Für mich ist Teamwork wichtig


Interview mit Masterplan
Power Metal aus Deutschland - Hamburg
Nach der Veröffentlichung ihres Debüts vor zehn Jahren schien MASTERPLAN die Power Metal Welt offen zu stehen, so zwingend und frisch klang die Kombination der damals frisch von HELLOWEEN geschiedenen Recken Roland Grapow und Uli Kusch und dem zu dieser Zeit noch weithin unbekannten Jørn Lande. Doch dem verheißungsvollen Start folgten nicht lange nach dem nicht ganz das Niveau des Debüts haltenden Zweitwerk Brüche in der Besetzung, die sowohl Auftritte in den letzten Jahren als auch den anfangs sicher scheinenden Durchbruch bis heute verhindert haben. Nach seiner zwischenzeitlichen Rückkehr folgte 2012 der wohl endgültige Abschied von Jørn, und das war nicht die einzige Runde, die Roland Grapow letztes Jahr im Besetzungskarussell gedreht hat. Umso bemerkenswerter ist die Rückkehr in neuer alter Form, die aber natürlich bei so einer Geschichte nicht das einzige Thema sein kann in einem halbstündigen Telefonat. Zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem sehr gut aufgelegten und mit sich selbst im Reinen wirkenden Roland weilt dieser noch in seiner neuen Heimat, der Slowakei, und weiß noch nicht, dass die wenige Zeit später stattfindende MASTERPLAN-Rückkehr auf die Bühne bei der Full Metal Cruise sehr gut funktionieren wird.

Fangen wir mal mit einem Punkt an, der zwar ein bisschen blöd ist, aber an dem man bei MASTERPLAN nicht vorbeikommt: Drei Jahre sind seit dem letzten Album vergangen, was eigentlich gar nicht so viel ist, aber du hast mal wieder den Großteil der Belegschaft austauschen müssen, vor allem den Sänger.

Das war nicht so geplant, aber irgendwie fing es an mit Mike Terrana, letztes Jahr im Januar, und da gab es eigentlich gar keinen Grund. Ich hatte durch Zufall einen Link von Freunden hier aus Tschechien bekommen, die bei mir im Studio aufgenommen haben. Die haben mich gefragt, ob ich den Martin (Škaroupka) kenne, einen tollen Trommler von dort. Ich kannte ihn nicht und war auch nicht sonderlich interessiert. Dann hab ich mir aber einen YouTube-Link angeguckt und war völlig begeistert von seinem Trommeln und der Spielart, die mich sehr an Uli Kusch erinnert hat: Zwar ein bisschen mehr powervoll, aber doch die feine Technik. Dann hab ich ihn mal kennengelernt, eine Woche später hat er mich besucht und mir erzählt, dass er auch Songschreiber ist, auch Musik studiert hat und auch Keyboard spielen kann. Er macht die Keyboards für CRADLE OF FILTH. Ich war natürlich begeistert, dass er auch Songwriter ist, weil das der Band auch gut tun würde, hab ich gedacht. Mit Mike (Terrana) hab ich sowieso immer irgendwelche Terminstresssituationen gehabt, also dass er nie Zeit für uns hat. Selbst beim letzten Videodreh vor drei Jahren war das ein Hickhack, weil er immer irgendwie mit drei oder vier Bands unterwegs ist. Da hab ich ihn einfach mal gefragt. Ich hätte da jemanden und es hätte eh immer nur Stress gegeben mit Terminen, ob er da was gegen hätte... So hab ich mich mit Mike in freundschaftlichem Einvernehmen, ich sag mal, ausgetauscht, hehe.
Zu dem Zeitpunkt, Anfang letztes Jahr, hatte ich allerdings die Befürchtung, dass Jørn (Lande) das Interesse verloren hat, weil ich seit drei Jahren nichts von ihm gehört hatte. Seit dem letzten Videodreh gab es auch keinen Kontakt zwischen uns, kein „Hallo, wie geht’s, was machst du?“, Songwriting oder was. Ich hab immer mal gemailt, „Wir machen hier die Songs, Axel (Mackenrott) und ich, es geht in einem halben Jahr los. Wie sieht’s aus?“ Aber er hat nie geantwortet. Da mussten wir ihn leider auch wieder austauschen, ohne dass er irgendeinen Kommentar dazu abgegeben hat. Er hat überhaupt nicht auf meine Mails geantwortet.

