It's all about the feeling


Interview mit Krisiun
Death Metal aus Brasilien - Ijuí
Interview mit Max Kolesne (dr.) von KRISIUN am 14.11.2008 in Jena im Tourbus hinter dem F-Haus für die Radiosendung Mosh-Club auf Radio T in Chemnitz: www.mosh-club.de.vu und www.radiot.de
Auf der Seite der Sendung könnt ihr euch das Interview als mp3 runterladen.

Björn: Fangen wir mit der neuen CD „Southern Storm“ an. Wenn ihr jetzt zurückblickt, seid ihr zufrieden damit?

Max:
Ja, wir sind vor allem mit der Produktion sehr zufrieden, die einen Old School Sound hat, aber andererseits auch sehr klar ist. Nach so einem Sound haben wir schon sehr lange gesucht und sind deshalb umso zufriedener. Im Vorfeld haben wir drei Monate lang fast täglich geprobt, gejammt und Songs geschrieben. Als Team haben wir dann zusammen mit Andy Classen eine sehr gute Arbeit abgeliefert.

Ihr habt dann bei ihm in Hamburg...

(unterbricht) Nein, in Bühne bei Andy Classen, das ist ein kleines Dorf. (und liegt entgegen der Annahme des Redakteurs nicht bei Hamburg, sondern in Westfalen, bjg)

Warum habt ihr euch für ihn entschieden?

Vor allem weil wir den Vorgänger „AssassiNation“ schon bei ihm gemacht haben und uns die Aufnahmen sehr gefallen haben. Für mich ist „Southern Storm“ eine Weiterentwicklung von „AssassiNation“.

In einigen Reviews zu „Southern Storm“ kann man lesen, dass ihr auf einem hohen Niveau stagniert. Ist es so oder habt ihr mittlerweile den perfekten KRISIUN Sound und die perfekten Songs gefunden?

Für „AssassiNation“ und „Southern Storm“ war das Songwriting auf jeden Fall natürlicher, wir haben uns einfach zusammengesetzt und haben gespielt. Es kam einfach aus uns raus und wir haben nicht versucht technischer oder schneller oder was auch immer zu sein. Wir haben versucht gute Songs zu schreiben, die der Hörer auch nachvollziehen kann oder bei denen er sich an die Riffs erinnert. Music for maniacs to bang the head. Wir spielen diese Art von Musik schon so lange, es kommt einfach natürlich aus uns raus.

Du hast erwähnt, dass die Songs einfach beim Jammen entstehen. Gibt es ansonsten irgendjemanden, der der Boss der Band ist? Weil es bei Bands mit vier, fünf oder sechs Mitgliedern immer einen Boss gibt.

Nein, eigentlich nicht. Eigentlich sind wir alle gleichberechtigt. Die meisten Riffs kommen von Moyses, er ist ja schließlich auch der Gitarrist. Alex steuert aber auch einige Riffs dazu bei und schreibt alle Texte. Viele Songs entstehen aber auch auf Grundlage des Schlagzeuges. Ich gebe was vor und die anderen steigen dann ein und wir machen uns gegenseitig Vorschläge. Da existiert eine gewisse Chemie zwischen uns.

Ich habe ja erwähnt, dass viele Reviews eine Stagnation bei euch sehen. Auf der anderen Seite variiert ihr in den Songs aber mehr, ihr habt sogar groovige Parts und Mid-Tempo drin. Was ist deine Meinung zu dieser Entwicklung von KRISIUN?

Wie ich schon gesagt habe, wenn wir Musik schreiben versuchen wir einfach nur Spaß zu haben und Musik für uns selbst zu schreiben. Die Musik fließt dann einfach aus uns heraus, angefangen mit einem Riff, ein bisschen Blast, dann drehen wir die Geschwindigkeit zurück und kommen anschließend wieder auf das alte Tempo. Das fließt einfach so aus uns heraus, weil es sich richtig anfühlt und wir beim Schreiben unseren Gefühlen folgen. Die Musik kommt von Herzen, wie es eigentlich beim Metal sein sollte.

Metal hat für dich was mit dem Herzen zun tun?

Yeah, it’s all about the feeling, it’s all about the heart.

Weil es mir so vorkommt, dass viele der neuen Bands dieses Gefühl verloren haben.

Yeah, they lost the real metal feeling. Sie versuchen einfach nur schnell, nur technisch zu sein und dann hört man sich das Album an und kann sich nicht an die Riffs oder die Gesangslinien erinnern. Wir versuchen Musik zu machen, die man auch fühlen kann. Das ist für mich der Geist des Metals, ganz gleich ob es Death-, Thrash oder Heavy Metal ist. Es muss von Herzen kommen. Du hörst das Lied und dann fühlst du es.

Auf „Southern Storm“ habt ihr „Refuse / Resist“ von SEPULTURA gecovert, wie wichtig sind sie denn für euch als Band?

Sie sind sehr wichtig, sie sind die wichtigste Band in Brasilien und haben uns und viele andere Bands inspiriert. Sie waren die erste Band, die überall Erfolg hatte und so allen anderen gezeigt hat, dass es möglich ist, auch wenn man aus Brasilien kommt. Du kannst mit guter Musik und eigenem Style Erfolg haben, egal woher du kommst.

Und was hälst du von den aktuellen SEPULTURA, SOULFLY und CAVALERA CONSPIRACY?

