren darüber, nichts Ernsteres. In Anbetracht dessen, dass wir hier eine Bevölkerungszahl von über einer Milliarde Menschen (2007 zählte Indien 1.129.866.000 Einwohner; Anm. d. Verf.) haben, könnte die Anzahl derer, die Metal hören, der Bevölkerungszahl eines kleinen europäischen Landes entsprechen. (lacht)

Wie wichtig ist Glaube und Religion im heutigen Indien. Wie steht ihr zur religiösen Thematik?

Nun, Religion ist tatsächlich ein großer Bestandteil im Leben der indischen Gesellschaft und alles, was in Indien geschieht, dreht sich um sie. Es ist schon faszinierend, unser Land von einem neutralen Standpunkt aus zu beobachten. Wir wachsen technisch und wirtschaftlich in einem Wahnsinnstempo und halten gleichzeitig an alten religiösen Glauben und Ritualen fest. Indien hat vermutlich die weltweit höchste Anzahl an verschiedengläubigen Sekten und Untersekten, welche teilweise bereits über unzählige Jahrhunderte hinweg bestehen.
Keiner aus der Band ist sonderlich religiös. Zwei von uns sind Katholiken und zwei sind Hindus, doch die einzige Religion, die uns zusammen bringt, ist Metal und eine Menge Bier! (lacht)

Welche Bands aus eurem Land kannst du den deutschen Metalfans empfehlen!?

Ich nenne mal einige meiner Favoriten! Da wären zum einen Bhoomi, die coolen Old School Heavy Metal spielen. Ihr kommendes Album wird von Neil Kernon (Nevermore, Queensryche) produziert werden. Also haltet mal nach diesem Album Ausschau! Extinct Reflection ist eine andere großartige Band, die fantastischen technischen und melodischen Extreme Metal spielen. Außerdem darf ich nicht Inner Sanctum (toller melodischer Death Metal) und Illrd Sovereign (brutaler Death Metal) vergessen!

Kommen wir mal wieder auf euch und euer aktuelles Album zurück! Wie waren die allgemeinen Reaktionen von Mags, Fans, usw. auf die Scheibe?

Bisher waren die Reaktionen durchweg positiv! Wir erhielten tolle Rezensionen in Indien und ein positives Feedback von Leuten aus der ganzen Welt! Dann habe ich auch noch bemerkt, dass manche Redakteure wohl erwarteten, dass man in unserer Musik indische Einflüsse heraushören könne. Die waren dann enttäuscht, als sie merkten, dass dem nicht so ist. Ich kann nur sagen, dass wir mit indischer Musik nicht viel am Hut haben. Wir kommen aus einer ganz anderen musikalischen Ecke. Wir sind mit Siebzieger/Achtziger Jahre Rock und Metal aufgewachsen. Da liegen unsere Einflüsse. Also warum sollte man dann erwarten, dass wir beispielsweise Sitars oder Tablas (nordindisches Schlaginstrument, Pauke; Anm. d. Verf.) in unsere Musik integrieren? Und ich fände es komisch, wenn wir versuchen würden, „indisch“ zu klingen, nur weil das manche Leute von uns erwarten! Nimm eine Band wie Sodom. Du wirst keine traditionellen deutschen Volksmusikeinflüsse in ihrer Musik wieder finden. Es ist einfach nur geradliniger, arschtretender Thrash Metal. Genauso müssen wir nicht „indisch“ klingen, nur weil wir aus Indien sind! Wenn Leute unsere Musik hören, ohne diese Erwartungen zu haben, werden sie großartigen Metal finden, der Tiefgang und Eigenständigkeit besitzt!

Kannst du uns ein wenig über eure Einflüsse sagen!? Welche Bands mögt ihr persönlich?