Enttäuschend.

Ja, das ist ein bisschen enttäuschend, dass jemand so eine Interessenlosigkeit zeigt für eine Band, die eigentlich einen relativ guten Start hatte vor vielen Jahren und dadurch auch ein gutes Image bekommen hat. Aber so ist er halt. Jørn ist immer beschäftigt, sagt er, und antwortet dann sehr ungern, es sei denn, er möchte was von dir. Dann ist er natürlich Feuer und Flamme.
Bei Jan-Sören (Eckert), dem Bassist, war das auch irgendwie ein komisches Ding. Ich hatte mich mit ihm im August noch verabredet - Studiostart war Ende August, da wurden die Schlagzeugspuren in der letzten Woche aufgenommen - da war Jan eigentlich noch super okay damit und sagte, er kommt dann in die Slowakei und spielt den Bass ein. Zwei Tage später hat er dann gemeint, dass es eigentlich besser wäre, wenn wir uns jemand anderen suchen würden, der immer bei der Stange ist, weil er jetzt so einen Superjob hat. Seit drei oder vier Jahren hat er eine richtig gute Position und ist immer weltweit unterwegs für eine Videofirma, die machen die LED-Leinwände für Events, für Automessen oder Olympische Spiele usw. Da ist er auch echt überall, Kanada und China, und verdient jetzt richtig Geld und kann auch keinen unbezahlten Urlaub kriegen, um mit uns die Gigs zu machen. Das ist also auch eine rein freundschaftliche Trennung gewesen. Er hat gesagt, er macht aus Spaß noch die paar Gigs mit Piet Sielck mit IRON SAVIOR, die recht selten sind, und ist da wieder eingestiegen. Selbst wenn wir mal keinen Bassist hätten, würde er uns vielleicht aushelfen. Da gibt’s also auch keinen Stress.
Die ganzen drei Jungs sind alle ohne Stress auseinander und wenn wir uns sehen, wird Bier getrunken und wir umarmen uns, da gibt’s gar nichts. Nur von Jørn war es leider ein bisschen enttäuschend, dass er so wenig Interesse zeigt. Mal Hallo sagen oder eine Forderung stellen, irgendwas, auf das man reagieren konnte. So hat er uns mehr oder weniger auf Eis legen wollen, indem er nicht reagiert hat. Aber da hat er natürlich mit dem Falschen… Hehe.
Auf Eis legen muss ja nicht sein.

Du hast also nie dran gedacht, den Laden zuzusperren oder vielleicht unter einem anderen Namen weiterzumachen? Das erste Album kann man ja auch als Hypothek sehen, weil es so einen guten Ruf hat.

Ja, das Problem ist einfach, dass ich mit Uli (Kusch) die Band gestartet habe. Auch Jorn kam erst später dazu, er hat auf dem ersten Album die Vocalmelodien zu 60% gemacht. Ich hatte „Crystal Night“, „Heroes“, „Sail On“ und „Kind Hearted Light“ schon, die vier hab ich vorgelegt und die hat er auch so nachgesungen. Für die Ballade, „Into the Light“ gab es auch schon einen Text, von einem Freund von Uli, da lag die Melodie auch schon vor. Ich denke auch, das Geheimnis, warum das Ding so erfolgreich war, war dieses 50:50 Arrangement, dass Jørn auch Melodien von uns singen musste.
Später wurde es immer weniger, weil er uns echt unter Druck gesetzt hat. Keine Texte mehr von euch, denn ich schreibe nur Texte, die ich gut singen kann. Die kennt man ja auch über die Jahrzehnte, alle mehr so in die Richtung, fire und hire und metal und und und. All diese Worte hörst du immer wieder. Die kann er gut singen, da klingt die Stimme gut und so hat er es dann auch gemacht. Naja, da hab ich gesagt, „Ok, mach das.“ Jetzt beim neuen Album durfte ich mal wieder Texte schreiben und die Vocalmelodien sind mehr oder weniger von mir. Vom Rick wurde es natürlich mit bearbeitet, aber er kam auch erst recht spät dazu. Es ist ein bisschen so der Knoten geplatzt, ohne die angelegten Handschellen. Ein bisschen schade war das schon von Jørn. Deshalb denke ich, es war schon ein Geheimnis des ersten Albums, dass er erst spät dazu kam.

