Alles kann passieren!


Interview mit Eternal Tears Of Sorrow
Gothic Metal aus Finnland - Pudasjärvi
Hey Jungs. Aufgrund des Releases eures neuen Albums “Children of the Dark Waters” ist es wieder mal Zeit für ein Interview. Danke schon mal, dass ihr euch die Zeit nehmt, meine Fragen zu beantworten!

Danke, aber das Vergnügen ist ganz auf unserer Seite!

Es sieht so aus, als würde “Children of the Dark Waters” einen Neubeginn oder auch eine neue Ära bei Eternal Tears of Sorrow einläuten. Wie würdest du den Stil des neuen Albums beschreiben und welche Umstände, z.B. dass jetzt Jarmo Kylmänen festes Bandmitglied ist, haben den Sound dieses Albums beeinflusst?

Es ist eigentlich ziemlich lustig, dass “Children of the Dark Waters” das erste Album in zwöf Jahren Bandgeschichte ist, bei dem das Songwriting- Team in etwa das gleiche ist wie beim Vorgänger. Ich meine, der einzige Unterschied ist, das Jarmo nun offiziell Teil der Band ist, obwohl er schon auf den letzten Alben im Schreibprozess von 3-4 Songs beteiligt war und deswegen auch immer ein wichtiger Bestandteil des Songwriting-Teams ist. Naja, und Petri, unser Schlagzeuger, wurde durch Juho im letzten Jahr ersetzt. Hm, das neue Album ist dunkel, heavy, vielfältig, melodisch und sogar extrem an einigen Stellen. Es klingt nach uns und unseren vorherigen Alben, ist aber trotzdem etwas Neues.

Wohingegen “Before the Bleeding Sun” sehr melodisch und durch eingängige Rhythmen und Refrains gekennzeichnet war, scheint “Children of the Dark Waters” komplexer zu sein. Es wirkt fast wie ein Weckruf. Warum denkst du ist das der Fall?

Ich stimme dir zu einem gewissen Teil zu. Wie ich schon sagte, wir hatten praktisch das gleiche Songwriting-Team auf “Before the Bleeding Sun” und “Children of the Dark Waters”. In diesem Sinne hatten wir auf diesem Album mehr Erfahrung in Sachen Songwriting als Team, weil wir eben schon seit einigen Jahren zusammenarbeiten. So gesehen hatten wir diesmal mehr Vertrauen in uns selbst. Aber dennoch hatten wir keine klare Vorstellung in welche Richtung wir mit diesem Album gehen wollten. Das einzige, das wir 2007 gedacht haben als wir anfangen haben, neues Songmaterial zu schreiben, war: „okay, vielleicht brauchen wir diesmal ein bisschen härteres und dunkleres Material“. Und zum Glück sind viele der neuen Songs auch genauso geworden.

Haben die Trennung und die Reunion von EToS einschneidende Veränderung für das Songwriting und die Lyrics mit sich gebracht?

Zu einem gewissen Grad schon. Ich meine, als wir wieder zusammenkamen, hatten wir zwei neue Bandmitglieder, und natürlich war auch Jarmo Kylmänen als cleaner Sänger vom ersten Tag unseres Comebacks an dabei. Also hatten wir einen neuen Leadgitarristen, einen neuen Keyboarder und einen Sänger, der nun alle cleanen Gesangsmelodien schrieb. Das nahm natürlich Einfluss auf unseren Stil. Und als wir die Songs für „Before the Bleeding Sun“ geschrieben haben, haben wir natürlich nicht gedacht „oh, wir müssen unbedingt genau solche Songs schreiben, wie unsere alten“. Wir haben einfach Songs geschrieben und es stellte sich heraus, dass diese genau nach uns klangen. Eigentlich war es ganz einfach wieder in die EToS- Songwriting-Stimmung zu kommen. In den drei Jahren, in denen die Band inaktiv war, also von Ende 2001 bis Ende 2004), habe ich eine Menge Zeug geschrieben, dass nicht so viel mit dem Stil von EToS gemein hatte. Aber gegen Ende 2004, als uns allen klar war, dass wir mit EToS weitermachen wollten, war ich einfach in der richtigen Laune. Der erste Song, den ich entwickelte, war „Red Dawn Rising“, der direkt irgendwie nach uns klang. Also haben wir angefangen, zusammen diesen Song zu arrangieren. Und seit die erste Demo Version davon fertig war, wussten wir, dass wir wieder auf der richtigen Spur sind. Was die Lyrics angeht, ist es schwieriger zu sagen. Ich hoffe, wir sind nun besser im Schreiben als wir es vor dem Comeback waren.

