Kataklysm Fear My Thoughts Neaera & Quo Vadis

Kataklysm, Fear My Thoughts, Neaera & Quo Vadis

Fear My ThoughtsKataklysmNeaeraQuo Vadis [CAN]
Leipzig, Hellraiser
11.01.2007
Jeder kennt die stimmungsvolle Szenerie aus vielen Westernfilmen: Die Straße vorm Saloon ist wie leergefegt; die obligatorische Strohkugel rollt durchs Bild; beklemmende Stille herrscht; nur ein paar einzelne zwielichtige Gestalten stehen rum wie bestellt und nicht abgeholt und warten auf das kommenden Duell zweier Revolverhelden. Genauer gesagt sind es an diesem Abend gleich vier schießwütige Truppen, ganz oben voran die berüchtigten, als höchst brutal und gnadenlos bekannten KATAKLYSM – doch kaum ein Leipziger Metalhead scheint sich für das blutige Spektakel zu interessieren. Gut, es ist erst halb sieben, also noch gut anderthalb Stunden bis zum entscheidenden Gemetzel, aber selbst als die erste Band des Abends, die sympathischen Kanadier QUO VADIS, ihre Waffen präsentieren, ist der Hellraiser Club nur halb gefüllt, und zudem verhält sich der durchschnittliche Konzertbesucher – nennen wir ihn an dieser Stelle mal Klaus Otto Normalmetaller – sehr zurückhaltend. Und das bei diesem Powerpackage aus drei sehr guten Supports plus äußerst beliebtem Headliner und einem fairen Eintrittspreis von 16 ungewaschenen Dukaten? Warum?

Dazu drei Erklärungsversuche:
1) Wir haben Donnerstag. Das heißt, ein Arbeitstag, auf den ein Arbeitstag folgt. Ernst und Else Durchschnittsmetaller legen aus diesem Grund lieber zuhause die Füße hoch.
2) Der Hellraiser liegt eine Dreiviertelstunde außerhalb des Leipziger Zentrums, quasi am Arsch der Metalwelt. Faulheit regiert, und wie oft hat man sich dort schon nach dem Konzert die Beine an der Bushaltestelle in den Bauch gestanden, weil die letzte Kutsche vor Ende der Veranstaltung in die Nacht entschwand. Ernst und Else wissen das und haben keinen Bock drauf.
3) Das Package: Ernst und Else finden KATAKLYSM geil, aber „neumodische Kiddie-Metalcore-Scheiße“ wie NEAERA und FEAR MY THOUGHTS können sie gar nicht ab. QUO VADIS? Nie gehört. Wieso also für eine ganze Torte bezahlen, wenn man nur das Sahnehäubchen will?

Klaus Otto Normalmetaller und Kollegen machen jedenfalls den halben Saloon voll und staunen nicht schlecht, als die Nordamerikaner QUO VADIS superpünktlich anfangen, sich mit ihren Instrumenten zu duellieren. Man bewundert die Fingerfertigkeit und Enthusiasmus der Deathmetaller, die weniger auf klare Strukturen, denn auf Technik bedacht sind, aber der berühmte Funke traut sich nicht, überzuspringen. Ein paar mutige Recken lassen die Matte fliegen, sonst herrscht Kaffeekränzchen-Atmosphäre mit Höflichkeitsapplaus.
Bei NEAERA hätte man danach einen heftigen Stimmungswechsel erwartet, zumal die deutschen Melodic Deather immer ein Garant für massig Action auf und vor der Bühne sind. Tja, wohl das falsche Publikum erwischt. Die wenigen anwesenden Fans feiern ihre Lieblinge gebührend ab, fordern am Schluss gar eine Zugabe, doch Klaus Otto hält sich lieber an seinem Bier fest. NEAERA enttäuschen trotz spärlicher Resonanzen nicht und legen, notgedrungen verstärkt durch HEAVEN SHALL BURN-Sechssaiter Alexander, die ein oder andere Stepptanznummer aus ihren hervorragenden Alben „The Rising Tide Of Oblivion“ und „Let The Tempest Come“ aufs Parkett. Völlig klar, diese Knaben würden jede heruntergekommene Spelunke zu kochen bringen, sogar das Damenklo. Doch heute wartet alles auf den Headliner...

FEAR MY THOUGHTS feiern heute in den Veröffentlichungstermin ihres neuen Albums „Vulcanus“ rein. Klaus Otto Normalmetaller steht mit verschränkten Armen da und versucht, einen guten Mittelwert zwischen Böseaussehen und Gelangweiltgucken zu finden, was ihm auch erstaunlich gut gelingt. Dabei fetzen die neuen Tanzflächenfeger „Accompanied By Death“, „Blankness“ und „Accelerate Or Die“ zwischen den Gassenhauern des lieblichen „Hell Sweet Hell“-Albums ganz herrlich, auch wenn dabei die hübschen kleinen Details, die man auf der Konserve so mag, ein bisschen flöten gehen. Welches heiße Showgirl würde dazu nicht den Rock rauschen lassen? Die Band tut auf jeden Fall so, als gäbe es massig rauschende Röcke und blitzende Schlüpfer im Publikum.
...und dann stampft er auf die Bühne – der große, fiese Widersacher im Kampf gegen den Stillstand im Konzertpublikum. Die mächtigen, unbesiegbaren, vorbandfressenden KATAKLYSM. Klaus Otto Normalmetaller rastet völlig aus, reckt die Faust, schüttelt die Fusseln. Spätestens jetzt ist klar, wer aus dem Duell um die Gunst des trägen Publikums als Sieger hervorgeht. Musikalisch und performancetechnisch läuft alles eher unter Fett und Nett. Aber gut – die muskelbepackten Kanadier grooven, doublebassen, riffen, grunzen, und neben der Box ist es auch verdammt laut. Eigentlich ist alles so, wie man es sich von einem kurzweiligen Deathmetal-Konzert wünscht. Vielleicht ist man auch nur sauer auf Klaus Otto, weil er den Vorbands, die sich ebenso den Arsch aufgerissen haben, so reserviert gegenüber stand und jetzt den Headliner wie einen unfehlbaren Gott abfeiert, und greift deswegen zum Bier und verschränkt die Arme. Auf jeden Fall dennoch eine überzeugende Show von KATAKLYSM – das soll keinesfalls verschwiegen werden.

Übrigens: Wenn ihr demnächst mal im Hellraiser bei einem Konzert wart und euch die letzte Kutsche vor der Nase weg gefahren ist, macht es doch einfach wie die Jungs an der Bushaltestelle, die laaaaange auf den Nachtbus warten mussten – zündet euch ein schönes gemütliches Feuer an! Das ist fast wie im Western bei den coolen Cowboys und dem lässigen Marlboro-Mann...

Fotos von Yvonne

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