Hast du jetzt mehrere Leute getestet, bevor du dich für Rick entschieden hast? Ich mag ihn bei AT VANCE und auf der letzten HERMAN FRANK Platte, aber er war nicht unbedingt der, der mir in den Sinn gekommen ist, als ich gelesen hab, dass Jørn wieder nicht mehr dabei ist.

Hmmm. Ich hab mit Rick schon, glaube ich, sieben Jahre lockeren Kontakt. Wir haben uns vielleicht ein- bis zweimal im Jahr geschrieben. „Hallo, wie geht’s?“ Dann hat er mir mal einen Link geschickt vor langer Zeit, da hab ich reingehört und gedacht, dass er ja ganz gut singt. Ich hatte ihn immer so ein bisschen im Hinterstübchen, aber nicht so richtig auf der Liste, dann kam die AT VANCE raus und ich hab das Video gesehen, das hat mich dann doch umgehauen. Wow, jetzt singt er richtig klasse, ich hab da auch eine Weiterentwicklung rausgehört. Das hat mich überzeugt und dann hab ich ihn einfach angeschrieben, wie es aussieht.
Er war nicht der einzige, zugegeben, da waren noch so zwei andere, aber da gab es wieder diese Stressfaktoren wie „Öh, ja…“ oder „Ich kann das nur als Sideprojekt sehen.“ oder „Ich mach das nur wegen der Kohle.“ Auf solche Leute hab ich keinen Bock mehr. Entweder es steht einer zu dieser Band und ist stolz drauf oder... Momentan haben wir nur Jungs in der Band, die totale Fans von der Band sind und auch wirklich stolz drauf sind, dabei zu sein. Das ist das wichtigste.

Das heißt, man kann dieses Jahr auch wieder mit ein wenig mehr Liveaktivität rechnen.

Ein wenig ist schon mal bestätigt, sieben Festivals glaube ich. Auf der Homepage findet man die Termine, fünf sind bestätigt, zwei noch nicht hundertprozentig bzw. wir dürfen es nicht preisgeben. Wir spielen die Full Metal Cruise zuerst, Montag fahr ich nach Hamburg zu den Proben. Da treffen wir uns alle und gehen dann aufs Boot und spielen die ersten zwei Shows nach sieben Jahren – und das auch noch mit neuem Line-up.

Bist du denn sehr aufgeregt? Denkst du, du wirst vor der Show aufgeregt sein?

Momentan noch nicht, aber ich bin sehr faul beim Proben, muss ich zugeben. Ich hab hier immer noch viel zu tun im Studio und mit den Interviews. Ich hab gestern mal so ein bisschen angefangen, die alten Songs gespielt, die wir früher schon live gespielt haben. Die waren dann auch recht schnell wieder da, das hat auch Spaß gemacht. Aber ich hab vor, ungefähr drei oder vier neue Titel einzuüben, die ich selbst noch nie live gespielt hab.
Ich glaube, ich werde ziemlich aufgeregt sein. Ja, absolut. Da wird man natürlich so ein bisschen daran erinnert, dass die Professionalität doch nicht so da ist. Wenn es in der Magengegend grummelt und du immer aufs Klo musst… Hehe. Aber ich freu mich drauf. Ich glaube nicht, dass die ersten zwei Shows gleich grandios sein werden, aber ich denke, dass wir da hineinwachsen werden. Wir haben alle richtig Bock drauf, jeder möchte live spielen. Und ich muss auch unbedingt hier raus aus dem Studio, ich muss endlich mal wieder Kontakt zu den Fans, den Leuten und den Freunden haben, die man in der Szene alle so kennt. Das ist auch wichtig, weil ich jetzt fünf Jahre nur Studioarbeit gemacht hab für andere Bands und auf Dauer ist das ein bisschen frustrierend, muss ich zugeben.

