Hell on Earth Tour 2005

Hell on Earth Tour 2005

As I Lay DyingEnd Of DaysEvergreen TerraceHeaven Shall BurnNeaera
Bochum, Matrix
23.09.2005
Für alle Freunde des Metal- und Hardcore steht dieses Jahr ein besonderer Leckerbissen auf dem Programm. Denn auf der Hell on Earth Tour spielen gleich drei der derzeit angesagtesten deutschen Acts dieses Genres vor, sowie drei amerikanische Vertreter, die sich auch auf unserer Seite des großen Teiches einen mehr oder weniger großen Namen machen konnten. Tourauftakt und Schauplatz für die erste Prügelnacht war das allseits beliebte Matrix in Bochum, das bereits Wochen vor dem Termin völlig ausverkauft war. Kein Wunder bei geschenkten 12 Euro für sechs sehenswerte Gruppen.

Leider war schon vor Beginn ein Manko aufgetreten, denn aufgrund des unüberschaubaren Andrangs des recht jugendlichen Publikums (Kollege Meyer hätte sicherlich bei dem Anblick von hunderten HATEBREED T-Shirts sofort die Flucht ergriffen) verzögerte sich der Einlass doch gewaltig. Nächstes Problem: um 18 Uhr sollte es mit dem Einlass losgehen und bereits um 22 Uhr beginnt dann die bekackte Disco in der Matrix. Der Zeitraum war wirklich etwas knapp bemessen und eigentlich wollte ich garnicht miterleben, wie die nassgeschwitzte Pitgemeinde aus der Röhre auf die Gothic/EBM/Wave Gemeinschaft reagiert, wenn diese dann irgendwann durch die Räumlichkeiten strömt. Doch leider sollten sich meine Befürchtungen bewahrheiten, denn als die letzte Band des Abends auf die Bühne kam, zeigte der Zeiger meiner Uhr bereits viertel nach zehn und dutzende in grellpink bis tiefschwarz gekleidete Freunde der Gothickultur mit mehr oder weniger viel Stoff am Körper, standen verwundert vor Halle 4 und ärgerten sich darüber, warum ein freundlicher Matrixmitarbeiter sie wieder wegschickte. Die Spielzeit der Bands musste natürlich auch unter dieser etwas wirren Organisation leiden und vor allem die Merchandise Abteilung wurde ab zehn Uhr aus Halle 3 mit Folk Klängen zugedröhnt, was bei einigen für schlechte Laune sorgte (Kevin, END OF DAYS: "Ich muss hier weg! Das ist ja grausam!"). Aber egal, am 10.10. steigt hier eine extra einberufene Zusatzshow, bei der man all das besser machen kann. Gelohnt hat sich das Ganze auf jeden Fall, denn die Bands zeigten sich von ihrer besten Seite. Den Anfang machten:

NEAERA
Die Coreknaben aus Münster machten an diesem Abend den Anfang und obwohl ich recht weit vorne am Eingang stand, begrüßte mich die Band mit den traurigen Worten "Sorry für die kurze Spielzeit! Aber zwei Songs haben wir noch für euch!". Dementsprechend fand ich auch eine recht leere Halle vor und die Stimmung hielt sich noch in Grenzen. Wirklich schade, denn die Band zeigte durchaus, dass sie zu den ganz Großen der Szene dazugehören kann. Mit den beiden abschließenden Krachern "Walls Instead of Bridges" und "Save the Drowning Child" hinterließen sie jedenfalls einen sehr guten Eindruck, der auch die Qualität ihres Albums "The Rising Tide of Oblivion" (http://www.bloodchamber.de/cd/n/1592/) nochmal unterstreicht. Die Bühnenperformance ist sicherlich noch ausbaufähig, denn nur Sänger und Schamhaarmattenträger Benjamin Hilleke hüpfte etwas dilettantisch über die Bühne. Dazu war der Sound noch nicht zu hunderprozent ausgereift. Dennoch legten NEAERA ein wirklich ordentliches Brett vor, an dem sich die anderen Bands erst einmal messen müssen.