Wir sind sicherlich von vielen Bands beeinflusst worden, doch hauptsächlich von Black Sabbath, Judas Priest und Iron Maiden. Grundsätzlich sind sie unser Fundament. Andere Einflüsse sind unter anderem Kreator, Coroner, Candlemass, Dark Tranquillity, usw....wir versuchen all diese verschiedenen Einflüsse einzuschmelzen zu einem kollektiven, singulären. Und daher, dass wir von einer komplett anderen Kultur und einem anderen Backround her kommen, klingt unsere Musik automatisch etwas anders, verglichen mit anderen Bands. So kann man sagen, dass unsere Musik eine Art Verwandtschaft mit der Musik anderer Bands hat, gleichzeitig aber auch ein wenig andersartig ist.

Du hast bereits erwähnt, dass eure Einflüsse aus den Siebzigern und Achtzigern stammen. Eure Musik transportiert auch dieses Achtziger Jahre Feeling. Doch was denkst du über die heutige Metal Szene? Gibt es auch jüngere Bands, die du toll findest?

Die heutige Metal Szene ist wirklich komisch muss ich sagen. Ich lese von vielen Bands, die von sich behaupten, totale Metalheads zu sein, doch eigentlich handelt es sich dabei doch nur um Emo Kids in Metal Shirts. Es hat fast den Anschein, als wollten sie von den echten Metalfans akzeptiert werden. Dabei bleiben sie aber dennoch Emos. (lacht) Es ist lächerlich, denn sie verstehen einfach nicht, dass es mehr benötigt, als ein Maiden Shirt auf oder vor der Bühne zu tragen, um ein wahrer Metalmaniac zu sein! Das ist doch einfach nur der Mainstream. Die wirklich guten Metal Bands werden immer unter der Oberfläche zu finden sein, frei von Trends und anderem Mist. Platten wie „Pleasure To Kill“ oder „Bonded By Blood“ fegen immer noch alles aus dem Weg, das heute so veröffentlicht wird. Ich mag einige der neueren Thrash Bands, die erst vor kurzem bekannter geworden sind. Ich meine Bands, wie Evile, Gama Bomb, Merciless Death, usw. Das ist wirklich gutes Zeugs. Unser Labelkollegen Suicidal Angels sind auch großartig!

Wann können wir neues Material von euch erwarten! Wie wird es klingen!?

Wir haben bereits damit begonnen, neues Material für unser drittes Album zu schreiben. Und hoffentlich haben wir gegen Ende des Jahres ein paar wirklich gute Songs beisammen, um sie aufnehmen zu können! Das ist der Plan. Wie es klingen wird, kann ich allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Doch nach dem zu urteilen, was wir bisher so komponiert haben, werden die neuen Songs sicherlich in eine schnellere und mehr retro-orientierte Richtung gehen. Es wird wahrscheinlich überhaupt keine langsamen Sachen auf der nächsten Platte geben.

Besteht die Chance, Kryptos live in Deutschland zu sehen?

Wir würden wirklich gerne in Deutschland spielen, doch vom momentanen Standpunkt her ist es für uns nicht möglich, weder in finanzieller noch in logistischer Hinsicht. Hoffentlich haben wir bis zum nächsten Jahr einen besseren Stand und können rüber zu euch kommen, um ein paar Killershows zu spielen!

Somit sind wir auch schon am Ende des Interviews angelangt. Nolan, ich danke dir für die ausführlichen und interessanten Antworten! Ich wünsche dir und deiner Band alles Gute für die Zukunft! Gibt es noch etwas, was du gerne den deutschen Metalmaniacs sagen würdest?

Vielen Dank! Ich besuchte vor einigen Jahren Deutschland und ein paar andere Länder und ich muss sagen, dass ich mich in euer Land verliebt habe! Von all den Leuten, die ich in ganz Europa kennengelernt habe, machte es mit euch Deutschen am meisten Spaß, rumzuhängen! Ich hoffe wirklich, dass wir eines Tages zu euch kommen können, um für euch spielen zu können! Bis dahin bedanken wir uns für die großartige Unterstützung; wir werden uns irgendwann auf Tour sehen! Ihr könnt uns unter www.myspace.com/kryptosindia besuchen, um unsere Musik anzutesten und ein Exemplar unseres neuen Albums zu ordern. Cheers everyone….oder besser PROST!!!!
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