Das Studio ist in der Slowakei, oder?

Ja, ich lebe hier seit, offiziell, vier oder fünf Jahren.

Das ist dann auch etwas anderes mit dem Kontakt, als wenn man noch in Hamburg leben würde.

Ja, in Hamburg hat es so viele Leute, die du kennst. Viele Bands triffst du unterwegs auf dem Dom, im Rockclub oder sonstwo. Man geht auch öfter aufs Konzert. Wenn ich hier aufs Konzert will, muss ich nach Bratislava fahren, das sind schon zwei Stunden für einen Weg. Da überlegt man es sich drei Mal, ob man ins Konzert geht, wenn man vier Stunden Autofahrt hat.
Ich hab schon sehr guten Kontakt. Ich bin hier auch sowas wie der kleine Rockstar, weil HELLOWEEN hier ein riesengroßer Name ist. Wenn man irgendwo ist, sagen die Leute: „Geil, der Roland, der war mal bei HELLOWEEN!“ Das hat mir relativ viele Türen und Tore geöffnet, weil auch die Promoter mich überall reinlassen, wenn ich mal auf ein Konzert will, oder sie machen Werbung damit, wenn ich die mal besuchen will. Das gab es in Hamburg nicht, da ist man einer von vielen. Da gibt es so viele Bands, wie GAMMA RAY und und und. Und mein Studio läuft auch ganz gut, weil die anderen kleinen Studios sich mit Metal nicht so auskennen. Die nehmen irgendwelche Popkünstler auf und ich bin spezialisiert auf Gitarrensound und sowas. Ich bin ein riesiger Andy Sneap Fan und Freund, er von mir auch, der hat mir auch viel beigebracht. Es ist auch ganz gut, wenn man so ein bisschen hier den Osten abgraben kann, hehe.

Du hast gesagt, ihr trefft euch in Hamburg zum Proben. Wahrscheinlich habt ihr bisher auch noch selten oder nie zusammen gespielt, oder?

Nee, momentan noch nicht, eigentlich ist das noch eine theoretische Band. Sie waren zwar alle bei mir im Studio, aber nicht zur gleichen Zeit. Wir haben also nie zusammen gejammt oder so, jeder einzeln. Das wird schon aufregend.

Aber gut, sind ja alles erfahrene Leute, wenn man sich anguckt, an wie vielen Alben die beteiligt waren... Gut, keiner an so vielen wie du, aber es gibt ja einige bekannte Namen in den Geschichten der Mitglieder.

Auf jeden Fall. Jari (Kainulainen) hat so viele STRATOVARIUS Alben mitgemacht und er war bei EVERGREY, die sind ja auch ganz geil gewesen. Der hat auch genug Liveerfahrung. Der ist richtig hungrig. „Lass uns touren, lass uns touren!“ Jedes Mal kommt so ne Mail.

Aber da ist es doch besonders ärgerlich, dass das Album jetzt zwei Mal verschoben wurde. (Ursprünglich war es der 26. April, daraus wurde der 17. Mai und schließlich der 14. Juni.)

Ja, das ist ärgerlich, aber ganz so schlimm ist es auch nicht. Hauptsache, man ist zufrieden und dass die Vorbereitung, die wichtig ist… Das Album ist fertig und dann soll man immer zwei Monate Zeit haben, für die Labels, damit die Promo in Ruhe starten kann. Die Hälfte von der Schuld trifft mich ein bisschen, weil ich mit dem Mix nicht hinterherkam oder nicht zufrieden genug war. Und dann die zweite Hälfte war, dass sich der Japanrelease verzögert hat, weil wir da die Plattenfirma gewechselt haben. Die haben uns gebeten, unsere Plattenfirma in Europa, AFM, zu fragen, ob wir das verschieben könnten. Und dann meinte AFM, es ist auf jeden Fall besser, weil sie dann das Album besser vorbereiten können. Fast zeitgleich kommt es jetzt auch in Japan raus, das ist so der Hauptgrund.