AGENTS OF MAN
Die Amis waren in meiner Review nicht unbedingt positiv weggekommen, konnten mich allerdings auf der Bühne definitiv überzeugen. Während sie auf Cd noch etwas soft und abgekocht wirkten, traten sie auf der Bühne ordentlich Arsch. Die Gitarristen wechselten ständig die Positionen, Sänger Puda poste ordentlich vorneweg und die Halbkoreanische Fraktion der Band sorgte mit Karatetritten auf der Bühne für weitere spektakuläre Einlagen. Gut gefallen hat mir auch die Songauswahl, denn statt den ruhigeren Nummern spielten AGENTS OF MAN die hardcorelastigeren Stücke des Albums "Count your Blessings" (http://www.bloodchamber.de/cd/a/1804/) wie "Consequences" oder "Death of Me". Die Halle füllte sich langsam, aber dennoch wollte der Funke noch nicht so recht überspringen. Man hätte sicherlich gelangweilt vor der Bühne langschlendern können, ohne einen Ellbogen auf die Nase zu bekommen. Ruhig und gespannt schien das Publikum auf die nächsten Auftritte zu warten und auch mehrmalige Aufmunterungen des Sängers konnten daran nicht so recht was ändern. Probleme gab´s leider auch bei den Micros, denn wenn das Gitarristenduo mal gesangstechnisch eingreifen wollte, verhalten die Shouts so lautlos und unbemerkt in der Halle wie der Furz eines anwesenden Zuschauers. Auch einige Liedansagen kamen nur bruchstückhaft an. Dennoch war der Auftritt von AGENTS OF MAN für mich eine wirklich positive Überraschung und die Jungs gefielen mir weitaus besser als auf Platte!

END OF DAYS
Die Jungs um Frontröhre Kevin hatten hier natürlich ein souveränes Heimspiel, stammen sie doch aus dem nur einen Katzenpiss entfernten Bottrop. Dementsprechend voll war inzwischen auch die Halle und das Publikum weitaus engagierter als zuvor. Unter dem Motto "Your Suffering Starts Now" legten END OF DAYS auch flott los und brachten die Halle zum Kochen. Vor allem Sänger Kevin hatte mit seinem eigenwilligen Gesangsstil und einer abgefahrenen Performance die Menge schnell im Griff: "Metal oder Hardcore -> Scheißegal! Hauptsache die Musik macht Spaß!"
Vor der Bühne ging es nun schon was wilder zur Sache, denn nach ein paar Minuten kam mir ein erstes Opfer entgegen, das sich wohl dringend den Kopf untersuchen lassen musste. Aber kein Wunder. Songs wie "Dedicated to the Extreme", "Nothing but Disgust", "Inside I burn" oder "Sleeples Sorrow" (http://www.bloodchamber.de/cd/e/1683/) brachten alle Hörer in der Halle zum Schwitzen und dem Thema "Hell on Earth" wurde ab sofort absolute Gerechtigkeit getragen, denn die Temperaturen in der Röhre waren kaum noch auszuhalten. Inzwischen standen die Besucher schon bis ans Ende der Halle verteilt und der Anstrom schien kein Ende zu nehmen. END OF DAYS legten den bis dato besten Auftritt des Abends hin und es war, wie bei allen anwesenden Bands, schade, dass die Spielzeit nur recht kurz war.

EVERGREEN TERRACE
Der Fünfer aus Florida war für mich völliges Neuland und die einzige Band des Abends, von der ich keine Cd mein Eigen nennen kann. Um so postiver war ich von dem Auftritt der Jungs überrascht. Immerhin hätten EVERGREEN TERRACE als einzige Formation des Abends die Möglichkeit gehabt, ihr aktuelles Album (http://www.bloodchamber.de/cd/e/1803/) trotz der kurzen Spielzeit komplett präsentieren zu können. Doch die Jungs schöpften ein großes Pensum ihrer Bandhistorie aus und spielten sich zu meinem persönlichen Highlight des Abends empor. Obwohl Fronter Andrew bei den Liedansagen wie Duffy Duck klang, gelang ihm gesangstechnisch ein wahrer Volltreffer. Spätestens bei dem U2 Cover "Sunday Bloody Sunday" war der Mob am Toben und ich meinte sogar eine Unterhose durch die Luft fliegen zu sehen. Wild gewordene Stage Diver liesen sich von der begeisterten Menge tragen und man war sich allgemein einig, dass EVERGREEN TERRACE einen absoluten Sahneauftritt hingelegt hatten.

