Holy Moses Desaster Dawn Of Fate Betrayer

Holy Moses, Desaster, Dawn Of Fate, Betrayer

DesasterHoly Moses
Leipzig, Moritzbastei
11.02.2006
Samstag Abend kurz nach neun. Der Eingang der Leipziger Moritzbastei wird von langhaarigen und dunkel gekleideten Wesen belagert. Das übliche Studentenpublikum, insofern nicht immer noch beim heimischen Schmink- und Gelmarathon befindlich, macht dieses Mal einen großen Bogen um das kühle Gemäuer. Ganz klar: Es ist mal wieder Scheddel-Zeit. Und aufgrund der ungewöhnlich langen Schlange ist bereits im Vorfeld klar, dass es dieses Mal besonders eng und kuschelig zugehen wird. Im Publikum lassen sich viele neue Gesichter entdecken, aber auch Altbekannte pilgern wie fast jeden Monat zum gepflegten Abschädeln. Und das ist dieses Mal wirklich Programm. Fast alle angekündigten Bands setzen bei ihrem Programm auf schnelles Tempo, denkfreie Strukturen und eingängige Gitarrenrhythmen, ganz so wie es im „Holy Book of Thrash“ geschrieben steht.

Los geht es pünktlich mit BETRAYER (und pünktlich ist hier wirklich sonst kaum jemand), deren Spielbeginn der werte Rezensent spontan versemmelt (An dieser Stelle sei noch einmal auf den Abschnitt mit der Warteschlange verwiesen). Jedenfalls hat wohl kaum ein Opener solch regen Zuspruch erleben dürften. Normalerweise sieht es nämlich so aus, dass sich eine mehr oder weniger motivierte Band vor einer Handvoll Leuten bemüht, die auch nur aus dem Grund hier sind, weil es ihnen im Vorraum zu hell oder zu warm ist. Aber nicht so an diesem Abend: Der Konzertraum ist bereits zu dieser frühen Stunde bis zum Bersten gefüllt und engagierte Besucher beanspruchen ihre Nackenmuskeln, als ob es kein Morgen mehr geben würde. Irgendwas müssen BETRAYER also mit ihrer Mischung aus klischeehaftem Thrash und irgendwas anderem (Hauptsache Klischee) richtig machen. Geile Rhythmen, eine gut gelaunte Band und ein angenehmer Sound heizen den Saal ordentlich auf, so dass es dann auch nicht weiter verwundert, dass die Menge nach dem letzten Stück gierig nach Mehr brüllt. Dies sollen sie dann auch in Form des wunderschön dämlichen „In The Hall Of Metal“ bekommen, bei dem kurzerhand die Fans (nach Aufforderung) die Bühne entern und zusammen mit der Band den Song zum Besten geben. Da braut sich was zusammen in Grimma.

Anschließend haben sich DAWN OF FATE angekündigt, welche den Genrezeiger wieder mehr Richtung Tod deuten lassen. Nackt bis auf den blanken Busen (Nur der Bassist traut sich nicht und steht außerdem ein wenig bedröppelt in der Ecke herum. Trau dich, du gehörst auch zur Band, egal was die anderen sagen!) präsentieren uns die Torgauer ihre Interpretation von Death Metal. Und der ist gar nicht mal so leicht einzuschätzen. Munter zwischen Schweden und Amerika, zwischen Prügelparts und schon fast doomigen Melodien, zwischen Ernsthaftigkeit und vertonten Geburtstagsliedern sowie zwischen krächzenden Krächzern und growligen Growls hin und her pendelnd, lässt sich ein leichter Eindruck von Entscheidungslosigkeit nicht verhindern. Auch wenn man sich dadurch schwer auf den nächsten Song vorbereiten kann, der Einstieg in die Stücke fällt dennoch recht leicht. Technisch durchaus versiert und auf der Höhe der Zeit bringt die Band zwar nicht ganz so viel Stimmung wie ihre Vorgänger, aber von toter Hose kann deshalb noch lange nicht die Rede sein. Wirklich unbeliebt machen sich DAWN OF FATE (zumindest beim Rezensenten) erst bei ihrer Zugabe, ein Cover von Hypocrisys „Roswell 47“. Erstens vergeht man sich daran einfach nicht. Und zweitens: Wenn man es trotzdem tut, dann sollte man zumindest versuchen, eine eigene Note reinzubringen, und nicht einfach nur nachspielen. Und drittens macht man das einfach nicht. [cr]

Desaster lassen sich anschliessend nicht lumpen und jagen ihr gut gelauntes Oldschool-Brett aus Thrash und Black in die Massen. Vor allem der (nicht mehr ganz so) neue Fronter scheint für diese Rolle geboren zu sein und legt sich standesgemäss posend mächtig ins Zeug - für irgendwas muss die Muckibude ja gut sein. Dazu gibt's umgedrehte Kreuze vor der Bassdrum, Leder auf nackter Männerhaut und ein Feuerwerk an moshkompatiblen Abgehern - die Mischung aus Motörhead-Attitüde und schwarzer Trueness macht den gut aufgelegten Jungens jedenfalls keiner so schnell nach. Entsprechend mitgehfreudig gibt sich das Publikum, das mit glücklichen Gesichtern die Köpfe kreisen lässt. Die obligatorischen Klampfenduelle runden die subjektiv beste Show des Abends schlussendlich passend ab.
Ein Lob muss man an dieser Stelle auch dem Mann am Sound aussprechen, der es tatsächlich schafft, der Musik bisher verborgen gebliebene Melodien zu entlocken und damit den eher tumben Eindruck vergangener Konzerte gehörig umzukrempeln. In dieser Form sind DESASTER jedenfalls definitiv eine Konzertempfehlung für den anstehenden Sommer. [rs]

Beim heutigen Headliner letztendlich steigt der Altersdurchschnitt erheblich an. Bereits seit den Achtzigern steht die heilige Möse – pardon – HOLY MOSES für begeisternden Thrash. Und auch wenn Frontdame Sabina Classen neben ihren Band-Jünglingen wie Tina Turner zwischen den Backstreet Boys wirkt, der Frau merkt man einfach an jeder Falte (in der Jacke) an, dass sie den Metal liebt und lebt. Ganz wider ihren Geschlechts röchelt sie sich durch die treibenden Songs und vergisst es auch nicht, ihr Publikum dementsprechend zu animieren. Obwohl ein Großteil der dargeboten Stücke dem Rezensenten eher unbekannt sind, wissen sie anfangs auch zu überzeugen und klingen erstaunlich modern für eine solch betagte Band. Dennoch ist nach einer Weile irgendwie die Luft raus. Sei es aufgrund mangelnder Abwechslung, viel zu gut gemeinter Lautstärke oder der allgemeinen Forderung des Körpers nach Betriebsruhe aufgrund zuvoriger Überanstrengung – im Laufe der Zeit sieht man immer mehr Leute den Konzertraum verlassen als diesen betreten. Aufgeschnappte Kommentare wie „Früher waren die auch mal besser“, „Ich will so sein wie Sabina, wenn ich mal alt bin“ und „Irgendwie ist mir das alles zuviel“ lassen leider auch keine deutlichere Aussage zu. Man einigt sich schließlich auf das Urteil: Ganz nett, aber auch nicht überragend.[cr]

www.holymoses.de
www.total-desaster.de
www.dawn-of-fate.de
www.betrayer.de.vu

www.scheddel.de

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