So dass sich keiner für das illegale Runterladen entschuldigen kann mit dem Grund, sonst hätte er ja noch vier Wochen warten müssen.

Hehe. Ich dachte mir auch, ich geb das Album meiner Frau, sobald das Presswerk zum Pressen gefragt wird. Es gab schon so ein paar Vorabmixe, die an diverse Presseleute gingen, und dann wollte ich mal sehen, welche Version im Internet nachher ist, damit derjenige gleich eins an den Hals kriegt. Am Ende denke ich jetzt aber, dass eh jeder das Ding hat, und ich hoffe, dass es nicht so früh ins Internet geht.

Ich finde, dass man aus den Liedtiteln sowohl eine kleine eigene Geschichte bauen könnte, als auch dass man einige auf die Bandgeschichte beziehen kann.

Auf jeden Fall, „Novum Initium“, zu dem Titel hab ich auch den Text geschrieben. Der Albumtitel war eigentlich vorher da und ich gesagt, das wär doch cool, weil es sowieso die lange Nummer ist. Man sagt immer so, das kleine Meisterwerk, hehe, weil da so viele Parts drin sind. Dann hab ich gesagt, ich mach auch den Titel und den Text dazu, das wäre doch ganz cool. Wir haben aber auch in den anderen Songs die positive Message, die wir rüberbringen wollen, das wir weitermachen und einen neuen Start haben. Das ist schon so ein kleiner roter Faden, auch wenn es kein Projektalbum in dem Sinne ist. Wir haben schon immer so das Privileg, eine positive Message rüberbringen zu wollen.

Auch bei tragischen Themen, „Crystal Night“ war ja auch ein sehr kraftvoller Song und nicht gerade melancholisch.

Absolut, aber bei dem Text hatte ich schon auch die Angst, wenn man zu weit in die Neonaziecke drängt, dass man nachher Ärger kriegt oder so. Ich wollte einfach nur mit dem Finger drauf zeigen. Das war ja vor zehn Jahren so, dass da diese Welle war, da wollte ich meinen Beitrag zu beisteuern. Der Song hat diese Power, der Text würde super dazu passen, aber ich wollte jetzt nicht sagen: „Ihr seid scheisse, ihr müsst weg!“ Oder so etwas.

Dafür ist MASTERPLAN auch die falsche Band.

Ja. Der Witz ist, gerade als das erste Album rauskam, haben wir viele Monate später Mails aus Amerika bekommen, ob wir ne christliche Band sind. Ich dachte nur, „Alter, was ist denn jetzt los?!?“ Das sind wir nun auch nicht, aber irgendwie sind wir halt nette Leute, und ich will auch nicht Texte rüberbringen, an die ich nicht glaube. Das ist eine Einstellungssache.

Wenn du die Musik schreibst, dann stammt auch die Gitarrensäge in der Mitte von „Novum Initium“ und das Orientalische in „Betrayal“ aus deiner Feder?

Nee, das ist witzig. Das Intro von „Betrayal“ kommt eigentlich von Axel. Eigentlich haben wir beide 50:50 Songwriting Credits, ich bin nicht der Hauptsongwriter. Axel ist mein Kompagnon. Mein Gegenspieler, sag ich mal. Wir haben ein richtig super Teamwork und arrangieren auch die ganzen Songs zusammen. Ohne ihn wäre MASTERPLAN auch tot, glaube ich, weil alleine würde ich das nicht machen. Ich bin nicht der Yngwie Malmsteen, der alles alleine schreibt. Für mich ist Teamwork wichtig und ich muss auch zugeben, Inspiration ist auch wichtig. Selbst wenn Leute nur mit nem halben Titel ankommen oder einem Riff, das reicht mir manchmal schon, um einen Song fertig zu machen. Da muss ich irgendwas finden oder greifen können, was mich inspiriert. Das hab ich eigentlich immer so gemacht, auch damals mit Uli. Deshalb haben wir auch teilweise geniale Songs gemacht, wo er den Chorus nicht finden konnte. „Soulburn“ war so ein Ding, er kam mit dem Intro, der Strophe, der Bridge - und wir konnten über 2 Jahre keinen Chorus finden. Dann hab ich einen gefunden, den Solopart noch und das Ding war fertig. Ich bin nicht auf der Welle und sage, ich mach alles alleine. Auf keinen Fall. Bei „Betrayal“ kam das Intro von Axel, aber „Novum Initium“ war mein Ding, logisch.