Was motiviert euch, Musik zu machen? Warum habt ihr euch entschieden, mit EToS weiterzumachen anstatt neue musikalische Herausforderungen in anderen Bands zu suchen, insbesondere nachdem das Line-Up von EToS so oft gewechselt hat?

Ich denke, dass die Pause und dann der endgültige Split vor acht Jahren passiert sind, weil Altti und ich seit fast einer Dekade in dieser Band gespielt haben und uns auch zu sehr dafür eingesetzt haben. Ich meine, wir haben unsere ganze Freizeit in EToS investiert und nach einer Weile war es einfach zu erschöpfend für uns. Wir beide brauchten eine Pause, in der wir eine Zeit lang etwas anderes machen konnten. In diesen drei Jahren haben wir zu schätzen gelernt, was wir mit der Band gewonnen hatten. Und dann in 2004, bin ich zufällig in unserer Heimatstadt Oulu auf Altti gestoßen und wir haben nochmal über die Band geredet, uns an all das erinnert, was wir großartiges erfahren haben und auch, was wir gemacht haben in all den Jahren. Natürlich hätten Altti und ich eine neue Band gründen können, die komplett andere Musik macht, aber es war ganz selbstverständlich für uns, dass wir mit EToS weitermachen. In diesem Herbst (2004) haben wir angefangen, neues Material für EToS zu schreiben, und es war eben dieser erste Song ("Red Dawn Rising"), der uns gezeigt hat, das wir immer noch Songs schreiben können, die nach EToS klingen. Na, und hier sind wir jetzt. Unser Line-Up hat sich hier und da verändert, aber ist es nicht letztendlich das, was innerhalb jeder Band passiert, die seit mehr als 10 Jahren zusammen spielt?

Finnland ist bekannt dafür, eine Gothic Metal Band nach der anderen zu exportieren. Was denkst du, macht EToS und eure Musik in dieser Hinsicht besonders? Unterscheidet ihr euch vom Mainstream? Warum?

Es ist eine gute Frage, ob wir nun eine Gothic Metal Band sind oder nicht. Es stimmt schon, dass wir Einflüsse aus dem Gothic-Bereich haben, oder eher gesagt, dass wir von Bands beeinflusst sind, die zur Entstehung des Gothic Metal beigetragen haben. Frühe PARADISE LOST, MY DYING BRIDE, ANATHEMA, THE GATHERING, KATATONIA und so weiter. Daher kommen die Dunkelheit und die Melancholie, die sich in unserer Musik wiederfinden, und ich denke, dass es das ist, was Leute an uns für Gothic halten.

Seit unseren ersten Demos sind wir von verschiedenen Bands und Genres beeinflusst. Wir haben es aber nie darauf angelegt, einfach nur einen Stil zu spielen, mal abgesehen davon, dass das eh ein Ding der Unmöglichkeit ist, weil alle Bandmitglieder unterschiedliche Einflüsse mit einbringen. Vielfältige Songs zu schreiben und verschiedene Genres zu erforschen war niemals eine bewusste Entscheidung von uns, sondern vielmehr eine natürlich Art, Dinge zu tun. In diesem Sinne waren wir sehr von Dan Swanö und EDGE OF SANITY beeinflusst, da deren Alben immer sehr vielfältig und wandlungsfähig waren, manchmal sogar zu vielfältig. Es muss immer ein Kontrast zwischen den Songs herrschen, wenn man ein Album schreibt. Wenn du einen extremen Song ohne große Melodie hast, dann muss es dazu auch einen Kontrast geben: einen eher melodischen Song, der etwas anderes als das Extreme fokussiert.
Hmm, Mainstream… ich denke, dass unsere Musik ganz anders ist im Vergleich zu „Mainstream Metal“, falls man mit Mainstream Metal Bands meint, die man in jeder Radiosendung hören kann.