HEAVEN SHALL BURN
Nach dem gelungenen Auftritt der amerikanischen Vorgänger, war ich leider dazu gezwungen ein erfrischendes Hopfengetränk zu besorgen. Folglich konnte ich meinen guten Hallenplatz natürlich vergessen, denn bei der neben CALIBAN wohl derzeit angesagtesten Metalcore Band Deutschlands war die Röhre natürlich brechend voll. Wer Angst hatte durch eine Wall of Death oder Violent Dancing in Mitleidenschaft gezogen zu werden, konnte seine Furcht an diesem Abend getrost in der Hose lassen, denn es war garnicht genug Platz für derartig spektakuläre Einlagen. Der Auftritt von HEAVEN SHALL BURN war gewohnt souverän, wobei man den Jungs irgendwie ein hartes Tourjahr anmerken konnte. Die kurze Spielzeit tat ihr übriges und so rauschte der Auftritt beinahe spurlos an mir vorbei, obwohl ich es gut fand, dass auch Songs der aktuellen Split Cd gespielt wurden (http://www.bloodchamber.de/cd/h/1874/). Die Menge war sehr enthusiastisch und feierte ihre Helden mit einer gehörigen Portion Beifall. Glückwunsch auch an den Stage Diver, der es tatsächlich bis fast ans Ende der Röhre geschafft hat! HEAVEN SHALL BURN fügten sich nahtlos in den gelungenen Coreabend ein und enttäuschten die Fans sicherlich nicht.

AS I LAY DYING
Den Abschluss und das absolute Highlight des Abends bildeten AS I LAY DYING. Wahrscheinlich hätte Fronter Tim Lambesis auch laut ins Mikro furzen und sich dann verpissen können, die Zuschauer hätten es ihm mit frenetischem Applaus gedankt. Durch die Vorbands und die allgemeine Atmosphäre vollkommen aufgewühlt, hielt es beim Auftritt der Metalcore-Götter sowieso niemanden mehr still. Und so gut die Auftritte der vorangegangenen Bands auch waren, AS I LAY DYING legten dem Ganzen noch eine fette Schippe drauf. Bei diesem Auftritt passte wirklich alles. Der Schweden Death/Metalcore der Jungs ist einfach ein Aushängeschild und Musterbeispiel für die gesamte Szene. Gesanglich perfekt, geniale Riffgewitter und ein extrem präzisiertes Zusammenspiel sorgten für den wunderbaren Abschluss eines wirklich gelungenen Abends, der leider mit der nicht hunderprozentig astreinen Organisation einen Fleck auf einer ansonsten schneeweißen Weste fand. So äußerte auch Tim Lambesis auf der Bühne seinen Unmut und es war wirklich schade, dass nicht mehr Spielzeit vorhanden war. Neben älterem Material spielten die Jungs auch einige Songs des neuen Albums "Shadows are Security" (http://www.bloodchamber.de/cd/a/1806/) und erledigten somit auch die Songauswahl gekonnt souverän.

Die HELL ON EARTH TOUR ist eine wirkliche Empfehlung für alle Freunde harter Metalcore Musik da draußen, denn trotz der organisatorischen Ungereimtheiten, wird der Abend bei den Besuchern wohl in mehr als positiver Erinnerung bleiben. Das friedliche Miteinander mit Auf-die-Fresse-Metal, aber ohne Schlägereien und sonstige Konflikte war erst der Startschuss für diese große Tour. Also an all diejenigen draußen, die die dort spielenden Bands zu ihren Faves zählen: besorgt euch eine Karte! Es lohnt sich!
Schade nur, dass es bei alle dem Chaos und Zeitdruck nicht mehr für ein Interview gelangt hat, allerdings war es bei dem Andrang für die Organisation auch schwer, alles in Griff zu bekommen, das sollte man nicht außer acht lassen. Also wer mal wieder bei einem ausverkauften Konzert in der Matrix zugegen ist, sollte sich immer mit zwei Bier double fisted in die Halle begeben, ansonsten haben irgendwelche Sickös mit Sicherheit schon die besten Plätze erobert...
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