Ich hab beim ersten Mal ziemlich gelacht, als mitten in den zehn Minuten die Säge ausgepackt wird, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte, aber ich finde es super, es lockert das Lied auf.

Ich hab auch gedacht, dass es ja irgendwie lustig ist. Das war auch spontan, ich hab ein bisschen an alte Zeiten gedacht, was hab ich gemacht bei HELLOWEEN, vor zehn Jahren oder fünfzehn Jahren. Da gab es ja auch manchmal sowas, ich glaube bei “When The Sinner“(von der eher eigenwilligen „Chameleon“) kam es auch zu so einem Scratchen auf den Seiten. Das war so ähnlich. Da hab ich gedacht, „Ach, das machen wir in der Richtung.“ Aber nicht genau so, sondern bisschen anders, rhythmischer. Das klang irgendwie ganz geil, wie so ein metallisches Werk oder so. Ein ganz einfacher Effekt, aber irgendwie fand ich es ganz hübsch.

Einfach, aber effektiv.
Woher stammt das „Per Aspera Ad Astra“, das Intro, aus Star Trek?


Nee, das war auch eine Idee von Axel, geb ich zu, das Intro hat er auch gemacht. Das sollte eigentlich gar nicht mehr aufs Album, aber ich fand es so geil und hab gesagt, dass wir das einfach machen. Ich hab das noch ein bisschen bearbeitet, die ganzen Keyboards kamen aber von ihm natürlich. Da waren vorher Midi Drums drauf und Drumcomputer, dann hab ich einfach den Martin drauf trommeln lassen, dann Jari den Bass und ich hab später die Gitarren gemacht und danach klang es richtig geil. Ein bisschen gekürzt, vorher verlängert, wieder gekürzt. Dann hab ich ihn gefragt:
„Hast du für dein Intro einen Namen?“
„Hmm, ja, muss ich mal überlegen.“
„Du kannst nicht überlegen, wir müssen das in zwei Stunden wissen!“ - Denn AFM wollte die Tracklist schon ins Internet stellen und sie brauchten einen Namen. - „Am besten ist es doch, „Novum Initium“ ist ja schon Latein, mach doch für das Intro auch einen lateinischen Namen.“
Die Idee kam dann von ihm. Ich muss zugeben, dass ich zuerst natürlich nicht wusste, was es heißt, aber dann hat er es mir erklärt, logisch. Das war die Idee, das kam von Axel.

Du weißt also nicht, was er als Inspiration hergezogen hat, weil es einen eigenen Wikipediaeintrag hat und alles Mögliche aufgezählt wird, wo man es verwendet. Die Stadt Gouda zum Beispiel.

Jaja, er hat das, glaub ich, irgendwo bei der Bundeswehr gesehen, auf nem Schild oder so. Das wird schon öfters verwendet, aber er meinte schon wirklich die Message, die reine Übersetzung. Ich weiß auch schon gar nicht mehr, was es heißt. Eine positive Message.

Flapsig gesagt, Nur die Harten kommen in den Garten. Wörtlich etwa, Der Weg zu den Sternen ist steinig.

Genau, das war es. Und das passte ja auch vom Artwork, deshalb kam er darauf. Wir haben ja so ein bisschen das Weltraummäßige, und es passte auch von der Message super. Er hat begriffen, dass wir sehr steinige Wege haben in unserer Karriere, MASTERPLAN, die Line-up Probleme, die wir immer haben.

Man hat manchmal schon ein wenig den Eindruck, dass der Bandname ein bisschen böses Karma mit sich gebracht hat.