Wir alle kennen die gängigen Vorurteile über Finnen: immer melancholisch-depressiv, nachdenklich, still und wortkarg. Glaubst du, dass das stimmt und das darin der Grund für den positiv aufgenommenen Finnischen Gothic Metal?

Ich denke, dass die meisten Vorurteile über Finnen nicht stimmen. Manchen mögen der Wahrheit entsprechen, aber dann wiederum denke ich, dass diese auch für andere Nationalitäten, die am Ende der Welt leben, gelten können, zum Beispiel Alaska, Grönland, Island, Norwegen, Schweden und so weiter. Und wenn man an diese Länder denkt, insbesondere an Finnland, Schweden und Norwegen, dann fällt eben auf, dass aus diesen Ländern viele extreme oder melancholische Metal Bands kommen. Ich weiß nicht, ob das nun purer Zufall ist oder nicht. Vielleicht sind dieser Länder ein bisschen melancholisch, vielleicht ist es auch die folkloristische Musik dieser Länder, die ein bisschen melancholisch ist, vielleicht ist es aber auch ganz was anderes... Ich weiß es nicht.

Von welchen Themen handeln die Songs von EToS? Was inspiriert euch?

Ich glaube auf diesem Album gehen wir thematisch gesehen ein Stück zu unseren Wurzeln zurück. Ich meine, wir haben vermehrt Lyrics über Natur und Tiere, was einfach gängig war in unseren Anfangszeiten. Dennoch denke ich, dass die Hauptthemen Liebe, Hass, Wut, das Finden und Verlieren, Trauern, eben alle möglichen menschlichen Emotionen, sind. Unsere Texte sind keine Gedichte oder Kurzgeschichten, eher ein Zwischending. Allgemein versuchen wir Lyrics zu schreiben, die der Atmosphäre des jeweiligen Songs entsprechen.

Was macht euch mehr Spaß: ein neues Studioalbum aufzunehmen oder auf Tour eure Musik vor Publikum zu präsentieren?

Beides macht großen Spaß. Ich meine, wenn ich im Studio neue Songs aufnehme, ist das großartig zu hören, wie die neuen Songs wirklich klingen. Dann wiederum ist es genauso spannend, neue Songs vor neuem Publikum zu spielen Beides sind sehr energetische Situationen und beide sind das Beste, was ein Musiker erfahren kann. Also, ich kann mich nicht wirklich entscheiden.

In Bezug auf die obere Frage. Was war der verrückteste oder beängstigendste Moment auf Tour und welches der imposanteste?

Es war eigentlich kein furchteinflößender Moment, sondern eher eine unangenehme Situation. Vor ein paar Jahren hatten wir einen Auftritt in Südfinnland und wir mussten morgens um 7 Uhr von unserer Heimatstadt aus losfahren, um es bis um 19 Uhr abends zu schaffen. Es war Februar und es waren mindestens -20 Grad. Auf dem Weg Richtung Süden hat sich der Wagen einfach nicht richtig aufgeheizt und wir hatten alle Angst, dass wir uns Grippe und Fieber einfangen, so dass es so gut wie unmöglich gewesen wäre, den Gig zu spielen. Aber wir haben’s geschafft. Genauso beeindruckend war es in Paris vor einem Publikum von 2000 Leuten zu spielen.

Eine letzte Frage. Wo siehst du EToS in 10 Jahren?

Ich denke in 10 Jahren, also im Sommer 2019, werden wir gerade unser 9. oder 10. Studioalbum auf den Markt gebracht haben. Es ist ein bisschen merkwürdig, in die Zukunft zu schauen, weil wir uns vor 10 Jahren auch noch nicht vorstellen konnten, was uns in all den Jahren begegnet ist. Alles kann passieren, aber andererseits haben wir jetzt die richtige Einstellung, um für weitere 10 Jahre oder mehr, weiterzumachen…

Danke nochmal, dass ihr euch die Zeit genommen habt!

Danke für dieses nette Interview!
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