CAVALERA CONSPIRACY gefallen mir sehr gut, die haben die Chemie zwischen den Brüdern gut eingefangen. Auch das letzte SOULFLY Album hat mir gut gefallen, bei SEPULTURA ... naja ... das letzte Album „Dante XXI“ ist ein gutes Album. Ich hab sie allerdings noch nicht mit dem neuen Schlagzeuger gesehen oder gehört. Ich denke aber, dass die neue CD wieder gut wird. Andreas ist einfach ein genialer Gitarrist und er wird das schon hinbekommen.

Ihr selbst seid von SEPULTURA beeinflusst und seid jetzt selbst eine Inspiration für viele andere Bands in Südamerika. Wie fühlt sich das an?

Großartig. Wir versuchen auch die Szene voranzubringen, denn die Szene ist groß und es kommen immer viele Leute zu den Konzerten. Wie SEPULTUA versuchen wir die brasilianische Szene bekannter zu machen. Es denken doch immer noch viel zu viele Leute bei Brasilien nur an Karneval, Samba und Fußball.

Was sind denn die Unterschiede zwischen der Szene in Brasilien und der in Europa? Europäische Bands loben ja immer wieder Südamerika und das Publikum dort.

Die richtigen Metalfans sind überall gleich, die haben überall den gleichen Lebensstil. Der Unterschied ist, dass wir in Europa auch unter der Woche spielen und da manchmal nicht viele Fans kommen. In Brasilien hingegen spielen wir nur an Wochenenden und nur in den großen Städten. Da kommen dann die Fans aus der ganzen Gegend zusammen und die Konzerte sind größer.

Century Media haben gerade den „Century Media - Covering 20 Years Of Extremes“ Sampler rausgebracht, auf dem ihr DEMOLITION HAMMER covert, eine mir unbekannte Thrash Metal Band aus New York. Warum habt ihr euch für sie entschieden?

Weil wir sie lieben. Sie waren zwar nie sehr bekannt, haben aber ein paar gute Alben veröffentlicht. Ich erinnere mich an die erste Tour in Europa, so 1997 und hauptsächlich in Deutschland. Moyses Ex-Freundin aus Deutschland hat uns sehr dabei geholfen und wir haben fast während der kompletten Tour DEMOLITION HAMMER gehört. Der Schlagzeuger ist angeblich vor ein paar Jahren an irgendeinem giftigen Fisch gestorben.

Ihr seid schon mit so vielen Bands getourt. Wenn du jetzt eine nennen müsstest, mit der es immer Spaß macht...

Das ist hart, aber die Top Tour hatten wir wirklich mit MORBID ANGEL. Sie waren schon immer ein großer Einfluss für uns, und auf Tour sind wir dann Freunde geworden. Jetzt haben wir immer viel Spaß, wenn wir sie treffen, wie z.B. gerade auf dem With Full Force. Außerdem haben wir natürlich auch viel von ihnen lernen können.
BEHEMOTH muss ich aber auch noch erwähnen. Sie sind wie Brüder für uns, und erst neulich haben sie in Brasilien gespielt und wir hatten danach eine tolle Party mit ihnen. CANNIBAL CORPSE wären da auch noch... Es ist einfach schwer nur eine Band zu nennen.

Die Band existiert seit 18 Jahren. Was hält sie so lange am Leben und treibt euch an immer weiterzumachen?

Ich denke, weil wir einfach das tun, was wir gerne tun.

Ist das so einfach?

Nein, so einfach ist es nicht. Wir waren ein paar Mal kurz davor uns aufzulösen und hatten Streit. Aber wir haben auch immer wieder einen Weg gefunden weiterzumachen. Manchmal braucht man einfach nur eine Woche Pause um auszuspannen und wieder klarzukommen. Und dann ist man wieder fit um zu spielen und zu üben. Manchmal ist man nach einer Tour mit vielen Problemen einfach nur ausgebrannt. Es passiert viel Mist in der Szene, Trends kommen und gehen, und das muss man irgendwie überstehen.
Wir mussten und sind mit der Band gewachsen, nicht nur als Musiker sondern auch als Menschen. Man muss sich respektieren und verstehen und auch erwachsen werden, um sich nicht wegen jeder Kleinigkeit zu streiten und dann aus der Band auszusteigen. Viele gute Bands haben sich wegen Nichtigkeiten aufgelöst, nur weil jemand ein zu großes Ego hatte. Es ist hart, aber ich liebe es wirklich in dieser Band und ein Teil ihrer Geschichte zu sein.

Hast du schon mal darüber nachgedacht für diese extreme Musik eines Tages zu alt zu sein?

Eines Tages sicherlich, aber momentan fühlen wir uns alle wie junge Kerle. Ich bin jetzt 34 und fühle mich besser als ich es mit 21 oder 22 getan habe. Als ich jünger war, bin ich nach den Konzerten fast gestorben. Heutzutage macht es mir mit der ganzen Erfahrung gar nichts mehr aus. Wir werden noch einige Jahre weitermachen können, aber eines Tages werden wir sicherlich aufhören müssen und uns dann an der Bar treffen.

Zum Abschluss des Interviews darfst du dir ein Lied einer anderen Band wünschen, die du gerne im Radio hören möchtest.

Ich würde gern „Hostage to Heaven“ von GRIP INC. hören, eine Band mit Dave Lombardo am Schlagzeug. Der Sänger Gus Chambers ist erst vor einem Monat gestorben und ich war ein großer Fan von ihnen. Der Gitarrist von GRIP INC. stammt auch aus Deutschland, spiel bitte den Song als Tribut an diese Jungs. Das erste Album „Power of Inner Strength“ ist wirklich ein kraftvolles Album und da würd ich gerne „Hostage to Heaven“ hören.
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