Ja, ich denke einfach, dass über die Jahre in der Band... Mit Uli fing es eigentlich ja an. Jørn ist ausgestiegen, mehr oder weniger im Einvernehmen haben Uli und ich damals gesagt, dass es nichts mehr mit ihm bringt. Es war einfach zu stressig. Es gab so viele Diskussionen über jeden Schritt, den wir machen wollten. Uli ist sehr sensibel in der Hinsicht, hat keine Motivation mehr gehabt und war richtig frustriert. Dann musste ich mich entscheiden zwischen Jørn und meinem Kumpel Uli, da hab ich mich natürlich für Uli entschieden. Mit dem hatte ich schon so viele Jahre bei HELLOWEEN gekämpft und auch viele Erfolge erzielt. Wir hatten ja auch als Songwriter richtig zusammengefunden und haben gedacht: „Wow, was für ein Team sind wir denn?!“ Das wussten wir vorher gar nicht, bei HELLOWEEN haben wir ja nicht in dem Sinne zusammengearbeitet.
Dann kam der große Schrecken, Sängersuche, und auf einmal steigt Uli aus. Da dachte ich auch, was das denn jetzt soll. Er hat mehr oder weniger seine Karriere auf Eis gelegt und macht seine normalen Jobs. Ich denke, das war das, was er wollte. Er wollte ein Familienleben haben, wo er ein stetes Einkommen hat und abgesichert ist. Im Musikbusiness ist das eher hart, leider. Das konnten wir ihm mit MASTERPLAN einfach nicht garantieren, obwohl wir auf einem sehr guten Weg waren - noch mit Jørn natürlich.
Irgendwo ist es ein wenig tragisch, dass man das immer als Zweitjob sehen muss, und viele in den Bands immer noch arbeiten müssen. Jeder hat seinen Job, auch jetzt die Jungs haben ihre Arbeitsplätze oder Zweitbands und hin und her, weil man davon nicht mehr leben kann. Ist traurig, aber ist so. Für mich ist es finanziell ne Sache… Es wird auch härter, ich merke es langsam, weil jetzt neue Verträge kommen und die Zahlen werden immer niedriger. Allgemein wird es immer weniger und die Verkaufszahlen sind einfach lächerlich. Schade eigentlich. Logisch, dass die Plattenfirmen dann nicht mehr so viel zahlen können. Die Vorschüsse werden weniger. Das ist ein Kreislauf, der ist ein bisschen gebrochen bei uns, weil wir langfristige Verträge gemacht haben damals, über fünf Alben. Das ist jetzt das fünfte Album und irgendwann werde ich dann mal die Karten sehen, wie es weitergeht. Wird interessant, aber ich denke nicht, dass wir aufgeben werden.

Du bist ungefähr so lange in Bands aktiv, wie ich alt bin. Sitzt du manchmal abends vor dem Kamin mit einem Glas Wein und ziehst Bilanz über die 30 Jahre oder denkst du eher voraus?

Schwer zu sagen. Ich ziehe nicht Bilanz, das ist zu früh, aber ich habe manchmal meine Gedanken… „Hätte ich mal das nicht gemacht damals!“ Zum Beispiel: „Hätte ich bloß mal meine Schnauze bei HELLOWEEN gehalten, dann wär ich immer noch dabei.“ Hehe. Manchmal fühlt man sich doch zu sicher, reißt sein Maul auf und denkt, man kann irgendwie seinen Beitrag, einen freundschaftlichen Rat geben, was dann missverstanden wird und dann ist man nicht mehr dabei.
Im Prinzip ist aber irgendwie alles so gekommen, wie es kommen soll. MASTERPLAN würde es nicht geben, wäre ich noch bei HELLOWEEN. Ich bin da sehr stolz drauf. Mir ist Erfolg jetzt nicht so wichtig. Wichtig schon, aber ich bin nicht derjenige, der anderthalb Jahre in der Welt rumkutschieren und jede Halle dieser Welt abgrasen muss. Das muss ich auch nicht mehr haben. Ich hab genug getourt mit HELLOWEEN und bin nicht unbedingt neidisch, wenn ich manchmal die Tourdaten von Bands sehe, die drei, vier Monate unterwegs sind. Das ist sehr anstrengend.
Ich hab gestern grad ein Interview auf Blabbermouth gelesen mit Matt Sorum, diesem Drummer von GUNS N‘ ROSES, und der ist noch jünger als ich, soweit ich weiß (mit einem knappen Jahr Altersunterschied hat Roland Recht), und der hat gesagt, dass er das nicht mehr kann. Er sagt, dass das Touren einfach eine Zeitverschwendung ist, weil man nur wartet den ganzen Tag. Das Problem sind halt die Drogen. Ohne Drogen und Alkohol kannst du das nicht durchhalten. Bei mir ist das auch so: Je mehr du tourst, desto mehr säufst du. Der Alkoholkonsum war teilweise so groß, dass ich nach Hause kam und dachte, „Alter, das ist doch nicht normal!“ Ist ja auch nicht gesund, weil die Leber macht auch nicht endlos mit. Gibt ja auch einige Musiker, die eine Krankheit haben oder dran gestorben sind.

