Reverend Bizarre The Gates Of Slumber Centurions Ghost

Reverend Bizarre, The Gates Of Slumber, Centurions Ghost

Centurions GhostReverend BizarreThe Gates Of Slumber
Markt-Wirtschaft, Halle/Saale
02.11.2006
Manchmal..., also manchmal, da fasst man es einfach nicht: Gerade eben vor 'nem halben Jahr Reverend Bizarre für sich entdeckt, die Doomwelt an sich mal wieder ins Auge gefasst - und jetzt verabschieden sich die Finnen auch schon wieder von der grossen traurigen Bühne - Abschiedstour mit nur drei Dates in Deutschland, eins davon im Osten. Also rücken an diesem regnerischen Abend der Apokalypse noch mal sämtliche Verdächtigen in Halles Finest ein – die Markt-Wirtschaft bietet mit ihrem anheimelnden Eckkneipen-Flair das ideale Parkett für die Veranstaltung. Zwischen Tresen, Couchgarnitur und charmanten Toilettenanlagen kann das Fest also beginnen...

Den Auftakt machen Gates Of Slumber, die ihren recht klassischen und unerhöhrt groovigen Teppich bei bestem Sound verlegen. Die infektiösen Songs des Dreiers sind meist nicht überlang, glänzen dafür mit ausgedehnten, gefühlvollen Gitarrensoli, bei denen der ein oder andere Wüstenwind durchs Parterre fegt, und locken so schnell den ein oder anderen Gast vom Tisch.
Ab und an wird die Chose dann auch mal richtig langsam, aber über weite Strecken frönen die Amis dem bewährt-gemässigten Eierschaukeltempo, welches Black Sabbath irgendwann – vor Äonen, so scheint's – salonfähig machten. Da der Sänger seinen Job zudem mit der angemessenen Mischung aus Inbrunst und Teilnahmslosigkeit versieht, ist soweit alles im grünen Bereich: Eine schicke Einstimmung inklusive Trouble-Cover, die vom Publikum mit wohlwollendem Applaus aufgenommen wird.

Um einiges angespannter präsentieren sich anschliessend die Londoner Centurions Ghost mit ihrer saustarken Mischung aus Psycho-Death-Doom und Hardcore. Dazu muss man wissen, dass die Band auf ihren ersten Lebenszeichen mit einem rauheren Doomsänger unterwegs war, wohingegen der Neue sich vollends im Spannungsfeld zwischen Hardcore-Shouts, Metalcore-Gekreisch und etwas Deathmetal umtut. Dadurch wirken die vielseitigen Songs des Fünfers dann auch gleich anders – und zwar richtig geil! Wie Celtic Frost und Cathedral, würde man sie abwechselnd auf Schlaftablette und Amphetamine setzen und mit einem psychotischen Coreler in einen Raum stecken.
Dementsprechend steigt nun auch der Bewegungsdrang im Auditorium, die Köpfe nicken etwas energischer, und hier und dort wird auch mal der Oberkörper auf seine Dehnungsfähigkeit hin überprüft. Gerade die immer wieder auftauchenden Anflüge von hoffnungsarmem Wahn klingen dermassen fett und zwingend, dass es eine wahre Freude ist: Das gute Gefühl, wenn sich Musik in deine Innereien schleicht, und wühlt, und nagt, und quälend langsam wächst, und einfach nur raus will, aber noch nicht darf. Bisser explodiert. Und dann ist Sense. Oder?
Nicht ganz, denn auf vielfachen Wunsch einer kleinen Enklave hängen die Briten noch einen dran und bedienen das Volk mit einem amtlichen Hardcorekracher, der den Gig wunderbar abrundet. Klasse Sache, T-Shirt kaufen und dem Leser raten: Augen auf!

Dann ist es endlich Zeit für die Finnen, die wohl nicht erst ein Bier hinter sich haben. Ungeachtet dessen ist die Show des oberkörperfreien Dreiers schlichtweg fantastisch: Fern jeglicher Rücksicht auf antrainierte Hörgewohnheiten knallen Reverend Bizarre dem mittlerweile dicht gestaffelt stehenden Publikum mit Vorliebe 10-20-minütige Doomhämmer vor den Latz, die in ihrer überwiegend schleppenden Schönheit das ideale Fundament für einen saustark aufgelegten Albert bieten. Vom mir bekannten Zweitling kommen mit "By This Axe..." und "Cromwell” gleich zwei gnadenlose Übernummern, daneben wissen nach fachkundiger Auskunft auch “In The Rectory...”, “Doomsower”, “Slave Of Satan”, “The Hour Of Death", sowie “Blood On Satan´s Claw” vollends zu überzeugen. Wie man erraten kann, nicht unbedingt das kürzeste Konzert aller Zeiten.
Was die Show betrifft, lässt sich erwartungsgemäss nicht von hemmungslosem Bewegungsdrang sprechen, allerdings gefallen sowohl Albert als auch Peter mit ausgedehnten Posen und einem extrem reverendigen Verhalten, welches vermeintliche Grenzen zwischen Pathos und Ironie ad hoc für null und nichtig erklärt. Dementsprechend selig ergibt sich das Publikum dem Rausch der Langsamkeit, es wird wieder nicht gehüpft, aber alle paar Minuten darf die Rübe dann doch den wohlverdienten Auslauf geniessen – die Songs sind aber auch einfach zu geil, zumal wenn man sie live erleben kann.
Hier kann und muss man nochmals auf den Gesang verweisen, an dem es aber auch absolut nichts auszusetzen gibt – eine schlichtweg perfekte Darbietung, die vom Instrumentalteil und dem mächtigen Sound noch zusätzlich profitierte. Ein Konzert, das man erlebt haben sollte – nicht nur weil mit “Doom Over The World” auch der Rausschmeisser vom Allerfeinsten ist.

Fazit: Drei starke Bands für 6 Euro, davon eine auf Eis zu legende Legende in Überlänge und mit Centurions Ghost eine echt erfrischende Neuentdeckung – das ist das, was man im Allgemeinen mit einem gelungenen Abend assoziiert.
-