Napalm Death Born From Pain Mendeed & After Rising Sun

Napalm Death, Born From Pain, Mendeed & After Rising Sun

After Rising SunBorn From PainMendeedNapalm Death
Leipzig, Conne Island
28.10.2006
“Die schnellste Metal-Band der Welt” gibt sich heute im Leipziger Conne Island die Ehre. Kein Wunder, dass der kultige Club von höchst interessiertem Publikum nur so überquillt. Dass die anwesende Fanschar dabei gut durchmischt ist, zeigt den hohen Status der Band in beiden Szenen, Metal und Hardcore. Die hochkarätigen Vorbands Born From Pain und Mendeed sowie die lokalen Szenevertreter After Rising Sun stimmen derweil den Abend äußerst modern und mit fett abgemischtem Sound ein.

Ein metalcoriges Standardprogramm bieten die Jungs von AFTER RISING SUN. Auch wenn die Riffs überzeugen, der Doublebass ordentlich Wumms macht und man auch schon Einfältigeres gehört hat, mag das Soundgemisch zwar ordentlich unterhalten, jedoch kaum Akzente zu setzen. Der Frontmann outet sich im Laufe des Gigs als Nick-Carter-Fan und hat damit einige Lacher auf seiner Seite. Aus dem Zuschauerraum ertönt auch nur höflicher Applaus; zum kollektiven Ausrasten fehlt noch ein ganzes Stück. Man spart wohl lieber seine Energie für den Headliner.
Auch MENDEED können das Publikum noch nicht so ganz aus der Reserve locken. Das Quintett aus Glasgow schafft es aber, mit seiner heftigen Mischung aus Heavy/Modern Metal und Hardcore zumindest einige Köpfe zum Bangen und ein paar Sturzbetrunkene zum albernen Posen zu bewegen. Musikalisch ist alles im grünen Bereich. Ein klein wenig mangelt es an Abwechslung und denkwürdigen Momenten, und auch die cleanen Gesangsparts des Bassisten sind, sagen wir mal, etwas dünn geraten. Für ausgiebiges Kopfnicken reicht es aber schon lange. Die Schotten sorgen mit einem cool posendem Sänger, einem ständig austickenden Bassisten und zwei konzentriert agierenden Gitarristen auch optisch für gute Laune.

Richtig dicke kommt es mit BORN FROM PAIN. Die geradlinigen Songs der sympathischen Holländer sind einfach zum Livespielen geschaffen. Schwere, eingängige Riffs walzen alles in Grund und Boden. Der ständige Wechsel zwischen groovenden Midtempo-Parts und schnellen Mosh-Attacken ist hochgradig mitreißend. So herrscht auch vor der Bühne ausgelassene Stimmung, zu der auch die sichtbare Spielfreude der Band und ihre ausgiebige Interaktion mit dem Publikum entscheidend beiträgt. Ein äußerst gelungener Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Hardcorelern und Metallern, der einem souverän die Lauscher platt drückt und den Mund staunend offen stehen lässt.

Auch wenn Ohren und Gemüt von den drei Vorbands schon angewärmt bis aufgeheizt worden, brechen NAPALM DEATH trotzdem wie ein tosender Orkan über das Conne Island herein. Laut, sehr laut, kompromisslos hart, verdammt schnell und ohne Pause lärmen sich die englischen Death/Grind-Veteranen durch ihr einstündiges Set. Dass hier nicht musikalische Feinheiten oder technische Höchstleistungen, sondern Intensität und Atmosphäre im Vordergrund stehen, zeigen die euphorischen Reaktionen der Fans. Vom ersten Ton bis zum letzten Akkord ist der Moshpit in heftiger Bewegung. Die Band wird dermaßen begeistert abgefeiert, dass man eine ziemlich deutliche Ahnung davon bekommt, was extreme Musik auszulösen und zu bewegen vermag. Frontikone Barney Greenway schürt das lodernde Feuer, indem er wie wild auf der Bühne umherspringt und mit fast unmenschlicher Stimme Death-Massaker zwischen 2 Sekunden und 3 Minuten Länge herausschreit. [yb]

Da kann man der werten Kollegin eigentlich nur beipflichten: Mit dem Auftaktdreier "*Geräusche*/Sink Fast Let Go/Fatalist" legen die Urgesteine der politischen Vergrindung heute los wie eine angestochene Weihnachtsgans. Günstigerweise scheint auch das Publikum in fortgeschrittener Tanzlaune zu sein, was im vorderen Viertel des Saals zu einem erklecklichen Pit führt, der fortan für allerlei Frustbewältigung oder einfach nur intensivstes Erleben genutzt wird.
Schwerpunktmässig bedienen die Briten (neben "Smear Campaign") ihre Alben ab "EoTMB", wobei man sagen darf, dass bei diesen Lautstärken und Tempi die durchaus vorhandenen Differenzen der Stücke etwas verschwimmen - aber scheiss drauf. Spätestens nach "Deaf&Dumbstruck" und dem live immer wieder endgeilen "Taste The Poison" ist - zumindest beim Schreiber - eh alles zu spät: Der Kopf muss doch irgendwie ab zu kriegen sein! Und während man sich noch von einem dieser zauberhaften Moshparts zum Verweilen überreden lässt, schlägt in Brusthöhe auch schon der nächste Highspeed-Hassbatzen ein - blanker Wahnsinn!
In all dem akustischen Inferno macht der mittlerweile wieder vollkommen gesundete Barney den Vorturner, während Shane mit dünnem Haar und breitem Grinsen das Treiben beobachtet. Es ist jedenfalls erfrischend, eine derart altgediente Band in dieser Laune erleben zu dürfen - intensiv, uneingebildet und fern aller Vorurteile schaffen es die alten Haudegen immer wieder, Botschaften an die unterschiedlichsten Menschen zu bringen.
Sehr positiv in meinen Augen auch die reduzierte Bühnenausstattung, die ohne Riesenpomp und übertriebenes Lichtergeorgel dafür sorgt, dass Musiker und Publikum ziemlich bald auf der gleichen Welle ins Nirwana surfen. Und dass am Ende Nazis gefickt werden, versteht sich ja von selbst. [rs]

Auch wenn der Gig nicht durch ausufernde Länge besticht; an seinem Ende bleibt sowieso kaum noch Luft zur Beschwerde...und jedes Konzert, dass eine derart überwältigende Stimmung hervorzurufen vermag und Musikfans unterschiedlicher Szenen zum gemeinsamen friedlichen Abfeiern zusammenführt, ist ein gutes Konzert. [yb]
Amen. [rs]

Fotos von Yvonne

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