Als Fan auf nem Festival hat man nur vier Tage, aber nicht vier Wochen am Stück.

Von der Show gehst du auf den Bus und hängst da noch bis 5 Uhr morgens oder auch teilweise länger. Und du trinkst dann nicht Cola Light oder sowas am Abend, du trinkst dein Bier. Jede Stunde hast du ein, zwei Bier. Das ist ja nicht viel, aber über die Zeit… Dass du eigentlich schon Abends um 18 Uhr anfängst vor der Show und dann bis morgens 6. Das sind dann 20, 30 Flaschen Bier. Locker. Ohne total besoffen zu sein, weil du durch die Shows auch viel schwitzt. Das ist so das, was keiner so weiß. Das ist halt nicht so zu sehen.
Oder eben das Warten, oder Flughäfen. Check-In, Check-Out, in der Schlange stehen. Du kommst verschwitzt am Flughafen an, in Japan, bist völlig fertig und dann stehen da die Fans, wollen Fotos machen und freuen sich und Bla. Du guckst so grimmig, meinst es aber nicht so. Ich glaube, momentan bin ich superlocker und völlig fröhlich und happy, wenn ich wieder rausdarf, aber ich kenne auch die andere Seite.

Das was bisher abzusehen oder geplant ist für dieses Jahr, ist also in einem Rahmen, der dir gefällt?

Ich geb das nicht vor. Ich versuche alles mitzunehmen, was wir schaffen können mit MASTERPLAN. Sobald wir ein Tourangebot kriegen, machen wir das. Es gibt keine Vorgaben wie „Zu viel“, auf keinen Fall! Wir haben jetzt in der Tourplanung evtl. Oktober durch Europa. Ich hoffe, dass das klappt, es sind alles ein bisschen noch Theorien, aber es ist auch noch nicht so eilig. Dann haben wir sieben oder acht Festivals in diesem Jahr, Belgien, in Deutschland ein oder zwei, Portugal, Schweiz im Mai, in Rumänien eins. Ich hoffe, dass da noch mehr kommt, vielleicht Südamerika auch noch. Im Januar ist eventuell Südamerika und Asien angesagt. Die Band steht da voll hinter und ich auch, ich würde da jetzt nicht die Handbremse anziehen und sagen, dass ich das nicht mache.
Ich meine, solche Touren wie BON JOVI macht oder METALLICA, die sind in Mumbai oder so. Wenn da das Geld stimmt und du hast eine Band, die so erfolgreich ist, überlegt man sich das zweimal, ob man da Nein sagt. Es hängt immer von der Situation ab.

Aber das freut mich zu hören, denn ich bin nicht mal sicher, ob ich euch überhaupt jemals gesehen hab.

Wenn du dir nicht sicher bist, hast du uns bestimmt nicht gesehen. Hehehe.

Damit bin ich auch am Ende meiner Fragen. Ich danke dir für das Gespräch, Roland!

(1. Bild vlnr: Jari Kainulainen, Martin Škaroupka, Rick Altzi, Roland Grapow, Axel Mackenrott)
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